Haus des Berliner Verlages
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Haus des Berliner Verlags | |
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Sitz des Berliner Verlags in der Karl-Liebknecht-Straße 29 am Alexanderplatz | |
Basisdaten | |
Ort: | Berlin-Mitte |
Bauzeit: | 1970–1973 |
Baustil: | Moderne |
Architekt: | Karl-Ernst Swora, Rainer Hanslik, Günter Derdau |
Technische Daten | |
Etagen: | 17 |
Baustoff: | Stahlbeton, Stahl, Fassade aus Glas |
Anschrift | |
Anschrift: | Karl-Liebknecht-Straße 29 |
Stadt: | Belin |
Land: | Deutschland |
Das Haus des Berliner Verlages, während der Bauzeit kurzzeitig auch Haus der Berliner Verlage, nach der politischen Wende zeitweise auch Pressehaus Gruner & Jahr genannt, ist ein Gebäude in der Karl-Liebknecht-Straße 29 im Berliner Ortsteil Mitte nördlich vom Alexanderplatz aus der Zeit der DDR. Es war bis zum Jahr 2017 der Sitz des Berliner Verlags, zu dem die Berliner Zeitung und der Berliner Kurier gehörten.[1] In dem vorgelagerten Flachbau war zu DDR-Zeiten das Pressecafé untergebracht. An dem Flachbau befindet sich der Fries Die Presse als Organisator des Malers Willi Neubert, der (Stand Januar 2020) durch die Leuchtschrift des hier inzwischen befindlichen Restaurants verdeckt ist.[2]
Das Gebäude steht seit 2015 unter Denkmalschutz.[3] Derzeit (2020) wird das Gebäude für eine Nutzung als Sitz verschiedener Unternehmen hergerichtet.[2]
Geschichte 1964–1990
Nach der Fertigstellung des Axel-Springer-Hochhauses in West-Berlin wurde der Neubau von Verlagsgebäuden in Ost-Berlin forciert. So entstanden fast zeitgleich das Verlagsgebäude Neues Deutschland am Franz-Mehring-Platz und das Haus des Berliner Verlags.
Hans Modrow berichtete, dass Walter Ulbricht sich massiv für den Bau des Verlagshauses in der Nähe des Alexanderplatzes eingesetzt hätte. Ulbricht wollte an diesem zentralen Platz ein Haus, das durchgehend genutzt wird. Die auch in den Abendstunden beleuchteten Büros des Verlages sollten den Platz erhellen und eine betriebsame Atmosphäre an dem zentralsten Platz von Ost-Berlin vermitteln.[4]
Das Bauensemble des Berliner Verlags wurde von den Architekten Karl-Ernst Swora, Rainer Hanslik, Gerhard Voss, Waldemar Seifert und Günter Derdau geplant und entstand zwischen 1970 und 1973 durch den VE BMK Ingenieurhochbau Berlin.[5] Für die Erstellung des Baus wurden 60,5 Millionen Mark der DDR veranschlagt.[6] Nach kompletter Belegung gab es im Hauptbau 1000 Arbeitsplätze.[7]
Das Haus des Berliner Verlags ist in seinen Dimensionen durch die Pläne des 1964 vom Ost-Berliner Magistrat ausgerichteten Wettbewerbs zur Neugestaltung des Alexanderplatzes festgelegt worden.[8] Eine ganze Reihe von Bauten wie das Interhotel Stadt Berlin, das Haus der Elektroindustrie, das Haus der Statistik, das Haus des Lehrers oder das Haus des Reisens entstanden in der Folgezeit.[9] Auch hier wurden großflächige Wandfriese als Gestaltungselement verwendet. So sind am Haus des Lehrers der Fries Unser Leben und am Haus des Reisens der Fries Der Mensch überwindet Zeit und Raum (beide von Walter Womacka) zu finden. Laut dem Architekturkritiker Bruno Flierl wurden die Friese aufeinander abgestimmt und hatten die Aufgabe „der Selbstdarstellung der Nutzerinstitutionen des Gebäudes als auch der Darstellung ihrer Funktion in der Gesellschaft“. Die städtebauliche Idee der Anordnung der Friese war, die Darstellung einer „komplexen Vorstellung vom Sozialismus“ im Stadtbild.[10]
