Abgasskandal
Betrug bei den Abgaswerten durch mehrere Automobilkonzerne / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Liebe Wikiwand-AI, fassen wir uns kurz, indem wir einfach diese Schlüsselfragen beantworten:
Können Sie die wichtigsten Fakten und Statistiken dazu auflisten Dieselskandal?
Fass diesen Artikel für einen 10-Jährigen zusammen
Als Diesel- oder Abgasskandal (auch Dieselgate) wird seit 2015 die Kombination aus einer Reihe von überwiegend illegalen Manipulationen verschiedener Autohersteller zur Umgehung gesetzlich vorgegebener Grenzwerte für Autoabgase und – im Gegenzug – der politischen Einflussnahme zu deren Absicherung bezeichnet.
Am 18. September 2015 wurde öffentlich bekanntgemacht, dass die Volkswagen AG eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge verwendete; die US-amerikanischen Abgasnormen wurden nur in einem speziellen Prüfstandsmodus erreicht, im Normalbetrieb wird dagegen ein Großteil der Abgasreinigungsanlage weitgehend abgeschaltet. Die Aufdeckung wurde durch eine Notice of Violation der US-Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) angestoßen. Laut der Volkswagen AG sei die betreffende Software in weltweit etwa elf Millionen Fahrzeugen mit der Motorenreihe VW EA189 zum Einsatz gekommen. In Europa und den USA ist auch die Nachfolgereihe VW EA288 betroffen.[1] Laut der Nachrichtenagentur Reuters wurde die Software jedoch für vier verschiedene Motorentypen angepasst.
VW hatte zuvor, zur Förderung des Verkaufs und Erhöhung des Marktanteils von dieselbetriebenen Autos in den USA, gerade diese Fahrzeuggeneration in großen Werbekampagnen als besonders saubere „Clean-Diesel“ beworben.
Betroffen sind laut dem deutschen Bundesverkehrsministerium auch in Europa zugelassene Autos – innerhalb der EU sind Abschalteinrichtungen in dieser Form seit 2013 verboten[2] – sowie laut einer zweiten Notice of Violation der EPA von Anfang November 2015 auch Fahrzeuge von Audi und Porsche. Als Folge des Skandals trat der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, zurück; der Aufsichtsrat berief den bisherigen Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG, Matthias Müller, zu dessen Nachfolger.
Die ursprüngliche VW-Abgasaffäre war Auslöser einer weitreichenden Krise in der Automobilindustrie.[3] Viele Studien stellten Abweichungen zwischen realen und Prüfstandemissionen bei den Modellen deutscher und anderer Hersteller fest.[4] Gerade das Problem der überhöhten Stickoxidwerte bei Dieselfahrzeugen und deren gesundheitliche Folgen gewann infolge der VW-Dieselaffäre stark an öffentlicher Aufmerksamkeit. Das Überschreiten von Prüfstands-Grenzwerten im Realbetrieb war und ist in Europa nicht illegal; erst seit Gelten des WLTP gilt für dessen Realbetrieb-nahen Zyklus eine Obergrenze vom 2,1-Fachen des alten Prüfstands-Grenzwerts; es gab und gibt in Europa keinen Grenzwert für den Realbetrieb.[5][6] Es ist bewiesen, dass die Hersteller viele Jahre vor Bekanntwerden des Skandals die Maßnahmen anordneten oder von diesen wussten. Politische und wissenschaftliche Gremien, Regierungsstellen und Interessenverbände hatten ebenfalls Jahre vor dem Bekanntwerden auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen und vor deren Folgen gewarnt.
