Ungarn
Staat in Mitteleuropa / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
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Ungarn (ungarisch Magyarországⓘ/? [ˈmɒɟɒrorsaːɡ]) ist ein Binnenstaat in Mitteleuropa mit rund 9,6 Millionen Einwohnern. Das im Pannonischen Becken gelegene und von der Donau durchflossene Land grenzt an die Slowakei und die Ukraine im Norden, Rumänien im Osten, Serbien und Kroatien im Süden, sowie Slowenien und Österreich im Westen. Hauptstadt und größte Stadt ist Budapest; zu den weiteren Großstädten zählen Debrecen, Szeged, Miskolc, Pécs und Győr.
Ungarn | |||||
Magyarország | |||||
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Amtssprache | Ungarisch | ||||
Hauptstadt | Budapest | ||||
Staats- und Regierungsform | parlamentarische Republik | ||||
Verfassung | Grundgesetz Ungarns | ||||
Staatsoberhaupt | Präsident Tamás Sulyok | ||||
Regierungschef | Ministerpräsident Viktor Orbán | ||||
Parlament(e) | Ungarisches Parlament | ||||
Fläche | 93.036 km² | ||||
Einwohnerzahl | 9.599.744 (1. Januar 2023)[1] | ||||
Bevölkerungsdichte | 104 Einwohner pro km² | ||||
Bevölkerungsentwicklung | ▼ −0,4 % (2021)[2] | ||||
Bruttoinlandsprodukt
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2022[3] | ||||
Index der menschlichen Entwicklung | 0,846 (46.) (2021)[4] | ||||
Währung | Forint (HUF) | ||||
Unabhängigkeit | 31. Oktober 1918 (von Österreich-Ungarn) | ||||
Nationalhymne | Himnusz | ||||
Nationalfeiertag | 15. März (Beginn der Revolution 1848/49) 20. August (Staatsgründung) 23. Oktober (Beginn des Volksaufstands 1956) | ||||
Zeitzone | UTC+1 MEZ UTC+2 MESZ (März bis Oktober) | ||||
Kfz-Kennzeichen | H | ||||
ISO 3166 | HU, HUN, 348 | ||||
Internet-TLD | .hu | ||||
Telefonvorwahl | +36 |
Als einer der ersten Ostblock-Staaten wurde Ungarn am 23. Oktober 1989 zur Demokratie und trat 1999 der NATO bei. Seit 2004 ist das Land Mitglied der Europäischen Union und bildet darin zusammen mit Polen, Tschechien und der Slowakei die Visegrád-Gruppe.
Seit Amtsantritt des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán im Jahr 2010 wird das Land jedoch wieder zunehmend autoritär regiert. Daher leitete die Europäische Kommission 2022 erstmals ein Rechtsstaatsverfahren gegen ein Mitgliedsland ein.[5] Ebenso sprach das Europäische Parlament erstmals einem Mitgliedsland ab, eine Demokratie zu sein.[6]
Ungarn besteht aus 19 Komitaten und der Hauptstadt Budapest. Im Westen, an Österreich grenzend, liegen die Komitate Győr-Moson-Sopron und Vas, die landschaftlich besonders durch ihre Voralpenhügel gekennzeichnet sind. Etwas weiter im Osten, beim Plattensee, liegen die Komitate Veszprém, Somogy und Fejér und nördlich davon das Komitat Komárom-Esztergom. Diese Gegend ist vor allem wegen des Bakonygebirges bekannt. Weiter östlich befinden sich die Hauptstadt Budapest, mit dem umliegenden Komitat Pest und dem Komitat Bács-Kiskun im Süden. Dominiert wird diese Gegend vom Pilisgebirge und von der Donau.
Noch weiter östlich befinden sich die Komitate Heves, Jász-Nagykun-Szolnok und Csongrád-Csanád. Diese Gegend ist der Zwischenraum zwischen der Donau und der Theiß (ungarisch: Tisza). Im Süden der Region finden sich kleine Steppen. Im Norden befindet sich das Mátra-Gebirge mit dem höchsten Berg Ungarns, dem Kékes. Am östlichen Rand des Landes befinden sich die Komitate Borsod-Abaúj-Zemplén, Szabolcs-Szatmár-Bereg, Hajdú-Bihar und Békés. Diese Gegend wird von der Puszta im Süden und dem Bükk in Borsod-Abaúj-Zemplén dominiert.
