Nagasaki bugyō (jap.長崎奉行) war die Amtsbezeichnung für hohe Amtsträger während der Herrschaft der Tokugawa im Japan der Edo-Zeit, die die Hafenstadt Nagasaki verwalteten. Derartige Posten gab es auch in anderen bedeutenden Städten und werden kollektiv ongoku bugyō (遠国奉行 „Verwalter für die/in den entfernten Provinzen“) genannt.
In westlichen Beschreibungen werden sie Gouverneure, Magistrate oder Kommissare genannt.
Im Zuge der Neuordnung der Beziehungen zum Ausland wurde der Zugang zum japanischen Archipel von der Tokugawa-Regierung (Bakufu) in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf „Vier Pforten“ (yotsu no kuchi四つの口) reduziert.[1] Eine davon war das Hafenstädtchen Nagasaki, dem einzigen Anlaufhafen für chinesische Kauffahrteischiffe und die Schiffe der Niederländischen Ostindien-Kompanie.[2] Wegen ihrer Bedeutung wurde die Stadt direkt der Regierung unterstellt und durch Gouverneure verwaltet. Gewöhnlich ernannte man zwei Gouverneure. Während der eine in Nagasaki amtierte, hielt sich der zweite in Edo, dem Sitz des Shōgun auf. Nach einem Jahr wechselten sie ihren Amtssitz. Hierdurch sollte eine mögliche Verfilzung mit der lokalen Gesellschaft Nagasakis vermieden und eine wechselseitige Kontrolle der Amtsführung ermöglicht werden. Gelegentlich gab es auch drei Nagasaki-Gouverneure.
Ihre wichtigste Aufgabe war neben der Verwaltung der Stadt und Aufsicht über die Bevölkerung die Überwachung der einlaufenden Schiffe und des Handels, der in der niederländischen Handelsniederlassung Dejima lebenden Europäer wie auch die im Chinesenquartier (Tōjinyashiki唐人屋敷) untergebrachten Chinesen, des Weiteren das Sammeln von Nachrichten zur Lage und Entwicklung im ostasiatischen Raum wie auch in Europa und nicht zuletzt die Erkundung wissenschaftlich-technologischer Entwicklungen. Die Reisen des Leiters der niederländischen Faktorei nach Edo (Hofreise) wurden von Beamten des Gouvernements beaufsichtigt und geleitet. Der Gouverneur hatte auch die Gerichtsbarkeit über die Einheimischen und (in Abstimmung mit der Zentralregierung) die Fremden inne. Die Besatzung von Schiffen, die durch Stürme im Raum Kyushu strandeten, meist Koreaner, wurden nach Verhören durch den Gouverneur gewöhnlich über Tsushima nach Korea gebracht.
Das Amt galt als Sprungbrett für höhere Aufgaben. Einige Gouverneure stiegen später bis in die Reichsspitze auf. Das offizielle jährliche Einkommen an Reis von 1000 Koku wurde von den Nebeneinkünften bei Weitem übertroffen. So konnten Gouverneure unter dem Vorwand der Warenuntersuchung (o-shirabemono御調物) abgabenfrei Ex- und Importgüter einkaufen und mit großem Gewinn in Kyōto und Osaka absetzen. Am 1. Tag des 8. Monats (hassaku八朔) gab es finanzielle Dankesbezeugungen (hassaku-gin八朔銀) durch die lokalen Händler, Beamten usw. Dazu kamen Geschenke der Ostindien-Kompanie, der chinesischen Kaufleute wie auch von Regionalherrschern, die in den Handel vor Ort involviert waren. Das Amt war daher hochbegehrt. Manche Aspiranten setzten in Edo enorme Summen an Bestechungsgeldern ein, die aber nach der Einstellung in kurzer Zeit wieder eingenommen wurden.
So wundert es nicht, dass die offiziellen Ex- und Importverbote wie auch das Verbot privater Kleingeschäfte und der Weitergabe bestimmter Objekte von vielen Gouverneuren nicht allzu eifrig durchgesetzt wurden. Schon Engelbert Kaempfer hatte keinerlei Mühe, seine Karten, Stadtpläne und andere Objekte aus dem Lande zu bringen. Aktiv wurden die Behörden nur dann, wenn man nicht wegschauen konnte. So z.B. beim berühmten „Siebold-Zwischenfall“ (auch „Siebold-Affäre“ genannt) im Jahre 1828, als ein Taifun das Schiff kurz vor dem Auslaufen auf den Strand trieb und entladen werden musste. Dabei ließ sich die von dem Arzt und Japanforscher Philipp Franz von Siebold an Bord versteckte gewaltige Sammlung nicht ignorieren.
Das Schlagwort „Landesabschluss“ (sakoku鎖国), das lange die Geschichtsschreibung beherrschte, wird heute von Fachhistorikern nicht mehr verwendet, weil es eine hermetische Abriegelung suggeriert, die es in der Praxis nie gab.
Zuständig für die Verhandlungen mit dem Admiral Jewfimi Wassiljewitsch Putjatin zur Regelung der diplomatischen und kommerziellen Beziehungen zum Russischen Reich.
Toyama, Mikio: Nagasaki bugyō: Edo bakufu no mimi to me (Nagasaki Gouverneure – Ohren und Augen des Edo-Shōgunats). Tokyo: Chūō Kōronsha, 1988 ISBN 978-4-12-100905-0
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