Am 2. August 2017 fand in Deutschland das Nationale Forum Diesel (auch Diesel-Gipfel genannt) statt, bei dem die deutsche Bundesregierung und deutsche Automobilhersteller Vereinbarungen hinsichtlich Schadstoffausstoß-Reduktionen trafen.[7]
Der Abgasskandal führte auch dazu, dass eine Verkehrswende in der politischen Diskussion von verschiedener Seite diskutiert und gefordert wird.[8][9]
Technische Vorgeschichte
Verbrennungsmotoren für Automobile gibt es seit dem späten 19. Jahrhundert, doch rückte das Problem der Luftverschmutzung durch Kfz erst im Zuge der Massenmotorisierung der 1950er Jahre in das öffentliche Bewusstsein, ausgehend von der Situation der Stadt Los Angeles. 1959 wurden in Kalifornien Standards für die Luftqualität festgelegt, aus denen Emissionsgrenzwerte für Kraftfahrzeuge entwickelt wurden, die ab 1966 eingehalten werden sollten. 1968 trat schließlich ein Gesetz zur Beschränkung der Abgasemissionen in Kraft. In der Bundesrepublik Deutschland wurden für Pkw mit Ottomotor 1971 Abgasgrenzwerte eingeführt. Es folgte eine ständige Verschärfung der Grenzwerte, was einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Verbrennungsmotorentechnik hatte.[10] Das erste nach heutigen Maßstäben moderne Abgasnachbehandlungssystem wurde in Form des 1973 auf den Markt gekommenen Dreiwegekatalysators erst 1981 für Pkw eingeführt,[11] wobei es noch weitere 10 Jahre dauern sollte, ehe das System zur Basisausstattung der Pkw zählte. Lange wurde schlechtes Abgasverhalten vor allem aus anderen Gründen vermieden, so wurde zum Beispiel bei Dieselmotoren versucht, eine möglichst rauchfreie Verbrennung zu erzielen, um die Standzeit zu verbessern[12] oder um eine Gefährdung der Verkehrssicherheit durch Schwärzung der Luft zu vermeiden.[13]
Prinzipiell ist das Abgasverhalten eines Dieselmotors dem eines Ottomotors in jeder Hinsicht überlegen, weil im Rohabgas weniger Kohlenstoffdioxid, weniger Kohlenwasserstoffe, weniger Kohlenstoffmonoxid und weniger Stickoxide enthalten sind;[14][15] Verglichen mit Abgasen eines Ottomotors enthält das Abgas eines Dieselmotors (bezogen auf die Abgasmasse) nur etwa ein Zehntel der Schadstoffe und ein Drittel des Kohlenstoffdioxids.[16] Dafür ist die Abgasmasse mehr als doppelt so hoch wie beim Ottomotor. Veraltete Kammerdieselmotoren stoßen unter Volllast nur etwa halb so viel Stickoxide wie ein vergleichbarer Ottomotor aus.[17] Da konventionelle Ottomotoren anders als Dieselmotoren mit einem stöchiometrischen Gemisch betrieben werden, funktionieren sie jedoch mit dem Dreiwegekatalysator zusammen, wodurch Kohlenwasserstoffe, Kohlenstoffmonoxid und Stickoxide zu Wasser, Stickstoff und Kohlenstoffdioxid umgewandelt werden.[18] Werden bei der Verbrennung im Ottomotor zum Beispiel durch überstöchiometrischen Magerbetrieb zu viele Stickoxide erzeugt, muss stattdessen ein NOx-Speicherkatalysator verwendet werden.[19] Erste Ottomotoren mit überstöchiometrischem Gemisch, die Ende der 1990er-Jahre aufkamen, hatten jedoch trotz dem Einsatz eines für damalige Verhältnisse aufwändigen Abgasreinigungssystems ein derart schlechtes Abgasverhalten (vor allem starke Kohlenwasserstoff- und Stickoxidemissionen), dass von einer Markteinführung auf Märkten mit damals strengen Abgasvorschriften (Europa und die USA) abgesehen wurde.[20]
Dieselmotoren für Pkw haben etwa seit Beginn der 1990er-Jahre wegen des beim Dieselmotor nicht funktionsfähigen Dreiwegekatalysators einen ungeregelten Oxidationskatalysator.[21] Dieser wandelt Stickstoffmonoxid zu Stickstoffdioxid, reduziert HC- und CO-Emissionen und senkt den Partikelausstoß.[22] Anfang des 21. Jahrhunderts geriet der Pkw-Dieselmotor vor allem wegen des Rußausstoßes in die Kritik. Die deutsche Automobilindustrie vertrat die Ansicht, dass ausschließlich innermotorische Maßnahmen den Rußausstoß mindern würden, dennoch wurde letztlich flächendeckend der Rußpartikelfilter für den Dieselmotor eingeführt.[23] Moderne Ottomotoren mit Benzindirekteinspritzung müssen jedoch wegen ihres Rußausstoßes gegebenenfalls auch mit einem Rußpartikelfilter ausgerüstet werden.[24] Mit der Einführung strengerer Abgasgrenzwerte, insbesondere für Stickoxide, wurde bei Ottomotoren ein besseres Abgasreinigungssystem unabdingbar.[25] Bei Dieselfahrzeugen wurde versucht, mit innermotorischen Maßnahmen (geringe Verbrennungstemperatur) den Stickoxidausstoß zu senken und den dadurch größeren Rußpartikelausstoß durch einen Rußpartikelfilter zu kompensieren, doch genügte dieses Verfahren zunehmend den verschärften Abgasgrenzwerten nicht mehr, sodass nachmotorische Verfahren wie Speicherkatalysator und selektive katalytische Reduktion notwendig wurden. Das letztgenannte System wird bereits seit längerer Zeit für Nutzfahrzeugmotoren eingesetzt.