Die Außengrenze mit den sieben Nachbarstaaten ist 2246 Kilometer lang, davon 356 Kilometer mit Österreich, 679 Kilometer mit der Slowakei, 137 Kilometer mit der Ukraine, 453 Kilometer mit Rumänien, 164 Kilometer mit Serbien, 355 Kilometer mit Kroatien und 102 Kilometer mit Slowenien.[7]
Tiefebenen
Die Donau teilt Ungarn in das westliche Transdanubien mit der Kleinen Ungarischen Tiefebene (ungarisch Kisalföld) und in die von der Theiß durchflossene Große Ungarische Tiefebene (ungarisch Alföld) im zentralen und östlichen Teil des Landes. Die fruchtbare Kleine Ungarische Tiefebene im Nordwesten Ungarns besteht hauptsächlich aus dem Becken von Győr (Raab). Die abwechslungsreiche Landschaft wird bestimmt durch leicht welliges Terrain, kleine Hügel und zerschnittene Platten. Auf den fruchtbaren Lössböden kann dank des milden Klimas intensiv Landwirtschaft betrieben werden.
Die Große Ungarische Tiefebene nimmt nahezu die Hälfte des gesamten Staatsgebiets Ungarns ein. Sie ist eine ebene, weiträumige Fläche und ist mit in vorgeschichtlicher Zeit aufgeschütteten Geröllen und Sanden bedeckt. Sie ist entlang der Theiß von Auenlandschaften durchzogen und mit einzelnen Waldinseln durchsetzt. Die Trockenlegung der Auen und die Rodung der Wälder haben zur Versalzung der Böden geführt. So entstand die typische Puszta mit Ziehbrunnen, Einzelgehöften und extensiver Weidewirtschaft. Aufgrund aufwändiger Bewässerungsmaßnahmen entstanden fruchtbare Böden, die den Anbau von Tabak, Mais und Sonnenblumen ermöglichen. Der Nationalpark Hortobágy wurde geschaffen, um die ursprüngliche Puszta-Landschaft zu schützen.
Gebirge
Die ungarischen Mittelgebirge verlaufen vom Zemplén-Gebirge im Nordosten bis zum Bakonywald im Westen. Fast alle Mittelgebirge in Ungarn tragen in höheren Lagen dichten Laubwald. Die Hänge und Becken sind mit fruchtbaren Böden bedeckt, die Acker-, Obst- und Weinbau ermöglichen. Thermalquellen, die an den Rändern der Mittelgebirge auftreten, sind Zeugnisse eines vergangenen und lebhaften Vulkanismus. Dies bestätigen auch die vulkanischen Gesteine des Bakonywaldes und des Mátra-Gebirges im Norden. Bis auf diese Ausnahmen bestehen die sonstigen Mittelgebirge in Ungarn aus Dolomit und Kalkstein. Das bewaldete Mecsekgebirge im Südwesten nördlich von Pécs erhebt sich inselartig auf bis zu 682 m. Im Mátra-Gebirge liegt die mit 1014 m höchste Erhebung Ungarns, der Kékes.
Höhenverhältnisse:
- Größte Höhe: Kékes im Mátra-Gebirge, Komitat Heves, bis 1014 m.
- Niedrigster Landesteil: an der Theiß, im Komitat Csongrád-Csanád, 78 m.
- Etwa die Hälfte des Landes liegt tiefer als 130 m (Große Ungarische Tiefebene).
