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Gefleckter Schierling

Art der Gattung Schierlinge (Conium), Giftpflanze Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Gefleckter Schierling
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Der Gefleckte Schierling (Conium maculatum) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Schierlinge (Conium) innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Er gehört mit dem Wasserschierling (Cicuta virosa) und der Hundspetersilie (Aethusa cynapium) zu den giftigsten Arten der Doldengewächse. Mit einem Schierlingsbecher (Trank aus seinen Früchten oder Wurzeln) wurden im Altertum Verurteilte hingerichtet, so zum Beispiel der griechische Philosoph Sokrates.[1]

Schnelle Fakten Systematik, Wissenschaftlicher Name ...
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Beschreibung

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Über 2 Meter hohes Exemplar
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Rot gefleckter Stängel
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Laubblatt
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Blüte

Vegetative Merkmale

Der Gefleckte Schierling wächst als zweijährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 50 Zentimetern bis zu 2,5 Metern.[2] Die weißliche Wurzel ist spindelförmig. Ein gutes Erkennungsmerkmal ist ein intensiver Geruch nach Mäuse-Urin. Ihre runden, hohlen Stängel sind kahl, längs gerippt und – ähnlich wie reife Pflaumen – von einer Art blauem Reif überhaucht und im unteren Teil rot gefleckt.[2]

Die wechselständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel, -scheide und -spreite gegliedert. Die kahlen Blattspreiten sind im Umriss breit dreieckig und zwei- bis vierfach gefiedert oder fiedrig eingeschnitten, sie sind denen des ungiftigen Wiesen-Kerbels ähnlich. Die Blattzipfel letzter Ordnung sind eiförmig und haben weiße knorpelige Stachelspitzchen.[2]

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Juni bis September. Der doppeldoldige Blütenstand weist 8 bis zu 20 etwas behaarte Doldenstrahlen mit fünf oder sechs hautrandigen Hüllblättern auf. An der Basis der Döldchen sind mehrere Hüllblättchen vorhanden. Die Blüte ist zwittrig. Die weißen Kronblätter sind verkehrt-herzförmig und schwach ausgerandet mit einem sehr kleinen, spitzen eingeschlagenen Läppchen. Der Griffel ist etwa 1 Millimeter lang.[2]

Die Doppelachäne ist bei einer Länge von 2,5 bis 3,5 Millimetern eiförmig und grau-grün bis bräunlich-grau.[2] Es ist ein zweiteiliges Griffelpolster (Stylopodium) vorhanden. Die Teilfrucht ist im Querschnitt rundlich-fünfeckig mit wellig-gekerbten Hauptrippen.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22.[3]

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Vorkommen

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Das Verbreitungsgebiet des Gefleckten Schierlings umfasst ursprünglich Europa, West- und Zentralasien, Westsibirien, den Kaukasusraum, Indien, Pakistan, Marokko, Algerien, Tunesien und Äthiopien.[4] In Europa kommt er in fast allen Ländern vor. Nur in Island fehlt er und in Norwegen tritt er nur vorübergehend auf.[5] Auf den Kanarischen Inseln ist seine Ursprünglichkeit zweifelhaft.[5] In Nord-, Mittel- und Südamerika, Australien, Neuseeland, Mikronesien, Südafrika, Mosambik, Simbabwe und in Xinjiang ist Conium maculatum ein Neophyt.[4]

Der Gefleckte Schierling findet sich auf typischen Ruderalflächen wie Schuttplätzen oder Brachen, an Ackerrainen, an Straßenrändern, manchmal auch auf Rübenäckern. Er bevorzugt tiefgründigere nährstoffreiche Lehmböden und gilt als Stickstoffanzeiger. Der Gefleckte Schierling ist pflanzensoziologisch eine Kennart der Taubnessel-Schierlingsflur (Lamio albi-Conietum) aus dem Verband Arction.[3] Er steigt in Graubünden bei Stierva bis in eine Höhenlage von 1430 Meter und im Kanton Wallis bis 1530 Meter auf.[2]

Wegen zahlreicher Todesfälle beim Nutzvieh durch Schierling im Grünfutter wurden Conium-Vorkommen im Grasland durch Landwirte vielerorts gezielt eliminiert.

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+w (feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 5 (sehr nährstoffreich oder überdüngt), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[6]

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Taxonomie

Die Erstveröffentlichung von Conium maculatum erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus I, Seite 243.[5]

Giftigkeit

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Der Schierling gehört zu den giftigsten „einheimischen“ Pflanzenarten. Sein in allen Teilen vorhandener Wirkstoff ist das Pseudoalkaloid Coniin, das für den Erwachsenen in einer Dosis von 0,5 bis 1 g tödlich ist. Der Gefleckte Schierling enthält zwischen 1,5 und 2,0 % des Alkaloids. Der Stoff wird aus verletzten Pflanzenteilen auch über die unverletzte Haut aufgenommen und verursacht Rötung und schließlich Blasenbildung.[7]

