Geschichte Österreichs
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Die Geschichte Österreichs reicht von der ersten Besiedelung in der Altsteinzeit bis zur Gegenwart. Im Jahr 996 unter dem Namen „Ostarrichi“ erstmals erwähnt, gehörte das Land zunächst als Markgrafschaft zum Herzogtum Bayern und war von 1156 bis 1453 als Herzogtum und von 1453 bis 1806 als Erzherzogtum eigenständiger Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches. Die Dynastie der Habsburger erwarb als Haus Österreich ein weiträumiges Herrschaftsgebiet und stellte über mehrere Jahrhunderte den Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Das 1804 ausgerufene Kaisertum Österreich (das damals auch Ungarn und Böhmen umfasste) war mit seinem westlichen Teil von 1815 bis 1866 Teil des Deutschen Bundes und bildete ab 1867 mit dem nun eigenständigen Königreich Ungarn die Österreichisch-Ungarische Doppelmonarchie. Nach deren Auseinanderbrechen am Ende des Ersten Weltkriegs entstand Österreich 1918–1921 in seinen heutigen Grenzen, nachdem die Sieger des Ersten Weltkriegs den demokratischen Zusammenschluss mit Deutschland verhinderten. 1934 Diktatur geworden, wurde Österreich 1938 vom nationalsozialistischen Regime dem Deutschen Reich eingegliedert. Seit 1945 ist Österreich wieder eine unabhängige, seit 1955 souveräne Republik, die 1995 der Europäischen Union beitrat.
In der Altsteinzeit besiedelten erstmals Menschen das Gebiet des heutigen Österreich. In der Keltenzeit von 800 bis 400 v. Chr. entstand auf diesem Territorium das Königreich Noricum. Um die Zeitenwende eroberten und besiedelten die Römer das Land südlich der Donau. Die bedeutendste römische Siedlung in Österreich war Carnuntum.
Ab dem 6. Jahrhundert besiedelten Bajuwaren das Land, das im 8. Jahrhundert ins Fränkische Reich eingegliedert wurde. Karl der Große errichtete um 800 n. Chr. die Awarenmark, eine Grenzmark im heutigen Niederösterreich, um das weitere Vordringen von Slawen und Awaren aus dem Osten zu stoppen. Im 10. Jahrhundert entstand die Markgrafschaft Österreich östlich der Enns, die dem Herzog von Bayern unterstand. Die älteste erhaltene Urkunde, in der das Land als „Ostarrichi“ (mit der Bedeutung „Östliche Mark“) genannt wird, stammt aus dem Jahr 996. Seit 1156 (Privilegium minus) herrschten eigenständige Herzöge aus dem Geschlecht der Babenberger in Niederösterreich. Die Gebiete des heutigen Österreich lösten sich sukzessive von Bayern. Sie gehörten bis zum Jahr 1806 zum Heiligen Römischen Reich und von 1815 bis 1866 zum Deutschen Bund.
Nach dem Tod des letzten Babenbergers übernahm der deutsche König Rudolf I. 1276 als erster Habsburger die Herrschaft über Österreich. In den folgenden Jahrhunderten wurde Österreich Stammland der Habsburger, unter denen es zur führenden Macht im Heiligen Römischen Reich aufstieg. Im 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts dehnten die Habsburger vor allem durch geschickte Heiratspolitik ihre Herrschaft auf Spanien, die Niederlande und Teile Italiens aus. So entstand der habsburgisch-französische Gegensatz, der die europäische Politik für mehr als 200 Jahre prägte. Kaiser Karl V. übertrug die österreichischen Länder 1521 auf seinen Bruder Ferdinand I., der erste zentrale Verwaltungsstrukturen schuf. 1526 erbte Ferdinand die Königreiche Böhmen und Ungarn. Letzteres stand nach der Schlacht von Mohács jedoch zum größten Teil unter der Kontrolle des Osmanischen Reichs, das nun direkt an die österreichischen Länder grenzte. Auch nach der erfolglosen ersten Belagerung Wiens durch die Türken blieb die osmanische Bedrohung noch eineinhalb Jahrhunderte lang bestehen.
Im 16. Jahrhundert verbreitete sich auch in den österreichischen Ländern die Reformation. Die gegen 1600 einsetzende Rekatholisierungspolitik der Habsburger war ein auslösender Faktor des Dreißigjährigen Kriegs, zu dessen Beginn es so schien, als könnten die Habsburger das Heilige Römische Reich in eine zentral gelenkte Monarchie unter ihrer Herrschaft verwandeln. Auf Druck der anti-habsburgischen Koalition aus Frankreich, Schweden und den meisten protestantischen deutschen Staaten mussten sie sich ab 1648 jedoch auf ihre österreichischen und böhmischen Länder im Reich beschränken. 1683 wurden die Osmanischen Streitkräfte ein zweites Mal vor Wien geschlagen und im Großen Türkenkrieg bis hinter Belgrad zurückgedrängt.
Als die spanische Hauptlinie der Habsburger 1700 ausstarb, begann der Spanische Erbfolgekrieg zwischen den Habsburgern und König Ludwig XIV. von Frankreich. Aus der Erbmasse erhielt Österreich 1713 im Frieden von Utrecht die Spanischen Niederlande, Neapel und die Lombardei. Damit und mit den Eroberungen auf dem Balkan erreichte es seine größte territoriale Ausdehnung. Gleichfalls 1713 wurde die Pragmatische Sanktion erlassen, die eine einheitliche Erbfolge vorsah und eine Teilung des Habsburgerreichs verhindern sollte. Dennoch begann 1740, nach der Thronbesteigung Maria Theresias, die durch die Heirat mit Franz Stephan von Lothringen die neue Dynastie Habsburg-Lothringen begründet hatte, der Österreichische Erbfolgekrieg, in dem Schlesien an Preußen verloren ging. Mit den Schlesischen Kriegen begann der Dualismus zwischen Österreich und Preußen, der von da an die Reichspolitik wesentlich beeinflusste. Unter Kaiserin Maria Theresia wurden tiefgreifende Reformen in allen Bereichen des Staates eingeleitet, die von ihrem Sohn, Kaiser Joseph II., fortgesetzt wurden.
Auf die Kaiserkrönung Napoleons I. 1804 reagierte Franz II. mit der Ausrufung des Kaisertums Österreich. 1806 legte er die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nieder, das damit zu existieren aufhörte. Österreich nahm an den Napoleonischen Kriegen teil und wirkte 1814/15 als Gastgeber des Wiener Kongresses führend an der Neuordnung Europas mit. Im 19. Jahrhundert gefährdeten die nationalistischen Strömungen in den Ländern der Habsburgermonarchie zunehmend deren Existenz. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Differenzen zwischen den einzelnen Volksgruppen nicht mehr zu übersehen. Da das deutsche Element des Staates nach seinem 1866 von Preußen erzwungenen Ausscheiden aus dem Deutschen Bund geschwächt war, kam es 1867 zum Österreichisch-Ungarischen Ausgleich und zur Schaffung der kaiserlichen und königlichen Doppelmonarchie. Es gelang auf Dauer aber nicht, die nationalistischen Spannungen in dem Vielvölkerstaat zu verringern. Sie gipfelten 1914 in der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajewo, die in einer Kettenreaktion (→ Julikrise) zum Ersten Weltkrieg führte.
Gegen Ende des verlorenen Krieges lösten sich die nicht-deutschen Volksgruppen aus dem Staatsverband. Dadurch und durch den Vertrag von Saint-Germain (1919) entstand Österreich in seinen heutigen Grenzen. Es wurde am 12. November 1918 unter dem Namen Deutschösterreich zur Republik ausgerufen. Die anhaltenden, schweren Folgen der Weltwirtschaftskrise und innenpolitische Spannungen führten im Februar 1934 zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, die mit der Maiverfassung von 1934 in einen autoritären Ständestaat mündeten. Nur zwei Monate später unternahmen die österreichischen Nationalsozialisten, die das Land dem Deutschen Reich angliedern wollten, einen Putschversuch, bei dem Bundeskanzler Engelbert Dollfuß ermordet wurde. Der Putsch konnte zwar niedergeschlagen werden, aber mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht erzwang die Regierung Adolf Hitlers am 12. März 1938 doch noch den Anschluss Österreichs. Als „Ostmark“ blieb es bis 1945 Teil des NS-Staates. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Österreich als Republik wiederhergestellt, blieb aber noch zehn Jahre lang von den alliierten Siegermächten besetzt. 1995 trat Österreich der Europäischen Union bei.
Die Erdgeschichte des Alpenraums und des Granit- und Gneisplateaus der böhmischen Masse und deren Vorländer lässt sich heute bis in das Zeitalter des Proterozoikums zurückverfolgen. Wesentlich für die Geologie und heutige Geographie Österreichs war die Alpidische Gebirgsbildung und die Entwicklung des Randmeeres Paratethys seit der Kreidezeit.
Die ältesten Spuren von Menschen in Österreich, über 250.000 Jahre alt, fand man bislang in der Repolusthöhle in der Steiermark.
Altsteinzeit
Während der Eiszeiten waren die Alpen vergletschert und wenig bis gar nicht zugänglich. Die ältesten Spuren der Anwesenheit von Menschen in Österreich gehören der mittleren Altsteinzeit, der Zeit des Neandertalers, an. Etwa 70.000 Jahre alte Spuren des Neandertalers sind aus der Gudenushöhle im nordwestlichen Niederösterreich bekannt. Auch viele Fundstellen der jüngeren Altsteinzeit liegen in Niederösterreich. Die bekanntesten befinden sich in der Wachau, darunter auch Fundorte der beiden ältesten österreichischen Kunstwerke, die figürlichen Frauendarstellungen der sogenannten „Venus vom Galgenberg“ von Stratzing/Krems-Rehberg (36.000 Jahre alt, Reliefplastik, 7,2 cm, grünes Serpentin) und der Venus von Willendorf (30.000 Jahre alt, 11 cm, Oolith). Eine 2005 entdeckte, in Rötel gebettete und unter einem Mammutschulterblatt befindliche Säuglings-Doppelbestattung vom Wachtberg in Krems an der Donau aus der Zeit des Gravettiens, ist mit einem Alter von etwa 27.000 Jahren (datiert mittels Radiokarbonmethode) die älteste Bestattung Österreichs.