Flüsse und Seen
Der längste Fluss in Ungarn ist mit 597 Kilometer die Theiß (Tisza), die das Land im Nordosten aus der Ukraine kommend erreicht und im weiteren Verlauf östlich parallel zur Donau nach Süden fließt, um schließlich in Serbien in die Donau zu münden. Größere Städte an ihrem Lauf sind Tokaj, Tiszaújváros, Szolnok, Csongrád und Szeged. Der zweite Hauptfluss Ungarns ist mit 417 Kilometer die Donau (Duna), zu deren Einzugsgebiet das gesamte ungarische Staatsgebiet gehört. An ihrem Flusslauf liegen unter anderem die wichtigen Städte Komárom, Esztergom, die Hauptstadt Budapest, Dunaújváros, Baja und Mohács. Die Donau erreicht Ungarn im Nordwesten und fließt zunächst als Grenzfluss zur Slowakei in Richtung Osten. Nach dem Donauknie (Dunakanyar), einer 90°-Wendung des Flusses bei Visegrád, fließt sie von Norden nach Süden und verlässt Ungarn in Richtung Balkan, wo der Fluss zuerst als Grenze zwischen Kroatien und Serbien fungiert, ehe er quer durch Serbien in Richtung Rumänien weiterfließt. Weitere wichtige Flüsse in Ungarn sind die Kreisch (Körös), die Raab (Rába), die Zagyva, die Drau (Dráva; bildet über weite Strecken die Grenze zu Kroatien), der Sajó, die Eipel (Ipoly), die Zala, der Szamos, der Maros und der Bodrog.[8] Fast alle genannten Flüsse entspringen außerhalb Ungarns: die Donau im Schwarzwald (Süddeutschland), die Theiß in der Ukraine, die Drau in Südtirol, Hernád und Sajó in der Slowakei, die Körös in Siebenbürgen (West-Rumänien), Mur und Raab in Österreich. Lediglich die Quellen von Zagyva und Zala befinden sich in Ungarn, wenn auch in unmittelbarer Grenznähe.
Der größte See in Ungarn ist der Plattensee (ungarisch Balaton) im hügeligen Westungarn. Er ist zugleich der größte See in Mitteleuropa. Der Plattensee ist neben der Hauptstadt Budapest das wichtigste Tourismusgebiet Ungarns, vor allem wegen seiner Strände und Thermalquellen. In seiner Nähe liegt der Velencer See (ungarisch Velencei-tó), ebenfalls ein beliebter Badesee mit einem bedeutenden Vogelschutzgebiet, der aber touristisch stark im Schatten des „großen Bruders“ Plattensee liegt. Westlich des Balaton liegt in Hévíz mit über vier Hektarn Fläche der größte Thermalsee Europas.[9] Der Neusiedler See (ungarisch Fertő-tó) liegt zu 75 Prozent in Österreich, nur der südlichste Teil gehört zu Ungarn. Der Nationalpark Fertő-Hanság umfasst den ungarischen Teil des Sees sowie die Sümpfe im Süden und den Hanság und wurde 2001 zusammen mit dem österreichischen Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel zum UNESCO-Welterbes ernannt. Der größte künstlich geschaffene See Ungarns ist der Theiß-See (ungarisch: Tisza-tó) in der Tiefebene im östlichen Teil des Landes.
Klima
Wegen der Binnenlage und der abschirmenden Wirkung der Gebirge hat Ungarn ein relativ trockenes Kontinentalklima mit kalten Wintern und warmen Sommern. Die Jahresmitteltemperatur beträgt im Großteil des Landes 10 bis 11 °C. Auf den Anhöhen des Bakonygebirges, an der westlichen Landesgrenze und im Nördlichen Ungarischen Mittelgebirge beträgt sie unter 8 °C.[10] Die mittleren Temperaturen liegen im Januar zwischen −3 °C und −1 °C sowie im Juli zwischen +21 °C und +23 °C. Die tiefste offiziell in Ungarn gemessene Temperatur betrug −35 °C. Sie wurde am 16. Februar 1940 in Miskolc registriert. Die bisher höchste Temperatur wurde mit 41,9 °C am 20. Juli 2007 in Kiskunhalas gemessen.[11]
Im Frühsommer sind zwischen Mai und Juli die ergiebigsten Niederschläge zu verzeichnen. Die mittlere Niederschlagsmenge beträgt im Westen auf Grund der vorherrschenden Regen bringenden Westwinde rund 800 Millimeter, während in den östlichen Landesteilen in trockenen Jahren 500 Millimeter unterschritten werden können.[12] Die Niederschlagsmenge nimmt generell von Westen nach Osten ab.
