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Verfassungsorgan der Republik Österreich Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Bundesrat ist neben dem Nationalrat die zweite Kammer des österreichischen Parlaments. Er ist der Vertretungskörper der Länder auf Bundesebene. Der Vorsitzende des Bundesrates wird als Bundesratspräsident bezeichnet. Die Mandatare führen den Titel Mitglied des Bundesrates, gebräuchlich sind aber auch die Bezeichnungen Bundesrat bzw. Bundesrätin.
Bundesrat | |
---|---|
Basisdaten | |
Sitz: | Parlamentsgebäude, Wien |
Erste Sitzung: | 1. Oktober 1920 (österr. Bundes-Verfassungsgesetz; erster Zusammentritt 10. Nov. 1920) |
Abgeordnete: | 60 |
Aktuelle Legislaturperiode | |
Vorsitz: | Präsidentin des Bundesrates: Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) |
Sitzverteilung: | |
Website | |
www.parlament.gv.at |
Sitz des Bundesrats ist das Parlamentsgebäude in Wien.
In der politischen Praxis hat der Bundesrat in Österreich nur sehr geringen Einfluss, da er in den allermeisten Fällen gegenüber dem Nationalrat nur ein suspensives (d. h. aufschiebendes) Vetorecht besitzt, das vom Nationalrat durch einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beharrungsbeschluss übergangen werden kann. Er kann also Gesetze – bis auf wenige Ausnahmen – nur aufschieben.
Ein Zustimmrecht hat der Bundesrat in folgenden Fällen:
Verfassungsgesetze und -bestimmungen, welche Artikel 34 oder 35 des Bundes-Verfassungsgesetzes ändern, benötigen zudem gemäß Art. 35 Abs. 4 B-VG die Mehrheit der Vertreter von wenigstens vier Ländern im Bundesrat.
In manchen Angelegenheiten (z. B. Übertragung von Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in die unmittelbare Bundesverwaltung oder Änderung der Landesgrenzen) wirken die Länder auch direkt am Gesetzgebungsverfahren des Bundes mit.
Bei Verfassungsänderungen ist zudem eine Volksabstimmung durchzuführen, sofern ein Drittel der Mitglieder des Bundesrats dies verlangt.
Gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG hat der Bundesrat kein Mitwirkungsrecht bei Gesetzen, die einen der folgenden Punkte betreffen:
Im Gegensatz zur Lage im deutschen Bundesrat gilt im österreichischen Bundesrat das freie Mandat. Jedes Mitglied des Bundesrates kann frei abstimmen, es gibt keinen Zwang zur Blockabstimmung in Fraktions- oder Länderblöcken.
Die Anzahl der Mitglieder pro Land wird gemäß Art. 34 Bundes-Verfassungsgesetz[1] durch Entschließung des Bundespräsidenten nach jeder allgemeinen Volkszählung nach dem Verhältnis der Zahl der wohnhaften Staatsbürger der Länder zueinander festgelegt; dem Land mit den meisten wohnsitzhabenden Staatsbürgern kommen zwölf Sitze zu, jedem Land aber mindestens drei.
1993 wurden insgesamt 64 Mitglieder festgelegt,[2] 2002 waren es 62,[3] seit dem 12. August 2013 61;[4] seit dem 27. Juni 2023 hat der Bundesrat 60 Mitglieder.[5][6][7]
Die einzelnen Bundesräte werden von den jeweiligen Landtagen in den Bundesrat entsandt und spiegeln in etwa die Zusammensetzung des jeweiligen Landtages wider. Dabei kommt der zweitstärksten Partei im jeweiligen Landtag zumindest ein Mitglied zu. Ansonsten erfolgt die Bestellung durch Verhältniswahl. Die Mitglieder des Bundesrates werden für die Dauer der Gesetzgebungsperiode des jeweiligen Landtages gewählt. Sie müssen nicht Mitglieder des jeweiligen Landtages sein, müssen zu diesem jedoch wählbar sein. Bundesräte sind aufgrund ihrer indirekten Bestellung im Gegensatz zu den Mitgliedern des Nationalrates und der Landtage keine Abgeordneten, auch wenn sie irrtümlich immer wieder so bezeichnet werden.[8]
Die Mitglieder des Bundesrates sind – anders als im deutschen Bundesrat – nicht an Weisungen des jeweiligen Landtages oder der jeweiligen Landesregierung gebunden (freies Mandat). Sie genießen die Immunität, die ihnen durch den jeweiligen Landtag zukommt. Den Bundesratspräsidenten stellt, im halbjährlichen Wechsel der Länder, jeweils die stärkste Fraktion eines Landes. Dabei erfolgt der Vorsitzwechsel alphabetisch nach Land und korreliert mit jenem in der Landeshauptleutekonferenz.
