Anharmonischer Oszillator
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Der anharmonische Oszillator ist ein schwingungsfähiges physikalisches System, bei dem die Rückstellkraft nicht proportional zur Auslenkung aus der Ruhelage ist. Das hat zur Folge, dass die freie Schwingung nicht streng sinusförmig verläuft. Mechanische Beispiele sind etwa Pendel (Anharmonizität bemerkbar bei größerer Auslenkung), transversal schwingende Saiten, Kippschwingungen (das Kippeln eines aufrecht stehenden Gegenstands), Hüpfen eines Balls auf einer ebenen Fläche.
Bei genauer Betrachtung sind praktisch alle realen schwingungsfähigen Systeme anharmonisch. Die meisten nähern sich aber einem harmonischen Oszillator an, je kleiner die Auslenkungen aus der Ruhelage sind, weil dann die Näherung einer linearen Rückstellkraft immer besser zutrifft (für die Mechanik siehe Hookesches Gesetz, Mathematisches Pendel). Bei solchen anharmonischen Oszillatoren verlaufen kleine freie Schwingungen näherungsweise sinusförmig und mit einer bestimmten Eigenfrequenz, der Grundfrequenz des Oszillators.
Beim anharmonischen Oszillator treten im Vergleich zum harmonischen Oszillator grundsätzlich neue Phänomene auf:
- Die Abweichung von der Sinusform bedeutet, dass die Schwingung auch Oberschwingungen (akustisch: Obertöne) der Grundfrequenz enthält. Bei harmonischer Anregung mit der Grundfrequenz klingen sie auch nach dem Einschwingvorgang nicht ab, sondern schwingen zusammen mit der Grundschwingung weiter.
- Bei unsymmetrischem Kraftgesetz verschiebt sich der Mittelpunkt der Schwingung gegenüber der Ruhelage. Dies tritt z. B. bei den Schwingungen zwischen den Atomen der festen Körper auf und ist die Ursache von deren thermischer Ausdehnung.
- Bei periodischer Anregung sind in der entstehenden erzwungenen Schwingung nicht nur, wie beim harmonischen Oszillator, die Anregungs- und die Eigenfrequenz enthalten, sondern zusätzlich deren Differenzfrequenz und Summenfrequenz sowie alle anderen ganzzahligen Kombinationen davon. Technische Anwendung findet dies z. B. in der nichtlinearen Optik bei der Frequenzverdopplung bei Laserlicht.
- Bei äußerer Anregung mit einer periodischen Kraft kann der anharmonische Oszillator auch mit einer chaotischen Bewegung reagieren, wenn die Anfangsbedingungen entsprechend gewählt sind oder seine Parameter außerhalb bestimmter Grenzen liegen (z. B. bei zu geringer Dämpfung). Siehe dazu: Doppelpendel