Insel-Bücherei
seit 1912 laufende deutsche Buchreihe aus dem Insel Verlag / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Liebe Wikiwand-AI, fassen wir uns kurz, indem wir einfach diese Schlüsselfragen beantworten:
Können Sie die wichtigsten Fakten und Statistiken dazu auflisten Insel-Bücherei?
Fass diesen Artikel für einen 10-Jährigen zusammen
Die Insel-Bücherei ist eine seit 1912 bestehende Buchreihe des Insel Verlags. In der Reihe wurden zunächst kleinere Werke aus Lyrik, Prosa und Essayistik klassischer Autoren und zeitgenössischer Verlagsautoren ediert. Später traten Kunst- und Naturdarstellungen, Texte der Märchen- und Sagenwelt sowie Lizenzausgaben von Autoren anderer Verlage hinzu. Typografie und Ausstattung der Pappbände sollten bei einem moderaten Verkaufspreis stets hohen buchästhetischen Ansprüchen gerecht werden. Die durch ihre farbigen Musterpapiere sowie ihr Titel- und Rückenschild weitgehend einheitlich gestaltete Reihe überstand aufgrund ihres durchdachten verlegerischen Konzepts alle wirtschaftlichen und politischen Fährnisse insbesondere im Ergebnis der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts sowie der Inflation, der nationalsozialistischen Diktatur und der deutschen Teilung, so dass bis zum Herbst 2023 Bände von Nummer 1 bis 1530 erschienen sind.[1]
Bereits im Jahr 1908 erschienen im Insel Verlag, der seit 1906 unter alleiniger Führung von Anton Kippenberg stand, die ersten sogenannten „2-Mark-Bücher“. 1911 folgte die „Bibliothek der Romane“, die zum Buchpreis von 3 Mark in den Sortimentshandel kam. Beide Reihen wurden von Emil Rudolf Weiß ausgestattet.
Am 23. Mai 1912 trat der Verlag mit der Ankündigung seiner sorgfältig vorbereiteten Insel-Bücherei an die Öffentlichkeit. Sie wurde dem Buchhandel auf der 1. Umschlagseite der Nummer 118 des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel vom 23. Mai 1912[2] und durch folgendes Rundschreiben angekündigt: „Es soll den Namen Insel-Bücherei führen und freundlich ausgestattete Bändchen umfassen, die jedes 50 Pfennig kosten. […] Sie soll kleinere Werke – Novellen, Gedichtgruppen, Essays […] enthalten, […] die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind oder denen wir eine besondere aktuelle Wirkung zu geben beabsichtigen, und gelegentlich auch illustrierte Bücher.“ Kippenberg wollte mit diesem Konzept, für das Stefan Zweig als geistiger Mitschöpfer gilt (in seinen Erinnerungen „Die Welt von Gestern“ schreibt Zweig: „…, auf einen Vorschlag von mir entstanden.“), nicht in Konkurrenz zur Reclams Universal-Bibliothek oder zu Meyers Volksbüchern treten. Sorgfältig edierte, mit Kommentaren und Erläuterungen versehene literarische Kleinodien sollten mosaikartig ein Gesamtbild für die Leser formen.
Am 2. Juli 1912 wurden die von Hand gesetzten 12 Bände der ersten Lieferung in die Buchhandlungen geliefert.[3] Die Bandnummer 1 enthielt Rainer Maria Rilkes im Herbst 1899 entstandene Prosadichtung (Erstfassung) Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, dessen Verlagsrechte Kippenberg kurz zuvor von dem Verleger Axel Juncker für 400 Mark erwerben konnte, weil dieser keinen hinreichenden Absatz mit dem von ihm in 300 Exemplaren gedruckten Titel erzielen konnte. In der Insel-Bücherei wurde Rilkes Cornet gleich in einer Startauflage von 10 000 Exemplaren aufgelegt, musste sofort nachgedruckt werden und erreichte als IB 1/A nach Verlagsangaben bis 2021 mit 56 Auflagen über 1,153 Mio. Exemplare. 1987 veröffentlichte der Verlag eine von Max Schwimmer im Zweiten Weltkrieg während eines Fronteinsatzes privat illustrierte Ausgabe als bibliophile Edition. 2012 erschien zum 100-jährigen Jubiläum der Insel-Bücherei erstmals eine illustrierte normale Reihenausgabe des Cornet mit Schabblättern von Karl-Georg Hirsch (Jubiläumsprogramm, Nummer 1350), die parallel angeboten wird.[4]
Da die Buchreihe bei den Lesern sehr gut aufgenommen wurde, erweiterte Kippenberg zügig das Angebot an lieferbaren Titeln; Ende 1913 war bereits die Nummer 92 im Handel.
Die Buchreihe im Ersten Weltkrieg
Im Jahr 1914 überschritt die Gesamtauflage aller Insel-Bändchen schon 1 Million. In diesem Jahr ließ der Verleger für die Reihe das Buch Ruth (IB 152) in einer Auflage von 10 000 Exemplaren als zweifarbigen Pressendruck in der Ernst-Ludwig-Presse Darmstadt fertigen. Solche Ausgaben erscheinen sonst nur in Kleinauflagen für Bibliophile.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ließ sich auch Kippenberg von der zunächst in Deutschland allgemein vorherrschenden Kriegsbegeisterung anstecken und veröffentlichte eine umfangreiche Titelfolge mit kriegsbezogenen Themen, wie Deutsche Vaterlandslieder (IB 154/1), Deutsche Kriegslieder (IB 153/1), Arndts: Katechismus für den deutschen Kriegs- und Wehrmann. Die deutsche Wehrmannschaft (IB 157/1), Kaiser Wilhelm I.: Briefe aus den Kriegsjahren 1870/71 (IB 168/1), Briefe des Feldmarschalls Blücher (IB 170/1) oder Lieder der Landsknechte mit Holzschnitten (IB 158/1). Ergänzend dazu erschienen Bände, die an das deutsche Nationalgefühl appellierten, wie Die deutschen Lande im Gedicht (IB 174/1) und Deutsche Choräle (IB 155). Der letztgenannte Titel, der von Katharina Kippenberg herausgegeben worden war, konnte sich längerfristig im Verlagsprogramm behaupten und wurde zuletzt 1953 in einer überarbeiteten Zusammenstellung im Wiesbadener Verlagshaus ediert.
Mehrere Institutionen und Vereinigungen nutzten die Popularität der noch jungen Buchreihe, um den Durchhaltewillen der deutschen Frontsoldaten zu stärken. Dazu verschickten sie mit entsprechenden Einklebern oder Einstempelungen versehene Geschenkbände an die Front.
Mitten im Krieg erschien auch Ferruccio Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst von 1907 in einer erweiterten Fassung in der Reihe und machte erst jetzt Furore in Musikerkreisen, löste allerdings auch eine Kontroverse bei konservativ eingestellten Komponisten aus (vgl. Hans Pfitzner: Futuristengefahr).
Mit Ablauf der damals nur dreißigjährigen urheberrechtlichen Schutzfrist wollte Kippenberg die noch bestehende Wagner-Begeisterung ausnutzen und legte 1914 eine 20 Bändchen umfassende Reihe überwiegend mit dessen Opernlibretti, wie Siegfried (IB 95/1), Lohengrin (IB 101/1) oder Tristan und Isolde (IB 102/1), auf; dazu kamen noch einige Aufsätze. Dieser war aufgrund der preisgünstigeren Alternative durch die zur selben Zeit verfügbaren Reclam-Texte kein durchschlagender wirtschaftlicher Erfolg beschieden. Es blieben nur IB 111/1 Beethoven bis 1937 (38. Tausend) und IB 107: Fünf Gedichte von Mathilde Wesendonk bis 1961 (Neuauflage mit Nachwort von Joachim Kaiser) im Verlagsprogramm. Auch das ab 1915 ausgelieferte Reihendutzend mit flämischen Autoren, wie Jan van Ruysbroek (IB 206/1: Das Buch von den zwölf Beghinen), Guido Gezelle (IB 213/1: Gedichte) oder Herman Teirlinck (IB 217: Johann Doxa. Szenen aus dem Leben eines Brabanter Gotikers), zu der der Verleger aufgrund seines Kriegsdienstes in der Etappe der belgischen Westfront angeregt worden war, fand nicht die erhoffte Resonanz beim Publikum. Aus dieser Autorenreihe gelang es nur Stijn Streuvels, mit den beiden Titeln Die Ernte (IB 214/1) und Der Arbeiter (IB 215/1 – ab 1935: IB 468) bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Reihenprogramm präsent zu sein. Während Charles de Coster mit Herr Halewijn (IB 212) 1941 das 28. Tausend erreichte, wurde die schon 1922 im 16.–20. Tausend erschienene dritte und letzte Auflage des altflämischen Schauspiels Lanzelot und Sanderein (IB 208) bis Weihnachten 1939 ununterbrochen in den Verlagsverzeichnissen geführt,[5] was deren geringen Verkaufserfolg in den zwei Jahrzehnten nach dem Ersten Weltkrieg belegt.