Mittelsteinzeit
Abris (Felsschutzdächer) aus dem Bodensee-Rheintal, eine Bestattung von Elsbethen und wenige weitere Fundstellen mit mikrolithischen Artefakten sind spärliche Zeugen der Übergangszeit zwischen als Jäger und Sammler lebenden Gruppen und sesshaften Ackerbauern und Viehzüchtern.
Jungsteinzeit
Während der Jungsteinzeit werden nach und nach alle Regionen Österreichs, in denen Landwirtschaft möglich ist, oder Rohstoffe vorhanden sind, besiedelt. Die erste nachgewiesene bäuerliche Siedlung aus der Zeit der ältesten Linienbandkeramik stammt aus Brunn am Gebirge. Das älteste Industriedenkmal Österreichs, das Hornsteinbergwerk von Mauer-Antonshöhe, stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Nachfolgend ist eine dichte Besiedlung der Lengyel-Kultur nachgewiesen, während der in Niederösterreich eine Reihe von Kreisgrabenanlagen errichtet wurde.
Kupfersteinzeit
Die ältesten Kupferobjekte haben ihren Ursprung im Karpatenbecken, unter anderem das Depot von Stollhof (Niederösterreich). Höhensiedlungen sind im Osten Österreichs verbreitet. Im Laufe der Kupfersteinzeit werden auch die inneralpinen Gebiete vollständig auf der Suche nach Rohstoffen – insbesondere Kupfer – erschlossen. Der wichtigste Fund ist die Gletschermumie Ötzi (Mann vom Tisenjoch), der etwa 3300 v. Chr. lebte. Die Mondseekultur ist durch Pfahlbauten um die Alpenseen gekennzeichnet.
Bronzezeit
Die bereits zu Beginn der Bronzezeit vermehrt entstehenden Wallanlagen scheinen als Macht- und Handelszentren Abbau, Verarbeitung und Handel von Kupfer und Zinn überwacht zu haben. Der florierende Handel mit Rohmaterial und Halbprodukten spiegelt sich in den Ausstattungen der Gräber (Pitten, Franzhausen, Niederösterreich) wider. In der Urnenfelderzeit wird mit dem Salzabbau in der Nordgruppe des Salzbergwerks von Hallstatt begonnen.
Eisenzeit
Die Eisenzeit Österreichs ist durch die Einflüsse der mediterranen Hochkulturen und der Steppenvölker geprägt. Der Übergang zwischen der älteren Hallstattzeit und der jüngeren, keltisch geprägten Latènezeit erfolgte fließend.
Hallstattkultur
Die ältere Eisenzeit wird nach dem berühmten Fundort Hallstatt (Oberösterreich) „Hallstattzeit“ genannt. Der West- und Osthallstattkreis werden durch die Flüsse Enns, Ybbs und Inn getrennt. Der Westhallstattkreis stand in Kontakt mit den griechischen Kolonien an der ligurischen Küste. In den Alpen werden Kontakte zu den Etruskern und den unter griechischem Einfluss stehenden Regionen in Italien gepflegt. Der Osten hatte enge Verbindungen zu den Steppenvölkern, die vom Karpatenbecken bis zu den südrussischen Steppengebieten beheimatet waren. Die Bevölkerung von Hallstatt wird durch das Salz reich. Importe von Luxusgütern aus dem Nord- und Ostseeraum bis Afrika sind im Gräberfeld von Hallstatt entdeckt worden. Der älteste Nachweis für österreichischen Wein wurde in Zagersdorf (Burgenland) in einem Hügelgrab entdeckt. Der Kultwagen von Strettweg (Steiermark) ist ein Beleg des religiösen Lebens. Sichtbarstes Zeugnis der Hallstattzeit sind die Hügelgräber im heutigen Weinviertel, der größte ist der 16 Meter hohe Leeberg von Großmugl.
Latène-Kultur
Die jüngere Eisenzeit, Latène-Kultur, ist die Zeit der Kelten. Erstmals können Bevölkerungsgruppen mit Namen benannt werden. Es entsteht mit dem Regnum Noricum (keltisch Norig) – einem Zusammenschluss mehrerer keltischer Stämme – unter der Führung der Noriker das erste Staatsgebilde auf österreichischem Boden. Es beschränkte sich auf den Süden und Osten des heutigen Österreich. Der Westen war von verschiedenen rätischen Stämmen besiedelt.
Dürrnberg und Hallein (Salzburg) werden keltische Salzmetropolen. Im Osten Österreichs gewinnt eine blühende Eisenindustrie in der Oberpullendorfer Bucht (Burgenland) das bei den Römern so begehrte hochwertige Ferrum Noricum (Norisches Eisen). Befestigte Höhensiedlungen (Oppida) wie auf dem Magdalensberg (Kärnten), bei Schwarzenbach oder am Braunsberg bei Hainburg unweit von Carnuntum werden zu Zentren des öffentlich-rechtlichen Lebens.
Römisches Reich
Der größte Teil des heutigen Österreich wurde um 15 v. Chr. an das Römische Reich angegliedert, nachdem es zuvor rege Handelsbeziehungen und militärische Bündnisse zwischen dem Königreich Noricum und den Römern gegeben hatte. Damit begann der rund 500 Jahre andauernde Zeitabschnitt der Austria Romana.
Der römische Kaiser Claudius richtete während seiner Herrschaft (41–54 n. Chr.) die römische Provinz Noricum ein, deren Grenzen im Norden bis zur Donau, im Nordosten bis zum Wienerwald, im Osten etwa entlang der heutigen steirischen Ostgrenze sowie im Südosten und Süden jenseits von Eisack und Drau verliefen. Später, unter Diokletian (284–305), wurde die Provinz entlang des Alpenhauptkamms in eine nördliche (Noricum ripense, „Ufernoricum“) und eine südliche (Noricum mediterraneum, „Binnennoricum“) Provinz aufgeteilt. Das am Ziller westlich an das Noricum angrenzende Gebiet der heutigen Bundesländer Vorarlberg und Tirol kam zur Provinz Raetia, im Osten schloss sich Pannonia mit dem heutigen Burgenland an Noricum an. Die Donau (Limes Noricus und Limes Pannonicus) bildete die Reichsgrenze zu den nördlichen Teilen Ober- und Niederösterreichs, die von den Germanen (Markomannen und Quaden) besiedelt wurden.
Einige Städte und Orte Österreichs gehen noch auf die Kelten zurück wie Linz (Lentos). Zahlreiche weitere Siedlungen entstanden durch die Römer. Die östlich von Wien gelegene Stadt Carnuntum war die größte römische Stadt auf heute österreichischem Boden, weitere wichtige Orte waren Virunum (nördlich des heutigen Klagenfurt), Teurnia (nahe Spittal an der Drau), Iuvavum (Salzburg) sowie die Legionslager Vindobona (Wien) und Lauriacum (Enns). Bedeutende Ausgrabungsstätten für die Römerzeit sind heute unter anderem Kleinklein (Steiermark) und das Zollfeld (Stadt auf dem Magdalensberg).
Im 2. Jahrhundert n. Chr. begann sich das Christentum auszubreiten; die damalige kirchliche Organisation des Landes geht auf das 4. Jahrhundert n. Chr. zurück. Nach der Besiedelung durch die Bajuwaren wurde das Land allerdings neu missioniert, vor allem durch die Bischöfe Rupert und Virgil von Salzburg (Iroschottische Mission).
Völkerwanderung
Die Völkerwanderung besiegelte den Niedergang der römischen Macht im Westen. Ab dem 5. Jahrhundert wurde die beiden römischen Teilreiche massiv von germanischen Stämmen bedrängt. Nach mehreren Einfällen in Italien drangen die Goten im Jahr 408 unter Alarich I., von Emona (dem heutigen Ljubljana) über die Karnischen Alpen kommend, erstmals in das damals durch den römischen Regenten und Heerführer Stilicho beherrschte Noricum ein. Ab 472 zogen Ostgoten und Alamannen durch das Land, ohne es erobern zu können. Selbst nachdem Odoaker 476 den letzten weströmischen Kaiser abgesetzt hatte, blieben in den Provinzen noch vereinzelt Strukturen der spätantiken römischen Verwaltung erhalten, bevor sie in diesem Raum schließlich endgültig zusammenbrach (siehe Severin von Noricum und Flaccitheus). Kurz nach dem Tod des Ostgotenkönigs Theoderich 526 ging auch das Ostgotenreich in Italien zugrunde, ohne dass dieses die Kontrolle über Noricum wiedererlangt hätte.
Ab dem 6. Jahrhundert begann eine kontinuierliche Besiedlung durch die Bajuwaren und im heutigen Vorarlberg durch die Alamannen. Bis zum Ende des 6. Jahrhunderts hatten sich auch die letzten Reste des weströmischen Reiches aufgelöst. Von Osten wanderten die Slawen, durch die Awaren bedrängt, ein und drangen, da sie von der noch verbliebenen keltoromanischen Bevölkerung daran nicht gehindert werden konnten, entlang der Drau immer weiter nach Westen vor, bis sie um 610 auf die Bajuwaren trafen, die zu dieser Zeit von Norden kommend schon das Pustertal beherrschten. Die Besiedlungsgrenze zwischen Slawen und Bajuwaren entspricht in etwa der Linie Freistadt, Linz, Salzburg (Lungau), Osttirol (Lesachtal).