[26] Das Abgasverhalten wurde insbesondere bei Pkw-Dieselmotoren bis etwa 2015 auf Rollenprüfstandtestzyklen wie WLTP, US06 und FTP75 hin optimiert, was nicht illegal war und ist. Diese Optimierung auf genormte Prüfzyklen bewirkte im realen Fahrbetrieb weitaus höheren Schadstoffausstoß als im Rechenmodell und im Prüfzyklus; Hersteller wie Volkswagen verwendeten letztlich eine Software, die erkennt, ob ein Automobil im Testzyklus fährt und entsprechend das Abgasreinigungssystem illegalerweise speziell auf die Anforderungen des Testzyklus einstellt, ein spezieller Prüfzyklus-Modus, der für den Normalbetrieb wieder abgeschaltet wird.[27] Heute (2018) wird versucht, das Emissionsverhalten nicht mehr auf Prüfzyklen hin zu optimieren, sondern im tatsächlichen Fahrbetrieb (RDE) zu verbessern.[28]
Vorgehen bei VW
Im Jahr 2005 plante Volkswagen, die Rechte am Abgasreinigungssystem BlueTec des Daimler-Chrysler-Konzerns zu erwerben, man entschied sich aber dann, ein eigenes System zu entwickeln.[29][30][31]
Ab dem Modelljahr 2009 begann die Volkswagengruppe damit, ihre für Personenkraftwagen konstruierten Turbodieselmotoren (TDI) vom Pumpe-Düse-System auf Speichereinspritzung (Common-Rail) umzustellen. Diese Technik erlaubt eine präzisere Kraftstoffeinspritzung, da Einspritzdruckerzeugung und Einspritzzeitpunkte, anders als beim Pumpe-Düse-System,[32] voneinander entkoppelt und nicht von der Einspritznockenstellung abhängig sind.[33] Mit der Speichereinspritzung ist ein besseres Geräusch- und Abgasverhalten bei gleichzeitig reduziertem Kraftstoffverbrauch und höherer spezifischer Leistung möglich.[34][35][36]
Mit der Einführung von Dieselpartikelfiltern und bei einigen Modellen auch SCR-Katalysatoren bewarb VW die Motoren in den USA als ‚sauberer als sauber‘, während gleichzeitig gute Verbrauchswerte erzielt würden.[37][38]
Tatsächlich vermochten die Motoren es nicht, niedrigen Verbrauch mit vorschriftsmäßigen Stickoxidemissionen zu verbinden. Volkswagen entschied um 2006,[39] das Steuergerät des Motors VW EA189 so zu programmieren, dass vom standardmäßigen Betriebsmodus mit hoher Motorleistung und hohem Wirkungsgrad, aber auch hohem Stickoxidausstoß, immer dann auf einen Modus mit niedrigem Stickoxidausstoß umgeschaltet wird, sobald ein Abgastest erkannt wird. Damit hatte Volkswagen eine Abschalteinrichtung (englisch defeat device) verwirklicht.[30][40] Der Spiegel berichtete 2015, dass mindestens 30 leitende Angestellte seit Jahren von diesem Vorgehen wussten, während Volkswagen selbst dies noch 2015 leugnete.[41]
Mutwillige Manipulationen
Laut eigenen Angaben warnte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) von September 2007 (anlässlich der IAA) bis 2015 „in unzähligen Pressekonferenzen, Fachgesprächen, mit Veröffentlichungen, Abgastests und Aktionen vor … Verstößen gegen Gesundheits- und Klimaschutz bei den Abgasemissionen und Spritverbräuchen“.[42]
Weitere Hinweise auf eine Manipulation bei Volkswagen wurden von Peter Mock, Direktor des europäischen Ablegers des International Council on Clean Transportation (ICCT), an das ICCT übermittelt. ICCT-Mitarbeiter in Berlin, darunter der ehemalige Abteilungsleiter des Umweltbundesamts Axel Friedrich, hatten hohe Abgaswerte bemerkt.[43] In den USA stellte das ICCT im Mai 2014 in Zusammenarbeit mit der West Virginia University (WVU) bei Abgasmessungen große Differenzen beim Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen der VW-Gruppe fest.[44] Die Fahrzeuge erfüllten unter Testbedingungen auf einem Prüfstand des California Air Resources Board (CARB) die Vorgaben der EPA. Unter realen Fahrbedingungen ermittelten Mitarbeiter der WVU[45] mit einem transportablen Messsystem (PEMS) beim VW Jetta VI Stickoxidwerte 15- bis 35-fach und beim VW Passat 5- bis 20-fach über dem gesetzlichen US-Grenzwert.[43][46]
Im September 2014 veröffentlichte Der Spiegel Ergebnisse dieser Studie und wies mit Bezug auf den ICCT darauf hin, dass moderne Motorsteuerungen „erkennen, wenn sich das Auto auf einem Rollenprüfstand befindet, und daraufhin in einen optimierten Testmodus schalten“ können[47] und dass „vor allem deutsche Autokonzerne den amtlichen Benzindurst“ ihrer Fahrzeuge „schönen“ würden.[48] Das Handelsblatt berichtete im Oktober 2014 mit Bezug auf dieselbe Studie,[49] dass „seit einem Jahr“ jeder Bescheid gewusst habe.