Ende 1918 – der Bandpreis war im August desselben Jahres auf 1,10 Mark angestiegen – lag eine lückenlose Reihe von 241 Titeln (IB 241, Beethovens persönliche Aufzeichnungen) vor.
Zwischenkriegszeit
Ausgabepolitik
Die deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts war nach 1918 in der Reihe u. a. mit Lenau, Novalis und Platen recht stark vertreten. Jeweils mehrere Titel wurden nach Auslaufen der Schutzfristen von Theodor Storm (13 Bände), Gottfried Keller (10), C. F. Meyer (7) und Theodor Fontane (7) in die Reihe übernommen. Nach dem Kriegsende wurden wieder verstärkt russische Autoren – z. B. Tschechow (IB 258: Eine langweilige Geschichte), Turgenjew (IB 259: Gedichte in Prosa) – verlegt. Auch englischsprachige und französische Autoren kamen mit Einzeltiteln zu Wort. Geisteswissenschaftliche Texte von Fichte (IB 253/1: Bestimmung des Gelehrten), Friedrich List (IB 260/1: Gedanken und Lehren) oder Hegel (IB 300: Einführung in die Phänomenologie des Geistes) sowie Reden aus dem Frankfurter Parlament von 1848/49 (IB 244/1) fanden dagegen kaum Anklang beim Publikum und wurden später zumeist durch andere Titel ersetzt. In den 1920er Jahren zeichnete vor allem der Neffe Anton Kippenbergs und spätere Gründer des Albatros Verlags, Christian Wegner, für die Insel-Bücherei verantwortlich.
1919 erreichte die Neuproduktion mit 71 Titeln zwar einen Rekord, um dann aber gegen Ende der Inflationszeit auf 12 (1922) und 11 (1923) abzusinken; der Tiefstand wurde 1924 mit noch 9 Titeln erreicht. Nachdem auch die Auflagezahl bereits 1921 bei Tibulls Sulpicia (IB 331/1) nur 6 000 betragen hatte, erschienen mit dieser verminderten Startauflage die meisten Bände des letzten Inflationsjahrs 1923.
Viele Bandnummern der Kriegs- und Inflationsjahre wurden ab Ende der 1920er Jahre mit anderen Titeln neu belegt. Dies war sicher auf die im Nachhinein als unbefriedigend einzuschätzende Titelauswahl zurückzuführen. Nicht wenige Titel aus dieser Zeit sind trotz ausreichender Auflagenhöhe heute selten zu finden; die beim Verlag vorhandenen Restbestände mögen wegen der schlechten Papierqualität nach der Währungsstabilisierung makuliert worden sein.
Ab Ende der 1920er Jahre bemühte sich Kippenberg mangels zeitgenössischer Autoren im Verlag auch verstärkt um Lizenzen, was aufgrund des feststehenden Bandpreises nicht immer leicht zu kalkulieren war. Allerdings erschienen nach wie vor Titel von Insel-Autoren, wie Rilke (IB 400: Gedichte) und Stefan Zweig (IB 165/2: Sternstunden der Menschheit), in hohen Auflagen. Bis 1932 waren dann noch sehr erfolgreich Felix Timmermans, Ricarda Huch (beide mit mehreren Titeln) und Thomas Mann (IB 312/2: Felix Krull).
Die historische Illustration wurde weiterhin gepflegt: 1919 erschien Dürers Kleine Passion (IB 250); später folgten seine Holzschnittfolgen Das Marienleben (IB 335) und die Geistliche Auslegung des Lebens Jesu Christi (IB 350). Aus dem 19. Jahrhundert waren u. a. Ludwig Richter mit Es war einmal (IB 360) und Otto Speckter mit Fünfzig Fabeln für Kinder von Wilhelm Hey (IB 309/2) vertreten. Illustrationen von Aubrey Beardsley wurden Wildes Salome (IB 249) und Popes Lockenraub (IB 99/2) beigegeben.
Mit Bernhard Hasler (Goethe: Novelle, 296/1), Max Unold (Droste: Judenbuche, IB 271/A), Oskar Kokoschka (Ehrenstein: Tubutsch, IB 261/1) und Karl Rössing (G. Keller: Der Schmied seines Glückes, IB 328/A) kamen erstmals auch zeitgenössische Illustratoren zum Zuge. 1933 erschien als erstes farbig illustriertes Insel-Buch der in seinem Maßstab auf IB-Größe verkleinerte Band Der Struwwelpeter oder lustige Geschichten und drollige Bilder von Heinrich Hoffmann (IB 66/2). Auch der vom reihentypischen Musterpapier abweichende Bildeinband (siehe unten) hatte bei diesem Titel Premiere. Ihm folgten ein Jahr später der von Fritz Kredel mit Abbildungen von Soldaten in historischen Originaluniformen illustrierte Band Wer will unter die Soldaten. Deutsche Soldatenlieder (IB 236/2, 1934) und 1938 Grimms Märchen Hans im Glück (IB 530) mit Bildern von Willi Harwerth, deren Motive er seiner norddeutschen Heimat entlehnt hatte.
Ausstattung
Mitte der 1920er Jahre veränderte sich die Ausstattung der Bändchen. Das Überzugpapier wurde modernisiert („entbiedermeiert“). Die ab 1931 fast ausschließlich vorkommende Fadenheftung löste schrittweise die Klammerheftung ab, die mitunter zu Rostflecken in den Bändchen geführt hatte. Die Stabilität der Einbandpappen wurde verbessert, so dass vor allem der obere Buchrücken gegen ein Einreißen besser geschützt war.
Preisentwicklung
Der Bandpreis war bis zum Frühjahr 1922 auf 7 und bis zum Mai auf 12 Mark angestiegen, wie die Gesamtverzeichnisse der Bandnummern 1 bis 339 bzw. 1 bis 349 aus jenem Jahr ausweisen. Das entsprach nominell dem Vierzehn- bzw. Vierundzwanzigfachen des Ladenpreises vor dem Krieg.[6] Nochmals wurde ein Jahr später in der „4. Preisliste zum Verzeichnis des Insel–Verlages Februar 1923, ausgegeben am 25. März 1923“, die dem Verzeichnis „Bücher des Insel=Verlages zu Leipzig. Februar 1923“ beilag, ein Bandpreis von 1.400 Mark vom Verlag angegeben. In den Verzeichnissen selbst wurde aufgrund der rapide fortschreitenden Inflation, die jede beim Druck gemachte Angabe rasch zur Makulatur werden ließ, wohl ab Mitte 1922 keine Preisangabe mehr vorgenommen. Vielmehr wurde, wie generell im deutschen Buchhandel, neben stichtagsbezogenen Preislisten, wie der vorgenannten, grundsätzlich mit einem so genannten konstanten Grundpreis und einer Schlüsselzahl (Multiplikator) gearbeitet, die dem jeweiligen Stand des Währungverfalls angepasst und mit der der aktuelle Ladenpreis errechnet wurde.[7] Am Ende der Inflationszeit war der Preis der Bändchen auf 825 Milliarden Mark angestiegen.
