Benutzer:Elektrofisch/Freys Heldengesumse
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Um die Jahrtausendwende erschien in der rechtsextremen National-Zeitung eine Artikelserie mit Biographien von NS-Militärs. Diese Serie ist auch als Buchreihe Helden der Wehrmacht. Unsterbliche deutsche Soldaten im ersten Band mit 100 Biographien vom Verlag der National-Zeitung verwertet worden und fand auch bei Rechtsextremisten jenseits der DVU wohlfeile Aufnahme. Der Politikwissenschaftler Fabian Virchow hat in Gegen den Zivilismus. Internationale Beziehungen und Militär in den politischen Konzeptionen der extremen Rechten. (2006) unter anderem diese Serie untersucht. In ihr wurden unter Verwendung von "sprachlichen Formeln der Wehrmachts- und NS-Propaganda" (Virchow) "deutsche Helden einmal ins rechte Licht gerückt" um einer "einseitige[n] Vergangenheitsbewältigung" (beides Nationalzeitung) entgegen zu wirken. Die Serie repräsentiert „die Vorstellung der extremen Rechten von den auf die Tat orientierten, den Lauf des Geschehens/der Geschichte im Interesse des ‚nationalen‘ oder ‚völkischen‘ Kollektivs gestaltenden Männern“. Die Charakterisierungen verwiesen „zugleich auf eine Konzeptualisierung von Männlichkeit, deren Profil – sehr vereinseitigt – durch Eigenschaften die ‚Härte‘, ‚Opferbereitschaft‘, ‚Todesmut‘, ‚Tapferkeit‘, ‚Zähigkeit‘, ‚Schneid‘ oder ‚Steherqualitäten‘“.(Virchow) Doch was hat das mit Wikipedia zu tun? Ist es wirklich eine gute Nachricht, dass 99% dieser top 100 Nazi-Helden einen Wikipediaartikel haben? Ein erstes Beispiel:
- "Joachim Helbig (* 10. September 1915 in Börln, Sachsen; † 5. Oktober 1985 in Malente) war ein deutscher Luftwaffenoffizier und Kampfflieger der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Zu Kriegsende Oberst, galt er neben Werner Baumbach, Dietrich Peltz und Hermann Hogeback als „erfolgreichster“ Kampfflieger der Luftwaffe, die mit den Schwertern zum Ritterkreuz ausgezeichnet wurden."
![Thumb image](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b2/Bundesarchiv_Bild_146-2005-0003%2C_Rotterdam%2C_Zerst%C3%B6rungen.jpg/640px-Bundesarchiv_Bild_146-2005-0003%2C_Rotterdam%2C_Zerst%C3%B6rungen.jpg)
![Thumb image](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f4/Coventry_bomb_damage_H5600.jpg/640px-Coventry_bomb_damage_H5600.jpg)
- Helden der Wehrmacht - Unsterbliche deutsche Soldaten
Wenn dann noch die angebebene Literatur aus einem rechtsextremen Verlag von Waldemar Schütz stammt dessen Autor gerne verwendet wurde deutet sich schon etwas an. Noch ein Beispiel:
- "Hans-Joachim Walter Rudolf Siegfried Marseille (* 13. Dezember 1919 in Charlottenburg b. Berlin; † 30. September 1942 sieben Kilometer südlich von Sidi Abdel Rahman[1], Ägypten) war ein deutscher Jagdflieger und Offizier im Zweiten Weltkrieg. Als erfolgreichster Jagdflieger auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz wurde er unter dem Namen Stern von Afrika bekannt."
Aller guter Beispiele sind drei:
- "Günther Lützow (* 4. September 1912 in Kiel; † 24. April 1945 vermisst bei Donauwörth) war ein hochdekorierter Jagdflieger der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. In mehr als 300 Kampfeinsätzen erreichte Lützow 108 Abschüsse.[1] Während des Spanischen Bürgerkriegs wurden ihm fünf Abschüsse zuerkannt. An der Westfront hatte er 18 Abschüsse. Darunter war mindestens ein viermotoriger Bomber. An der Ostfront wurden ihm 85 Abschüsse zuerkannt."