Flora und Fauna
In Ungarn sind etwa 45.000 Tierarten und 2.200 Pflanzenarten beheimatet. Vereinzelt gibt es nord-, ost- und südeuropäische Arten, die Mehrheit wird von mitteleuropäischen Arten gebildet. 855 Tierarten und 535 Pflanzenarten stehen unter Schutz. Seltene, geschützte Blumen sind beispielsweise die mediterrane Nieswurz, die wilde Pfingstrose im Hügelland vom Mecsek und die ungarische Windblume in der Nyírség-Gegend. Wildschweine, Hirsche, Rehe und Füchse sind ebenfalls in den ungarischen Wäldern beheimatet. Auf den landwirtschaftlichen Landflächen und im Tiefland leben vor allem Hasen, Fasane, Rebhühner und Wachteln. Im Frühling ziehen riesige Vogelschwärme von Süden nach Norden. Zu ihnen gehören Schwalben und Störche, die in Afrika den Winter verbringen. Geschützte Vogelarten sind beispielsweise der Stelzenläufer, die Trappe, die vor allem in der südlichen Tiefebene verbreitet ist, und der Säbelschnäbler. Die ungarischen Flüsse und Seen sind sehr fischreich. Beheimatet sind Brassen, Karpfen und Hechte. Aale und Amuren wurden aus fremden Seen und Flüssen übergesiedelt und leben mittlerweile zahlreich in ungarischen Gewässern. Auf einer Gesamtfläche von 816.008 Hektar gibt es neun Nationalparks, 38 Landschaftsschutzgebiete und 142 Naturschutzgebiete.
Demografische Struktur
Ungarn hatte 2021 9,7 Millionen Einwohner.[13] Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug −0,4 %. Dieses wurde durch einen Sterbeüberschuss beeinflusst. 2020 stand einer Geburtenziffer von 9,6 pro 1000 Einwohner[14] eine Sterbeziffer von 14,5 pro 1000 Einwohner gegenüber.[15] Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2020 statistisch bei 1,6 und damit über dem Wert der Europäischen Union von 1,5.[16] Die Lebenserwartung der Einwohner Ungarns ab der Geburt lag 2020 bei 75,6 Jahren[17] (Frauen: 79,1[18], Männer: 72,3[19]). Der Median des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2020 bei 43,3 Jahren und damit über dem europäischen Wert von 42,5.[20]
Größte Städte
Im Jahr 2021 lebten 72 Prozent der Einwohner Ungarns in Städten.[21] Die mit Abstand größte Stadt ist die Hauptstadt Budapest, auf die etwa 18 % der Bevölkerung Ungarns entfällt. Folgende Tabelle zeigt die Einwohnerzahlen der zehn größten Städte mitsamt ihrer Agglomerationen (Stand: 1. Januar 2021).
Stadt | Einwohner | ||
---|---|---|---|
Stadt[22] | Agglomeration[23] | ||
1 | Budapest | 1.706.851 | 2.609.247 |
2 | Debrecen | 0199.725 | 0265.481 |
3 | Szeged | 0157.372 | 0202.101 |
4 | Miskolc | 0147.480 | 0237.180 |
5 | Pécs | 0138.420 | 0175.377 |
6 | Győr | 0132.111 | 0245.197 |
7 | Nyíregyháza | 0115.521 | 0145.618 |
8 | Kecskemét | 0108.817 | 0131.984 |
9 | Székesfehérvár | 0094.893 | 0165.450 |
10 | Szombathely | 0077.970 | 0118.683 |
Ethnien
Die weitaus größte Volksgruppe sind die Magyaren, die laut der Volkszählung von 2001 92,3 % der Bevölkerung ausmachen.[24]
Als größte der ethnischen Minderheiten in Ungarn gelten die Roma (vgl. Roma in Ungarn). Laut einer Volkszählung sind es etwa 2 % der Gesamtbevölkerung; laut anderen Schätzungen sind es deutlich mehr.
