Niederlande
eines der vier autonomen Länder des Königreiches der Niederlande / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Liebe Wikiwand-AI, fassen wir uns kurz, indem wir einfach diese Schlüsselfragen beantworten:
Können Sie die wichtigsten Fakten und Statistiken dazu auflisten Niederlande?
Fass diesen Artikel für einen 10-Jährigen zusammen
Die Niederlande (niederländisch Nederland und friesisch Nederlân, Singular, informell Holland) sind eines der vier autonomen Länder des Königreiches der Niederlande. Das größtenteils im nördlichen Westeuropa liegende Land wird dort durch die Nordsee im Norden und Westen, Belgien im Süden und Deutschland im Osten begrenzt. Der europäische Landesteil Niederlande umfasst 41.543 Quadratkilometer und zählt 17.947.684 Einwohner (1. Januar 2024). Die Hauptstadt der Niederlande ist Amsterdam, der Regierungs- und Parlamentssitz ist Den Haag. Die offizielle Landesfarbe ist Orange (Oranje).[6][7]
Zu dem Gebiet der Niederlande gehören, neben den zwölf Provinzen des europäischen Teils, die Karibikinseln Bonaire, Sint Eustatius und Saba (einschließlich ihrer jeweiligen Nebeninseln), die Besondere Gemeinden des Landes sind. Weitere niederländische karibische Gebiete sind kein Teil des Landes Niederlande, sondern autonome Länder im Königreich der Niederlande. Dies sind die Länder Aruba, Curaçao und Sint Maarten.
Nach Zugehörigkeit zum Mittelreich, Ostfrankenreich und zum Heiligen Römischen Reich gilt das Jahr 1581 mit dem Plakkaat van Verlatinghe als Geburtsstunde der Vereinigten Niederlande, die 1648 mit dem Frieden von Münster endgültig anerkannt wurden. Die Niederlande wurden zu einer Handels-, Kolonial- und Seegroßmacht. Das 17. Jahrhundert wird als Goldenes Zeitalter beschrieben. Die Verfassung der Niederlande geht auf die Zeit des Wiener Kongresses 1814/1815 zurück.
Zusammen mit Belgien und Luxemburg bilden die Niederlande die Benelux-Union. Die Niederlande sind Gründungsmitglied der Montanunion von 1951, aus der sich mehrere Nachfolger und 1992 die Europäische Union (EU) entwickelten.
Der offizielle Name des Landes heißt auf Niederländisch Nederland. Das ist auch der Name, der in der Umgangssprache für Niederländer selbstverständlich ist. Im Deutschen hingegen heißt das Land Niederlande (Plural); in der deutschen Umgangssprache wird oft – fälschlicherweise – von „Holland“ gesprochen. Der Name Holland bezieht sich auf eine frühere Grafschaft im Westen der Niederlande.[8] 1815 wurde das Königreich der Niederlande gegründet. Holland war zunächst eine Provinz, bis es 1840 in die Provinzen Noord-Holland (Hauptstadt Haarlem) und Zuid-Holland (Hauptstadt Den Haag) aufgeteilt wurde.[9]
Im Niederländischen ist der Ausdruck Holland oder holländisch durchaus üblich, wenn dies ironisch oder zur Betonung niederländischer Volksart gemeint ist. Auch beim Fußball lautet die Selbstbezeichnung Holland, zum Beispiel im Schlachtruf Hup Holland Hup. Für den Tourismus in den Niederlanden wird meist das international bekanntere Holland in der Vermarktung auf Englisch, Deutsch und in anderen Sprachen genutzt. Der Internetauftritt der Tourismus-Branche ist daher unter holland.com erreichbar.