Volkswagen behauptete gegenüber US-Behörden, die festgestellten Diskrepanzen, insbesondere die der Stickoxidwerte, würden auf einem Softwarefehler basieren und rief im Dezember 2014 die fast 500.000 betroffenen Fahrzeuge zurück, um eine neue Software einzuspielen. Das CARB überprüfte die modifizierten Fahrzeuge unter Realbedingungen und konnte keine Verbesserung bei den Stickoxidwerten feststellen.[43] Als die Behörden damit drohten, bei Nichtaufklärung der Diskrepanz den 2016er Modellen die Zulassung zu verweigern, gab Volkswagen am 3. September 2015 den Betrug zu.[50][51]
Laut Wirtschaftswoche teilte ein Manager eines Automobilzulieferers dem damaligen EU-Kommissar Antonio Tajani schon Mitte 2012 mit, Autohersteller würden die Abgaswerte von Fahrzeugen in Zulassungstests elektronisch manipulieren. Dies untergrabe die Bemühungen der EU, den Straßenverkehr umwelt- und klimafreundlicher zu machen. Bei einem Treffen im Juli 2012, bei dem das Thema diskutiert wurde, seien insgesamt vier Mitglieder der EU-Kommission anwesend gewesen. Daraufhin forderte Tajani die Verkehrsminister der EU-Staaten schriftlich dazu auf, die Überwachung der Autoindustrie zu verbessern; er wies aber nicht darauf hin, dass Abgastests manipuliert worden sein könnten.[52]
Die Abgasmessung für neue Fahrzeugmodelle des VW-Konzerns in Europa obliegt (Stand 2015) folgenden Prüforganisationen:
- Audi-Modelle: Allied Technology Experts Enterprise of Luxembourg S.à r.l. (ATE EL), Luxemburg
- Volkswagen-Modelle: TÜV Nord, Deutschland
- Seat-Modelle: Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial (INTA) und CTAG-IDIADA Safety Technology SL, beide in Spanien
- Škoda-Modelle: TÜV Süd, Deutschland und Vehicle Certification Agency (VCA), Großbritannien
USA
Am 18. September 2015 richtete die US-Umweltschutzbehörde EPA eine Notice of Violation (sinngemäß: Mitteilung eines Rechtsverstoßes) an die Volkswagen Group of America, mit exakter Erläuterung der juristischen Vorwürfe hinsichtlich der Verstöße gegen den Clean Air Act.[53] Als Folge dieses Verfahrens drohen Volkswagen Geldstrafen von bis zu 18 Mrd. US-Dollar. Laut Medienberichten haben auch das US-Justizministerium und der New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman Ermittlungen gegen Volkswagen eingeleitet. Schneiderman soll anstreben, mit den Generalstaatsanwälten aller Gliedstaaten der Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten.[54] Unterdessen kommen auf Volkswagen auch Sammelklagen privater Käufer und Autohändler in Kanada und den USA zu.[55]
Am 14. Oktober 2015 schloss sich die Federal Trade Commission (FTC) den Ermittlungen der EPA und des US-Justizministeriums an. Dabei geht es um Ermittlungen wegen irreführender Werbekampagnen (Clean-Diesel) von Volkswagen für die betroffenen Dieselfahrzeuge.[56]
Nach Ausweitungen ihrer Ermittlungen richtete die EPA am 2. November 2015 eine zweite Notice of Violation an Volkswagen.[57] Demnach wurden Abschalteinrichtungen nunmehr auch in Dieselfahrzeugen mit Dreiliter-Motor (3.0 TDI) gefunden.[57][58] Betroffen seien konkret der VW Touareg (Modelljahr 2014), die neuesten Audi-Modelle A6 Quattro, A7 Quattro, A8, A8L und Q5 sowie der Porsche Cayenne (Modelljahr 2015).[59][60]
Die Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit (NHTSA) erklärte gegenüber der Wirtschaftswoche, dass durch unabhängige Gutachter geprüft werde, ob der VW-Konzern neben dem Abgasskandal auch Sicherheitsprobleme und technische Mängel verschwiegen habe.[61]
Im Rahmen eines Vergleiches im Frühjahr 2017 bekannte sich Volkswagen als Unternehmen der Verschwörung zum Betrug, der Behinderung der Justiz und des Verkaufs von Waren unter falscher Angabe für schuldig, um damit die strafrechtlichen Ermittlungen zum Abschluss zu bringen. Volkswagen zahlt dafür 2,8 Mrd. US-Dollar, verpflichtet sich zu stärkeren Kontrollsystemen und unterwirft sich einer dreijährigen externen Aufsicht.[62][63] Darüber hinaus hat sich VW verpflichtet, mit ihrer eigens dazu gegründeten Firma Electrify America insgesamt 2 Mrd. US-Dollar in den Ausbau eines Ladesäulennetzwerkes zu investieren.[64]