Frühmittelalter (bis 976)
Im Frühmittelalter war der Raum des heutigen Österreichs politisch zersplittert. Im nördlichen Alpenraum hatte sich ab Mitte des 6. Jahrhunderts das bairische Stammesherzogtum gebildet, deren Herrscher aus dem Geschlecht der Agilolfinger stammten und unter fränkischer Oberhoheit standen. Das Siedlungsgebiet der Baiern wurde in diesem Zeitraum nach Süden bis ins heutige Südtirol und nach Osten bis zur Enns erweitert. Östlich davon und auf dem Gebiet des heutigen Böhmen ließen sich Awaren und später Slawen nieder. Sitz der lange weitgehend unabhängig regierenden baierischen Herzöge war Regensburg.
Im Süden des heutigen Österreich bildeten die slawischen Volksstämme, die sich in den Tälern von Drau, Mur und Save niedergelassen hatten, um das Jahr 600 das erste unabhängige slawische Herrschaftsgebilde Europas, Karantanien; Zentrum Karantaniens war das Zollfeld. Mit den verbliebenen Resten der einheimischen keltoromanischen Bevölkerung verband sie der Wille zum Widerstand gegen ein weiteres Vordringen der benachbarten Franken und Awaren in den südöstlichen Alpenraum.
Nachdem die Awaren unter Baian 567 das Reich der Gepiden zerstört hatten, übernahmen sie die Herrschaft über Pannonien, von wo aus sie etwa 250 Jahre lang ein Reich beherrschten, das unter anderem Wien, Niederösterreich, das Burgenland sowie Teile Oberösterreichs und der Steiermark umfasste. Für das 8. Jahrhundert wird das Siedlungsgebiet der Awaren etwa auf 140.000 bis 160.000 km² geschätzt.[1] Die Enns bildete die Grenze zwischen Awaren und Baiern und wurde als limes certus bezeichnet. Allerdings gibt es bedeutende Awarenfundorte auch in Linz und Enns-Lauriacum. Im Jahr 595 fiel der Merowinger Childebert II. im awarischen Österreich ein, wurde jedoch an der Drau vernichtend geschlagen.[2] Von 627 bis 658 war laut der Fredegarchronik der Raum Wien[3] bis zur March Schauplatz eines großen Slawenaufstandes unter der Führung des fränkischen Kaufmanns Samo gegen die Awaren. Bereits um 650 kehrten die ersten Awaren aber wieder in die aufständischen Gebiete zurück.
Die Dreiteilung des heutigen Österreichs durch Baiern, Awaren und Karantanien sollte im 8. Jahrhundert enden: Unter den Karolingern kam es zu einem Erstarken des Frankenreichs. Karantanien hatte bereits vor 743 die bairische Oberhoheit anerkannt, der letzte weitgehend unabhängige Herzog der Baiern war Tassilo III. Er wurde 788 vom Frankenkönig Karl der Große abgesetzt, der das ältere baierische Stammesherzogtum beseitigte.
Im Jahr 791 führte Karl der Große einen ersten misslungenen Feldzug gegen die Awaren, konnte sie aber dennoch bis zum Wienerwald zurückdrängen und fränkische Stützpunkte in Comagena-Tulln und Aelium Cetium-St. Pölten errichten. Ein Bürgerkrieg im awarischen Reich 795 endete damit, dass der neue Herrscher (Tudun) Karl dem Großen die Unterwerfung sowie die Annahme des Christentums anbot, was die Franken jedoch nur für einen neuerlichen Angriff nutzten. 795/796 erbeuteten Erich von Friaul und König Pippin von Italien unter anderem den berühmten Awarenschatz, worauf Tudun persönlich zum König kam, um sich zu unterwerfen. Er erhielt eine eigene Herrschaftsorganisation innerhalb der fränkischen Awarenmark, das sogenannte Awaren-Khaganat im heutigen Niederösterreich zwischen Carnuntum und Sabaria. In den Jahren 797, 799 und 803 kam es zu bedeutenden Awarenaufständen und Einfällen von nicht unterworfenen Awaren im heutigen Österreich, bei denen unter anderem die fränkischen Grafen Cadaloc und Goteram (Präfekt des bairischen Ostlandes) beim Kastell Guntio (möglicherweise im nördlichen Burgenland)[4] getötet wurden.
Nach Eroberung des Reichs der Awaren errichtete der fränkische Herrscher Karl der Große um 800 eine Grenzmark in der Region des heutigen Niederösterreich zwischen den Flüssen Enns, Raab und Drau, die auch als Awarenmark bezeichnet wurde, und südlich davon die Mark Karantanien, beide zusammen waren die Marcha orientalis, eine Präfektur des Herzogtums Baiern.
Die Grenzmark gegen die Awaren wurde durch die Einfälle der Ungarn vernichtet. Nach der Schlacht von Pressburg im Sommer 907 wurde die Grenze des nachfolgenden Ostfrankenreiches bis an die Enns zurückgenommen. Der anschließende Antritt Arnulfs I. als Herzog von Baiern wird gleichzeitig als Beginn des jüngeren baierischen Stammesherzogtums gesehen, zu dem der gesamte östliche Alpenraum zählte. Nach dem Sieg 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld unter dem ostfränkischen König Otto I. war die Bedrohung durch die Ungarn gebannt. Anschließend erfolgte eine zweite Welle baierischer Ostansiedlungen mit Gewinn von Gebieten im heutigen Niederösterreich, in Istrien und der Krain. In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts entstand erneut eine dem Herzog von Baiern unterstellte Markgrafschaft östlich der Enns.
Markgrafschaft Österreich (976–1156)
Der römisch-deutsche Kaiser Otto II. belehnte 976 Luitpold (Leopold) aus dem Geschlecht der Babenberger mit dieser Mark. Diese östliche Mark war Teil des Bayerischen Stammesherzogtums und gilt als Keimzelle des späteren Herzogtums Österreich. Im selben Jahr 976 wurde das Herzogtum Kärnten vom Bayerischen Herzogtum abgetrennt. In einer Schenkungsurkunde Kaiser Ottos III. von 996 fand der Name Ostarrîchi erstmals Erwähnung. Daraus entwickelte sich später die Schreibweise Österreich. Daneben ist auch noch sehr lange die Namensform Osterlant (Ostland bzw. Land im Osten) gebräuchlich, die Einwohner sind der Ostermann und die Osterfrau. Die latinisierte Form Austria für dieses Gebiet taucht in den Schriften erst im 12. Jahrhundert unter Leopold III. auf (vgl. Austrien als östlicher Teil des Frankenreiches).
Die Babenberger trieben eine zielbewusste Rodungs- und Kolonisierungspolitik und errichteten – in Zusammenarbeit mit anderen Häusern, etwa den Kuenringern – eine gefestigte Landesherrschaft. Die Residenz befand sich anfangs in Pöchlarn, später in Melk und Gars am Kamp. Markgraf Leopold III. gelang es, ins Kaiserhaus einzuheiraten; im Machtkampf zwischen Kaiser Heinrich IV. und König Heinrich V. wechselte er zu Heinrich V. und trug so wesentlich zu dessen Sieg bei. Als Lohn erhielt er die Hand von Heinrichs Schwester Agnes von Waiblingen. Er wurde wegen seiner Klostergründungen – vor allem Klosterneuburg – nach seinem Tod heiliggesprochen.
Herzogtum Österreich unter den Babenbergern (1156–1246)
Im Zuge des Konfliktes zwischen den Staufern und den Welfen kam 1139 das Herzogtum Bayern an die Babenberger. Als Friedrich I. Barbarossa diesen Streit beenden wollte, gab er den Welfen das Herzogtum Bayern zurück – gleichsam als Entschädigung wurde Österreich mit dem Privilegium minus von 1156 zum Herzogtum des Heiligen Römischen Reiches erhoben. Erster Herzog war Heinrich Jasomirgott, der 1156 Wien zur Residenzstadt erhob. Aufgrund der Georgenberger Handfeste (1186) fiel auch das Herzogtum Steiermark, das den Traungau, den zentralen Teil des heutigen Oberösterreich, und die Grafschaft Pitten im südlichen Niederösterreich sowie große Gebiete im heutigen Slowenien umfasste, mit dem Erlöschen der Traungauer 1192 an die Babenberger.
Mit Leopold VI. erreichte das hochmittelalterliche Österreich einen kulturellen Höhepunkt – unter ihm wurde auch die damals revolutionäre Kunst der Gotik eingeführt. Sein kinderloser Sohn Friedrich II., genannt „der Streitbare“, geriet jedoch bald in Streit mit mehreren Nachbarn, darunter Ungarn. Als Béla IV. von Ungarn, mit dem er über seine zweite Frau Agnes von Andechs-Meranien verwandt war, um Hilfe gegen die Mongolen ersuchte, beteiligte er sich zwar zunächst im Frühling 1241 am Krieg. Er verlangte bald darauf aber Geld und drei westungarische Komitate dafür. Die Erfüllung dieser Bedingungen legte den Grundstein für babenbergisch-ungarische Konflikte, die 1246 in der Schlacht an der Leitha, in der Friedrich II. ums Leben kam, gipfelten.[5] Mit ihm starben die Babenberger in männlicher Linie aus. Es begann die als „österreichisches Interregnum“ bezeichnete Periode, während der die Länder Friedrichs II. in ein länger andauerndes Kräftespiel rivalisierender Mächte gerieten.