Im Jahr 2019 haben Regierung und Wirtschaft beschlossen, dass das Land sich als Niederlande präsentieren soll. Es wird befürchtet, dass der Ausdruck Holland mit Klischees wie Tulpen und Windmühlen verbunden wird, während das Land sich lieber als modern und weltoffen sieht. Zudem wird beabsichtigt, die Besucherströme in die übrigen Gegenden abzuleiten und damit die Hauptstadt Amsterdam zu entlasten.[10]
Der Landesname Niederlande (im Plural) ergibt sich aus der Geschichte der Niederlande. Die Niederlande waren am Ende des Mittelalters ein Teil des Herrschaftsgebietes des Hauses Burgund. Deren Ländereien gliederten sich im 15. Jahrhundert unter Karl dem Kühnen in die oberen Lande (das Herzogtum sowie die Freigrafschaft Burgund und Nebenländer) und die niederen Lande (Flandern, Artois mit einem Teil der Picardie, Brabant, Holland, Luxemburg u. a. m.).[11] 1482 gelangte das burgundische Erbe an das Haus Habsburg. Dessen Erblande gliederten sich seinerzeit in Nieder-, Inner- und Oberösterreich (um Wien, Graz bzw. Innsbruck), die Küstenlande (an der Adria) und Vorderösterreich (in Schwaben). So ergab sich einigermaßen konsequent die Bezeichnung (burgundische oder habsburgische) Niederlande (zunächst Spanische Niederlande, seit 1714 Österreichische Niederlande). Das burgundische Oberland – das Herzogtum um Dijon, das schon immer außerhalb der Reichsgrenzen gelegen hatte, also die frühere gleichnamige Region – ging 1493 an Frankreich verloren, ebenso 1678 die Freigrafschaft um Besançon, die heutige Franche-Comté.
Im Niederländischen sagt man zu den historischen Regionen auch de Lage Landen, also die tief oder niedrig liegenden Länder, da es in den Niederlanden kein Gebirge und nur wenige Erhöhungen gibt. Die nordniederländischen Provinzen der Utrechter Union (Holland, Zeeland, Utrecht, Gelderland, Overijssel, Groningen und Fryslân) erklärten sich am 26. Juli 1581 unabhängig vom Landesherrn Philipp II. von Spanien. Im Frieden von Münster im Rahmen der Westfälischen Friedensverhandlungen 1648 erreichte es die Unabhängigkeit von Spanien und verstand sich endgültig als separat vom Heiligen Römischen Reich, das Gebiet entsprach in etwa den späteren Niederlanden. Der südliche Teil des Gebietes, inklusive Flandern, verblieb hingegen beim Reich; später entstand daraus der Staat Belgien. Man sprach dann von den nördlichen und den südlichen Niederlanden.[12]
Der Wiener Kongress vereinigte Norden und Süden als unabhängiges Königreich der Vereinigten Niederlande noch einmal für kurze Zeit. Jedoch schon 1830 erklärten sich die südlichen Niederlande unter der Bezeichnung Belgien für unabhängig. Belgica ist der Name einer alten römischen Provinz; seit der Renaissance wurde der Ausdruck als lateinischer Name der Niederlande, auch für deren nördliche Provinzen, verwendet.[12]
Im Mittelniederländischen bezeichneten die Adjektive dietsc (entsprechend dem deutschen deutsch) die niederländische Sprache. Daraus entstand die englische Bezeichnung Dutch.
Batavia ist ein früherer lateinischer Name für die heutigen Niederlande und bezieht sich auf den beim Rheindelta siedelnden germanischen Stamm der Bataver. Die Niederländer nannten die heutige Hauptstadt Indonesiens, Jakarta, während ihrer Kolonialzeit ebenfalls Batavia.
Landschaft und Klima
Ungefähr die Hälfte des Landes liegt weniger als einen Meter über, rund ein Viertel des Landes unterhalb des Meeresspiegels (gemessen bei Amsterdam; siehe Bild rechts). Die flachen Gebiete werden in der Regel durch Deiche vor Sturmfluten geschützt, die insgesamt eine Länge von etwa 3.000 km haben. Der höchste Punkt der Niederlande ist mit 877 Metern der Mount Scenery auf der Karibikinsel Saba. Der höchste Punkt des Festlandes, der Vaalserberg im äußersten Süden, in der Provinz Limburg im Dreiländereck zu Deutschland und Belgien, befindet sich 322,5 m über dem Amsterdamer Pegel.