Es kommen weitere Alkaloide (hier speziell Conium-Alkaloide) wie Conhydrin, Pseudoconhydrin, Conicein und Methylconiin im Gefleckten Schierling vor. Besonders stark sind die Gifte in den unreifen Früchten konzentriert. Es wirkt vor allem auf das Nervensystem. Die Vergiftung äußert sich durch Brennen in Mund und Rachen, Brechreiz, Sehstörung, Verlust des Sprech- und Schluckvermögens und Muskelkrämpfe, bis schließlich durch Atemlähmung bei völlig erhaltenem Bewusstsein der Tod eintritt.[8] Vergiftungen können vor allem durch die Verwechslung mit ähnlich aussehenden Doldengewächsen, etwa dem sehr ähnlichen Wiesen-Kerbel oder der Petersilie, auftreten. Der starke Mäuse-Urin-Geruch, die geteilten Laubblätter und die rötlichen Flecken der zudem bereiften Stängel sind klare Unterscheidungsmerkmale.

Vergiftungen sind bei Weidetieren und auch bei Schweinen bekannt, wobei die Tiere diese Pflanzenart auf der Wiese eher meiden. Im Grünfutter besteht jedoch Gefahr. Das Gift wird beim Trocknen nur sehr langsam und nicht vollständig abgebaut.[9]

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Trivialnamen

Für den Gefleckten Schierling bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Bangenkraut, Bitscherling, Blutpeterlein, Blutschierling (Pommern), Butzerling, Düllkrut (Ostfriesland), Echter Schierling, Erdschierling, Gartenschierling, Hundspetersilie, Kalberkern, Krottenpeterling, Mäuseschierling (Schlesien), Mauerschierling (Bern), Pipkraut, Scharmpiepen, Scharnpiepen (Bremen), Scharpenpiepen (Elsfleth), Scherline, Scherling (Pommern), Schierling (Siebenbürgen), Schirbingk, Schirling, Schirsing, Teufelspeterling (Schweiz), Tollkörfel, Tollkraut, Wogeltod, Wüterich, Wütscherling, Wuitschirling, Wutscherling, Wutzerling, Ziegendill (Schlesien) und Ziegenkraut (Schweiz).[10]

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Geschichte

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Die von Pedanios Dioskurides (De materia medica) und von Plinius dem Älteren (Naturalis historia) angegebenen Heilmittel-Indikationen stimmen weitgehend überein. Es wird daher angenommen, dass beide aus den gleichen Quellen schöpften. Die von ihnen koneion oder cicuta[11] genannte Pflanze wird rückblickend nicht als Wasserschierling (botanischer Gattungsname: Cicuta), sondern als Schierlings-Art, meist als Gefleckter Schierling (Conium maculatum) gedeutet.

Weitere Informationen Indikationen für das „koneion“ bei Pedanios Dioskurides, Indikationen für die „cicuta“ bei Plinius dem Älteren ...

Unter den Namen sucara (Avicenna) – cicuta (Pseudo-Macer) – wutscherling (Deutscher Macer) – scherling (Hildegard von Bingen) – wontzerling (Gart der Gesundheit) – wüeterich (Hieronymus Brunschwig) – schirling (Hieronymus Bock) wurde Schierling im Mittelalter und in der frühen Neuzeit geführt und lediglich die äußerliche Anwendung der Pflanze bzw. ihrer Teile wurde empfohlen. Erst im 17. Jahrhundert wurden die Arten Cicuta virosa (Wasserschierling) und Conium maculatum (Gefleckter Schierling) unterschieden.

Im 18. Jahrhundert propagierte der Wiener Arzt Anton von Störck den Schierling als „resolvierendes oder zerteilendes und alterierendes“ Mittel zur Behandlung vergrößerter Lymphknoten, zur Behandlung von fauligen Geschwüren und zur Behandlung von „Krebs“. Arzneizubereitungen aus Schierling wurden auch als krampflösende Mittel bei Tetanus und Keuchhusten eingesetzt. Im 19. Jahrhundert führten amtliche Arzneibücher Schierling als Kraut (Herba), als Pflaster und Salbe sowie als Extrakt.

Bereits 1539 berichtete Hieronymus Bock, er habe „eyn ehrlich weib“ gesehen, die versehentlich Schierlingswurzeln zusammen mit „Pestnachen“ kochte. Sobald sie von dieser Speise gegessen hatte, „fing sie [an] dol vnnd druncken zů werden, begert über sich zů steigen vnd zů fliegen etc. der wardt mit eynem drunck essigs geholffen, dz sie frydig vnd still wart.“

Die Homöopathische Schule kannte Schierlingszubereitungen bei langdauernder Drüsenverhärtung, Prostata- und Brustkrebs nach Stoßtrauma, Schwindel und Sehstörung nach schwerer Verlusterfahrung, auch mit Zwängen und Verwirrtheitszuständen.[12] Die Rademachersche Schule bezeichnet Schierling als „äußerliches Milzmittel“.

Quellen

Historische Abbildungen

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Literatur

  • Gefleckter Schierling. auf FloraWeb.de
  • Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. 10., bearbeitete Auflage. Band 4: Gefäßpflanzen: Kritischer Band. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7.
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Einzelnachweise

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