Wichtige Volksgruppen sind Ungarndeutsche (unter anderem Donauschwaben) (0,6 %[24]), Slowaken (0,2 %) und Kroaten (0,15 %). Alle anderen Ethnien sind laut dieser Statistik mit weniger als 10.000 Personen vertreten. Zahlenmäßig folgen Rumänen, Ukrainer, Serben, Slowenen und Wenden, Polen, Griechen, Bulgaren, Russinen und Armenier. Weitere Auswahlmöglichkeiten waren nicht vorhanden. Über 27.000 Personen gaben „Unbekannt“ an. Über fünf Prozent der Befragten beantworteten die Frage nicht.
Außerhalb Ungarns leben im Karpatenbecken etwa 2,4 Millionen Magyaren. Ihre Siedlungsgebiete liegen auf Grund des Vertrages von Trianon als Folge des Ersten Weltkrieges jenseits der heutigen Staatsgrenzen. Dies führt noch heute gelegentlich zu politischen Verstimmungen zwischen den Nachbarländern und Ungarn.
Im Jahre 2017 waren 5,2 % der Bevölkerung im Ausland geboren. Häufigste Herkunftsländer waren Rumänien (210.000 Personen), die Ukraine (50.000) und Serbien (40.000).[25][26] In allen drei Ländern leben große ungarische Minderheiten.
Religionen
Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit in Ungarn wird durch Artikel VII des Ungarischen Grundgesetzes garantiert. Gleichzeitig enthält dessen Präambel eine Erklärung, in der das Ungarische Volk die Rolle des Christentums bei der Erhaltung der Nation anerkennt. Durch das Selbstbestimmungsrecht sind Staat und Kirche voneinander getrennt.[27] Es gibt in Ungarn keine Kirchenmitgliedschaft im eigentlichen Sinne, und auch keine Kirchensteuer. Allerdings besteht die Möglichkeit, ein Prozent der Einkommensteuer einer Religionsgemeinschaft zuzuweisen. Von dieser Möglichkeit hat 2008 zugunsten der katholischen Kirche eine halbe Million Steuerzahler Gebrauch gemacht. Danach folgen die Reformierten mit 160.000 und die Lutheraner mit 50.000 Steuerzahlern. Auf Platz vier liegt die Krishna-Bewegung (11.000), auf Platz fünf folgen die jüdischen Gemeinden (5.000).[28]
Im Rahmen der Volkszählung 2011 bekannten sich 39 Prozent der Bevölkerung zur römisch-katholischen und zur ungarischen griechisch-katholischen Kirche. 11,6 Prozent der Bevölkerung waren Calvinisten, 2,2 Prozent Lutheraner. Vor dem Holocaust lebten rund 800.000 Juden in Ungarn. Von den heute in Ungarn lebenden Juden bekannten sich bei der letzten Volkszählung knapp 11.000 zum jüdischen Glauben. 18,2 Prozent der Bevölkerung sagten, dass sie konfessionslos oder Atheisten seien. 27,2 Prozent machten keine Angaben.[29]
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Europäischen Kommission im Rahmen des Eurobarometers ergab 2020, dass für 30 Prozent der Menschen in Ungarn Religion wichtig ist, für 35 Prozent ist sie weder wichtig noch unwichtig und für 35 Prozent ist sie unwichtig.[30]
Sprachen
Ungarisch ist Amtssprache in Ungarn und wird von 99,58 % der Bevölkerung gesprochen.[31] Sie gehört nicht, wie die meisten im mitteleuropäischen Raum gesprochenen Sprachen, zur indogermanischen Sprachfamilie, sondern zum finno-ugrischen Zweig der uralischen Sprachen, und ist entfernt verwandt mit der estnischen und der finnischen Sprache. Das Ungarische ist eine agglutinierende Sprache, grammatikalische Beziehungen werden durch Suffixe ausgedrückt. Besonders komplex ist das Kasussystem des Ungarischen. In der Linguistik variiert die Zahl der Kasus aufgrund der Endsuffixe zwischen 18 und 27. Das Alphabet besteht aus 40 lateinischen Buchstaben, zu denen auch acht Digraphen (cs, dz, gy, ly, ny, sz, ty, zs) und ein Trigraph (dzs) als eigene Buchstaben zählen. Q, W, X und Y zählen zur erweiterten Variante des Alphabets. Sie finden sich in der ungarischen Sprache nur als Teil von Fremdwörtern oder Namen.[32] Die Dialekte des Ungarischen unterscheiden sich weniger stark voneinander als etwa die deutschen Dialekte. Aus der Zeit der Herrschaft der Habsburger (1699 bis 1867 und 1918) in Ungarn stammt der Einfluss der deutschen Sprache. Neben Ungarisch sind die Sprachen der Minderheiten verbreitet, siehe hierzu den Artikel Ethnische Gruppen in Ungarn.