Teile der Niederlande, zum Beispiel fast die gesamte Provinz Flevoland, wurden durch Landgewinnung dem Meer abgewonnen. Sie werden als Polder (an der deutschen Nordseeküste Koog oder Groden) bezeichnet. Das größte Projekt der Landgewinnung ist mit den Zuiderzeewerken verbunden. Im Jahr 1932 wurde der 29 km lange Abschlussdeich fertig, der die Meeresbucht Zuiderzee von der Nordsee abgetrennt hat. Auf dem Gebiet der ehemaligen Meeresbucht entstanden mehrere Süßwasserseen, von denen das IJsselmeer den größten Teil ausmacht. Von den angelegten Poldern ist der Flevopolder am größten. Er ist (je nach Berechnungsweise) die größte künstliche Insel der Welt.
Die wichtigsten Flüsse der Niederlande (de grote rivieren – ‚die großen Flüsse‘) sind Rhein, Maas und Schelde. Sie teilen das Land in einen Norden und einen Süden. Der Rheinstrom kommt aus Nordrhein-Westfalen (Deutschland) und ist für ein kurzes Stück Grenzfluss. Schon bald verzweigt er sich, auch dank Kanälen, die man zur besseren Verteilung der Wassermassen gegraben hat. Die Verzweigungen des Rheins verbinden sich schließlich mit der Maas, die von Belgien her kommt. Nur streckenweise heißen die Flüsse noch Rhein bzw. Nederrijn oder Oude Rijn. Die Flüsse prägen den Westen der Niederlande, das Rhein-Maas-Delta. Ein wichtiger Arm fließt durch Rotterdam und dann bei Hoek van Holland in die Nordsee; weitere Arme verbinden die Flüsse mit Amsterdam und dem IJsselmeer. In der Westerschelde, dem Ästuar der Schelde, verläuft ein Teil der Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden.
Die Hauptwindrichtung ist Südwest, daraus resultiert ein gemäßigtes maritimes Klima mit kühlen Sommern und milden Wintern. Besonders im Westen des Landes, an der Nordseeküste, ist das Klima stärker atlantisch geprägt (milde Winter, kühle Sommer). Nach Osten hin nimmt der atlantische Einfluss etwas ab, sodass man in der Nähe der Grenze zu Deutschland schon eher von subatlantischem Klima sprechen kann mit etwas kälteren Wintern (mild bis mäßig-kalt) und leicht wärmeren Sommern.
Natursehenswürdigkeiten
- De Hollandse Biesbosch, eine Fluss- und Sumpflandschaft
- Nationalpark Weerribben-Wieden
- Die Nationalparks De Hoge Veluwe und Veluwezoom in der Veluwe
- Die Naturschutzgebiete auf Texel
- Oostvaardersplassen, ein Naturentwicklungsgebiet, das heute die größten Wildtierherden Europas beherbergt
- Reeuwijkse Plassen bei Gouda
- Nieuwkoopse Plassen
- Schiermonnikoog
- Die Deltawerke: Schutzwehre gegen Sturmfluten, gebaut nach der Sturmflut von 1953
- Der Nationalpark De Meinweg bei Roermond in der Provinz Limburg
Städte
Im Jahr 2021 lebten 93 Prozent der Einwohner der Niederlande in Städten.[13]
Stadt | Einwohner Stadt 1. Januar 2024[14] |
Einwohner Großraum 2020[15] |
|||
---|---|---|---|---|---|
01 | Amsterdam | 934.927 | ~1.009.000 | ||
02 | Rotterdam | 671.125 | ~1.242.000 | ||
03 | Den Haag | 565.701 | ~780.000 | ||
04 | Utrecht | 374.411 | ~455.000 | ||
05 | Eindhoven | 246.443 | ~280.000 | ||
06 | Groningen | 243.833 | ~233.000 | ||
07 | Tilburg | 229.797 | ~220.000 | ||
08 | Almere | 226.630 | ~212.000 | ||
09 | Breda | 188.217 | ~184.000 | ||
10 | Nijmegen | 187.011 | ~178.000 | ||
11 | Apeldoorn | 168.212 | ~164.000 | ||
12 | Haarlem | 167.763 | ~282.000 |
Demografie
