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Kurzgeschichte von Kawabata Yasunari Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Tänzerin von Izu (japanisch 伊豆の踊子, Izu no odoriko) ist eine Erzählung des japanischen Schriftstellers Kawabata Yasunari aus dem Jahr 1926. Die deutsche Übersetzung von Oscar Benl erschien 1942, damals unter dem Titel Die kleine Tänzerin von Izu.
In Japan gehört die Erzählung zu den unvergänglichen modernen Klassikern: sie wurde – angefangen 1933 als Schwarzweiß-Stummfilm mit Tanaka Kinuyo als Tänzerin – bisher sechsmal verfilmt.
(1) Der zwanzigjährige Ich-Erzähler trifft auf einer Wanderung von Norden nach Süden durch die Izu-Halbinsel auf eine von Ort zu Ort ziehende Theatertruppe, zuerst in Yugawabashi, dann in Shuzenji und wieder in Yugashima. Ihm fällt das kleine hübsche Mädchen auf, das die große Trommel trägt. Er holt die Truppe vor dem Amagi-Pass ein, als sie in einem Teehaus Rast machen. Die kleine Tänzerin hat ihn wahrgenommen und scheint ein wenig in ihn verliebt zu sein. Die Wirtin verwickelt ihn in ein Gespräch, während die Truppe aufbricht.
(2) Am Tunnel unter dem Amagi-Pass holt der Erzähler die Truppe ein. Hinter dem Tunnel geht es am Kawazu-Flüsschen bergab, bis Yugano erreicht ist, wo alle zur Übernachtung einkehren. Die Truppe kommt in einem einfachen Gasthaus unter, der Erzähler findet eine bessere Unterkunft. Der Mann aus der Truppe kommt mit dem Erzähler ins Gespräch, berichtet über sich. Die Truppe hat abends ihre Auftritte, heftiger Regen setzt ein.
(3) Am nächsten Morgen will ihn der Mann zum Badehaus abholen. Der Erzähler bleibt aber in seinem Zimmer, sieht später die jungen Mädchen der Truppe im Badehaus, wobei die kleine Tänzerin ihm unbefangen nackt zuwinkt. Der Erzähler spielt abends mit einem Gast, der Papierhändler ist, Go, und um sich abzulenken, bis in die Nacht.
(4) Am nächsten Morgen sollte es eigentlich weiter gehen, aber die Truppe hat noch einen Auftritt. Der Mann aus der Truppe erzählt: er heiße Eikichi, die älteste der drei Mädchen, Chiyoko, sei seine Frau. Ihre jüngere Schwester, die kleine Tänzerin, sei Kaoru. Dann seien da noch Yuriko und die strenge Mutter. Eikichi wird gerufen und trägt im Nebenraum eine Ballade vor, die kleine Tänzerin wird zu einem Auftritt nach draußen gerufen.
(5) Am dritten Tag zieht die Truppe zusammen mit dem Erzähler weiter den Kawazu-Flüsschen entlang, bis man das Meer und Ōshima sehen kann. Der Erzähler schlägt den kürzeren Weg nach Shimoda vor, der aber über die Berge führt. Bald ist er alleine mit der kleinen Tänzerin den anderen voraus. Durstig oben angekommen suchten sie nach einer Quelle. Die anderen kommen, der Marsch wird fortgesetzt. Der Erzähler hört, wie die Frau hinter ihm über ihn sagt: „Er ist ein guter Mensch.“
(6) Die Truppe mit dem Erzähler erreicht Shimoda. Die Truppe quartiert sich in einer Herberge am Anfang des Ortes ein, wo schon anderes fahrendes Volk untergekommen ist. Der Erzähler findet in einem anderen Gasthof ein Zimmer. Abends besucht er die Truppe, sagt, er müsse am nächsten Tag unbedingt abreisen, da lädt man ihn ein, die Truppe auf ihrer Heimatinsel Ōshima zu besuchen. Er lädt die Mädchen der Truppe ein, mit ihm ins Kino zugehen, aber die Mutter verbietet es. So geht er alleine, verlässt aber gelangweilt das Kino bald, kehrt in den Gasthof zurück, ihm kommen ein paar Tränen.
(7) Am nächsten Morgen besucht in aller Frühe Eikichi den Erzähler. Er entschuldigt die anderen Mitglieder der Truppe, kauft Obst und Zigaretten für den Erzähler. Dieser wird gebeten, sich um eine alte Frau mit Enkelkindern zu kümmern, was er dann auch verspricht. Auf dem Schiff legt er sich etwas hin, ist traurig. Nicht wegen eines Unglücks, sondern wegen eines Abschieds, antwortet er auf die Frage eines Passagiers. Im Dunklen weint er, „spürt aber so etwas wie ein süßes Glücksgefühl.“
Den Inhalt könnte man in zwei Sätzen zusammenfassen: der junge Kawabata begibt sich innerlich zerrissen auf eine Wanderung, auf der er sogenannte einfache Leute trifft, die ihr Leben meistern. Sie erkennen in ihm, dem Sohn aus einem begüterten Haus, den guten Menschen, so dass er getröstet heimkehrt. Aber damit ist das Atmosphärische, das erste Verliebtsein, natürlich nicht erfasst.