Herzogtum Österreich als Streitobjekt (1246–1282)
Anspruch auf die Länder Friedrichs II. hatten seine nächsten Verwandten – seine Schwester Margarete, seine Nichte Gertrud sowie Béla IV. Nach Heirat mit Gertrud konnte Vladislav von Böhmen zunächst die Anerkennung des österreichischen Adels erhalten, verstarb aber 1247. Die zwei folgenden Ehemänner Gertruds konnten sich ebenso wenig wie der vom Kaiser ernannte Otto von Bayern durchsetzen. 1251 marschierten die Přemysliden ein, die österreichischen Stände erkannten Ottokar II. Přemysl rasch als Herzog an. Zwar nicht vom Kaiser gebilligt, stütze Ottokar seine Herrschaft aber auf seine strategische Eheschließung mit Margarete.
In der Steiermark hingegen wählten die Stände den Sohn des ungarischen Königs zu ihrem Herzog. 1254 einigten sich Ottokar und Bela unter Vermittlung des Papstes auf diese Trennung der ehemaligen Babenbergerländer (Frieden von Ofen), 1261 eroberte Ottokar auch die Steiermark (Schlacht bei Kressenbrunn). 1270 erbte Ottokar Kärnten von Ulrich III., wodurch dessen gemeinsame Zukunft mit Österreich seinen Lauf nahm. Seine Politik war darauf ausgerichtet, den Adel zurückzudrängen und das städtische Bürgertum zu fördern, weswegen er den Wienern bis tief in die Habsburger-Zeit in guter Erinnerung blieb. Seinem Griff nach der königlichen Macht im Heiligen Römischen Reich wurde von Rudolf von Habsburg begegnet, der ihn 1278 in der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen besiegte. Die Habsburger konnten sich daraufhin als Herzöge von Österreich und der Steiermark etablieren und sollten hier bis 1918, also 640 Jahre lang, herrschen.
Herzogtum Österreich unter den Habsburgern (1282–1452)
Ab Mitte des 13. bis Ende des 14. Jahrhunderts war Österreich Schauplatz intensiver Ketzerverfolgungen durch die Inquisition. Eine erste große Verfolgungswelle um 1260 in über vierzig Pfarren im südlichen Donauraum zwischen dem Salzkammergut und dem Wienerwald war hauptsächlich gegen Waldenser gerichtet. Weitere Inquisitionen fanden 1311–1315 in Steyr, Krems, St. Pölten und Wien statt. Unter dem Inquisitor Petrus Zwicker kam es von 1391 bis 1402 neuerlich zu schweren Verfolgungen, unter anderem in Steyr, Enns, Hartberg, Ödenburg und Wien. Im Jahr 1397 wurden dabei allein in Steyr zwischen 80 und 100 Waldenser verbrannt, woran dort ein 1997 errichtetes Denkmal erinnert.
1335 konnten die Habsburger die Meinhardiner in Kärnten und Krain beerben, und 1363 fiel auch Tirol von Margarete von Tirol an Herzog Rudolf IV. Dadurch entstand ein Länderkomplex in den Ostalpen, der Herrschaft zu Österreich genannt wurde.
Rudolf IV. stieß viele Maßnahmen an, die vor allem die Bedeutung der Stadt Wien heben sollten. Zudem ließ er das Privilegium Maius fälschen, das Österreich zum Erzherzogtum erhob und ihm innerhalb des Reiches eine Anzahl von Privilegien sicherte.
1379 wurde im Vertrag von Neuberg die habsburgische Herrschaft zum ersten Mal geteilt. Danach gab es 1406 und 1411 noch weitere Teilungen. Daraus entstanden drei Länderkomplexe:
- die Niederösterreichischen Länder (Ober- und Niederösterreich),
- die Innerösterreichischen Länder (Steiermark, Kärnten, Krain und Inner-Istrien sowie Triest)
- die Vorderösterreichischen Länder (Tirol, Vorarlberg und die schwäbischen und elsässischen Vorlande).
Fast das gesamte 15. Jahrhundert ist eine Phase wirrer Erbteilungen und Familienstreitigkeiten, welche die politische und wirtschaftliche Bedeutung der Habsburgischen Länder weitgehend schwächten. Friedrich V. († 1493) gelang es schließlich, die Länder wieder zu einen, indem er alle seine Gegner überlebte und beerbte. Schon Albrecht V. war als Erbe der Luxemburger zum römisch-deutschen König gewählt worden. Diese Position ging in der Folge an Friedrich über, der 1452 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt wurde und sich fortan Friedrich III. nannte.
Das Erzherzogtum Österreich seit 1453
Die Erhebung des Herzogtums Österreich zum Erzherzogtum wurde im Jahr 1453 von Kaiser Friedrich III. anerkannt. Die habsburgischen Prinzen bezeichneten sich fortan als Erzherzöge, womit man Bezug auf die auch als Erzfürsten bekannten Kurfürsten nahm. Das Herzogtum war fortan ein Erzherzogtum des Heiligen Römischen Reiches, um dieses den Kurfürstentümern rechtlich gleichzustellen – nur deren Herren, die Kurfürsten, waren an der Wahl des römisch-deutschen Kaisers beteiligt. Als den Kurfürstentümern de facto gleichrangiges Herzogtum galt für Österreich die Primogenitur und die Unteilbarkeit. Später wurde es offiziell als Erzherzogtum Österreich ob und unter der Enns bezeichnet und schließlich 1861 in das Erzherzogtum Österreich ob der Enns und das Erzherzogtum Österreich unter der Enns aufgeteilt.
Der Aufstieg Österreichs zur Großmacht
Die Hausmacht des Kaisers im Reich war nicht besonders groß, da die vielen adligen Herrscherhäuser innerhalb und außerhalb des Reiches nach eigener politischer Macht strebten. So hinterließ die glanzlose, aber zähe Politik Friedrichs III. eine gefestigte Herrschaft. Deren Bedeutung wurde erhöht durch die Heirat (1477) seines Sohnes Maximilian mit Maria, der Erbin des burgundischen Länderkomplexes zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Frankreich. Nach dem frühen Tod Marias heiratete Maximilian die bretonische Prinzessin Anne de Bretagne, die einen Erbanspruch auf die Bretagne besaß. Eine Intervention Frankreichs verhinderte dort jedoch die Machtübernahme der Habsburger. 1496 verheiratete Maximilian I. seinen Sohn Philipp den Schönen mit der Infantin Johanna (der Wahnsinnigen) von Kastilien und Aragon. Er sicherte den Habsburgern damit nicht nur die Erbrechte auf Spanien, Neapel, Sizilien und Sardinien, sondern auch auf die spanischen Kolonien. Die Heiratspolitik der Habsburger wird im berühmten Spruch ausgedrückt: Bella gerant alii – tu felix austria nube („Kriege mögen andere führen – Du, glückliches Österreich, heirate!“). Im Jahr 1499 endete der Schwabenkrieg. Die Habsburger mussten im Frieden zu Basel ihr Stammland mit der Habichtsburg aufgeben. Damit begann die rechtliche Ablösung der Schweiz vom Heiligen Römischen Reich, die im Westfälischen Frieden von 1648 endgültig besiegelt wurde. Im Jahr 1500 erbte Maximilian die Grafschaft Görz. Durch die schnelle Expansion des Herrschaftsgebietes waren die Habsburger um 1500 kurz davor, eine weltumspannende Universalmonarchie zu errichten, was im Motto des 1519 gekrönten Karl V. zum Ausdruck kommt: Plus Ultra (Über alles bisherige hinaus). Er konnte diesen Anspruch im Angesicht starker Gegner zwar nicht einlösen, gilt aber bis heute als der mächtigste Habsburger aller Zeiten.
Auf dem Reichstag zu Worms von 1521 wurden die österreichischen Länder von Kaiser Karl V. an seinen Bruder Ferdinand I. übergeben, der die Anfänge zentraler Verwaltungsstrukturen etablierte. Ferdinand I. heiratete im selben Jahr Anna, die Erbfolgerechte in Böhmen und Ungarn in die Ehe einbrachte. 1524 fügte Karl V. Friesland dem habsburgischen Hausgut hinzu. 1526 nach der unglücklich verlaufenen Schlacht von Mohács erbte Ferdinand (dank der Ansprüche seiner Frau) nicht nur die Königreiche Ungarn und Böhmen (mit den Nebenländern Mähren, Schlesien und Lausitz), sondern auch die permanente Bedrohung durch das Osmanische Reich, gegen das Ungarn vorher ein territorialer Schutzschild gewesen war. Zudem gerieten die Habsburger zum ersten Mal mit dem ungarischen Adel in Konflikt, der damals den Gegenkönig Johann Zápolya unterstützte. 1528 gerieten Overijssel und Utrecht unter habsburgische Herrschaft. 1531 wurde mit Hilfe von Bestechungsgeldern Ferdinand I. zum römisch-deutschen König gewählt. Das Herzogtum Mailand wurde von Karl V. annektiert.
1538 war das Königreich Ungarn dreigeteilt:
- Das königliche Ungarn (die heutige Slowakei, Burgenland, Westkroatien und Teile des heutigen Ungarn) blieb bei Habsburg.
- Die Mitte des Landes fiel an die Türken.
- Siebenbürgen kam unter die Kontrolle rivalisierender ungarischer Adeliger.
1555/56 dankte Karl V. nach dem Augsburger Religionsfrieden ab. Dies führte zur Teilung der Habsburger in eine spanische und in eine österreichische Linie. Die österreichische Linie stellte bis 1806 fast ununterbrochen den römisch-deutschen Kaiser.