Die Niederlande hatten 2020 17,4 Millionen Einwohner.[16] Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug 0,6 Prozent. Trotz Gleichstands von Geburtenziffer (9,7 pro 1000 Einwohner[17]) und Sterbeziffer (9,7 pro 1000 Einwohner[18]) wuchs die Bevölkerung durch Migration. Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2020 statistisch bei 1,6.[19] Die Lebenserwartung der Einwohner der Niederlande ab der Geburt lag 2020 bei 81,4 Jahren[20] (Frauen: 83,1,[21] Männer: 79,8[22]). Der Median des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2020 bei 43,3 Jahren und damit über dem europäischen Wert von 42,5.[23]
Jahr | Einwohnerzahl | Jahr | Einwohnerzahl | Jahr | Einwohnerzahl |
---|---|---|---|---|---|
1900 | 5.104.000 | 1950 | 10.026.773 | 2000 | 15.863.950 |
1910 | 5.585.000 | 1960 | 11.417.254 | 2010 | 16.574.989 |
1920 | 6.754.000 | 1970 | 12.957.621 | 2020[25] | 17.442.000 |
1930 | 7.825.000 | 1980 | 14.091.014 | ||
1940 | 8.834.000 | 1990 | 14.892.574 |
Die Niederlande gehören mit über 518 Einwohnern (2020) pro Quadratkilometer Landfläche (33.718 km²) zu den am dichtesten besiedelten Flächenstaaten der Welt.[26] Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung wohnt in der Randstad, dem dicht besiedelten Westen des Landes.
Die Niederländer sind statistisch das Volk mit den körperlich größten Menschen der Welt, im Durchschnitt 1,83 Meter (Männer) und 1,72 Meter (Frauen).
Bevölkerungsstruktur und Migration
Rang | Staat | Bevölkerung (1. Januar 2022) |
---|---|---|
1. | Turkei Türkei | 430.000 |
2. | Marokko Marokko | 419.000 |
3. | Suriname Suriname | 360.000 |
4. | Indonesien Indonesien | 349.000 |
5. | Deutschland Deutschland | 343.000 |
6. | Polen Polen | 221.000 |
7. | Curaçao Curaçao | 135.000 |
8. | Syrien Syrien | 126.000 |
9. | Belgien Belgien | 123.000 |
10. | Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich | 98.000 |
In den Niederlanden leben zwischen 6000 und 10.000 Sinti und Roma[28] sowie etwa 30.000 sogenannte woonwagenbewoners. Sie werden abschätzig auch kampers genannt, bevorzugen selbst die Bezeichnung reizigers. Sie leben ortsfest auf Standplätzen in stationären Caravans. Viele üben ambulante Erwerbstätigkeiten aus. Überwiegend gehen sie auf verarmte niederländische Bauern, Landarbeiter und Torfstecher des 18. und 19. Jahrhunderts zurück. Ihre Zahl ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Zusammenhang von Arbeitsmigration und Wohnkosten durch Zuzug aus der Mehrheitsbevölkerung erheblich angewachsen. Die gruppeninterne Sprache Bargoens ist eine niederländisch basierte Sondersprache, die mit dem deutschen Rotwelsch oder Jenisch vergleichbar ist.[29]
In die Niederlande sind Menschen aus der ganzen Welt eingewandert. Abgesehen von vielen Zugezogenen aus den Nachbarstaaten (u. a. aus Deutschland, Belgien und England) leben heute viele Menschen aus anderen Erdteilen hier, wie u. a. aus Marokko und der Türkei, aus den ehemaligen Kolonien Indonesien, Suriname und aus der Karibik.
Sprachen
Die Amtssprache im gesamten Staat ist die niederländische Sprache (Standardniederländisch), die aus niederfränkischen Mundarten in den Niederlanden (niederländische Dialekte) entstanden ist. In der Provinz Fryslân ist zusätzlich das verwandte Westfriesisch Verwaltungssprache.[30]
In der südwestlichen Hälfte des Landes werden niederfränkische Mundarten gesprochen. Die Ortsdialekte des Südostens gehören zum Ripuarischen und im Nordosten zum Niedersächsischen. Niederfränkische, ripuarische und niedersächsische Mundarten werden im Dialektkontinuum staatsübergreifend auch in Deutschland gesprochen, niederfränkische und ripuarische Dialekte auch in Belgien.