Bundesräte, die auf Grund von Vorschlägen derselben Partei durch die Landtage gewählt werden, haben das Recht, sich zu einer Fraktion zusammenzuschließen. Eine Fraktion setzt sich grundsätzlich aus fünf Bundesräten zusammen. Gruppierungen mit weniger Bundesräten benötigen die ausdrückliche Zustimmung des Bundesrates zur Erlangung des Fraktionsstatus. Zurzeit gibt es im Bundesrat Fraktionen von ÖVP, SPÖ und FPÖ. Die vier Mitglieder der Grünen und das eine Mitglied der NEOS sind im Bundesrat fraktionslos.
Der Bundesrat setzt sich gegenwärtig (mit Stand 24. November 2024) aus folgenden Gruppierungen zusammen:[9]
Land | Gesamt | ÖVP | SPÖ | FPÖ | Grüne | NEOS |
---|---|---|---|---|---|---|
Burgenland | 3 | 1 | 2 | – | – | – |
Kärnten | 4 | 1 | 2 | 1 | – | – |
Niederösterreich | 12 | 5 | 3 | 3 | 1 | – |
Oberösterreich | 10 | 5 | 2 | 2 | 1 | – |
Salzburg | 4 | 2 | 1 | 1 | – | – |
Steiermark | 9 | 3 | 2 | 4 | - | – |
Tirol | 5 | 3 | 1 | 1 | – | – |
Vorarlberg | 3 | 2 | – | 1 | – | – |
Wien | 10 | 2 | 5 | – | 2 | 1 |
Gesamt | 60 | 24 | 18 | 13 | 4 | 1 |
Die Sinnhaftigkeit des Bundesrates ist umstritten. Verschiedene politische Stimmen (vor allem der Länder) wollen eine Aufwertung des Bundesrats, andere seine Abschaffung. Kritiker haben geäußert, der Bundesrat werde von den Parteien als politische Kaderschmiede missbraucht, um Jungpolitikern den ersten Kontakt mit der Bundespolitik zu ermöglichen. Er diene auch dazu, ungeliebte altgediente Nationalratsabgeordnete „wegzuloben“.
Als Argument für die Beibehaltung des Bundesrates ist eingewandt worden, dass Zweikammersysteme charakteristisch für Bundesstaaten seien, weil die Länder durch den Bundesrat eine Mitwirkung und damit einen gewissen Einfluss an der Bundesgesetzgebung haben. Würde der Bundesrat ersatzlos abgeschafft werden, sei das eine Gesamtänderung der Bundesverfassung, die nur mit einer qualifizierten Mehrheit im Nationalrat und einer verpflichtenden Volksabstimmung durchgeführt werden kann (Art. 44 Abs. 3 B-VG).[10]
Im Februar 2019 verhinderte der Bundesrat erstmals in seiner Geschichte einen Gesetzesbeschluss. Eine Novelle des Ökostromgesetzes wurde abgelehnt, alle 21 SPÖ-Abgeordneten stimmten dagegen. Diese Ablehnung war möglich, weil das zur Abstimmung stehende Gesetz die Kompetenzen der Länder eingeschränkt hätte.[11]
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