Reformation, Gegenreformation und katholische Reform in den habsburgischen Ländern
In den österreichischen Ländern (mit Ausnahme Tirols) trat die Bevölkerung fast geschlossen zum Protestantismus über. Die Rekatholisierung setzte erst gegen 1600 ein (siehe auch Gegenreformation), dafür aber mit umso größerer Heftigkeit und Gewalttätigkeit.[6] In diesem Prozess taten sich die Jesuiten und Kardinal Melchior Khlesl, der Kanzler von Erzherzog Matthias, hervor. Ein führender Betreiber dieser Politik war Ferdinand II., der den Topos aufgriff und bekanntmachte, er wolle lieber eine Wüste regieren als ein Land voller Ketzer.
Aufgrund dieser Politik wurden die österreichischen Länder auch in den Dreißigjährigen Krieg verwickelt, der durch den Ständeaufstand in Böhmen herbeigeführt wurde. Eine Zeit lang sah es so aus, als könnten die Habsburger das Heilige Römische Reich in eine absolutistische Monarchie umwandeln (siehe auch Schlacht am Weißen Berg, Restitutionsedikt); am Ende dieses Krieges waren sie jedoch auf die österreichischen und böhmischen Länder zurückgeworfen. So versuchten sie, aus diesen ein integriertes Staatsgebilde zu formen. Seit den 1680er Jahren drängten ökonomische Theoretiker wie Philip Wilhelm von Hornick oder Johann Heinrich Gottlob von Justi in diese Richtung.
Das Habsburgerreich und die osmanische Bedrohung
Nachdem es schon seit dem späten 15. Jahrhundert zu Einfällen von türkischen Marodeuren gekommen war, stieß das osmanische Heer im Jahr 1529 bis nach Wien vor und belagerte die Stadt. Nur die Tatsache, dass die Angreifer wegen der späten Jahreszeit zum Abbruch der Belagerung gezwungen waren, konnte die Stadt damals retten. In den folgenden fast 200 Jahren stellten die Türken eine ernsthafte Bedrohung für das Heilige Römische Reich dar und die Türkenkriege (mit oft verhalten beantworteten Hilfsanforderungen an die Reichsstände) waren immer wieder Thema auf den Reichstagen.
1683 belagerten die Osmanen Wien ein zweites Mal erfolglos. Einen entscheidenden Ausschlag gab das von Herzog Karl von Lothringen geführte Entsatzheer unter dem Oberbefehl des polnischen Königs Johann III. Sobieski, das mit seinen Husaren vom Kahlenberg aus den Belagerern in den Rücken fiel. In den Jahren darauf gelang schließlich der Befreiungsschlag gegen die osmanische Bedrohung. Mit Hilfe von fähigen Feldherren wie Karl von Lothringen und Prinz Eugen von Savoyen konnten die Osmanen während des Großen Türkenkrieges 1683–1699 und in einem weiteren Türkenkrieg 1716–1718 bis hinter Belgrad zurückgeworfen werden. Im Frieden von Karlowitz 1699 gelangte ganz Ungarn sowie Slawonien in den Besitz Österreichs. Die weiteren Gebietsgewinne aus dem Frieden von Passarowitz (1718) wurden im Frieden von Belgrad (1739) allerdings mit Ausnahme des Banats wieder rückgängig gemacht.
Dies ermöglichte nun ein beispielloses Aufblühen der Barockkultur, die eine spezifisch österreichische Ausformung entwickelte und Stadt („Vienna gloriosa“) und Land zutiefst prägte.
Erbfolgekriege
Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger 1700 kämpften die österreichischen Habsburger gegen Ludwig XIV. im Spanischen Erbfolgekrieg um das dortige Erbe an der Monarchie. Der Krieg wurde vor allem von Kaiser Joseph I. mit Verve und Erfolg geführt – nach seinem Tod brach jedoch alles zusammen. Sein Bruder Karl war der letzte lebende männliche Habsburger; er hätte ein Weltreich geerbt, was die anderen europäischen Mächte verhinderten. Im Frieden von Utrecht 1713 wurden die französischen Bourbonen als spanische Herrscher eingesetzt; den Habsburgern blieben aus der Erbmasse alle europäischen Nebenlande Spaniens (Spanische Niederlande, Neapel, die Lombardei).
Im selben Jahr erließ Karl VI. auch die Pragmatische Sanktion, die als erstes Grundgesetz für die Habsburgermonarchie angesehen werden kann. Die Pragmatische Sanktion bestimmte die Unteilbarkeit und Untrennbarkeit der Monarchie und führte zu diesem Zweck eine einheitliche Thronfolge nach den Prinzipien der Primogenitur und der subsidiären weiblichen Erbfolge ein. Diese Regelung hatte bis zum Ende der Habsburgermonarchie 1918 Bestand, sie wurde von Ungarn im Ausgleich 1867 explizit bestätigt.
In der Geschichtsschreibung wird oft angeführt, Karl VI. habe die weibliche Thronfolge unter dem Blickwinkel ermöglicht, dass er nur zwei Töchter, die 1717 geborene Maria Theresia (1740–1780) und Maria Anna, hinterließ. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen, da zum Zeitpunkt der Erlassung der Pragmatischen Sanktion 1713 noch keines der vier Kinder des Kaisers (ein Sohn, drei Töchter) geboren war und nicht absehbar war, dass sein erstgeborener Sohn das Geburtsjahr 1716 nicht überleben würde.
Nach dem erfolgreichen Türkenkrieg von 1714 bis 1718 erhielten die Habsburger Nordbosnien, Nordserbien (ungefähr das Gebiet der heutigen Vojvodina), das Banat und die kleine Walachei. Durch die sogenannten Schwabenzüge erfolgte die organisierte An- und Besiedlung dieser infolge der Türkenkriege fast menschenleeren Gebiete mit vornehmlich deutschstämmigen katholischen Untertanen. Mit dem Tausch von Sardinien gegen Sizilien erzielte das österreichische Habsburgerreich seine größte territoriale Ausdehnung.
Mit dem Tod Karls VI. 1740 waren die Habsburger im Mannesstamm ausgestorben. Daher trat aufgrund der Pragmatischen Sanktion seine Tochter Maria Theresia die Herrschaft in den österreichischen Ländern an. Mit ihrem Ehemann Franz Stephan von Lothringen wurde sie Begründerin der neuen Dynastie Habsburg-Lothringen. Ihr Erbe konnte sie im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–1748) weitgehend verteidigen. Im Vorfrieden von Breslau, der im Frieden von Berlin 1742 bestätigt wurde, fiel jedoch der Großteil Schlesiens, mit Ausnahme von Österreichisch-Schlesien, an Preußen und konnte trotz vieler Bemühungen und zweier weiterer Kriege (unter anderem 1756–1763) nicht wiedergewonnen werden.
Reformen Maria Theresias
In den darauffolgenden Jahren wurden von Maria Theresia einige Änderungen für die Erblande in Österreich und Böhmen durchgeführt:
- Sonderrechte in der Monarchie wurden eingeschränkt.
- Die Nebenländer verloren das Recht auf eine eigene Verwaltung.
- Die Stände verloren ihr Mitspracherecht bei Entscheidungen der Regierung.
- Justiz und Verwaltung wurden getrennt.
- Die Hofkammern der österreichischen und der böhmischen Länder wurden zu einer zentralen Finanz- und Militärbehörde vereint.
- Der Adel wurde zum Dienst für die Monarchie verpflichtet.
- Die Unterrichtspflicht wurde eingeführt.
Der ungarische Adel, der Maria Theresia im Machtkampf am Beginn ihrer Herrschaft unterstützt hatte, behielt seine Privilegien. Es entstand somit ein österreichisch-ungarischer Dualismus.
Unter Maria Theresia begann man, die damals sehr dünn besiedelten Gebiete in Galizien und Lodomerien, dem Banat und Siebenbürgen zu besiedeln. Die prägendste Einwanderergruppe waren die Donauschwaben. Diese Siedlungspolitik wurde bis zum Zerfall der Monarchie weitergeführt und führte unter anderem auch zur Ansiedlung von Juden in der Bukowina, die im späten 19. Jahrhundert die dortige Kultur stark prägten.
Aufgeklärter Absolutismus
1765 wurde ihr Sohn Joseph II. Kaiser des römisch-deutschen Reiches und zum Mitregenten ernannt, er sollte jedoch erst nach dem Tod Maria Theresias 1780 die Amtsgeschäfte zur Gänze übernehmen. Joseph II. führte viele Reformen durch; seine Regierungsform (Josephinismus) wurde später als aufgeklärter Absolutismus bezeichnet (Alles für das Volk, nichts durch das Volk.) Er öffnete ab 1766 bisherige Privatparks des Kaiserhofes für jedermann. Er schaffte 1781 die Leibeigenschaft ab und schloss Klöster, die nur kontemplativ tätig waren und keine Leistungen für die Allgemeinheit erbrachten. Nachdem 1779 im Frieden von Teschen das Innviertel für Österreich gewonnen wurde, scheiterte 1785 der Versuch, Bayern gegen die Österreichischen Niederlande zu tauschen. Weitere Reformen wurden vor allem durch den Widerstand Ungarns und der Österreichischen Niederlande verhindert, wo 1789 die Brabanter Revolution ausbrach. Trotzdem gilt Joseph als wichtiger Aufklärer und entscheidender Wegbereiter der bürgerlichen Gesellschaft.
Österreich wirkte 1773 an der ersten und in der Folge 1795 an der dritten Teilung Polens mit. (Maria Theresia wollte 1773 dem Gebietsgewinn von Preußen und Russland nicht untätig zuschauen.) Bei der ersten Teilung erhielt Österreich Galizien mit dem Gebiet um Lemberg und gründete das Königreich Galizien und Lodomerien. Bei der dritten Teilung konnte Österreich das später Westgalizien genannte Gebiet mit Kleinpolen bis südöstlich von Warschau für sich gewinnen.