In den überseeischen Reichsteilen (in der Karibik) ist Niederländisch Amtssprache, neben entweder Papiamento oder Englisch. Eine Abzweigung des Niederländischen, die inzwischen eine eigene Standardsprache darstellt, ist das Afrikaans in Südafrika und Namibia.
Religion
Die niederländische Bevölkerung gilt in Europa inzwischen als eine der am wenigsten religiös bzw. kirchlich gebundenen. Hunderte Kirchengebäude wurden abgerissen, verkauft, profanen Zwecken zugeführt. Zahlreiche Klöster wurden geschlossen, es gibt auch kaum mehr kirchliche Spitäler oder Schulen. Laut dem Centraal Bureau voor de Statistiek (CBS) waren im Jahr 2021 nur mehr 18 % der Bevölkerung Katholiken, zu den protestantischen Kirchen bekennen sich 14 %. Etwa 4,5 % der Bewohner der Niederlande sind mit muslimischen Gemeinden verbunden. Bei jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren beträgt der Anteil der Gläubigen 28 Prozent; bei den über 75-Jährigen noch 65 Prozent. Auch die Teilnahme an den Gottesdiensten am Sonntag ist in den Niederlanden sehr schwach: 2021 nahmen 13 Prozent der Kirchenmitglieder wenigstens einmal im Monat an den Gottesdiensten teil, 2010 waren es noch 18 Prozent. Besonders gering ist die regelmäßige Teilnahme an der Messe bei den Katholiken (1 %), bei den Protestanten nimmt mehr als die Hälfte der Mitglieder an den Sonntagsgottesdiensten teil, heißt es in der Studie vom CBS. Der Mangel an Pastoren ist in der Protestantischen Kirche der Niederlande deutlich zu spüren, das führt zu einem Zusammenschluss verschiedener Gemeinden. Andererseits gibt es schon erste Erfahrungen, Gemeindemitglieder, die nicht eine umfassende theologische Ausbildung haben, mit bestimmten Aktivitäten der Liturgie zu betrauen, etwa in der Gestaltung und Leitung von Trauerfeiern und Bestattungen.
Die traditionell größte Bevölkerungsgruppe war jene der Protestanten (1849 knapp 60 Prozent). Durch Entkirchlichung wurde sie jedoch im Laufe des 20. Jahrhunderts zahlenmäßig von den Konfessionslosen und auch den Katholiken (1849 rund 38 Prozent) übertroffen. Die Protestanten sind in den Niederlanden überwiegend Calvinisten, nach dem vor allem in Genf wirkenden französischen Reformator im 16. Jahrhundert, Johannes Calvin. Die Niederdeutsch-Reformierte Kirche (Nederduits Gereformeerde Kerk), die 1571 in Emden gegründet wurde, gilt als „Urkirche“ der Reformierten in den Niederlanden. Heute ist der Calvinismus institutionell mit den Lutheranern in der Protestantischen Kirche in den Niederlanden vereinigt (Unierte Kirche).
Im 19. Jahrhundert bildeten sich zwei unterschiedliche calvinistische Richtungen in den Niederlanden heraus, die gemäßigteren und zahlenmäßig stärkeren hervormden und die strenggläubigen gereformeerden. Beide Wörter bedeuten „reformiert“ und wurden ursprünglich unterschiedslos verwendet. Im Deutschen kann man den Unterschied nicht wiedergeben, daher liest man für die gereformeerden manchmal „altreformiert“ (obwohl es organisatorisch gesehen die jüngere Richtung ist, eine Abspaltung der Nederlands hervormde kerk) oder „streng-reformiert“ bzw. „streng-calvinistisch“.
Seit einer Neuorganisation von 2004 gibt es die Protestantische Kirche in den Niederlanden, die beide Richtungen vereinen soll. Einige Strenggläubige sind allerdings eigenständig geblieben, wie die „befreiten“ Reformierten, die zweitgrößte protestantische Kirchenvereinigung.