Nach der Währungsstabilisierung im Dezember 1923 kosteten Insel-Bücher wieder 60 Pfennig. Der Preis stieg dann 1924 auf 75 Pfennig und 1925 auf 1 RM, wurde aber vom Verlag im folgenden Jahr auf 90 Pfennig wieder gesenkt. Durch die im Rahmen der Deflationspolitik des Regierungskabinetts Brüning II erlassene 4. Notverordnung vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I Nr. 79, S. 699) wurde der Preis der Reihenbände nunmehr zwangsweise auf 80 Pfennig abgesenkt, worauf der Verlag mit kleinen Einlegern aufmerksam machte.[8]
Zur Preisentwicklung von 1912 bis 1932 (bis einschließlich 1945) im Einzelnen vergleiche die nachfolgende Preistabelle. In diese wurden die regulären Papp- und Broschurbände, die broschierten Kriegsausgaben des Ersten (KR) und Zweiten Weltkriegs (Feldpost – FP) sowie die Lederausgaben aufgenommen. Die Tabellenwerte zeigen die erstmalige Preisauszeichnung an, Fragezeichen das Fehlen von offiziellen Preisverlautbarungen. In der Zeit der Hochinflation stiegen die Preise rasant, feste Werte für einen Jahreszeitraum kann es demzufolge nicht geben.
Einband | 1912 | 1914 | 1915 | ab 1. August 1916[9] | 1917 | 1918 | 1919 | 1920 | 1921 | Anfang 1922 | Mai 1922 | 25. März 1923 | ab April 1923 | ab 15. November 1923 | 1924 | 1925 | 1926 | 1927 | 1932 | 1942 | 1944/2[10] | 1945 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Pappe | -,50 | -,50 | -,50 | -,60 | -,70 | 1,10 | 1,35 | 4,50 | 5,- | 7,- | 12,- | 1.400 | Hochinflation | -,60 | -,75 | -,90 | 1,- | -,90 | -,80 | -,80 | 0,80 | 1,25 (?) |
Broschur (Karton / Papier) | – | – | - -,30 KR | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | – | -,60 -,45 FP | -,60 -,45 FP | -,60 -,45 FP |
Leder | – | 3,- | 3,- | 3,- | 3,- | 3,- | ? | ? | ? | ? | ? | ? | Hochinflation | ? | ? | 7,- | 4,50 | 4,50 | 4,- | – | - | - |
Konservative Verlagspolitik
Deutsche Chronik 1918–1933
Für 1933 kündigte der Verlag, der in der Reihe aktuelle politische Themen stets gemieden hatte, als IB 444 eine von dem DVP-Politiker Hans Wolf und dem Schriftsteller Otto von Taube herausgegebene Deutsche Chronik. 1918–1933 an, deren Planung bereits Mitte 1932 begonnen hatte. Sie sollte ursprünglich eine objektive geschichtliche Darstellung der Jahre der Weimarer Republik enthalten, die in ihrer inhaltlichen Gliederung der Chronik von Goethes Leben (IB 415) entsprach. Von Kippenberg wurde als zeitlicher Endpunkt der Chronik zunächst der 1. Oktober 1932 vorgeschlagen,[11] Hans Wolf regte jedoch mehrfach an, die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes im Reichstag am 23. März 1933 heranzuziehen, mit dem den Nationalsozialisten die unumschränkte legislative und exekutive Macht in Deutschland übertragen wurde.[12] Die offizielle Forderung nach einer besonderen Würdigung des NSDAP-Aufstiegs unter Adolf Hitler hatte im Zuge der Manuskripterarbeitung schließlich einen sichtbaren Ausdruck in der Darstellung der historischen Ereignisse dergestalt gefunden, dass der Nationalsozialismus und Hitler – unter anderem wurde ein Ausschnitt seiner Regierungserklärung auf dem sog. Tag von Potsdam am 21. März 1933 wiedergegeben[13] – insgesamt als positive politische Kräfte auch in der Weimarer Republik dargestellt wurden. Letztlich erschien die in ihrer vorliegenden Endfassung deutlich rechtskonservativ ausgerichtete Chronik, die den Boden einer ausgewogenen Darstellung der damals jüngsten deutschen Geschichte wohl schon verlassen hatte, jedoch nicht; die genauen Gründe sind nicht bekannt.
Jüdische und sonstige verbotene Autoren
In der Folge versuchte der national-konservativ eingestellte Kippenberg, sich der politischen Einflussnahme durch das Nazi-Regime (vgl. auch Reichsschrifttumskammer) so weit wie möglich zu entziehen. Allerdings musste auch er den neuen politischen Verhältnissen seinen Tribut zollen. Am 16. Mai 1933 wurde im Börsenblatt eine „Schwarze Liste“ von 135 Autoren veröffentlicht, deren Werke aus öffentlichen Bibliotheken auszusondern waren. Hierunter war einer der Hauptautoren des Insel Verlages, Stefan Zweig, der auch in der Insel-Bücherei mit Gedichtbänden und Erzählungen sowie Übertragungen ausländischer Literatur repräsentativ vertreten war. Die Liste war zwar für die Verleger zunächst nicht bindend, aber Kippenberg wurde Ende 1933 vom Börsenverein nochmals über aus nationalen und kulturellen Gründen unerwünschte Autoren – darunter wieder Stefan Zweig – förmlich informiert. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Verleger unter Hinweis auf mögliche außenpolitische Verwicklungen beim Reichspropagandaministerium noch erreichen, dass ihm der Verkauf einzelner Titel Zweigs auf Widerruf gestattet wurde, so dass er dessen 4 Reihentitel in seinen Verlagsverzeichnissen noch bis zum Sommer 1935[14] führte; schon in den Verlagswerbeschriften zu Weihnachten 1935[15] war der Autor getilgt. Nach Ablauf der Schonfrist am 1. März 1936 musste er sich dann von Zweig endgültig trennen.[16] Im selben Jahr verschwand nach der Ausbürgerung Thomas Manns auch sein Felix Krull aus den IB-Verzeichnissen.[17] Alle offensichtlich jüdischen Autoren und Titel mit einem positiven Bezug zum Judentum und jüdischen Leben mussten aus dem Verlagsprogramm zurückgezogen werden. Auch der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 fielen solche Titel zum Opfer. Im Zusammenhang mit dieser soll fast die gesamte 2. Auflage der Altjüdischen Legenden (IB 347/1), herausgegeben von Bin Gorion, vernichtet worden sein. Teilweise wurden aber auch nur die Namen von jüdischen Autoren, Künstlern oder sonstigen erwähnten Personen in den Texten getilgt oder es wurden bei jüdischen Übersetzern die Seiten mit ihrer Namensangabe, häufig beim Impressum, weggelassen, um die Titel weiter verkaufen zu können, wie z. B. bei IB 215/2, François Mauriac: Der Aussätzige und die Heilige, der von Iwan Goll übersetzt worden war. Diese Praxis traf u. a. auch auf Stefan Zweig, Heinrich Heine oder den Frankfurter Buchhändler Walter Schatzki zu, dessen Sammlungsexemplar die Ausgabe von Heinrich Hoffmanns Der Struwwelpeter (IB 66/2) in der Insel-Bücherei zugrunde lag. Dabei wurden aber auch Autoren als jüdischer Herkunft eingestuft, die es tatsächlich gar nicht waren, wie der als Übersetzer von Oscar Wilde tätige Franz Blei, der Deutschland bereits 1933 als Gegner des NS-Regimes verlassen hatte. Auch hier hatte Kippenberg die Seite mit dem Impressum der noch vorhandenen Restbestände des Gespenstes von Canterville (IB 390), in dem sein Name aufgeführt war, entfernen lassen.[18]
„Erlaubte“ Autoren
Gleichwohl wurde die Produktion der Insel-Bücherei mit den „erlaubten“ Autoren nach Titeln, Absatz und Ausstattung ab 1933 auf einem beachtlichen Niveau gehalten, so dass sie aufgrund ihres Verkaufserfolgs bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges noch immer das wirtschaftliche Rückgrat des Insel Verlags bildete. Allerdings waren unter diesen auch nicht wenige der 88 Schriftsteller und Dichter, die das am 26. Oktober 1933 veröffentlichte Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Hitler unterzeichnet hatten, wie Rudolf G. Binding:[19] Der Opfergang (IB 23, Verfilmung 1944), Hans Friedrich Blunck: Gestühl der Alten (IB 538/1), Peter Dörfler: Jakobäas Sühne (IB 431), Josef Ponten: Der Meister (IB 289/2), Friedrich Schnack: Geschichten aus Heimat und Welt (IB 498/1) oder Wilhelm von Scholz: Die Beichte (IB 467); die IB-Titelangabe ist nur bei Dörfler abschließend. Im Gegenzug waren auch mehrere IB-Autoren auf der 1944 von Hitler und Goebbels erstellten „Gottbegnadeten-Liste“, wie Blunck, von Scholz oder Helene Voigt-Diederichs (IB 491). Zusätzlich waren auf der Sonderliste der „Unersetzlichen Künstler“ mit den sechs wichtigsten deutschen Schriftstellern drei IB-Autoren vertreten: Ina Seidel, die allerdings erst 1958 in der Insel-Bücherei mit einem Gedichtband (IB 668/1) in Erscheinung trat, Gerhart Hauptmann, der in jener Zeit mit Hanneles Himmelfahrt (IB 180/2) in der IB vertreten war und ansonsten von S. Fischer verlegt wurde, und Hans Carossa, ein Hauptautor des Insel Verlags und damals im IB-Programm mit Die Schicksale Doktor Bürgers (IB 334/2) und Gedichte (IB 500).
