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Unter digitaler Souveränität werden im politischen Diskurs Möglichkeiten zur selbstbestimmten Nutzung und Gestaltung von Informationstechnik durch Gesellschaften[1], Staaten[2], Unternehmen und Individuen diskutiert. Dies umfasst sowohl die digitale Kompetenz als Sachkenntnis als auch die Kompetenz im Sinne von Befugnis, Tätigkeiten auch eigenständig ausüben zu dürfen.
Abgeleitet vom staatlichen Begriff der Souveränität bezieht sich digitale Souveränität zum einen spezieller auf Handlungsmöglichkeiten im digitalen Raum und zum anderen allgemeiner auf die Fähigkeiten weiterer gesellschaftlicher Akteure aus Verwaltung und Wirtschaft bis zu einzelnen Gruppen und Personen. Je nach Sichtweise werden verschiedene Aspekte digitaler Souveränität betont.
Die individuellen Fähigkeiten des Einzelnen bestimmen dessen digitale Souveränität in hohem Maße. Denn digitale Souveränität, als Erweiterung des Begriffes Medienkompetenz, umfasst neben dem souveränen Umgang mit digitalen Medien auch die Kompetenz, sich mit relevanten Sicherheitsaspekten und möglichen Risiken auseinanderzusetzen.[3] Laut einer Studie der Initiative D21 sind bisher nur 37 Prozent der Bevölkerung digital souverän,[4] d. h. vertraut im Umgang mit digitalen Medien (2013: 33 Prozent)[5]. In der im Oktober 2013 veröffentlichten Studie des Bundesministeriums des Innern zum Thema „Zukunftspfade – Digitales Deutschland 2020“ wird konstatiert, dass das Schaffen von digitaler Souveränität in der Gesellschaft zwar von Schulen, Bildungseinrichtungen und Unternehmen vorangetrieben und unterstützt werden müsse, in erster Linie aber jeder Einzelne individuell für den Aufbau seiner eigenen digitalen Souveränität verantwortlich sei.[3]
Eine weitere Voraussetzung ist die Etablierung von Angeboten, die digital souveränes Handeln ermöglichen. Erst die Bereitstellung von entsprechenden Produkten und Technologien, die auf allgemein akzeptierten Standards aufbauen, verhelfen zu digitaler Souveränität für den Einzelnen[6] sowie auch für Regierungen: Die Bundregierung beschreibt in 2024, derzeit eine „Strategie zur Stärkung der Digitalen Souveränität der IT der Öffentlichen Verwaltung“ zu verfolgen, um sich unabhängiger von einzelnen Anbietern und Produkten, wie u. a. auch den Angeboten von Big Tech, zu machen und ihre Resilienz durch die Austauschbarkeit von Komponenten zu erhöhen[7] Der Verband BITKOM nennt in der Publikation „IT-Strategie – Digitale Agenda für Deutschland“ den Ausbau sicherer und innovativer IT-Systeme als wesentliche Komponente im Hinblick auf die zukünftige digitale Entwicklung der Gesellschaft der Bundesrepublik[8]; auch innerhalb der Politik wird vermehrt die Entwicklung entsprechender technologischer Möglichkeiten gefordert.[9] Vor allem die Notwendigkeit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wird verstärkt diskutiert, welche die IT-Sicherheit erhöhen und die Gefahr von Datenmissbrauch verringern soll.[10]
Die Bereitstellung sicherer Transportwege ist zur Gewährleistung digitaler Souveränität essentiell.[11] Als Folge der so genannten NSA-Affäre wird vermehrt ein System gefordert, das die vertrauliche und sichere Übermittlung von Daten garantiert, um vollständige digitale Souveränität zu ermöglichen.[12] Der Einsatz transparenter, nachprüfbarer und zertifizierter Verfahren soll das Vertrauen in IT-Produkte und -Prozesse stärken und den sicheren und langfristigen Aufbau digitaler Souveränität unterstützen.[13]
Die äußeren Gegebenheiten beeinflussen zu einem großen Teil die digitale Souveränität der Bürger einer Gesellschaft und der Gesellschaft selbst. In diesem Zusammenhang sind auch eine einheitliche und eindeutige Gesetzgebung sowie staatliche Regulierungen wie Datenschutzrichtlinien und standardisierte Verfahren wichtig.[14] Auch die Diskussion um die Einführung einer EU-Datenschutzrichtlinie, die auch auf Daten in und aus dem Internet anwendbar sein soll, unterstreicht die Relevanz des Themas digitale Souveränität.[15]
Bei Maßnahmen zur Regulierung bzw. zum Schutz des Digitalen Raums kollidiert dabei die dezentrale Natur des Internets mit dem klassischen Ressortprinzip staatlicher Behörden.[16] Entsprechend unterschiedlich fallen die Lösungsansätze aus: Von 27 EU-Staaten verfügen lediglich Luxemburg und Polen über ein eigenes Digitalministerium, andere Länder siedeln den Bereich bei der Regierungszentrale an oder integrieren ihn in das Wirtschafts-, Finanz-, Infrastruktur- oder Innenministerium.[17]
Als Grundlage der zuvor genannten Aspekte wird vielfach der Zugang zu sicherer IT-Infrastruktur, also Hardware, als Technologiesouveränität genannt. Dies bezieht Fragen der Ressourcenbeschaffung, Produktentwicklung und Forschungsförderung mit ein.
Daniel Lambach (Goethe-Universität) und Kai Oppermann (TU Chemnitz) beurteilen digitale Souveränität als besonders präsentes Konzept der EU-Digitalpolitik, das maßgeblich von den Narrativen der innerdeutschen Debatte geprägt sei. Sie identifizierten sieben miteinander verwobene Narrative (wirtschaftlicher Wohlstand, Sicherheit, Europäischer Lebensstil zwischen Liberalismus und Autoritarismus, Staats- und Verwaltungsmodernisierung, Datenschutz, Verbraucherschutz, Demokratieverständnis), die in diesem Zusammenhang assoziiert werden. Dies mache digitale Souveränität zwar in besonderer Weise politisch anschlussfähig und zum Bestandteil Europäischer Integration, sorge aufgrund der begrifflichen Unschärfe sowie konkurrierenden Konzept der Technologiesouveränität und strategischen Autonomie aber auch wiederholt zu Missverständnissen und berge Risiken.[18]
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