Kleinere christliche Kirchen haben jeweils weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung als Mitglieder. Zu diesen gehören verschiedene evangelische Freikirchen wie die „befreiten“ Reformierten oder Baptisten und Mennoniten (Doopsgezinde). Während der Reformation waren die Niederlande eines der Zentren der Täuferbewegung (siehe Menno Simons). Weiterhin gibt es die im 18. Jahrhundert entstandene Altkatholische Kirche der Niederlande mit dem Sitz des Erzbischofs in Utrecht, von der die nach dem I. Vatikanischen Konzil entstandenen Alt-Katholischen Kirchen abstammen.[31] Aufgrund von Verfolgung und Vertreibung der indigenen Assyrer aus dem Nahen Osten ist die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien mit über 30'000 Gläubigen in den Niederlanden vertreten.[32]
Der Norden und der Westen des Landes waren traditionell protestantisch, während im Süden und Osten die Katholiken die Bevölkerungsmehrheit stellten und teilweise noch stellen. In der Mitte des Landes gibt es einen sogenannten Bibelgürtel (Bijbelgordel) mit erhöhtem Anteil von gereformeerden. Noch immer (Stand 2018) stellen Katholiken die Mehrheit der Bevölkerung in manchen Gebieten südlich dieses Bibelgürtels, zum Beispiel in Limburg.[33][34] Nördlich und westlich des Bibelgürtels sind die Konfessionslosen deutlich in der Mehrheit. Eine Kirchensteuer wird in den Niederlanden nicht erhoben.
Der König ist reformierter Konfession (hervormden). Wegen der synodalen Organisation calvinistischer Kirchen hat der Monarch allerdings keine formale Führungsrolle in der Niederländisch-reformierten Kirche inne, wie sie früher bei lutherischen Landesherren in Deutschland und Skandinavien anzutreffen war.
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Europäischen Kommission im Rahmen des Eurobarometers ergab 2020, dass für 26 Prozent der Menschen in den Niederlanden Religion wichtig ist, für 17 Prozent ist sie weder wichtig noch unwichtig und für 57 Prozent ist sie unwichtig.[35]
Gesundheit
Von 2005 bis 2018 waren die Niederlande auf den ersten drei Plätzen des Euro Health Consumer Index (EHCI), der die Gesundheitssysteme in Europa vergleicht.[36] Das Land war 2018 zusammen mit der Schweiz in allen Indikatoren des EHCI besonders gut.[36] Das Gesundheitssystem ist im Vergleich zu anderen westlichen Ländern recht effektiv, hingegen nicht das kostengünstigste.[37]
Seit einer umfassenden Reform des Gesundheitssystems im Jahr 2006 erhielt das niederländische System jedes Jahr mehr Punkte im Index. Nach Angaben des HCP (Health Consumer Powerhouse) gibt es in den Niederlanden ein „Chaos-System“, was bedeutet, dass die Patienten weitgehend frei sind, bei welchem Versicherer sie ihre Krankenversicherung abschließen können und von welchem sie ihre medizinische Versorgung beziehen. Der Unterschied zwischen den Niederlanden und anderen Ländern besteht darin, dass das Chaos bewältigt wird.[38]
Die Gesundheitsfürsorge in den Niederlanden kann auf verschiedene Weise aufgeteilt werden: in drei Stufen, in somatische und psychische Gesundheitsfürsorge sowie in Kur (kurzzeitig) und Pflege (langfristig).
Das Gesundheitswesen in den Niederlanden wird durch ein duales System finanziert, das im Januar 2006 in Kraft getreten ist. Langzeitbehandlungen, insbesondere solche, bei denen ein halbpermanenter Krankenhausaufenthalt erforderlich ist, sowie Behinderungskosten unterliegen einer staatlich kontrollierten obligatorischen Versicherung. Dies ist im Allgemeinen Gesetz über außergewöhnliche Gesundheitskosten (Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten) niedergelegt, die erstmals im Jahr 1968 in Kraft trat. Im Jahr 2009 deckte diese Versicherung 27 Prozent aller Gesundheitskosten. Zum 1. Januar 2015 wurde die AWBZ durch das Gesetz über die Langzeitpflege (die Wet Langdurige Zorg, WLZ) ersetzt.[39][40]
Die Krankenversicherung in den Niederlanden ist obligatorisch. Das Gesundheitswesen in den Niederlanden unterliegt zwei gesetzlichen Versicherungsformen:
- Zorgverzekeringswet (ZVW), häufig als „Grundversicherung“ bezeichnet, deckt die übliche medizinische Versorgung ab.
- Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten (AWBZ) deckt langfristige Pflege und Pflege ab (seit 2015 Wet Langdurige Zorg, WLZ).
Während niederländische Einwohner für die AWBZ automatisch von der Regierung versichert sind, muss jeder eine eigene Grundversicherung (Basisverzekering) abschließen, mit Ausnahme derjenigen unter 18 Jahren, die automatisch unter die Prämie ihrer Eltern fallen. Wer keine Versicherung abschließt, riskiert eine Geldstrafe. Versicherer müssen für alle über 18 Jahre ein universelles Paket anbieten, unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand. Es ist verboten, einen Antrag abzulehnen oder besondere Bedingungen zu erlassen. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Systemen ist die niederländische Regierung für die Zugänglichkeit und Qualität des Gesundheitssystems in den Niederlanden verantwortlich, jedoch nicht für deren Verwaltung.
Für alle regulären (kurzfristigen) medizinischen Behandlungen gibt es eine obligatorische Krankenversicherung bei privaten Krankenversicherungen. Diese Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, ein Paket mit einer bestimmten Anzahl versicherter Behandlungen bereitzustellen.[41] Diese Versicherung deckt 41 Prozent aller Gesundheitsausgaben ab.[42]
Andere Quellen für die Gesundheitsfürsorge sind Steuern (14 Prozent), Eigenkosten (9 Prozent), zusätzliche optionale Krankenversicherungspakete (4 Prozent) und eine Reihe anderer Quellen (4 Prozent).[42] Die Finanzierung wird durch ein System von einkommensbezogenen Zulagen sowie von individuellen und vom Arbeitgeber gezahlten einkommensbezogenen Prämien gesichert.
Im Jahr 2020 praktizierten in den Niederlanden 40,8 Ärztinnen und Ärzte je 10.000 Einwohner.[43] 2016 waren 20,4 Prozent der Bevölkerung stark übergewichtig, was unterhalb des europäischen Durchschnitts liegt.[44]
Zeitraum | Lebenserwartung in Jahren | Zeitraum | Lebenserwartung in Jahren |
---|---|---|---|
1950–1955 | 71,9 | 1985–1990 | 76,7 |
1955–1960 | 72,9 | 1990–1995 | 77,3 |
1960–1965 | 73,5 | 1995–2000 | 77,9 |
1965–1970 | 73,6 | 2000–2005 | 78,7 |
1970–1975 | 74,1 | 2005–2010 | 80,2 |
1975–1980 | 75,2 | 2010–2015 | 81,3 |
1980–1985 | 76,1 |
Bildung
In den Niederlanden ist die Schulpflicht im Alter zwischen 5 und 16 Jahren obligatorisch. In der Praxis jedoch befreiten die Gerichte nach längeren Verfahren häufiger einzelne Eltern von der Schulpflicht ihrer Kinder, um stattdessen Hausunterricht oder freilernen zu ermöglichen.
Ein gewichtiger Unterschied zum Schulsystem in Deutschland besteht darin, dass es jedem in den Niederlanden freisteht, aufgrund seiner Religion oder auf Basis bestimmter pädagogischer Grundlagen eigene – allerdings vom Staat finanzierte – Schulen zu gründen. Daher besuchen zwei Drittel aller Schüler in den Niederlanden eine private Schule. Die meisten Schulen sind entweder openbaar („öffentlich“), katholisch oder protestantisch, obgleich die Niederlande zu einem der am stärksten entkonfessionalisierten Länder der Welt zählen. Träger der „nichtöffentlichen“ Schulen sind in der Regel Stiftungen.