Während 1910 der Anteil der ungarischsprachigen Bevölkerung 54,5 % betrug, ist Ungarn nach dem Vertrag von Trianon (1920) und der weitgehenden Vertreibung der Ungarndeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg heute sprachlich homogen. Jedoch leben seit 1920 große Ungarisch sprechende Minderheiten außerhalb des Staatsgebiets. 2012 gaben bei einer Eurobarometer-Umfrage 35 % an, in mindestens einer Fremdsprache ein Gespräch führen zu können, als beherrschte Fremdsprache wurden am häufigsten Englisch (20 %), Deutsch (18 %), Französisch (3 %) und Russisch (3 %) genannt.[33][34]
Bildung
Hauptartikel Bildungssystem in Ungarn
Schulsystem
Es gibt nach der achtjährigen Grundschule das vierjährige Gymnasium, daneben auch sechs- und achtjährige Gymnasien. In der Berufsbildung wird eine duale Ausbildung angeboten. Daneben gibt es das Technikum, in dem zusätzlich eine spezielle Hochschulreife erworben wird. Die Anzahl der bilingualen Grundschulen und Gymnasien wächst ständig. Im sonst sehr auf Budapest zentrierten Ungarn wächst auch die Zahl der zweisprachigen Schulen auf dem Lande. Auch gibt es neue Schulen für Minderheiten, zum Beispiel das Gandhi-Gymnasium in Pécs, das talentierten Roma-Kindern die Möglichkeit bietet, die Reifeprüfung abzulegen.
Die Prüfungen zum Abitur werden im ganzen Land einheitlich und zentralisiert abgehalten. Seit 2005 gibt es die Möglichkeit, eine Art „Leistungsmatura“ in einigen Fächern abzulegen, die gleichzeitig als Aufnahmeprüfung für die Universität gilt. Der Erwerb der Hochschulreife ermöglicht ein Studium an Universitäten und Fachhochschulen. Für viele Studienzweige gelten Zugangsbeschränkungen, es gibt Aufnahmeprüfungen, und auch die Leistungen in der Mittelschule oder die Sprachkenntnisse können bei der Aufnahme entscheidend sein. Allerdings gibt es auch Studienrichtungen, die ohne Aufnahmeprüfung belegt werden können, wenn die beträchtlichen Kosten selber getragen werden.
Universität
Die bekannteste Universität in Ungarn ist die Eötvös-Loránd-Universität in Budapest. Die medizinische Ausbildung in Ungarn genießt international einen sehr guten Ruf. Die Semmelweis-Universität ist hierbei als humanmedizinische Universität weltweit bekannt. Sie bietet, wie die Universitäten von Pécs und Szeged die medizinische Ausbildung in ungarischer, deutscher und englischer Sprache an. Weiterhin existiert seit 2001 die Andrássy Universität in Budapest als einzige komplett deutschsprachige Universität außerhalb des deutschen Sprachraumes in Mitteleuropa. Die Anzahl der privaten und konfessionellen Universitäten wächst ständig. Private Universitäten verlangen hohe Studiengebühren. Auch ein Zweitstudium oder PhD-Programm an einer öffentlichen Universität oder Hochschule muss teilweise von den Studierenden finanziert werden.