Auch noch während der ersten Kriegsjahre konnte die Insel-Bücherei trotz vielfältiger Materialprobleme und personeller Einschränkungen im Verlag in einem beachtlichen Umfang fortgeführt werden. Bis 1940 – zu Weihnachten jenes Jahres erschien vor Kriegsende das letzte Gesamtverzeichnis der IB[20] – war bereits die Bandnummer 559 (Max Hirmer: Die schönsten Griechenmünzen Siziliens) erreicht; erst kurz vor Kriegsende war dann noch IB 560 Die Minnesinger (Zweite Folge) fertiggestellt, konnte jedoch erst im Oktober 1945 aufgebunden werden. Bis dahin wurden nur inhaltlich ausgesonderte Titel neu belegt. So erschienen auf alten Nummern Edwin Redslob: Des Jahres Lauf (IB 99/3 – zuvor: Pope’s Lockenraub), Euripides: Elektra (IB 256/2 – zuvor: Niebergall Des Burschen Heimkehr) oder Josef Weisz: Blumen vom Gipfel der Berge (IB 131/2 – zuvor: Verlaine Meine Gefängnisse). Die Neuproduktion war 1944 auf 6 Titel gesunken. In dieser Zeit trat der Insel-Verleger unter dem Anagramm „Benno Papentrigk“ selbst mit einem Titel in der Reihe hervor. 1942 erschienen als IB 219/3 seine Schüttelreime, nachdem der Autor diese zunächst im Privatdruck und dann außerhalb der Reihe im Insel Verlag veröffentlicht hatte.
Insel-Bändchen als Propagandamittel
Nicht wenige Insel-Bücher wurden als Bücherspenden über das von der NS-Propaganda herausgestellte Winterhilfswerk an Bedürftige verteilt, was durch entsprechende Einkleber oder Stempel dokumentiert ist. Für die eigenen Bücherspenden im Rahmen der Winterhilfsspende der Reichsschrifttumskammer druckte der Verlag einen kleinen Einleger mit Verlagssignet. Auch schickten viele Unternehmen sowie Verbände und Vereinigungen, wie bereits im Ersten Weltkrieg praktiziert, an ihre als Soldaten an der Front stehenden Arbeitnehmer bzw. Mitglieder Insel-Bändchen als Geschenk, die mit mehr oder weniger Kriegspropaganda in Form von Stempeln oder Einklebern versehen waren.
Kriegsvernichtete Ausgaben
In den Morgenstunden des 4. Dezember 1943 wurden auch das Verlagshaus des Insel Verlags im Graphischen Viertel und das Gebäude des mit dem Vertrieb des Verlagssortiments beauftragten Kommissionärs C. Fr. Fleischer Opfer des Krieges und bei einem alliierten Luftangriff auf Leipzig völlig zerstört. Dabei gingen neben versandfertigen Nachauflagen auch acht zur Auslieferung an den Buchhandel bereitliegende, in Pappe gebundene IB-Erstauflagen, wie IB 99/3 (Edwin Redslob: Des Jahres Lauf), IB 256/2 (Euripides: Elektra) oder IB 340/2 (Ferdinand Gregorovius: Neapel und Capri), waren, in Flammen auf. Diese konnten zwar alsbald nachgedruckt werden und erschienen dann ab 1944 – allerdings nur noch broschiert – in den Buchläden.
Ein Titel aber – die Gedichte des deutschen Barock, Auswahl und Nachwort von Wolfgang Kayser (IB 313/2) – wurde bislang vom Verlag offiziell nicht wieder aufgelegt, wodurch IB 313/2 ein Desideratum vieler Sammler dieser Reihe ist. Es sollen nur etwa vier Dutzend Exemplare erhalten geblieben sein, weshalb der Band insbesondere journalistisch oft als „Blaue Mauritius der Insel-Bücherei“ bezeichnet wird.[21] Das Gros der noch existierenden Bände wurde von Kippenberg bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin an den Herausgeber, andere Verlagsautoren und -buchkünstler, Freunde des Verlags oder zu Rezensionszwecken versandt. Es sollen aber am Tag vor dem Luftangriff auch noch Bestellungen einiger Leipziger Buchgeschäfte von C. Fr. Fleischer ausgeführt worden sein. Um breiteren Sammlerkreisen wenigstens den Inhalt des Bändchens zu erschließen, wurde der Titel 1989 mit Genehmigung des Frankfurter Verlagshauses (siehe unten) von privater Seite als einmaliger, fotomechanischer Nachdruck im einfarbigen Broschureinband herausgegeben. Das von Constantia Heinichen, einer Absolventin der in Leipzig ansässigen Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, für IB 313/2 entworfene Einbandpapier blieb aber auf diesen Band beschränkt. Es wurde vom Verlag nie wieder zum Einbinden anderer Bände nachgedruckt.
Preisentwicklung
Der durch die 4. Notverordnung vom 8. Dezember 1931 zwangsweise auf 80 Pfennig abgesenkte Ladenpreis der Insel-Bücher blieb mindestens bis in die ersten Kriegsjahre unverändert, wie den einschlägigen Werbematerialien des Verlags zu entnehmen ist. Die während des Zweiten Weltkriegs verkauften Broschuren im Papiereinband kosteten dagegen 60 Pfennig und die ebenfalls broschierten Feldpostausgaben nur 45 Pfennig. Während des Krieges dürfte der Preis der Pappbände aber noch auf 1,25 RM gestiegen sein;[22] dieser war dann in der DDR für das Leipziger Verlagshaus verbindlich. Zur Preisentwicklung von 1933 bis 1945 im Einzelnen vergleiche die oben angegebene Tabelle.
Erteilung der Verlagslizenz
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dem Insel Verlag am 10. Oktober 1945 in der sowjetischen Besatzungszone eine Vertriebsgenehmigung für seine verbliebenen Bestände erteilt. Nun konnten auch wieder Insel-Bücher, bis 1950 allerdings nur Lagerbestände oder Nachdrucke älterer Titel, erscheinen. Es gab auch IB-Titel, die auf der Liste der auszusondernden Literatur standen und nicht mehr vertrieben werden durften, wie Friesennot von Werner Kortwich (IB 430/1). Zur rascheren Befriedigung der Nachfrage nach Literatur und wahrscheinlich auch aufgrund des Materialmangels wurden Teilauflagen von 21 Titeln der Insel-Bücherei in einer kostengünstigen einfarbigen Broschur-Ausstattung ohne Hinweis auf dieselbe gedruckt. Dies gestattete zudem, den von den sowjetischen Behörden verhängten Preisstop für die Insel-Bücherei auf dem vor Kriegsende bestehenden Niveau zu umgehen, indem je nach Umfang ein Preis von 1,50 bis 2,25 RM, zumeist jedoch 1,80 RM, für die in einer Auflage von meist 10 000 Exemplaren gedruckten Broschüren gefordert werden konnte.