Der deutsche Staatsbürger James Robert Liang wurde im Juni 2016 als erster VW-Mitarbeiter strafrechtlich angeklagt und im August 2017 wegen seiner Rolle im Skandal,[65] an dem er als Motorenentwickler 2006 bei VW in Wolfsburg und ab 2008 in Kalifornien mitgewirkt hatte,[66] zu 3 Jahren und 4 Monaten Haft sowie einer Geldstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er gegenüber den US-Aufsichtsbehörden die Benutzung von Betrugssoftware in 600.000 VW-Fahrzeugen verheimlicht hatte.[65]
Mit Oliver Schmidt wurde im Januar 2017 ein weiterer VW-Mitarbeiter in Florida festgenommen. Insgesamt ermittelten die US-Behörden gegen sechs zum Teil ehemalige VW-Mitarbeiter wegen Verschwörung zum Betrug und Verstößen gegen Umweltgesetze,[67][68] darunter den bereits verhafteten. Gegen die übrigen fünf wurde im Juni 2017 ein internationaler Haftbefehl erlassen.[69] Oliver Schmidt wurde am 6. Dezember 2017 von einem Richter in Detroit zu einer siebenjährigen Gefängnisstrafe wegen Verschwörung zum Betrug und Verstoßes gegen Umweltgesetze verurteilt. Außerdem muss Schmidt Geldstrafen in einer Höhe von 400.000 US-Dollar zahlen.[70]
Ebenfalls 2017 zahlte die Robert Bosch GmbH in einem Vergleich 304 Millionen Euro an US-Zivilkläger.[71][72]
Die Daimler AG einigte sich im August 2020 auf Vergleiche mit US-Sammelklägern sowie den -Behörden.[73] Im darauffolgenden September gaben Daimler sowie das US-Justizministerium die Höhe aller diesbezüglichen Vergleichszahlungen mit insgesamt 1,9 Milliarden US-Dollar an. Daimler wurde zudem verpflichtet, betroffene Autos in den USA mit Softwareupdates nachzurüsten.[74]
Deutschland
Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt forderte eine Überprüfung aller VW-Fahrzeugmodelle in Deutschland.[51][75]
Zunächst hieß es, die Staatsanwaltschaft Braunschweig habe von Amts wegen und aufgrund mehrerer Strafanzeigen von Bürgern ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Vorstandschef Martin Winterkorn wegen Betrugsvorwürfen nach § 263 StGB eingeleitet.[76][77] Wenige Tage später, am 1. Oktober 2015, wurde hingegen berichtet, dass entgegen vorherigen Meldungen kein Ermittlungsverfahren gegen Winterkorn eingeleitet worden sei und dass auch kein Anfangsverdacht gegen ihn bestehe.[78] Die ursprüngliche Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom Montag, 28. September 2015, wurde gelöscht und durch eine neue ersetzt.[79]
Am 8. Oktober 2015 führten die Staatsanwaltschaft Braunschweig und das Landeskriminalamt Niedersachsen in Wolfsburg und anderen Orten Hausdurchsuchungen in den Geschäftsräumen von Volkswagen durch. Erklärtes Ziel der Durchsuchung war „die Sicherstellung von Unterlagen und Datenträgern, die mit Blick auf in Betracht kommende Straftatbestände Auskunft über die genaue Vorgehensweise der an der Manipulation der Abgaswerte von Dieselfahrzeugen beteiligten Firmenmitarbeiter und deren Identität geben können“.[80]
Am 24. November 2015 hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung gegen fünf namentlich bekannte Mitarbeiter des Volkswagen-Konzerns eingeleitet. Grund hierfür ist die Bekanntgabe von Volkswagen, CO2- und Verbrauchswerte von Fahrzeugen manipuliert zu haben, weswegen an die Fahrzeughalter durch die falschen Angaben auch unzutreffende Kraftfahrzeug-Steuerbescheide ergangen seien.[81]
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden im Juni 2016 infolge einer Strafanzeige der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf den Verdacht der Marktmanipulation ausgedehnt. Der Vorwurf lautet, dass Volkswagen seiner Ad-hoc-Publizitätspflicht, kursrelevante Informationen zu veröffentlichen, nicht rechtzeitig nachkam.[82]
Am 27. Januar 2017 wurde bekannt, dass mittlerweile gegen 37 Personen ermittelt wird. Dafür wurden 28 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die Ermittlungen erstrecken sich neben den genannten Vorwürfen auch auf den Verdacht strafbarer Werbung (§ 16 UWG). Unter den Beschuldigten befindet sich nun auch der ehemalige Vorstandschef Martin Winterkorn.[83]