In allen drei Artikeln ist Töten eine abzählbare Leistung. Je mehr Abschüsse desto erfolgreicher (ob mit oder ohne Anführungszeichen), dies folgt der Sichtweise der NS-Propaganda. Eine vergleichbare "Leistung" eines Bomberpiloten, gemessen etwa im Gewicht der abgeladenen Bombenlast wurde schon in der NS-Propaganda weder erhoben noch mitgeteilt. Die "Leistung" des Jagtpiloten verbunden mit Vorstellungen einer fiktiven ritterlichen Männlichkeit war dagegen etwas das die Propaganda wunderbar brauchen konnte um die nächsten der schnell verschlissenen Piloten oder sonstiges Kanonenfutter anwerben zu können. Wikipedia - also wir - folgen hier eindeutig den Vorstellungen der NS-Propaganda. Das es auch anders gehen kann, zeigt dieser Artikel:
- "Oskar-Heinrich Bär, auch Heinrich oder Heinz genannt; (* 25. Mai 1913 in Sommerfeld; † 28. April 1957 bei Braunschweig) war ein deutscher Luftwaffenoffizier und Jagdflieger. Er wurde in der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart von rechten und rechtsextremen Medien und Schriftstellern rezipiert."
Diese Einleitung vermeidet das Leistungsnarrativ und weist auf die Bedeutung hin, die die Lemmaperson tatsächlich hat. Ein eigener Absatz mit Virchow als Basis beschreibt Bärs Bedeutung genauer. Die Relevanzkriterien im Bereich Militär setzen das Personen erst ab dem Generalsrang (in der Auslegung des Portal Militär alles wo General davor steht) relevant werden. Alle vier Beispiele überspringen diese Hürde nicht. Aber wenn man so möchte, erreichen alle das Kriterium der nachhaltigen medialen Präsenz, geschaffen von der NS-Propaganda mit entsprechenden Narrativen sind sie nie wieder verschwunden und heute im Internet, populärer und populärwissenschaftlicher Literatur dauerpräsent. Diese Relevanz stiftende Tatsache wäre darzustellen. Der Ärger über miese, apologetische und/oder rechtsextreme Literatur weit jenseits von WP:LIT würde sich so in einen Relevanznachweis verwandeln,. Wir müssten nur noch nach Qualität und Ausrichtung sortieren, etwa so wie bei irgendwelchen xyz-Promis die auch dauerhafte Medienpräsenz besitzen.
Im Sommer 2016 fand in München der Workshop So war der deutsche Landser. Die populäre und populärwissenschaftliche Darstellung der Wehrmacht statt. Organisiert wurde er durch den Arbeitskreis Militärgeschichte e.V. mit Unterstützung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr und des Verlags Ferdinand Schöningh (Paderborn). Populäre und populärwissenschaftliche Literatur (nebst Webseiten die auch aus dieser befüllt werden) sind nun die Hauptquelle aus der auch unsere NS-Militärbiographien generiert werden, auch wenn man dieses tarnt und leugnet. Auf dem Workshop gliederte Florian Schreiner die Mythen und Narrative grob in zwei Obergruppen: "Der Sauberkeitsmythos sei vor allem durch ehemalige Wehrmachtssoldaten und deren Nachfahren geprägt worden, um eine Beteiligung an Kriegsverbrechen oder am Holocaust abzustreiten. Im Falle des Professionalitätsmythos wurde die Feldherrenkunst in den Vordergrund gerückt, beispielsweise von Generalfeldmarschall Erich von Manstein oder von SS-Obersturmbannführer Otto Skorzeny. In deren Sicht hätte die deutsche Wehrmacht den Krieg gewinnen können, wenn die gleichen materiellen und personellen Voraussetzungen wie bei den Alliierten geherrscht hätten." Auch Schreiners Beispiele stehen auf der 100-top-Nazis-Militärs Liste der National-Zeitung. Die Nachricht, das wir zu 99% dieser top Nazi-Helden Artikel haben, wäre dann eine gute, demokratische und menschenfreundliche Nachricht, wenn diese Artikel nicht die von der extremen Rechten bevorzugten Narrative aufweisen würden.--EF