Eine erste Produktionslizenz wurde dem Verlag von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) in Berlin-Karlshorst rückwirkend zum 1. April 1946 erteilt. Der reguläre Verlagsbetrieb konnte dann am 25. Februar 1947 nach Erhalt einer endgültigen Verlagslizenz von der SMAD, zunächst mit der Nummer 366, unter großen Schwierigkeiten wieder aufgenommen werden. Bei der Entscheidung zugunsten des Verlages nahmen maßgeblich Einfluss der frühere Autor des Insel Verlags und nunmehriges Mitglied des Zentralkomitees der SED, Johannes R. Becher, und der Leipziger Oberbürgermeister, Erich Zeigner, der damit die – allerdings vergebliche – Hoffnung verband, Kippenberg möge Leipzig als den ständigen Ausstellungsort seiner Goethe-Sammlung bestimmen,[23] die sich über alle Gebiete von Literatur, Kunst und Wissenschaft erstreckte und damals als die bedeutendste Privatsammlung auf diesem Gebiet galt. Nach dem Kompetenzwechsel bei der Kontrolle des DDR-Verlagswesens von der SMAD auf das Amt für Information der DDR Anfang 1950 wurde dann am 26. Oktober 1951 dem Leipziger Verlagsleiter Richard Köhler – Anton Kippenberg war schon am 21. September 1950 in Luzern verstorben – mit der Nummer 351 die bis 1990 im Impressum der Leipziger Insel-Bücher zu findende Lizenznummer erteilt.
Becher selbst war übrigens gleich zu Beginn der neuen Verlagstätigkeit mit dem Sonette-Band Wiedergeburt vertreten, der 1987 als IB 1079/1 noch in die Insel-Bücherei übernommen wurde. Als erste neue IB-Titel erschienen dann 1951 Crisanta von Anna Seghers (IB 99/4), Leb wohl! El Verdugo von Honoré de Balzac (IB 104/3) und Der Mexikaner Felipe Riveras von Jack London (IB 163/2), die an die Stelle anderer Vorkriegsausgaben mit dieser Bandnummer traten.
Ausgabepolitik
Ausgabeschwerpunkte bis 1989
Im Leipziger Verlagshaus bildeten nach dem Zweiten Weltkrieg die Werke von Dichtern und Schriftstellern des deutschen Humanismus, des sog. Sozialistischen Realismus sowie aus der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten den herausgeberischen Schwerpunkt. Unter den sowjetischen Autoren waren auch solche, die zuvor Veröffentlichungsverboten unterlegen hatten oder Verfolgungsmaßnahmen des stalinistischen Machtapparates ausgesetzt waren, wie Andrei Platonow (IB 982: Juligewitter) oder Boris Pilnjak (IB 1043: Eisgang). Bei den DDR-Autoren spannte sich der Bogen von Willi Bredel (IB 834: Pater Brakel), Bodo Uhse (IB 485/2: Der Weg zum Rio Grande), Wieland Herzfelde (IB 599: Das Steinerne Meer; IB 952: Blau und Rot. Gedichte) und Stephan Hermlin (IB 504/2: Balladen; IB 585: Der Leutnant Yorck von Wartenburg) bis hin zu Johannes Bobrowski (IB 996: Gedichte 1952–1965), Günter Kunert (IB 1007/1: Kinobesuch) und Franz Fühmann (IB 989/1: König Ödipus).
Es wurden allerdings auch Lizenzausgaben von Autoren westlicher Länder verlegt, vor allem, wenn deren Werk als fortschrittlich im Sinne der sozialistischen Kultur- und Kunstdoktrin galt, wie dies bei den deutschsprachigen Autoren Ingeborg Bachmann (IB 1037/1: Die Gedichte), Walter Jens (IB 1063: Der Untergang) oder Elias Canetti (IB 1066: Die Stimmen von Marrakesch) der Fall war. Von bedeutenden englischsprachigen Autoren kamen so neben damaligen oder späteren Nobelpreisträgern, wie Ernest Hemingway (IB 902: Die Sturmfluten des Frühlings), T.S. Eliot (IB 1089: Das wüste Land), Harold Pinter (IB 1048: Der stumme Diener) oder Doris Lessing (IB 1039/1: Hunger), beispielsweise auch Gertrude Stein (IB 1069: Picasso. Erinnerungen), James Joyce (IB 1052: Kammermusik. Gesammelte Gedichte), James Baldwin (IB 999/1: Sonnys Blues) oder Truman Capote (IB 1036/1: Baum der Nacht) zu Wort.
Noch bis 1989 verlegte das Leipziger Verlagshaus den seit den 1930er Jahren klassischen Bildband der Reihe, bei dem einem Tafelteil, der in der Regel aus 24 bis 32 Seiten bestand, ein einführender und kommentierender Text gegenübergestellt wurde. Das Spektrum reichte hier von alten Meistern der Malerei (IB 970, Cranach: Zeichnungen) und der Bildhauerei (IB 1055: Meister H.W.) über die klassische Moderne (IB 1025/2, Dix: Graphik) bis zu Gegenwartskünstlern der DDR (IB 765, Albert Ebert. Poesie des Alltags oder IB 1050, Heidi Manthey: Fayencen).
Einer besonderen Pflege erfreute sich in der DDR das illustrierte Insel-Buch. Dies war vor allem dem Engagement des Herstellungsleiters Hans-Joachim Walch – ein Schüler Max Schwimmers – zu verdanken. Er beauftragte vor allem junge Grafiker, häufig Absolventen der auch von ihm besuchten Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. So wurden z. B. als IB-Illustratoren tätig: Egbert Herfurth (IB 581/2, Gotthold Ephraim Lessing: Epigramme), Rolf Felix Müller (IB 672, August Kopisch: Kleine Geister), Karl-Georg Hirsch (IB 859: Stevenson: Der Selbstmörderklub). Aber auch schon etablierte Buchkünstler, wie Werner Klemke (IB 234/C, Stevenson: Villon), Heiner Vogel (IB 290/2C, Alexander Grin: Das Purpursegel. Eine Feerie) oder Imre Reiner (IB 754, Cervantes: Fräulein Cornelia), konnten ihre Künstlerschaft in die Gestaltung der Bändchen einbringen. Schließlich trat Walch auch selbst in der Insel-Bücherei illustratorisch in Erscheinung, z. B. bei IB 729: Kikeriki oder Das Krähen des edlen Hahnes Beneventano von Herman Melville.
Verlagsprogramm 1990
Trotz der mit der deutschen Wiedervereinigung einhergehenden Wechselfälle erwies sich das Verlagsprogramm 1990 der Verlagsgruppe Kiepenheuer, in die das Leipziger Verlagshaus seit 1977 integriert war, bei der Insel-Bücherei als Konstante und wurde weitestgehend umgesetzt. Lediglich der unter der Nummer 1097 in einer Neuübersetzung angekündigte Titel Guillaume Apollinaire: Die kubistischen Maler (Herausgeber: Helmut Melzer) blieb auf der Strecke. Bereits 1989 war nämlich im Luchterhand Literaturverlag eine Neuauflage der Übersetzung Oswalt von Nostitz’ von 1956 erschienen und durch die politischen Umwälzungen in der DDR seit 1989 auch dem dortigen Lesepublikum zugänglich. Für die geplante Neuübersetzung der 1913 erstmals unter dem Titel Les peintres cubistes erschienenen Essay-Sammlung sah der Verlag wohl keine hinreichenden Absatzchancen.
Nach Ankündigung nicht erschienene Leipziger IB
Aufgrund von Verlagsentscheidungen nicht erschienene Titel
Die Verlagsankündigungen zu den Neuerscheinungen waren vor dem Zweiten Weltkrieg äußerst verlässlich, erschienen diese doch zeitnah vor dem Erscheinen der Bändchen. Im Leipziger Verlagshaus wurden nach 1945 Werbemittel nur in einem vergleichsweise beschränkten Umfang eingesetzt und dienten vor allem die von 1951 bis 1977, zumeist im Frühjahr und Herbst, erschienenen Ankündigungen des Insel Verlags als Wegweiser auch für die IB. Dabei wurden einige Titel mehrfach angekündigt, das Erscheinen jedoch immer wieder verschoben, was überwiegend durch planwirtschaftliche Mangelerscheinungen bedingt war.
