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Corpus Hippocraticum
Buch von Hippocrates von Kos Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Corpus Hippocraticum (genannt auch hippokratische Schriften) ist eine Sammlung von mehr als 60 antiken medizinischen Texten, die zwischen dem 6. Jahrhundert v. Chr. und 2. Jahrhundert n. Chr. entstanden sind und ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. vor allem in Alexandrien zu einem Gesamtkorpus zusammengetragen worden sind.[1]

Die von wissenschaftlich-rationalem Geist geprägte[2] Textsammlung ist nach dem berühmten griechischen Arzt Hippokrates von Kos benannt, jedoch war bereits in der Antike bekannt, dass die wenigsten Texte des Corpus von ihm selbst verfasst wurden. Solche Texte werden als pseudohippokratisch[3][4] bezeichnet. Als Mitverfasser des Corpus genannt wurde Polybos, der Schüler und vermutete Schwiegersohn des Hippokrates.[5]
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Lehre
Zusammenfassung
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Die Schriften des Corpus umfassen zahlreiche Themenfelder der wissenschaftlichen Medizin und bieten eine Einführung für Ärzte und Laien. Abgedeckt wurden Theorie und Praxis der Heilkunde, allgemeine und spezielle Pathologie, Ethik und Standeslehre.
Neben großen Übereinstimmungen lassen sich dennoch zahlreiche Uneinheitlichkeiten im Inhaltlichen, Formalen und Stilistischen feststellen, die auf einen großen Entstehungszeitraum hinweisen. Die Forschung nach der Verfasserschaft der einzelnen Texte und ihrem Ursprung wurde erweitert durch die Versuche von Zuordnungen zu zwei verschiedenen Ärzteschulen, nämlich derer von Kos sowie derer von Knidos, einer Stadt, die der Insel Kos unmittelbar gegenüber an der kleinasiatischen Küste lag und ein weiteres bedeutendes Heilzentrum hatte. Mittlerweile werden der Begriff der „Schulen“ und die damit verbundene Auffassung jedoch stark kritisiert, da die Zuschreibung der Texte zu den jeweiligen Zentren und der Nachweis einer stark konträren Ausrichtung nie zweifelsfrei möglich waren.
Die Schriften enthalten erste Ansätze der antiken Humoralpathologie, eine einheitliche Fassung wurde darin jedoch noch nicht erreicht.
Als generelle Methode lässt sich die Beobachtung von Krankheitsverläufen nennen. Das Innere des Körpers blieb weitgehend unbekannt, da nicht mit Experiment oder Sektion am Menschen gearbeitet wurde. Weitere Prinzipien sind die Lehre von den kritischen Tagen der Krankheit, die rationale Erklärung von Krankheiten (bspw. der Epilepsie in „Über die Heilige Krankheit“)[6] und der große Einfluss der Umwelt auf die Gesundheit des Menschen. Auch finden sich in der vermutlich in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. verfassten[7] Schrift Über das Fleisch (De carnibus, Peri sarkon[8]), die nicht therapeutisch orientiert ist, erste Theorien zur Ontogenese, so z. B. über die Entstehung der Körperteile und Organe.[9] Zur therapeutischen Anwendung des Aderlasses wird im 11. Kapitel von Über die Natur des Menschen (griechisch περί φύσιος ἀνθρώπον) eine der ältesten zusammenhängenden Beschreibungen der Blutgefäße des Menschen gegeben. Zur ältesten Gruppe der Schriftensammlung gehört das dritte Buch[10] über Epidemien. Zu den frühesten Zeugnissen für Schriften chirurgischen Inhalts gehören die im 5. Jahrhundert entstandenen Texte Über das Einrenken der Gelenke und Über die Knochenbrüche.[11] Als schmerzlindernde Mittel werden in den hippokratischen Schriften um 450 v. Chr. Opium, Mandragora und Schierling empfohlen. Auch die Inhalation von Kräuterdämpfen zu Narkosezwecken wird erwähnt.[12]
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Die Schriften des Corpus
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Werkausgaben
- Émile Littré (Hrsg.): Oeuvres complètes d’Hippocrate. 10 Bände. Paris 1839–1861; Nachdruck Amsterdam 1973–1982.
- Gesamtausgaben mit Übersetzung, begonnen in:
- Corpus Medicorum Graecorum. Abt. I, (Leipzig und) Berlin 1927 ff.
- Collection des Universités de France: Hippocrate. Paris 1967 ff.
- Anuce Foës (lange Zeit maßgebliche Ausgaben[23] des Corpus Hippocraticum):
- Anutius Foësius: Oeconomia Hippocratis alphabeti serie distincta etc. Frankfurt am Main 1588 ff., und Genf 1662–1663.
- Anutius Foësius: Hippocratis Opera. Kritische Ausgabe und lateinische Übersetzung durch Janus Cornarius, Frankfurt am Main 1591 ff., und Genf 1657–1658.
- Karl Gottlob Kühn: Magni Hippocratis opera omnia. 3 Bände. Leipzig 1827 (= Medicorum Graecorum operae quae extant. Band 21–23).
Übersetzungen
- Richard Kapferer, Georg Sticker (Hrsg.): Die Werke des Hippokrates. Die hippokratische Schriftensammlung in neuer deutscher Übersetzung. 5 Bände, Stuttgart (und Leipzig) 1933–1940.