Joseph II. starb im Februar 1790; Nachfolger wurde sein sechs Jahre jüngerer Bruder Leopold II. Seine Hilfe – gemeinsam mit Preußens Friedrich Wilhelm II. – für den französischen König Ludwig XVI. kam nicht mehr zustande; Leopold II. starb im März 1792 im Alter von 44 Jahren.
Die aufklärerischen Ansätze wurden nach dem Schock der Französischen Revolution schnell eingefroren: Leopolds Sohn Franz II. (als römisch-deutscher Kaiser, später Franz I. von Österreich) trieb eine „geradezu starrköpfige Reaktionspolitik“, die vor allem mit dem Namen des Staatskanzlers von Metternich verbunden ist. Diese politische Stagnation sollte die gesamte erste Hälfte des 19. Jahrhunderts andauern. Durch sie geriet Österreichs gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung gegenüber Preußen, Frankreich und Großbritannien ins Hintertreffen.
Nach der Französischen Revolution wurde auch Österreich in die Napoleonischen Kriege verwickelt. Die Kaiserkrönung Napoleons 1804 wurde von Franz II. mit der Ausrufung des Kaisertums Österreich beantwortet; Kaiser Franz II. war nun als Franz I. auch Kaiser von Österreich. Das Kaisertum umfasste das gesamte Herrschaftsgebiet der Habsburger, auch Ungarn, das sich, letztlich erfolgreich, gegen das Aufgehen in einem österreichischen Einheitsstaat wehrte. Im Frieden von Pressburg Ende 1805 musste Österreich große Gebiete abtreten, unter anderem Venetien, Tirol und Vorarlberg an das mit Napoleon verbündete Bayern; dafür kam Salzburg, bis 1803 geistliches Reichsfürstentum, zu Österreich. Auf Drängen Napoleons legte Franz II. 1806 die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches nieder, das damit zu existieren aufhörte.
Drei Wochen zuvor hatten deutsche Fürsten auf Bestreben Napoleons den ihm zur Heeresfolge verpflichteten Rheinbund gegründet. Auf Drängen des mittlerweile zum Außenminister aufgerückten Metternich wurde Erzherzogin Marie Louise, die Tochter von Kaiser Franz I., 1810 mit Napoleon Bonaparte verheiratet. Im Oktober 1813 schlugen vereinigte österreichische, russische und preußische Truppen in der Völkerschlacht bei Leipzig Napoleons Truppen vernichtend. Im April 1814 dankte er ab; im September begann der Wiener Kongress zur Neuordnung Europas. Hier erhielt Österreich viele an Frankreich verlorene Gebiete zurück und tauschte die schwäbischen Vorlande gegen das nun definitiv an Österreich gelangende Erzstift Salzburg. Durch Nebenlinien beherrschten die Habsburger nun auch weite Teile Mittelitaliens (Näheres hier).
Die Napoleonischen Kriege und der Wiener Kongress zerrütteten die Staatsfinanzen derartig, dass es zum österreichischen Staatsbankrott von 1811 und 1816 kam. Die Bancozettel, die damalige Papierwährung, verloren dramatisch an Wert und konnten nur noch im Verhältnis 5:1 in sogenannte „Einlösungsscheine“ umgetauscht werden.
Im März 1815 kehrte Napoleon aus seinem Exil in Elba nach Frankreich zurück (→ Herrschaft der Hundert Tage), er wurde im Juni 1815 in der Schlacht bei Waterloo endgültig besiegt. 1815 wurde der Deutsche Bund mit dem Bundestag in Frankfurt unter dem ständigen Vorsitz Österreichs als Nachfolger des Heiligen Römischen Reiches gegründet. Gleichzeitig schlossen Preußen, Österreich und Russland die Heilige Allianz, die gegen alle Liberalisierungs- und Demokratisierungsideen, die von Westeuropa ostwärts wanderten, die politische Stabilität in Europa garantieren sollte.
Die ersten Jahren nach den Kriegen waren wirtschaftlich schwierig; Mitte der 1820er Jahre begann eine Phase von Wirtschaftswachstum, wachsender Bevölkerung und technischen Fortschritten. Die staatlichen Einnahmen wuchsen; die Ausgaben konnten verringert werden. In der Landwirtschaft nahm die bewirtschaftbare Fläche zu und durch den Einsatz eiserner Pflüge, vermehrter Fruchtwechsel und besserer Düngerwirtschaft stieg die Produktivität. Dies wirkte sich positiv auf die Ernährungssituation der Bevölkerung aus. Gründlichere Ausbildung der Ärzte führte zu besserer medizinischer Versorgung und einem Rückgang der Kindersterblichkeit. So stieg trotz einer Cholera-Epidemie 1830/31 die Bevölkerungszahl (ohne Vorlande, Lombardei und österreichische Niederlande) von 22 Millionen im Jahr 1790 auf 31 Millionen im Jahr 1850.
Der Einsatz von Dampfmaschinen löste einen protoindustriellen Innovationsschub aus, bestehende Manufakturen wurden ausgebaut. Die Textilproduktion wurde gesteigert. Wachsende Wirtschaftsbereiche waren auch Bergbau und Hüttenwesen sowie die Papierindustrie. Das Verkehrssystem wurde in dieser Zeit effektiver und begünstigte zunehmend die gesellschaftliche Mobilität. Postkutschen wurden technisch verbessert; das Poststraßennetz wurde ausgebaut und mit besser Schotterung versehen. Dampfmotoren ermöglichten einen effizienteren Schiffsverkehr für Personen und Güter. 1829 wurde die Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft gegründet, 1833 der Österreichische Lloyd. Auch die Eisenbahn, zunächst noch als Pferdeeisenbahn angelegt, setzte bald auf Dampflokomotiven; 1835 erging die Konzession für den Bau der Kaiser Ferdinands-Nordbahn als erster Dampfeisenbahn in Österreich (siehe auch Geschichte der Eisenbahn in Österreich).
Die Industrialisierung begann in Österreich später als in einigen anderen europäischen Staaten. Gebiete der Rohstoffgewinnung, Verarbeitungszentren und Absatzmärkte waren oft nicht direkt miteinander verbunden, wodurch sich keine industriellen Großräume entwickelten. Der Bau von Bahnstrecken war im Hügelland und im Gebirge aufwändig und teuer, weil Bahnstrecken nur eine geringe maximale Steigung haben dürfen; deshalb mussten zahlreiche Eisenbahntunnel und Eisenbahnbrücken gebaut werden. Auch der Bau oder Ausbau von Alpenpässen war oft aufwändig.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Erstarken nationalistischer Bewegungen. Verschiedene Nationalitäten im Vielvölkerstaat Österreich arbeiteten vehement gegeneinander und konnten vom Kaiserhaus gegeneinander ausgespielt werden. Diese Uneinigkeit der Nationalitäten und die Hilfe Russlands retteten in der Revolution von 1848 das Kaisertum vor dem Auseinanderfallen.
1848 kam es im Zuge der Märzrevolution auch in Österreich zu Aufständen. Am 13. März 1848 verlangten zahlreiche Gruppen in Petitionen Pressefreiheit, Geschworenengerichte und akademische Freiheiten. Die anschließenden Demonstrationen wurden jedoch blutig niedergeschlagen. In Wien kam es daraufhin zu heftigen Aufständen; Metternich wurde entlassen und floh nach Großbritannien. Die Zensur wurde aufgehoben, Pressefreiheit und eine Verfassung im formellen Sinn wurden versprochen. Die Pillersdorfsche Verfassung wurde am 25. April 1848 verkündet, trat aber nie in Kraft. Sie stieß vor allem wegen der Bestimmungen über die Zusammensetzung des Reichstages auf Ablehnung, weshalb sie am 16. Mai als provisorisch erklärt (mit Zusage des allgemeinen und gleichen Wahlrechts) und im Juli schließlich ganz zurückgenommen wurde.
Wie alle anderen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes beteiligte sich Österreich an den Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung, die vom 18. Mai 1848 bis zum 31. Mai 1849 in der Frankfurter Paulskirche tagte. In das erste frei gewählte Parlament für die deutschen Nachfolgestaaten des Heiligen Römischen Reiches entsandte es 102 Abgeordnete.[7][8] Nachdem sich in der Versammlung keine Mehrheit für die von Österreich verfolgte großdeutsche Lösung fand und stattdessen die kleindeutsche Lösung beschlossen wurde, zogen die Abgeordneten Österreichs am 5. April 1849 aus Frankfurt ab.
Auf Grundlage der Pillerdorfschen Verfassung trat am 22. Juli 1848 der Reichstag, das erste österreichische Parlament im modernen Sinne, in Wien zusammen. Man nutzte die Winterreitschule als provisorische Unterkunft, weil es noch kein Parlamentsgebäude gab.
Inzwischen griff die Revolution auf andere Teile der Monarchie (Ungarn, Mailand, Venetien und Prag) über. Der Aufstand in Oberitalien wurde von Josef Wenzel Radetzky von Radetz niedergeschlagen, der Prager Pfingstaufstand im Juni von Alfred I. zu Windisch-Graetz. Im September übernahm in Ungarn Lajos Kossuth die Macht und stellte eine Armee auf. Als sich in Wien kaiserliche Truppen weigerten, nach Ungarn abzumarschieren, und von Bürgern unterstützt wurden, brachen heftige Kämpfe aus. Ungarn konnte nur mit Hilfe Russlands zurückerobert werden.
Der Hof floh nach Olmütz in Mähren und verlegte den Reichstag in das benachbarte Städtchen Kremsier. Am Ende des Wiener Oktoberaufstandes wurde Wien am 1. November von kaisertreuen Truppen unter Führung von Windischgrätz und Joseph Jelačić von Bužim erobert. Bei den Kämpfen starben rund 2000 Menschen, 24 führende Revolutionäre wurden hingerichtet. Die Revolution wurde von der kaiserlich-österreichischen Armee blutig niedergeschlagen und war somit gescheitert.