Andere IB wurden jedoch gar nicht mehr ediert – hier waren in der Regel die Autoren politisch oder auch nur kulturpolitisch nicht mehr opportun: Der Lyriker und Redakteur sowie von 1949 bis 1962 Chefredakteur der Zeitschrift Sinn und Form, Peter Huchel, geriet bereits Mitte der 1950er Jahre zunehmend in Konflikt mit den Kunst- und Kulturdoktrin in der DDR. Sein als IB 654 in den Jahren 1958 und 1959 angekündigter Gedichtband[24][25] erschien dementsprechend nicht; 1961 wurde mit dieser Nummer Balzacs „Das Mädchen mit den Goldaugen“ veröffentlicht. Bereits 1954 waren „Spanische Erzählungen“ von Rudolf Leonhard, dem Schriftsteller und mutmaßlichen Vater von Wolfgang Leonhard, als IB 584 in der Liste der Novitätenvorschau angekündigt – eine Veröffentlichung fand nicht statt.[26] Schließlich kam auch Hans Bethges „Indische Reise“ (IB 632) nicht auf den Ladentisch, trotzdem auch dieses IB 1956 und 1958 angekündigt war.[27][24]
In die Reihe von nicht veröffentlichten IB-Titeln gehören u. a. noch die teilweise ohne IB-Nummer angekündigten Bände von Paul Éluard „Gedichte . Poèmes“, Federico García Lorca „Bernarda Albas Haus“, Bertolt Brecht „Die Dreigroschenoper“, Charles-Louis Philippe „Charles Blanchard“ (IB 635) und Pierre-Jean de Béranger „Chansons“ (IB 673).[27] Hier mögen aber programmtechnische Motive für das Nichterscheinen den Ausschlag gegeben haben, da die Autoren ansonsten im Insel Verlag oder bei anderen DDR-Verlagen verlegt wurden.
Betroffen von Ankündigung und Nichterscheinen waren auch Nachauflagen von Vorkriegstiteln. Klaus Groths Quickborn (IB 451) war 1959 mit Illustrationen von Otto Speckter als IB 671 gelistet,[25] für Storms Novelle „Zur Chronik von Grieshuus“ (IB 211/2) war 1958[24] und für Calderons „Schulze von Zalamea“ (IB 354) 1958 und 1959 das geplante Erscheinen gemeldet.[24][25]
Die vernichtete „Heartfield-Ausgabe“
Ungeachtet der in der DDR gegebenen Materialknappheit, die sich in limitierten Papierzuteilungen an die Verlage und zum Teil qualitativ minderwertigem, stark holzhaltigem Papier widerspiegelte, kam es 1979 zur Einstampfung der Rohbögen einer in 25 000 Exemplaren vollständig ausgedruckten Neuerscheinung – dem als IB 1023/1 vorgesehenen Titel John Heartfield: Fotomontagen aus den Jahren 1924 bis 1944, herausgegeben von Roland März.
Hintergrund der in der Geschichte der Insel-Bücherei wohl beispiellosen Makulierungsaktion waren Beanstandungen der Witwe des Künstlers, Gertrud Heartfield, mit der die für den Band vorgesehene Auswahl der originalen Fotomontagen in Klebetechnik aus dem Nachlass des Künstlers abgestimmt worden war: Die von dem Leipziger Fotografen Wolfgang G. Schröter gefertigten Farbaufnahmen der Fotomontagen wurden nämlich im Verlag dergestalt retuschiert, dass der Werkstattcharakter der geklebten Fotomontagen bei den gedruckten Tafeln vollständig verloren gegangen war. Auch wurden die Tafeln ausschließlich in schwarz/weiß-Technik gedruckt, obwohl mit dem Verlag ein Anteil von Farbtafeln vereinbart worden war.
Ein ursprünglich wohl beabsichtigter, korrigierter Neudruck des Titels kam nicht mehr zustande. Lediglich Rohbögen für Korrekturzwecke mit der Bogensignatur „1023“ blieben erhalten – hier sind bislang die Exemplare des Herausgebers Roland März und von Gertrud Heartfield (mit Randglossen) bekannt –, und es wurden verlagsseitig Einzelstücke als Belegexemplare mit dem für diese Ausgabe vorgesehenen orangefarbenen, mit einem diagonalen Buchstabenrapport „H-H-H-…“, der Initiale des Künstlers, bedruckten Musterpapier aufgebunden.[28] Die Reste des Musterpapiers fanden noch bei ganz kleinen Binderaten von 3 anderen Titeln der Reihe Verwendung, allerdings kopfstehend aus Respekt vor dem Künstler. Die Bandnummer wurde dann erst 1982 mit Isaac Bashevis Singers Der Spinoza von der Marktstraße endgültig neu belegt.[29]
Ladenpreise im DDR-Buchhandel
Bandtyp | Konstanter Ladenpreis | Herstellungs- kosten 1978 | Herstellungs- kosten 1982 | Herstellungs- kosten 1985 |
---|---|---|---|---|
Textband | 1,25 | 2,10 | 2,60 | 3,20 |
Doppelter Textband | 2,50 | 3,- | 3,70 | 4,20 |
Bildband | 1,25 | 3,90 | 4,75 | 5,45 |
Der Verkaufspreis der DDR-Bände betrug nur 1,25 Mark und dann später auch 2,50 Mark für Titel größeren Umfangs (sog. Doppelbände), die erstmals im Verlagsverzeichnis für 1962 mit „2,50 DM“ aufgeführt sind. Deshalb erfreute sich die Insel-Bücherei in der DDR eines regen Absatzes und war trotz Erstauflagen von in der Regel 10–20 000 Textbänden und 20–30 000 Bildbänden stets rasch vergriffen. Die Kehrseite des niedrigen Preises, der noch aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges herrührte und an dem in der DDR aufgrund der staatlichen Preisbindung trotz begründeter Änderungswünsche des Verlages gegenüber dem zuständigen Amt für Preise festgehalten wurde, war ein programmierter Verlust des Verlages bei fast jeder Ausgabe der Insel-Bücherei.
Allenfalls bei den auf dem Rückenschild mit einem „D“ gekennzeichneten Doppelbänden konnten bis 1978 wenigstens die Gestehungskosten erlöst werden. Für alle übrigen Insel-Bände wurden die Gewinne aus den Verkäufen der sonstigen Buchausgaben des Verlags als Subvention herangezogen. Dabei mussten pro Bildband zwischen 1,95 Mark (1978) und 4,20 Mark (1985) sowie für einen einfachen Textband 0,85 Mark (1978) und 2,65 Mark (1985) aufgewandt werden. Selbst der Doppelband kostete nach der 2. Industriepreisreform in der DDR 1985 in der Herstellung 4,75 Mark, also fast doppelt so viel wie sein Ladenpreis.[30] Erst in der Endphase der DDR, vor Beginn der Leipziger Frühjahrsmesse im März 1990, kündigte das Leipziger Verlagshaus eine Anpassung der Bandpreise an. Danach sollten ab 1. September 1990 einfache Bände 5,-, dicke Bände (Doppelbände) 7,- und Bildbände 8,- Mark auch unter Hinweis auf die im modernen Antiquariat des DDR-Buchhandels bereits geforderten Preise kosten, die über dem ursprünglichen Ladenpreis lagen.[31] Aufgrund der Politik der Wiedervereinigung, die die am 18. März 1990 gewählte DDR-Regierung verkündete, kam die geänderte Preispolitik nicht mehr zum Tragen. Die noch ausstehenden Bände des Leipziger Programms von 1990 wurden dann zu den beim Insel Verlag Frankfurt/Main für die Insel-Bücherei gängigen Preisen vertrieben.