Entwicklung 1990–2016
Während die Senatsbauverwaltung unter Senatsbaudirektor Hans Stimmann mit ihrem Planwerk Innenstadt in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung den Bauten aus DDR-Zeiten kritisch gegenüberstand, mehren sich im 21. Jahrhundert die Stimmen für den Erhalt der Bauten. Die Bauten werden mittlerweile wertgeschätzt und als Teil der Berliner und der deutschen Geschichte anerkannt.[11] Senatsbaudirektorin Regula Lüscher führte hierzu aus: „Die nun denkmalgeschützten Bauwerke sind Zeugnisse von künstlerischer, städtebaulicher und geschichtlich überragender Bedeutung. Wir wollen mit der Unterschutzstellung auch den Blick für die zahlreichen Qualitäten der jüngeren Geschichte öffnen und gerade die baulichen Zeugen des doppelten Berlins im ehemaligen Osten und Westen der Stadt einander gegenüberstellen.“[5]
Das Haus des Berliner Verlags sollte wie eine ganze Reihe anderer DDR-Bauten nach Hans Kollhoffs umstrittenem Masterplan Alexanderplatz aus dem Jahr 1993 abgerissen werden.[12][13] Das Verlagshaus Gruner + Jahr wollte hier einen Wolkenkratzer nach Entwürfen des Architekten Christoph Ingenhoven bauen. Die Senats-Baukommission entschied sich gegen den Neubau, so dass das Gebäudemanagement das Haus für 40 Millionen Mark renovieren ließ.[14] Das entstandene äußere Erscheinungsbild ist durch die Vereinfachung der Fassade, die wesentlich simplere und kostengünstigere Leuchtreklame und die Verhüllung des Wandfrieses bei Tag und Nacht weniger anspruchsvoll als zu DDR-Zeiten.
Entwicklung nach 2016
Im Herbst 2016 wurde das Gebäude mit Ausnahme des Pressecafés von Bertelsmann an den neuen Eigentümer Tishman Speyer verkauft.[15][16] Der Berliner Verlag zog 2017 in das Feratti-Gebäude am Spittelmarkt.[17] Zu den anderen Unternehmen, die bis zur Sanierung in dem Gebäude residierten, gehörten u. a. airliners.de[18] und Flixbus.[19][20]
Mit dem Auszug der Zeitungsredaktionen und den späteren Zwischennutzern aus dem Gebäude hat der neue Eigentümer Tishman Speyer eine komplette Renovierung in Auftrag gegeben, die im Jahr 2017 begann. Zusätzlich zur Renovierung soll ein nicht zum Denkmalschutz gehörender Flachbau im rückwärtigen Bereich abgerissen und durch ein höheres Bürogebäude ersetzt werden.[2]
Im September 2018 präsentierte das Gebäudemanagement im Baukollegium des Senats konkrete Pläne für eine Rekonstruktion der ursprünglichen Fassadengestaltung in Verbindung mit Umbaumaßnahmen im Inneren. Die Pläne stammen vom Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (GMP), die die Nacharbeit der ursprünglichen weißen Aluminium-Verkleidung vorsehen. Der Senat signalisierte grundsätzliche Zustimmung. Tishman Speyer hat mit dem Online-Möbelhändler Wayfair, der acht Etagen mieten will, und mit dem Medienkonzern Naspers, der sieben Etagen belegen wird, bereits Mietverträge abgeschlossen.[2]
Baubeschreibung
Hauptgebäude
Das Hochhaus hat 17 Geschosse und wurde in Stahlskelettbauweise errichtet. Die Länge des Gebäudes beträgt 150 Meter, davon 92 Meter an der Nordwestseite des Alexanderplatzes;[7] die Tiefe 15 Meter.[21] Anfangs hatte das Gebäude eine Front mit einer rhythmisch auskragenden Fassade aus weißen Aluminium-Paneelen. Der ursprüngliche Eindruck dieser Fassade ist nur noch zu erahnen (Stand: Sommer 2018). Bei einer Sanierung in der Nachwendezeit wurde die Fassade wesentlich vereinfacht. Sie soll nach historischem Vorbild bis zum Jahr 2019 neu entstehen.