- von Kai Brodersen bearbeitete Neuausgabe: Hippokrates: Sämtliche Werke. 3 Bände. wbg, Darmstadt 2022. ISBN 978-3-534-27394-2
- Hippokrates: Schriften. Die Anfänge der abendländischen Medizin. Übersetzt und herausgegeben von Hans Diller. Rowohlt, Reinbek 1962.
- Neuausgabe: Hippokrates: Ausgewählte Schriften. Mit einem bibliographischen Anhang von Karl-Heinz Leven. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-009319-8 (mit Erläuterungen).
- Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, passim. Teilübersetzungen: S. 42–44 (Der Eid, Aphorismen, Der Arzt), 56–62 (Über die Natur des Menschen), 72–74 (Über die Fleischteile), 75–77 (Über den Samen, Aphorismen), 87 f. (Über die Natur des Menschen), 98–113 (Über Luft-, Wasser- und Ortsverhältnisse, Prognostikon), 125–133 (Aphorismen, Epidemien, Über die heilige Krankheit) und 137 f. (Über das Einrenken der Gelenke).
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Literatur
Zusammenfassung
Kontext
Übersichtsdarstellungen
- Jochen Althoff: Medizinische Literatur. In: Bernhard Zimmermann (Hrsg.): Handbuch der griechischen Literatur der Antike. Die Literatur der archaischen und klassischen Zeit (= Handbuch der Altertumswissenschaft. 7. Abteilung, Band 1). C. H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-57673-7, S. 295–320.
- Gerhard Fichtner: Corpus Hippocraticum. Verzeichnis der hippokratischen und pseudohippokratischen Schriften. Tübingen 1985.
Einführungen und Untersuchungen
- Karlhans Abel: Die Lehre vom Blutkreislauf im Corpus Hippocraticum. In: Hermes 86, 1958, S. 192–219.
- Elizabeth Craik: The ‘Hippocratic’ Corpus. Content and Context. Routledge, London 2015.
- Johann Heinrich Dierbach: Die Arzneimittel des Hippokrates, oder Versuch einer systematischen Aufzählung der in allen hippokratischen Schriften vorkommenden Medikamenten. Neue Akademische Buchhandlung von Karl Groos, Heidelberg 1824.
- Cătălin Enache: Ontology and Meteorology in Hippocrates’ „On Regimen“. In: Mnemosyne. Band 72, 2019, S. 173–196.
- Werner Golder: Hippokrates und das Corpus Hippocraticum. Eine Einführung für Philologen und Mediziner. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, ISBN 978-3-8260-3335-3.
- Joseph-Hans Kühn: System- und Methodenprobleme im Corpus Hippocraticum (= Hermes Einzelschriften. Band 11). Wiesbaden 1956.
- Max Neuburger: Die hippokratischen Schriften (Corpus Hippocraticum). In: Max Neuburger: Geschichte der Medizin. Enke, Stuttgart 1906, Band 1, S. 175–182 (Digitalisat).
- Max Pohlenz: Hippokrates und die Begründung der wissenschaftlichen Medizin. Berlin 1938.
- Gert Preiser: Διάγνωσις und διαγιγνώςκειν. Zum Krankheitserkennen im Corpus Hippocraticum. In: Christa Habrich, Frank Marguth, Jörn Henning Wolf (Hrsg.) unter Mitarbeit von Renate Wittern: Medizinische Diagnostik in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Heinz Goerke zum sechzigsten Geburtstag. München 1978 (= Neue Münchner Beiträge zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften: Medizinhistorische Reihe. Band 7/8), ISBN 3-87239-046-5, S. 91–100.
Aufsatzsammlungen
- Mirko D. Grmek (Hrsg.): Hippocratica. Actes du Colloque hippocratique de Paris (4–9 septembre 1978). Paris 1980.
- Paul Potter, Gilles Maloney, Jacques Desautels (Hrsg.): La maladie et les maladies dans la Collection hippocratique. Actes du VIe Colloque International Hippocratique (Québec, du 28 septembre au 3 octobre 1987). Québec 1990.
Wortindex
- Joseph-Hans Kühn, Ulrich Fleischer et al.: Index Hippocraticus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, Α–Δ: 1986 (Digitalisat), Ε–Κ: 1987 (Digitalisat), Λ–Π: 1988 (Digitalisat), Π–Ω, Addenda et Corrigenda: 1989 (Digitalisat).
- Anargyros Anastassiou, Dieter Irmer: Index Hippocraticus. Supplement. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999 (Digitalisat).
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Weblinks
Wikiquote: Hippokrates von Kos – Zitate
Commons: Hippokrates von Kos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Hippokrates: Werke; übersetzt von Francis Adams (englisch).
- Gerhard Fichtner: Corpus Hippocraticum: Bibliographie der hippokratischen und pseudohippokratischen Werke. Erweiterte und verbesserte Ausgabe, Tübingen 2022.
- Gesamtübersicht der hippokratischen Werke, mit Verlinkungen zu Digitalausgaben und Verweisen auf Handschriften und Übersetzungen in die Gegenwartssprache.
- Hippokrates, sämmtliche Werke. 1 : Ins Deutsche übersetzt und ausführlich commentiert von Robert Fuchs, München : H. Lüneburg, 1895, (Digitalisat München, Bayerische Staatsbibliothek)
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Anmerkungen
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