Die Wahl der Unterrichtsmethoden steht den Schulen frei. Die Inhalte sind allerdings in staatlichen Richtlinien formuliert und für alle Schulen verbindlich festgelegt. Ob die Schüler den darin bestimmten Leistungsanforderungen gerecht werden, wird mittels landesweiter, staatlicher Tests regelmäßig überprüft. Dies gilt auch für Schulen, die von Minderheiten besucht werden. Seit Mitte der 1980er Jahre können Eltern ihre Kinder etwa auf islamische oder hinduistische Grundschulen schicken.
Weiter können Eltern wählen, ob sie ihre Kinder auf eine Kategorialschule schicken, an der nur eine Schulform gilt, oder sich für eine Schulgemeinschaft entscheiden. Diese beherbergt mehrere Schularten. Die niederländischen Schulen sind in der Regel keine Gesamtschulen, allenfalls „kooperative Gesamtschulen“ mit mehreren Schulformen unter einem Dach. Seit Ende der 1990er Jahre haben viele Schulen aus finanziellen Gründen miteinander fusioniert, da so Direktorenstellen eingespart werden.
Die niederländische Grundschulen (basisschool) umfassen acht Klassen, die hier als groepen (Gruppen) bezeichnet werden. Groep 1 bezeichnet die Vierjährigen und groep 8 normalerweise die Zwölfjährigen. Diese groepen umfassen also sowohl den Vorschulbereich (Kindergarten) als auch die weiterführende Schule. Der Unterricht vom vierten bis zum fünften Lebensjahr (groep 1–2) kann inhaltlich mit der Kindergartenpädagogik in Deutschland verglichen werden. Allerdings ist er hier in der Regel verstärkt in den Grundschullehrplan integriert. Ab groep 3 fangen die Kinder an, das Lesen, Schreiben und Rechnen zu erlernen. In den beiden letzten Basisjahren beginnt der Englischunterricht; weitere Fremdsprachen werden allein in Schulversuchen angeboten.
Im letzten Grundschuljahr legen sie eine zentrale Prüfung ab. Mit Eingang des 8. Schuljahres findet eine Vorabprüfung (entreetoets) statt, mit deren Ergebnis eine Vorbereitung auf den eigentlichen Test (eindtoets) möglich ist. Anders als in Deutschland, wo nur das Gutachten eines Grundschulpädagogen bei der Wahl einer weiterführenden Schule zu Grunde liegt, wird in den Niederlanden anhand des Prüfungsergebnisses und eines Gutachtens durch die Grundschule, erstellt von den Klassenlehrern der letzten Schuljahre sowie eines nicht unterrichtenden Begleiters, eine bindende Empfehlung ausgesprochen, von der nur in begründeten Ausnahmen abgewichen werden kann. Auch die Anmeldung zur weiterführenden Schule erfolgt in der Grundschule, die die Empfehlung und Testergebnisse direkt an die weiterführende Schule weiterreicht.
Im Anschluss an die Grundschule folgt eine weiterführende Schule für Schüler zwischen 12 und 18 Jahren. Die Sekundarbildung kann in folgenden Einrichtungen absolviert werden:
- Einrichtungen der „vor-universitären Bildung“ (vwo)
- Einrichtungen der allgemeinen Sekundarbildung (havo) und
- Einrichtungen der berufsbildenden Sekundarerziehung (vmbo).
Das erste Jahr der Sekundarschulen aller drei Formen ist die sogenannte Übergangsklasse („brugklas“). Sie dient vor allem der Orientierung des Schülers auf seine zukünftige Schullaufbahn.
Laut der weltweiten Rangliste für Hochschulbildung – 2023 des Magazins Times Higher Education sind die besten Hochschulen in den Niederlanden die Universität Wageningen (Platz 59), die Universität Amsterdam (Platz 60), die Technische Universität Delft (Platz 70), die Reichsuniversität Groningen (Platz 75), die Universität Leiden (Platz 77) und die Erasmus-Universität in Rotterdam (Platz 80).[46]
In den PISA-Studien von 2018 erreichten die niederländischen Schüler Platz 7 von 77 Ländern in Mathematik, Platz 12 in Naturwissenschaften und Platz 24 beim Leseverständnis und liegen damit über dem Durchschnitt der OECD-Staaten.[47]
In den Niederlanden gilt ab 2024 ein Handyverbot an allen Schulen.[48][49]