In Olmütz, wo die führenden Habsburger über die Zukunft ihrer Dynastie berieten, dankte Kaiser Ferdinand I. zugunsten seines 18-jährigen Neffen Franz Joseph Karl ab, der im Dezember 1848 als Franz Joseph I. den Thron bestieg und von Fürst Felix Schwarzenberg als Ministerpräsident unterstützt wurde. Der Reichstag von Kremsier wurde am 4. März 1849 aufgelöst. Am selben Tag wurde eine neue Verfassung vom Kaiser oktroyiert (Oktroyierte Märzverfassung), die jedoch nur zu einem geringen Teil wirksam wurde; insbesondere wurde kein neuer Reichstag einberufen. Nachdem die Aufstände in Italien und in Ungarn vollständig niedergeschlagen worden waren, hob Franz Joseph mit den Silvesterpatenten vom 31. Dezember 1851 auch die Oktroyierte Märzverfassung von 1849 wieder auf und leitete eine Phase des Neoabsolutismus ein.
1853 wurde das Bündnis mit Russland schwer erschüttert, weil weder Preußen noch Österreich in den Krimkrieg eingriffen. Von da an datiert der österreichisch-russische Gegensatz, der sich durch die Balkankrisen der nachfolgenden Jahrzehnte wesentlich verschärfte.
Die Zeit des Neoabsolutismus neigte sich mit den Niederlagen der kaiserlichen Truppen in Italien 1859 gegen die italienische Einigungsbewegung (Risorgimento) dem Ende zu: Die Direktregierung durch den Kaiser und seine Minister ohne jedes Parlament hatte selbst im Großbürgertum keine Anhänger mehr und konnte sich auch nicht durch Erfolge legitimieren. Der Kaiser trat nach seiner unglücklichen Heerführung 1859 nie mehr selbst als Feldherr auf. Das Oktoberdiplom 1860 und das Februarpatent 1861 waren kurzlebige Verfassungsexperimente; die mit dem Februarpatent eingeführten Landesverfassungen der Kronländer und deren Landtage als Landesparlamente bestanden aber bis 1918.
Die Niederlage von Königgrätz im Deutschen Krieg von 1866 (Deutscher Bund unter Vorsitz Österreichs gegen Preußen) führte zur Auflösung des Deutschen Bundes. Hintergrund des Krieges war, dass Bismarck ein deutsches Bündnissystem unter der Hegemonie Preußens anstrebte. Eine solche Hegemonie war nach Einschätzung Bismarcks nur ohne Österreich im Rahmen der „kleindeutschen Lösung“ möglich, da Österreich als bisherige Hegemonialmacht des Deutschen Bundes wirtschaftlich und militärisch zu bedeutend war. Nach dem preußischen Sieg, der durch technisch überlegene Waffen erreicht wurde, konnte Bismarck gegen den Willen Österreichs die Gründung eines Norddeutschen Bundes ohne Österreich durchsetzen. Im Krieg 1866 ging Venetien (trotz der für Österreich erfolgreichen Seeschlacht von Lissa unter Admiral Wilhelm von Tegetthoff) verloren; das Ansehen Franz Josephs I. erreichte einen Tiefpunkt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie, auch als k.u.k. Monarchie oder inoffiziell als Donaumonarchie bezeichnet, wurde 1867 als Resultat des sogenannten Ausgleichs mit dem Königreich Ungarn gegründet. Ungarn schied damit aus dem bisherigen Einheitsstaat aus und erhielt eine eigene königliche Regierung. Am 8. Juni 1867 wurde Kaiser Franz Joseph I. von Österreich auf dem Burghügel im damaligen Ofen (ungarisch Buda), später rechtsufriger Teil von Budapest, zum Apostolischen König von Ungarn gekrönt. Das Königreich Ungarn war nun, innenpolitisch selbstständig, gleichberechtigter Staat in einer Realunion mit Österreich, die sich verpflichtend nur auf Außenpolitik, Kriegswesen und die gemeinsame Finanzierung dieser beiden Ressorts erstreckte; freiwillig, aber ohne gemeinsame Ministerien, kamen gemeinsame Regelungen für Währung, Wirtschafts- und Handelspolitik, die Anerkennung von Patenten und Firmenregistrierungen etc. dazu. Die Außenpolitik wurde vorerst durch den Dreikaiserbund und in späterer Zeit durch den Zweibund mit dem Deutschen Reich bzw. den Dreibund (mit Italien) geprägt.
Die nicht-ungarischen Kronländer (die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder), die im Kaisertum verblieben, erhielten am 21. Dezember 1867 die aus mehreren Grundgesetzen bestehende Dezemberverfassung, die im Wesentlichen bis zum Ende der Monarchie Bestand hatte. Zunehmend wurde dabei zum Problem, dass die bisher herrschende Nationalität, die deutsche, von den slawischen Nationalitäten (Polen, Ruthenen, Tschechen, Slowenen, Kroaten), wenn sie gemeinsam auftraten, überstimmt werden konnte. Die Mehrheitsbildung im Reichsrat wurde mit dem unvermeidlichen Fortschreiten der Demokratisierung des Wahlrechts immer schwieriger.
In dieser Zeit begann der – bisher von den Herrscherhäusern unterdrückte – Nationalismus seinen Siegeszug durch die Länder Europas und insbesondere der Habsburger Monarchie. Zur Abschwächung des ungarischen Nationalismus gedacht, verschärfte der Ausgleich von 1867 die Spannungen mehr, als er sie kalmierte. Dieser Ausgleich schuf nämlich die Situation, dass die nationalen Konflikte durch die Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierung zusätzlich angeheizt wurden. Die Polen in Galizien kooperierten oft mit der Wiener Regierung und erhielten für Galizien bedeutende Infrastrukturinvestitionen aus dem cisleithanischen Staatsbudget. Die anderen slawischen Nationalitäten Altösterreichs fühlten sich mit den Deutschen, die die Staatsbürokratie dominierten, nicht gleichberechtigt. Die vergeblichen Bemühungen der Tschechischen Nationalbewegung in Böhmen und Mähren um einen österreichisch-tschechischen Ausgleich konkurrierten mit den Bestrebungen der dortigen deutschen Minderheit und der deutsch-nationalistischen Arbeiterpartei. Hier konnte die Einführung der amtlichen Zweisprachigkeit 1880 in Böhmen und Mähren, 1882 in den slowenischen Gebieten und in Österreichisch-Schlesien auch nicht weiterhelfen. Der Mährische Ausgleich 1905 nahm dem Nationalitätenkonflikt zwar in diesem Kronland einiges an Schärfe, für Böhmen konnte eine ähnlich ausgewogene Lösung aber nicht erreicht werden. Auch in Kärnten und der Steiermark mit ihren slowenischen Gebieten und in Tirol mit seinem italienischen Gebiet wurden Autonomiewünsche der jeweiligen Minderheit von der deutschen Mehrheit in den Landtagen schroff abgelehnt.
Böhmen und Mähren wuchsen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den industriellen Zentren Altösterreichs heran. Hier war die Betriebsansiedlung einfacher als im gebirgigen Alpenraum, die verkehrsgeografische Lage (Nähe zu den Ballungszentren Berlin und Wien und zum oberschlesischen Industriegebiet des Deutschen Reiches) günstig, es standen ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung.
1878 hatte Österreich-Ungarn beim Berliner Kongress das Recht zugesprochen erhalten, die osmanische Provinz Bosnien-Herzegowina, bis dahin von Istanbul aus regiert, zu besetzen und zu verwalten. Die Doppelmonarchie investierte kräftig in die Modernisierung des Landes, das keiner der beiden Reichsteile dem anderen gönnte, so dass es, weder Teil Österreichs noch Ungarns, vom gemeinsamen Finanzministerium verwaltet wurde. Als die Monarchie die Provinz 1908 annektierte, führte dies zu starken Spannungen mit dem Königreich Serbien, das sich mittlerweile als Anwalt aller Südslawen sah, und war 1914 auch ein Grund für das Attentat in Sarajewo.
1879 wurde mit dem Deutschen Reich der Zweibund und 1882 mit Italien der Dreibund geschlossen. Er sollte noch für den Ersten Weltkrieg ausschlaggebend sein. Der Dreibund hatte von Anfang an mit der italienischen Irredenta zu kämpfen, was vor allem die Beziehungen mit Österreich belastete.
Um 1880 wurde der Wahlzensus (Mindeststeuerleistung als Bedingung für das Wahlrecht der Männer; Frauen weiterhin nicht wahlberechtigt, wenn nicht Großgrundbesitzerin) gelockert, was die Bildung von neuen Parteien ermöglichte:
- die Christlichsozialen mit Karl Lueger, die zuerst durch das Kleinbürgertum (mit seiner Angst vor den Proletariern und den Großkapitalisten) und später von den Bauern geprägt wurden;
- die Sozialdemokratische Arbeiterpartei unter Viktor Adler, die 1911 in eine deutschösterreichische und eine tschechische Partei zerfiel;
- die Deutschliberale Partei, die sich in eine radikale (Alldeutsche Vereinigung; strebte den Anschluss Deutschösterreichs an das Deutsche Reich unter den Hohenzollern-Kaisern an) und eine gemäßigte Gruppe aufteilte.