1975, ab IB 1002/1 (Ibsen: Die Wildente), wurde der Ladenpreis als „EVP“ in „M“ ins Impressum aufgenommen. Die Preisangabe wurde kurz danach mit IB 1007/1 (Kunert: Kinobesuch) um den Hinweis „DDR“ ergänzt, da der im Buch eingedruckte Preis beim Verkauf außerhalb der DDR nicht galt; teilweise wurde die Angabe „EVP“ auch weggelassen. Die Preisangabe wurde 1984, beginnend mit IB 1060 (Rubens: Zeichnungen), auf einen rein numerischen Eindruck „00125“ oder „00250“ für Doppelbände, also ohne Landes- und Währungsangabe, entsprechend der allgemein im DDR-Buchhandel eingeführten Praxis reduziert. Diese dauerte bei der Insel-Bücherei nur bis 1988; erstmals wies IB 1082 (Rühmkorf: Kleine Fleckenkunde) keinen Preiseindruck mehr auf.
Export der Reihe
Die Reihe wurde in viele Mitgliedsstaaten des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe zu DDR-Inlandspreisen geliefert. Aufgrund der Sprachbarriere waren die Stückzahlen aber nur gering. Zusätzlich wurde die IB über die Kultur- und Informationszentren der DDR im Ausland vertrieben, dessen erstes 1956 in Prag eröffnet wurde, gefolgt von Warschau 1957 und weiteren Ostblock-Hauptstädten.[32] Diese wurden zum größten Teil von DDR-Touristen, Dienstreisenden aus der DDR oder DDR-Auslandsstudenten erworben, wodurch sie letztendlich wieder in die DDR zurück gelangten. Häufig tragen die Bändchen eingestempelte Preisangaben in der jeweiligen Fremdwährung.
Eine nennenswerte Ausfuhr in das so genannte nichtsozialistischen Währungsgebietes (NSW) zur Devisenerwirtschaftung gab es nur in die Bundesrepublik, um dort die Sammler der Reihe und andere Literaturinteressierte zu bedienen. Diese exportierten Insel-Bücher waren deutlich teurer als in der DDR. Dies schlug sich auch in 2 Varianten der Jahres- und Halbjahresprogramme des Insel Verlags nieder: Während die für den heimischen Markt bestimmten Broschüren die seit 1945 unveränderten IB–Preise enthielten, wiesen die nicht selten auf deutlich besserem Papier gedruckten Auslandsausgaben die Exportpreise aus. So war in diesen bereits 1964 für IB angegeben: „Textbände DM 3.-, einfarbige Bild- und Notenbände DM 3.80, mehrfarbige Bild- und Doppelbände DM 4.50“[33], also genauso viel wie die Frankfurter Ausgaben. Diese Preisangaben finden sich mitunter in den Leipziger Verlagsverzeichnissen noch bis in die 1980er Jahre[34], obwohl die bundesdeutschen Preise inzwischen schon merklich gestiegen waren.
In den 1980er Jahren erhielten die Exporttitel teilweise eine Folienverschweißung, um die empfindlichen Bändchen vor Transportschäden zu schützen. Diese Ausgaben waren auch noch einige Zeit nach der Wiedervereinigung in Buchläden auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik zu finden.
Gründung der Zweigstelle Wiesbaden
Noch im April 1945 gründete Anton Kippenberg in Wiesbaden eine Zweigstelle des Insel-Verlages, in der auch die Insel-Bücherei wieder eine dominierende Rolle spielen sollte. Die Verlagslizenz mit der Nummer 13, die sich im Impressum der damaligen Verlagsproduktion findet, erhielt Friedrich Michael am 12. September 1945 von den amerikanischen Besatzungstruppen.[35] Obwohl die Wiesbadener Zweigstelle bei der Ausstattung der Bändchen zunächst Abstriche machen musste – bis 1950 gab es nur Broschuren –, konnten bereits 1946 mit Jacob Burckhardt: Briefe (IB 331/2) und 1947 mit Molière: Tartuffe (IB 76/2) zwei Neuerscheinungen an den Buchhandel ausgeliefert werden. 1948 gab es allerdings wie in Leipzig nur Nachdrucke älterer Titel. Nach dem Tod Kippenbergs 1950 wurde sein langjähriger Mitarbeiter Gotthard de Beauclair zunächst Künstlerischer Leiter, dann Verlagsleiter des Hauses (1951–1962). Der Verlagssitz wurde am 5. Oktober 1960 nach Frankfurt am Main verlegt. Bereits am 30. April desselben Jahres hatten die Gesellschafter die handelsrechtliche Verselbständigung des westdeutschen Verlagshauses beschlossen, wodurch nun der Leipziger Teil eine „Zweigstelle“ Wiesbadens und dann Frankfurts geworden war.
Ausgabeschwerpunkte
In der Bundesrepublik fühlte sich der Insel Verlag in den 1950er und 1960er Jahre einerseits den im nationalsozialistischen Deutschland verfemten Künstlern und Schriftstellern, hier insbesondere auch denen des deutschen Expressionismus, wie Ernst Ludwig Kirchner: Im Tanzcafé (IB 770), Franz Marc: Tierstudien (IB 567/1) oder den Maler(n) der Brücke. Farbige Kartengrüße von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff an Rosa Schapire (IB 678/1), und andererseits modernen Autoren aus Westeuropa und Amerika verbunden. So konnten nun in der Insel-Bücherei auch Werke von Oskar Loerke (IB 733: Das alte Wagnis des Gedichts), Sigmund Freud (IB 817: Der Moses des Michelangelo), Franz Kafka (IB 662/1: Die Verwandlung), Carl Einstein (IB 801: Bebuquin) oder Karl Kraus (IB 688/1: Die Sprache) erscheinen. Thomas Mann (IB 637/1: Die Meerfahrt; IB 815: Pariser Rechenschaft) und Stefan Zweig (IB 165/2: Sternstunden; IB 349/1: Die Augen des ewigen Bruders) wurden erneut ins Reihenprogramm genommen.
In der Verlagszeitschrift Inselschiff 1/1966 kündigte der Verlag für 1966 als IB 883 sogar einen Titel Karl Marx: Über Zeitgenossen an, der von Claus Behnke herausgegeben werden sollte. An seiner Stelle erschienen jedoch erst 1968 Artmanns Übertragungen von Gedichten François Villons in Wiener Mundart Baladn.
Zu den zeitgenössischen Vertretern deutschsprachiger Lyrik oder Prosa gehörten u. a. Heinrich Böll (IB 647/1: Im Tal der donnernden Hufe; IB 768: Als der Krieg ausbrach), Peter Gan (Richard Moering) (IB 628/1: Preis der Dinge), Robert Minder (IB 771: Kultur und Literatur in Deutschland und Frankreich), Rudolf Hagelstange (IB 687/1: Ballade vom verschütteten Leben), Ina Seidel (IB 668/1: Gedichte), Gertrud von le Fort (IB 615/1: Die Consolata; 657/1: Plus ultra), Reinhold Schneider (IB 741: Las Casas vor Karl V.), Günter Eich (IB 667/1: Allah hat hundert Namen) oder Arno Schmidt (IB 818: Die Umsiedler). Mit Gedichtübertragungen von Shakespeare (IB 898: Einundzwanzig Sonette) und Jules Supervielle (IB 932: Gedichte) war auch der aus der Bukowina stammende Paul Celan in die Reihe aufgenommen worden. Erstaunlicherweise kam auch Ernst Bertram, dem 1946 wegen seiner Haltung in der Zeit des Nationalsozialismus die Lehrbefugnis entzogen worden war, wieder zu Wort mit IB 154/2: Gedichte und Sprüche und mit mehreren Titeln als Herausgeber (z. B. IB 235/D: Lenau, IB 579/1: Jean Paul).
Mit der von 1908/09 stammenden Komposition Fünfzehn Gedichte aus „Das Buch der hängenden Gärten“ von Stefan George war dann sogar ein Vertreter der Zwölftonmusik, Arnold Schönberg (IB 683/1), in der Insel-Bücherei vertreten, in der dem Reihencharakter entsprechend Notenliteratur nur sehr selten ediert wurde.
Unter den fremdsprachigen Autoren können beispielhaft angeführt werden: Virginia Woolf (IB 714: Die Dame im Spiegel), Lewis Carroll (IB 896: Alice im Wunderland; IB 934: Die Jagd nach dem Schnark), Paul Valéry (IB 642/1: Die Krise des Geistes; IB 808: Die junge Parze), Jorge Luis Borges (IB 822: Der Zahir und andere Erzählungen) oder die Literatur-Nobelpreisträger Tibor Déry (IB 677/1: Der Riese), Miguel Asturias (IB 704: Legenden aus Guatemala), T. S. Eliot (IB 661/1: Das wüste Land) und Albert Camus (IB 686/1: Jonas oder der Künstler bei der Arbeit).