Herkunft
Die Eigenbezeichnung der Ungarn weicht stark von den ausländischen Namen für Ungarn ab. Der Begriff magyar (Aussprache /madjar/ von ung. magyar [ˈmɒɟɒr]; früher magyeri) taucht schon im 9. und 10. Jahrhundert in islamischen Quellen auf und ist wahrscheinlich ein Kompositum aus magy (< ugrisch *mańćε = „Mensch, Mann, Geschlecht“) und er(i) (ebenfalls „Mensch, Mann, Geschlecht“). Der Name bezeichnete anfangs nur einen von sieben halbnomadischen Stämmen, die im 9. sowie im beginnenden 10. Jahrhundert räuberische Überfälle in Europa (bis über die Pyrenäen) unternahmen. Diese Stämme hießen Megyer (Magyar), Tarján, Jenő, Kér, Keszi, Kürt-Gyarmat und Nyék; sie sind auch unter dem Stammesbundnamen hétmagyar bekannt. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts ist es dem Stamm der Magyaren – das heißt den Nachkommen Árpáds – gelungen, die übrigen Stämme unter seiner Oberherrschaft zu vereinigen. Von da an kann von Magyaren gesprochen werden.
Der Name „Ungarn“ gelangte vermutlich aus dem Slawischen in die anderen europäischen Sprachen. Das slawische Wort lässt sich auf die bolgarotürkische Stammesbezeichnung onogur (on = „zehn“ + ogur = „Stamm“) zurückführen, die dadurch entstand, dass die Vorfahren der Ungarn im 5. und 6. Jahrhundert in enger Verbindung mit den Onoguren lebten. Das „H-“ im lateinischen hungarus (und dadurch auch in manchen anderen Sprachen) entstand dadurch, dass der Name irrtümlicherweise mit den Hunnen (Hunni) gleichgesetzt wurde.
Gebrauch des Namens
Das Königreich Ungarn, das in wechselnden Grenzen von 1001 bis 1946 bestand, heißt auf Ungarisch Magyar Királyság, da magyar im Ungarischen als Staatsbezeichnung und auch als Volksbezeichnung fungiert. Das heutige Ungarn heißt in der Landessprache Magyarország (dt.: Ungarland). Von magyar wird im Deutschen auch das Adjektiv „magyarisch“ abgeleitet. In den meisten Sprachen der Welt – so auch im Deutschen – werden für das Land und seine Bewohner ebenfalls gleichlautende Bezeichnungen verwendet; sie stammen von dem lateinischen Begriff hungarus her. In Form der Landesbezeichnungen „Hungary“ und „Hongrie“ gelangte dieser Name beispielsweise auch ins Englische und Französische. Auf Rumänisch heißen das Königreich und die heutige Republik Regatul Ungariei beziehungsweise Republica Ungaria oder kurz Ungaria (Ungarn) und auf Ukrainisch Королівство Угорщина (Koroliwstwo Uhorschtschyna) oder kurz Угорщина (Uhorschtschyna).
Slowaken, Slowenen, Kroaten und Serben, die bis 1918 ganz oder teilweise im multiethnischen Ungarn lebten, unterscheiden dagegen bei der Staats- und Volksbezeichnung zwischen „ungarisch“ und „magyarisch“. Für den ungarischen Teil des einstigen Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn werden Bezeichnungen verwendet, die auf hungarus beruhen: Uhorsko (slowakisch), Ogrska (slowenisch) und Ugarska/Угарска (kroatisch/serbisch). Für den nach dem Vertrag von Trianon 1920 entstandenen Staat lauten die Bezeichnungen hingegen, abgeleitet von dem ethnischen Begriff Magyaren Maďarsko (slowakisch), Madžarska (slowenisch) und Mađarska/Мађарска (kroatisch/serbisch).
Bis 2012 lautete die amtliche Vollform Republik Ungarn (ungarisch Magyar Köztársaság).