Kawabata hat an dem Text mit Hilfe seiner Notizen von der Wanderung lange gearbeitet und ihn erst neun Jahre danach als Erzählung veröffentlicht. Er wählte dafür die Form einer Ich-Erzählung. Dieser literarische Typ kommt in Europa schon länger vor, in Japan war er Anfang des 20. Jahrhunderts noch neu. – Der erste Absatz in Kawabatas Erzählung zeigt dabei einen ganz japanischen Stil: Er besteht nur aus einem einzigen Satz. Dieser Kopfsatz (冒頭, Bōtō) gibt, wohl formuliert, den Hintergrund für die dann folgende Erzählung und lautet im Original:
「道がつづら折りになって、いよいよ天城峠に近づいたと思う頃、雨脚が杉の密林を白く染めながら、すさまじい早さで麓から私を追って来た。」
„michi ga tsuzuraori ni natte, iyoiyo amagi tōge ni chikazuita to omou koro, amaashi ga sugi no mitsurin wo shiroku somenagara, susamajii hayasa de fumoto kara watashi wo otte kita.“
„Der Weg wurde zu Serpentinen und als ich dachte, dem Amagi-Pass endlich näher zu kommen, färbte ein Regenschauer, der mich in furchterregender Geschwindigkeit vom Fuße des Berges kommend einholte, den dichten Zedernwald in Weiß.“
Während Kawabata seinen Text in sieben nummerierte Abschnitte gliedert, verzichtet der Übersetzer Oscar Benl in seiner Fassung von 1948 auf die Gliederung und behält in der Erstfassung von 1942 die Gliederung zwar bei, allerdings ohne die Abschnittsnummern. Die Halbsatz-Reihungen, die japanischen Texten eine eigene Eleganz geben, aber sehr lang sein können, kürzt Benl gelegentlich, ohne dass der Gesamtsinn dabei verlorengeht. Benl hat den Text gegenüber dem Original ein wenig überarbeitet und zum Teil auch gekürzt, wobei er einige Dialoge flüssiger gestaltet hat, bevor der Carl Hanser Verlag den Text, ebenfalls leicht überarbeit und mit kürzerem Titel, übernimmt und ihn 1968 in der Jubiläumsausgabe zum anstehenden 70. Geburtstag von Kawabata veröffentlicht. Ein Beispiel für die Überarbeitungen bietet schon der erste Absatz:
„In vielen Windungen führte der Pfad bergauf. Ich war gerade in die Nähe des Bergpasses Amagi gekommen, als plötzlich ein heftiger Regenschauer einsetzte, der den dichten Pinienwald mit einem weißgrauen Flor umspann.“
„In vielen Windungen führte der Pfad bergauf. Ich befand mich gerade vor dem Amagipaß, da setzte plötzlich ein heftiger Regenschauer ein, der den dichten Pinienwald mit einem weißgrauen Flor umspann.“
„In vielen Windungen führte der Pfad bergauf. Ich befand mich gerade vor dem Amagipaß, da setzte plötzlich ein heftiger Regenschauer ein, der den dichten Zedernwald mit einem weißgrauen Flor umspann.“
In der deutschen Fassung wird erst spät klar (S. 18 der Reclam-Ausgabe, im vierten Abschnitt des Originals), dass der Erzähler und die Truppe in verschiedenen Herbergen untergekommen sind. Das liegt an der Kürzung des folgenden Satzes durch Benl, als der Erzähler in ein Badehaus begleitet wird (s. S. 12, der zweite Abschnitt des Originals):
「それまでは私も芸人達と同じ木貸宿に泊ることとばかり思っていたのだった。」
„soremade wa watashi mo geijintachi to onaji kichinyado ni tomaru koto to bakari omotte ita no datta.“
„Bis dahin hatte ich nur immer gedacht, dass ich in der gleichen billigen Herberge wie die Schauspieltruppe übernachten würde.“
In seinem kenntnisreichen Nachwort in der Reclam-Ausgabe von 1969 geht Siegfried Schaarschmidt auf die Vorgeschichte der Erzählung ein. Kawabata veröffentlichte nach seiner Wanderung im Herbst 1918 in der Schulzeitschrift 校友会雑誌 (kōyūkai zasshi) seiner Oberschule 1919 die kurze Erzählung ちよ (chiyo) mit der kleinen Tänzerin im Mittelpunkt. Eine weitere Fassung in 湯ヶ島での思ひ出 (yugashima de no omoide, Erinnerungen in Yugashima, 1922), ein Manuskript von 107 Seiten, veröffentlichte er in Teilen erst 1948.
1968 erhielt Kawabata den Nobelpreis für Literatur „für seine Erzählkunst, die mit feinem Gefühl japanisches Wesen und dessen Eigenart ausdrückt“[2]. In seiner Verleihungsrede am 10. Dezember 1968 erwähnt Anders Österling die Erzählung zwar nicht namentlich, sagt aber:
„In einer Novelle voller Schwung, die, als er siebenundzwanzig war, auf ihn aufmersam machte, erzählt er von einem Studenten, der während eines einsamen Herbstspazierganges auf der Halbinsel Izu einer armen, von allen verachteten Tänzerin begegnet, mit der er ein rührendes, romantisches Abenteuer erlebt. Sie öffnet ihm ihr Herz und entbrennt in einem tiefen und wahren Gefühl für den jungen Mann.“
Bis 1968 einschließlich wurde die Erzählung in 9 Sprachen übersetzt.[3]
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