Laufende Neuauflagen erlebten ältere Erfolgstitel. Dazu gehören z. B. Gedichte von Rainer Maria Rilke (IB 400 und 480), Der Opfergang von Rudolf G. Binding (IB 23), Das Marionettentheater von Heinrich von Kleist (IB 481) oder Von dem Fischer un syner Fru, ein Märchen nach Runge mit Bildern von Marcus Behmer (IB 315), das später mit einer Nacherzählung von Uwe Johnson ergänzt wurde.
Übernahme und Ausgliederung von Titeln
Ursprünglich nicht für die IB vorgesehene Insel-Verlagsausgaben, weil diese von der Ausstattung oder dem Umfang her für den gebundenen Ladenpreis zunächst zu teuer waren (IB 1027/2 – Deutsche Weihnachtslieder mit Noten und Bildern [1981 in der IB; bereits 1937 außerhalb der Reihe erschienen]) wurden mit Folgeauflagen zur längerfristigen Einordnung in die Reihe übernommen, nachdem die Kalkulation der bis 2001 auf 24 DM angestiegenen Verkaufspreise der Bändchen dies zuließ. Die Reihenübernahme traf daneben zur Absatzbelebung auch auf unverkaufte Restbestände von Titeln zu, die aus verlegerischen Erwägungen zunächst nicht in der Insel-Bücherei erscheinen sollten (IB 292/2 – Christopher Marlowe: Die tragische Historie vom Doktor Faustus [1953 in der IB; bereits 1949 außerhalb der Reihe]). Ebenso wurden mitunter Restbestände von Teilauflagen ursprünglicher Reihentitel, die zeitweise außerhalb der Reihe in einer einfacheren Ausstattung erschienen waren, mit den typischen Reihenmerkmalen – Pappband mit Titel- und Rückenschild – aufgebunden.
Umgekehrt kam es im Zuge der Absatzschwierigkeiten der Reihe in den 1970er und 1980er Jahren zur entgegengesetzten Tendenz, d. h. einer Ausgliederung vieler Titel der Reihe, die dann als broschiertes Insel-Taschenbuch (it) – häufig in erweitertem Umfang und mit einem günstigeren Ladenpreis – weiter erschienen, wie IB 891 – Irische Elfenmärchen (1966 in der IB, ab 1987: it 988) oder IB 1077/2 – Eliza Orzeszkowa: Blumenhochzeit (1977 in der IB, ab 2000: it 2397).
Ladenpreise
Beim Reihenbeginn 1912 kostete ein Insel-Buch 0,50 Mark. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 hatte sich der Bandpreis mit 1,25 RM etwas mehr als verdoppelt, war also relativ konstant geblieben. Die für das Leipziger Verlagshaus unter planwirtschaftlichen Maximen gegebene Preiskonstanz konnte unter marktwirtschaftlichen Bedingungen in der Bundesrepublik beim Wiesbaden/Frankfurter Verlagshaus naturgemäß keine Parallele finden. Nachdem die vorgenannten ersten Nachkriegsneuheiten (IB 331/2 und 76/2) ab der Währungsreform 1948 und auch die nächste, 1949 erschienene Novität, IB 218/2, Molière: Menschenfeind, als kartonierte Broschurbindungen bis 1950 nur 1,- DM kosteten, stiegen die Bandpreise danach kontinuierlich an. Dies lässt sich fast lückenlos bis zur Gegenwart anhand der vom Insel Verlag erstellten Werbematerialien und Gesamtverzeichnisse ablesen. Vor allem in letzteren wurden die angekündigten Neuheiten mit ihrem Ladenpreis aufgeführt, wohingegen die Bücher selbst zu keiner Zeit einen Preisvermerk trugen, sieht man einmal von den in jüngerer Zeit verlagsseitig auf die Bandrückseite geklebten, abziehbaren Preiszettelchen mit Barcode und den zu Werbezwecken auf den Vorderdeckeln der preisreduzierten Sonderauflagen angebrachten Preisaufklebern ab.[36]
Die Broschuren kosteten schon 1951 1,20 DM. Die ersten Nachkriegspappbände im Folgejahr einheitlich 2,- DM. Zu Weihnachten 1954 wurden Bände mit Farbtafeln für 3,- DM und ab 1955 Titel mit schwarz-weiß Tafeln für 2,50 DM angeboten. Die weitere Preisanhebung verlief entsprechend der allgemeinen Preisentwicklung in den Wirtschaftswunderjahren der 1950er und 1960er Jahre noch recht moderat. Danach erfuhr sie eine spürbare Beschleunigung. Deutlich nivelliert wurden in diesem Zuge aber die Unterschiede bei der Preisgestaltung im Hinblick auf die Ausstattung der Bändchen. Wurde abweichend von der bis 1945 einheitlichen Preisfestlegung für alle Reihenbände der Verkaufspreis in der Bundesrepublik ab 1955 daran festgemacht, ob es sich um einen bloßen Textband, einen solchen mit Illustrationen, einen Bildband oder gar einen farbigen Bildband handelte, wurde diese Unterscheidung seit Mitte der 1960er Jahre nicht mehr gemacht, zumal der klassische Bildband weitestgehend verschwunden war. Entsprechend der fortgeschrittenen Drucktechnik wurden nun auch farbige Illustrationen direkt in den Text gesetzt. Es kam nunmehr vor allem auf den Bandumfang an, was zu Preisspannen bei gleicher Ausstattung führte. So kosteten 1966 die neuen Textbände Gedichte des Archipoeta (IB 887) und Edwin Fischers Klaviersonaten (IB 857) ebenso 4,50 DM wie die 24 farbige Tafeln enthaltende Maya-Handschrift (IB 462/2). Dagegen waren Brechts Liebesgedichte (IB 852) und Diderots Mystifikationen mit Picasso-Zeichnungen (IB 885) für nur 3,- DM zu haben.
Geht man von den ersten Pappbänden 1952 mit 2,- DM aus, hatte sich der Ladenpreis bis 1971 vervierfacht. Zur Wiedervereinigung 1990 lag er bei 18,- DM, um bis zur Euro-Einführung 2002 die Marke von 24,80 DM zu passieren, was umgerechnet rund 12,80 € entsprach. Bis zum Reihenjubiläum 2012 waren 13,95 € (27,30 DM) erreicht, was einem in jenem Jahrzehnt recht moderaten Preiswachstum von knapp 10 % entsprach. 2013 kosten die teuersten Bändchen allerdings schon 14,95 € (29,25 DM), der Ladenpreis verharrt aber bis zum aktuellen Jahrgang (2023) auf diesem Niveau. Die Lederausgaben, die von 1992 bis 2021 wieder grundsätzlich jährlich erschienen waren, hatten sich dagegen von umgerechnet 50,10 € (98 DM) auf 78 € (153 DM) im Jahr 2013 – so zuletzt auch 2021 – merklich verteuert. Zur Entwicklung der Ladenpreise der Insel-Bücherei im Einzelnen vergleiche die unten angegebene Tabelle.[37] Insgesamt haben sich die Preise der Insel-Bücherei seit 1952 verfünfzehnfacht, wenngleich dabei unbedingt berücksichtigt werden muss, dass die Ausstattung der Reihenbände ein völlig neues Niveau erklommen hat. Trotz insgesamt gestiegener Einkommen dürften die aktuellen Ladenpreise der Einschätzung des Essayisten Josef Hofmillers nach dem Erscheinen der ersten 50 Bände, wonach er sich die Liebhaber der Reihe u. a. denkt als „junge Leute, deren Börse kleiner ist, als ihr Hunger nach geistiger Kost“,[38] nicht mehr so ganz gerecht werden. Gleichwohl haben sie, soweit ersichtlich, der in jüngster Zeit wieder deutlich gestiegenen Nachfrage nach den Reihenbändchen bislang keinen Abbruch getan.