In den Jahren 2019/2020 erhob die Staatsanwaltschaft München II Anklage gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler sowie drei weitere ehemalige Funktionäre des Ingolstädter Autobauers. In den Verfahren sollte geklärt werden, inwieweit die ehemaligen Audi-Angestellten in die Entwicklung von Abschalteinrichtungen sowie den wissentlichen Verkauf von manipulierten Fahrzeugen involviert waren.[84][85][86] Anfang April 2023 wurde das Verfahren gegen einen mitangeklagten Ingenieur vorläufig gegen eingestellt. Abhängig war die Einstellung von der Auflage der Zahlung von 25.000 Euro. Der ehemalige Mitangeklagte hatte ein umfangreiches Geständnis abgelegt und war als Kronzeuge im Prozess aufgetreten.[87] Ende April 2023 gestand der Angeklagte Wolfgang Hatz.[88] Mitte Mai 2023 machte Stadler ein Geständnis und räumte Fehlverhalten ein.[89] Am 27. Juni 2023 verurteilte das Landgericht München II Stadler wegen Betrugs durch Unterlassen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Bewährungsauflage ist die Zahlung von 1,1 Millionen Euro.[90][91] Der für die Motorenentwicklung zuständige Hatz wurde wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die gegen Auflage der Zahlung von 400.000 Euro zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Ingenieur Giovanni P. wurde ebenfalls wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die gegen Zahlung von 50.000 Euro auf Bewährung ausgesetzt wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte einer Strafe mit Aussetzung zur Bewährung für Stadler und P. im Rahmen einer Verständigung bereits zugestimmt.[92][93] Für Hatz hatte sie drei Jahre und zwei Monate Freiheitsstrafe ohne Aussetzung zur Bewährung gefordert.[94] Das Landgericht ging davon aus, dass bei bestimmten Motorentypen von Audi eine unzulässige Abschalteinrichtung eingesetzt worden sei. P. und Hatz hätten die Ausgestaltung der Motorsteuerungssoftware veranlasst. Sie seien sich dabei bewusst gewesen, dass PKW unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Union ausgestattet würden. Auch Motoren von in die USA exportierten PKW hätten unzulässige Abschalteinrichtungen aufgewiesen. Stadler habe dies nach Kenntniserlangung nicht verhindert, obwohl er als Vorstandsvorsitzender zu einem Eingreifen verpflichtet gewesen wäre. Für die mit der Abschaltvorrichtung versehenen PKW setzte das Gericht einen mit 5 % vom Neupreis bezifferten Minderwert an. Deshalb ging es in Bezug auf Hatz und P. von einem verursachten Schaden von insgesamt rund 2,3 Milliarden Euro aus. Bei Stadler nahm das Gericht einen verursachten Schaden von rund 41 Millionen Euro an. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.[95] Alle drei Angeklagten legten Revision ein. Die Staatsanwaltschaft legte hinsichtlich des Urteils in Bezug auf Hatz Revision ein.[96]
Nach mehreren Razzien im Juli 2020 verkündete die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main im Oktober 2020, dass vermutlich rund 200.000 manipulierte Fahrzeuge von Fiat und Iveco in Deutschland zugelassen wurden – darunter auch Wohnmobile.[97]
Frankreich
Am 2. Oktober 2015 wurde berichtet, dass die französische Justiz wegen des Verdachts auf Betrug gegen Volkswagen Ermittlungen eingeleitet habe. In Frankreich sind rund 950.000 Dieselfahrzeuge betroffen.[98] Deren Ergebnisbericht wurde im August 2016 vorgestellt. In der zehnmonatigen Untersuchung hatte eine unabhängige Kommission bei 86 Fahrzeugmodellen verschiedener Hersteller Abweichungen bei den Schadstoffemissionen festgestellt. Mit den Modellen Talisman und Espace war auch Renault betroffen (Motorenbaureihe K9K / Mercedes-Benz OM 607). Obwohl die Kommission ausdrücklich zu keinem Urteil über die Verwendung von Abschalteinrichtungen kam, kündigte Umweltministerin Ségolène Royal an, Transparenz und Verantwortung von den Autoherstellern einzufordern.[99][100]