Kultur und Wirtschaft Österreichs erlebten um 1900 eine Blütezeit, während sich der Staat aufgrund des Nationalitätenhaders oft nur durch Fortfretten und Fortwurschteln (wienerische Ausdrücke für „mühsam weiterkommen“) weiterentwickeln konnte. Immerhin konnte der Reichsrat 1901 das Projekt Neue Alpenbahnen beschließen, ein umfangreiches Bahnbauprojekt, von dem sich zwei wichtige Neubaustrecken im heutigen Österreich befinden. Um 1900, zum fin de siecle, lebten Johann Strauss, Gustav Mahler, Sigmund Freud, Ernst Mach, Otto Wagner, Gustav Klimt, Karl Kraus, Arthur Schnitzler und viele andere Künstler und Wissenschaftler in Wien. Diese etwa zwei Jahrzehnte, in denen in Wien eine nie zuvor und danach erreichte Vielzahl an kulturellen und wissenschaftlichen Persönlichkeiten wirkte, wird auch als Wiener Moderne bezeichnet.
1906 gab Serbien nach einem ungarischen Importstopp für serbisches Schweinefleisch (der Fleischexport war eine Haupteinnahmequelle der serbischen Landwirtschaft) die Anlehnung an Österreich-Ungarn auf und begann mit russischer Unterstützung auf die Abtrennung der südslawischen Gebiete der Doppelmonarchie hinzuarbeiten (es handelte sich um slowenisch, kroatisch, serbisch und bosniakisch besiedelte Gebiete in beiden Reichshälften). Dieser mehrjährige Konflikt wird als „Schweinekrieg“ bezeichnet.
1905 begannen Verhandlungen der Sozialdemokratie mit der k.k. Regierung, die – wie Historiker das Ergebnis einschätzen – mit einem historischen Kompromiss endeten: 1907 fand die erste Reichsratswahl statt, bei der jeder erwachsene männliche Staatsbürger wahlberechtigt war und jede Stimme gleich viel zählte. Das Frauenwahlrecht wurde erst 1918 in der Republik eingeführt. Die Christlichsozialen gewannen 1907 vor den Sozialdemokraten und den liberalen Parteien. 1911 erreichten die Sozialdemokraten die meisten Mandate. (Von der absoluten Reichsratsmehrheit waren beide großen Parteien weit entfernt, da es auch zahlreiche kleinere, oft nur regional wirksame politische Parteien gab.)
In den letzten Jahrzehnten der Doppelmonarchie befand sich Altösterreich – abgesehen von seinen Nationalitätenfragen – in der Situation, dass Transleithanien nur etwa ein Drittel der gemeinsamen Ausgaben für Heer, Kriegsmarine und diplomatischen Dienst deckte, ohne Zustimmung der Budapester Regierung aber keine wesentliche außen-, wirtschafts- oder militärpolitische Entscheidung getroffen werden konnte. Der Reichsrat als Parlament war oft durch tschechische Obstruktionspolitik lahmgelegt; viele erforderliche Regelungen erfolgten daher auf Vorschlag der k.k. Regierung durch kaiserliche Verordnung statt durch Parlamentsbeschluss. Der Staat wurde im Wesentlichen von der k.k. Bürokratie und der k.u.k. Armee, beide übernational auf die Person des Monarchen eingeschworen, zusammengehalten. Man besprach in politischen Kreisen, so lange er lebt (gemeint war der greise Kaiser Franz Joseph I., 1910 bereits achtzig Jahre alt) werde es keine wesentlichen Veränderungen geben, sah diese aber für die Regierungszeit seines Nachfolgers als unvermeidlich an.
Ungarn war innenpolitisch vergleichsweise noch vormodern: Nur ein sehr kleiner Teil der Männer war wahlberechtigt; im Unterschied zu Österreich waren die Nationalitäten auch formal nicht gleichberechtigt, da Magyarisierung das Regierungsziel war. Aristokratie und Großbürgertum setzten ihre Interessen durch. Franz Joseph I. tat als König sehr wenig dagegen.
Das am 28. Juni 1914 vom serbischen Nationalisten Gavrilo Princip verübte Attentat von Sarajevo auf Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand, der Bosnien-Herzegowina einen offiziellen Besuch abstattete, veränderte die Lage aber völlig. Hatten einzelne Spitzenfunktionäre der Gesamtmonarchie wie Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf schon Jahre zuvor einen Krieg gegen Serbien befürwortet, so setzte sich nun im Laufe der Julikrise in Wien und Budapest die sogenannte Kriegspartei durch. Unter Umgehung des seit März 1914 vertagten Reichsrates wurde dem Monarchen suggeriert, dass ein Krieg gegen Serbien unausweichlich und eine Frage der Ehre der Monarchie sei. Franz Joseph, der ein eher schlechtes Verhältnis zu seinem nicht standesgemäß verheirateten Neffen hatte und seinen Tod zunächst keineswegs „sühnen“ wollte, wurde schließlich von den Kriegsbefürwortern überzeugt und ließ durch seinen Außenminister Leopold Berchtold – mit Rückendeckung des deutschen Kaisers – ein Ultimatum an Serbien richten. Dieses bewirkte die Aktivierung der europaweit bestehenden Bündnissysteme und Beistandsverpflichtungen und führte so zum Ersten Weltkrieg.
Die Monarchie am Vorabend des Ersten Weltkriegs wird in Robert Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften, auf die Abkürzungen k.k. und k.u.k. anspielend, treffend als morbides „Kakanien“ beschrieben.
Österreich im Ersten Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg war für Österreich-Ungarn fatal, da der Staat und seine Armee auf einen Krieg in dieser Größenordnung nicht vorbereitet waren. Die Eroberung des Königreichs Serbien – in Wien hatte man sich 1914 aufgrund angenommener eigener Überlegenheit eine unschwierige „Strafexpedition“ vorgestellt – gelang erst nach mehr als einem Jahr mit deutscher und bulgarischer Unterstützung. Im Krieg gegen Russland erlitt die Armee der Donaumonarchie bereits zu Anfang des Krieges unersetzliche Verluste und musste einen großen Teil Galiziens räumen. Die unmittelbare Bedrohung der zentral wichtigen ungarischen Tiefebene konnte abgewandt werden, als im Frühjahr 1915 Galizien in der Folge des Durchbruchs bei Gorlice-Tarnów mit deutscher Hilfe zu großen Teilen zurückerobert wurde. Doch der Kriegseintritt Italiens (1915) und Rumäniens (1916) verlängerte Österreich-Ungarns Fronten. Auch auf dem im Spätsommer 1916 eröffneten rumänischen Kriegsschauplatz lag die Initiative und das Übergewicht von Anfang an bei der deutschen Seite. Deren Unterstützung hatte zuvor auch ein drohendes Desaster an der Ostfront durch die russische Brussilow-Offensive abgewendet. Im Krieg gegen Italien war Österreich erfolgreicher und konnte in zwölf Isonzoschlachten einen Einbruch der italienischen Armee verhindern. Ende 1917 gelang, wiederum mit deutscher Hilfe, ein tiefer Vorstoß ins Friaul, der allerdings auch keine Entscheidung brachte. Zwar schied Russland nach der Oktoberrevolution im Friedensvertrag von Brest-Litowsk aus dem Krieg aus, jedoch war das Ansehen der kaiserlichen Zentralgewalt durch die Sixtus-Affäre schwer beschädigt. Eine letzte Offensive der Donaumonarchie an der italienischen Front scheiterte im Juni 1918. Im Oktober brach die Front infolge Personal- und Materialmangels, von Kriegsmüdigkeit und Auflösungserscheinungen von Armee und Gesamtmonarchie zusammen. Am Krieg an der Westfront war die österreichische Armee nur 1918 mit begrenzten Kräften beteiligt. Bezogen auf das Staatsgebiet der Republik, betrugen die Verluste im Krieg 180.000 Gefallene und 60.000 Zivilopfer.[9]
Die Versorgung der altösterreichischen Bevölkerung war speziell in den letzten Kriegsjahren sehr schlecht, und es kam zu großen Hungersnöten. Im November 1916 starb Kaiser Franz Joseph I. und Karl I. wurde sein Nachfolger. Seine Chancen auf baldigen Friedensschluss und Erhalt der Doppelmonarchie waren gering. Als der Reichsrat, das altösterreichische Parlament, vom neuen Monarchen 1917 erstmals seit dem Frühjahr 1914 einberufen wurde, teilten die Abgeordneten der Nationalitäten mit, welche Absichten sie nach Kriegsende verfolgen würden. Der Erhalt des Gesamtstaates und der Monarchie gehörte nicht dazu. Es war daher bereits 1917 klar, dass Altösterreich zerfallen würde.
Kaiser Karl I. unternahm am 16. Oktober 1918 den Versuch, das kaiserliche Österreich als Föderation zu erhalten. Er forderte die Nationalitäten in einem Manifest auf, eigene Nationalräte zu gründen, und sah seine Regierung quasi als Schiedsrichter für eine friedliche Neuordnung der Monarchie: Österreich soll dem Willen seiner Völker gemäß zu einem Bundesstaat werden, in dem jeder Volksstamm auf seinem Siedlungsgebiet sein eigenes Gemeinwesen bildet.
Die Nationalitäten nahmen die Einladung, Nationalräte einzurichten, an, waren doch damit ihre bisher aus Sicht des Gesamtstaates separatistischen Planungen legalisiert. Von ihren Völkern nicht gewählte Schiedsrichter ignorierten sie aber: Sie beschlossen, eigene Staaten zu gründen, und hatten an einem monarchischen Bundesstaat kein Interesse. Die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich – bestehend aus den 1911 gewählten Reichsratsabgeordneten der mehrheitlich deutschen Gebiete Altösterreichs – bestellte am 30. Oktober 1918 ihre eigene Regierung und notifizierte dies am 6. November dem US-Präsidenten Woodrow Wilson; beim Kaiser stellte sich die deutschösterreichische Regierung nicht vor.