Fluchttreppe
Besonders markant ist die freigestellte verglaste Feuertreppe des Gebäudes.[22] An ihr wurden Werbetafeln und Signets mit verschiedenen Titeln des Berliner Verlags angebracht. Auf der Spitze ist der Schriftzug des Berliner Verlags an einem rotierenden Zylinder montiert. Nach der politischen Wende wurden die Werbetafeln der nicht weiter fortgeführten Titel durch Tafeln von vier damals aktuellen Zeitschriften und Zeitungen ersetzt. Die Werbetafeln und Signets aus der DDR-Zeit waren ursprünglich mit einem deutlich höheren Aufwand gestaltet, als die Signets und Tafeln, die nach der deutschen Wiedervereinigung entstanden sind. Dies liegt in erster Linie daran, dass in der DDR die Leuchtreklamen von Handwerksbetrieben viel aufwendiger erstellt wurden, als die späteren industriell hergestellten Werbebanner.[23] Die Fassadenneugestaltungspläne sehen vor, die Werbetafeln durch LED-Streifen für wechselnde Reklame zu ersetzen; allerdings sollen sie nur Hinweise auf die neuen Mieter des Hauses erlauben.
Flachbau Pressecafé und Fries
Das Pressecafé ist ein gegenüber der Gebäudefluchtlinie vorgezogener zweietagiger Bau und besteht aus einer Stahlkonstruktion. Das Haus war zu DDR-Zeiten ein beliebter Treffpunkt für Journalisten und Korrespondenten. Hier waren diverse Pressepublikationen aus unterschiedlichen Ländern einzusehen, die sonst kaum in der DDR verfügbar waren. Das gastronomische Angebot und die Ausstattung waren für DDR-Verhältnisse überdurchschnittlich. So war das Café mit Schalenstühlen vom Typ Hockender Mann des westdeutschen Designers Ernst Moeckl ausgestattet.[24] Die Stühle wurden vom VEB Petrochemisches Kombinat Schwedt hergestellt und gelten als Designklassiker.
Ein Fries mit dem Titel Die Presse als Organisator des Malers Willi Neubert ziert die Fassade des Pressecafés.[25][26] Der 76 Meter lange und 3,50 Meter hohe Fries, 1970 am ersten Obergeschoss angebracht, ist seit den späten 1990er Jahren durch die Werbung eines sich in dem Gebäude befindlichen Restaurants verdeckt.[27] Der Industrieemaille-Fries besteht aus Platten in der Größe von 53 cm × 53 cm. Für Neubert war dies bereits die zweite Arbeit für ein Pressehaus, so hatte er bereits vorher einen Fries für das Druckhaus der Tageszeitung Freiheit in Halle realisiert. Im Vorfeld hatten diverse Experimente stattgefunden, um die Haltbarkeit und den künstlerischen Ausdruck der Bilder zu gewährleisten. Ulrich Kuhirt lobte das Werk, da es „den weiten Raum des neuen Berliner Zentrums in seiner ästhetischen Wirkung wesentlich mitbestimmt“.[28] Der Fries war zu DDR-Zeiten umstritten. So wurde kritisiert, dass Karl Marx nicht vorteilhaft dargestellt sei.[29] Der verdeckte Fries soll bei den Umgestaltungsarbeiten der Fassade wieder freigelegt werden.
Ursprünglich sollte auch im Innenraum des Cafés ein Deckenfries von Willi Neubert mit dem Namen Aufbruch ins Universum verwirklicht werden. Dies unterblieb jedoch aus nicht bekannten Gründen. Eine 1:2-Kopie des Entwurfs für diesen Fries ist seit Beginn des 21. Jahrhunderts im Hüttenmuseum Thale zu besichtigen.[30]
Am Flachbau ist der Schriftzug Pressecafé erhalten geblieben. Eine geplante Entfernung des Schriftzuges wurde von der Denkmalschutzbehörde untersagt.[31]
Flachbau im hinteren Bereich
In dem im hinteren Bereich befindlichen Flachbau war ein Atelier, ein Fotolabor, die Anzeigenannahme und im Obergeschoss ein Konferenzraum untergebracht.[7]
Sonstiges
Das Haus wurde mehrfach für Außenwerbung genutzt. So wurden großflächige Werbeplakate an der Fassade angebracht. Der Sportartikelhersteller Adidas wurde für sein Plakat während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 am Haus des Berliner Verlages von dem Fachverband Außenwerbung (FAW) mit dem Preis Plakadiva in Gold für die beste Außenwerbung des Jahres ausgezeichnet.[32]
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