Im Auftrag der Staatsanwaltschaft von Paris haben Gendarmen des Office central de lutte contre les atteintes à l’environnement et à la santé publique (Oclaesp) der Gendarmerie nationale am 16. Oktober 2015 den Sitz von Volkswagen France in Villers-Cotterêts sowie Büros in Roissy-en-France durchsucht.[101][102]
Im September 2017 berichtet Le Monde,[103] der Groupe PSA (Citroën, DS, Opel, Peugeot und Vauxhall) drohe eine Strafe von bis zu 5 Milliarden Euro.[104] Am 8. September 2017 bestritt PSA die Vorwürfe.[105]
Italien
Am 15. Oktober 2015 durchsuchten die Staatsanwaltschaft Verona und die Guardia di Finanza den Sitz der Volkswagen Group Italia S.p.A. in Verona und der VW-Konzerntochter Lamborghini in Sant’Agata Bolognese wegen des Verdachts auf Handelsbetrug. Die Ermittlungen richten sich auch gegen den VW-Manager Massimo Nordio und gegen Luca De Meo, Vorstandsmitglied der Audi AG und verantwortlich für den Geschäftsbereich Vertrieb und Marketing.[106]
Spanien
Der Audiencia Nacional de España (nationale Staatsgerichtshof) mit Sitz in Madrid hat am 28. Oktober 2015 durch den Richter Ismael Moreno ein Ermittlungsverfahren wegen Betrug durch irreführende Werbung, Subventionsbetrug und Verbrechen gegen die Umwelt gegen den Volkswagen-Konzern eingeleitet. Bis zum 10. November 2015[veraltet] soll der VW-Konzern einen Vertreter nennen, gegenüber dem die Anschuldigungen vorgebracht werden könnten.[107]
Belgien
Die Staatsanwaltschaft Brüssel (Parquet de Bruxelles) ermittelt seit dem 4. November 2015 gegen den Volkswagen-Konzern wegen Urkundenfälschung. Das flämische Umweltministerium sieht sich als Geschädigte in dem Abgasskandal an.[108]
Unabhängig vom Motortyp wurden von mehreren Herstellern, u. a. VW und Peugeot, viele nichttechnische Maßnahmen an Fahrzeugen auf den Prüfständen getroffen, die zu Abweichungen zwischen den Verbräuchen im Prüf- und Realbetrieb führen. Die Prüffahrzeuge besaßen z. B. eine vollständig geladene Batterie, einen halb abgefahrenen Reifensatz, keine Extraausstattung und meist keine Klimaanlage. All diese Maßnahmen waren im Rahmen des damaligen Testregimes legal. Im Oktober 2016 kündigte Volkswagen an, zukünftig darauf zu verzichten, „mögliche Toleranzen weiter extensiv zu nutzen“. Der Verzicht führt zu einem Anstieg der kilometerbezogenen CO2-Emissionen von bis zu 2 g. Kritiker relativierten die Wirksamkeit des Verzichts, da ab 2017 ein neues Testverfahren gelte, das solche Maßnahmen verbietet.[109]
Manipulationen bei Dieselfahrzeugen
Laut Veröffentlichung der EPA erkennt die von VW installierte Software, die für die Abgaskontrollanlage zuständig ist, die Prüfungssituation. Die standardisierten Testsituationen sind durch ein „unnatürliches Fahrverhalten“ (hohe Raddrehzahlen ohne Bewegung des Fahrzeugs) erkennbar. Bei diesen Bedingungen ist die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenig Stickoxide (NOx) entstehen. Im normalen Fahrbetrieb werden dagegen Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt, weshalb die NOx-Emissionen dann erheblich höher sind.[110]
Am 27. September 2015 berichtete Bild am Sonntag, der Automobilzulieferer Bosch habe die umstrittene Software zu Testzwecken an VW geliefert, im Jahr 2007 allerdings auch klar mitgeteilt, dass der Einsatz der Software gesetzeswidrig sei.[111]
- Beim Passat sollte mit der Software des Steuergerätes „Electronic Diesel Control 17“ des Zulieferers Bosch der Verbrauch an Harnstofflösung (AdBlue, in den USA mit der Bezeichnung Diesel Exhaust Fluid (DEF) oder generell AUS 32) für die Abgasnachbehandlung SCRT in den Bluetec-TDI-Motoren verändert werden.[112][113][114] In einem Vortrag auf dem 32C3 präsentierte der Hacker Felix Domke eine Analyse der von VW auf einem Bosch-Steuergerät des Typs EDC17C46 installierten Firmware. In den A2L-Dateien war die Abschalteinrichtung mit „Untere Kilometerschwelle für Deaktivierung der Akustikfunktion“ kommentiert.[115] Die Firmware wertet dabei unter anderem aus, ob sich die gefahrene Strecke je Zeit in einem engen Intervall um die vom Prüfzyklus vorgegebenen Werte bewegt. Sobald dieses Intervall verlassen wird, schaltet die Software in einen alternativen Modus mit deutlich reduziertem AdBlue-Verbrauch.
- Beim US-Modell Jetta wird dagegen ein NOx-Speicherkatalysator verwendet, bei dem sich die Stickoxide auf der Oberfläche ablagern. Der Speicherkat kann NOx nur in einem Temperaturbereich von 250 bis 500 °C speichern. Ist der Katalysator vollständig belegt, wird er während des Fahrbetriebs mittels Kohlenstoffmonoxid und Kohlenwasserstoffen als Reduktionsstoff regeneriert. Da diese Stoffe normalerweise im Abgas von Dieselmotoren nicht oder in nur sehr geringen Mengen vorkommen, müssen sie künstlich durch eine unvollständige Verbrennung erzeugt werden, was man durch Luftmangel (i. d. R. durch Mehreinspritzung von Dieselkraftstoff in den Brennraum) umsetzt.[116] Im Fall der manipulierten Fahrzeuge fand diese Regeneration im Fahrbetrieb nur teilweise oder gar nicht statt.[117]
- Bei der Überprüfung aller Prozesse im Bereich der Dieselmotoren wurde öffentlich, dass bei der CO2-Zertifizierung von Dieselfahrzeugen vor allem ab dem Baujahr 2012 zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden. Betroffen sind unter anderem die Typen VW Golf, VW Polo, VW Passat, Audi A1, Audi A3, Škoda Octavia, Seat Leon und Seat Ibiza.[118] Auch sei vor Prüfstandmessungen Dieselkraftstoff ins Motoröl gemischt worden, damit der Motor bei der Messung weniger Kraftstoff verbrauchte.[119]
Auch in Modellen anderer Hersteller wurden Abschalteinrichtungen in die Steuerung von Dieselmotoren eingebaut. Im Mai 2017 wurde bekannt, dass beim Modell Fiat 500X die rechtlich festgeschriebene Dauer des Prüfzyklus von 20 Minuten ausgenutzt wurde. Nach 22 Minuten schalte eine einprogrammierte Abschaltvorrichtung die Filtersysteme ab.[120]
Zum Handbuch für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA) veröffentlichte das Umweltbundesamt[121] im Oktober 2015 einen Kommentar, wonach Dieselfahrzeuge der Kategorie Euro 5 den geltenden Grenzwert von 180 mg/km NOx um den Faktor 4 bis 5 überschreiten.[122]
Manipulation bei Fahrzeugen mit Ottomotoren
Von der technischen Manipulation der Ermittlung der Kohlenstoffdioxidwerte sind laut Aussagen von VW vom Anfang November 2015 auch Modelle mit dem Ottomotor 1,4 TSI ACT betroffen, der mit Zylinderabschaltung ausgestattet ist. Dies betrifft rund 98.000 Fahrzeuge[123] in Deutschland (50.000 in Spanien). Nach Informationen der Bild am Sonntag unter Berufung auf das Geständnis eines Ingenieurs der Abteilung Forschung und Entwicklung des VW-Konzerns in Wolfsburg habe er seinem Vorgesetzten über den Betrug mit geschönten Verbrauchs- und CO2-Angaben von Volkswagen-Modellen der Modelljahre 2013 bis Frühjahr 2015 berichtet. Der Konzernrevision lägen zudem Geständnisse weiterer Mitarbeiter vor. Danach sollen mit unerlaubten Maßnahmen die Abgaswerte bei den Testfahrzeugen manipuliert worden sein, u. a. durch die Nutzung eines Reifendrucks von mehr als 3,5 bar, höher als erlaubt, damit das Fahrzeug leichter läuft.[124] Am 13. November 2015 wurde bekannt, dass insgesamt 24 Modelle des Modelljahrs 2016 mit Ottomotoren (TSI) betroffen sind: Darunter die 1,0-Liter-Ottomotoren mit 70 kw im Seat Ibiza und VW Polo sowie mit 85 kW im Seat Leon und der 1,4-Liter-Ottomotor im VW Jetta.[125]
Ein im August 2020 veröffentlichtes Gerichtsgutachten legt ebenfalls nahe, dass auch Benziner aus dem Volkswagen-Konzern von dem Abgasskandal betroffen sein könnten.[126] Demnach wurde in einem Audi Q5 TFSI 2.0 aus dem Jahr 2015 eine Zykluserkennung gefunden, die die Abgaswerte des Fahrzeuges manipuliert. Das Gutachten wurde im Rahmen einer Klage vor dem Landgericht Offenburg durchgeführt.
Auch Porsche-Fahrzeuge mit Ottomotor wurden möglicherweise illegal manipuliert.[127] Der Sportwagenhersteller selbst hat bei internen Prüfungen festgestellt, dass die Motoren sowie die Motorensoftware mehrerer benzinbetriebener Porsche-Modelle nach der Zulassung durch das Kraftfahrt-Bundesamt verändert worden seien. Diese Informationen hat Porsche mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart sowie den Behörden in Deutschland und den USA geteilt. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt hat im Sommer 2020 Ermittlungen in der Sache aufgenommen.