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Europäische Wissenschaftsstiftung

französischer Verein Elsass-Mosel Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Europäische Wissenschaftsstiftung
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Der Europäische Wissenschaftsverein (englisch: European Science Foundation [ESF]; französisch: Association fondation européenne de la science) ist ein Verein nach dem lokalen Recht von Elsass–Mosel (Region im Osten von Frankreich), der nur dem Namen nach eine Stiftung (Foundation) ist und weder rechtlich noch funktional diesen Status besitzt.[1]

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Sitz der Organisation in Straßburg

Der Verein hat seinen Sitz in Straßburg. Im Jahr 2025 zählt der Europäische Wissenschaftsverein zehn Mitglieder aus acht Ländern – Belgien, Bulgarien, Frankreich, Ungarn, Luxemburg, Rumänien, Serbien und der Türkei.[2]

Seit der Auflösung der ursprünglichen zwischenstaatlichen European Science Foundation in den 2010er-Jahren und der Übertragung ihrer früheren Koordinierungsfunktionen auf Science Europe arbeitet der in Straßburg ansässige Verein nach dem Recht des Elsass–Mosel hauptsächlich als administrativer Dienstleister. ESFs Tätigkeiten konzentrieren sich auf Koordination, Buchhaltung und Administration in temporären Horizon 2020- und Horizon Europe-Projektkonsortien. Der Verein verfügt über keine institutionelle Grundfinanzierung und stützt sich weitgehend auf befristete Verträge und Projektmanagementgebühren; öffentlich zugängliche Informationen deuten darauf hin, dass der Verein keine diversifizierten Einnahmequellen über diese zeitlich begrenzten Projekte hinaus besitzt. Mitgliedsbeiträge, soweit überhaupt vorhanden, machen nur einen geringen Anteil der Einnahmen aus (die ESF legt weder Beitragshöhen noch entsprechende Einnahmen offen) und stammen allenfalls ausschließlich von ihren beiden Vollmitgliedern in Bulgarien und Luxemburg. Anders als die frühere Stiftung arbeitet der Verein heute nach einem projektabhängigen Modell, das nur begrenzte finanzielle Stabilität bietet und die Fähigkeit zu einer langfristigen Planung einschränkt. Die strategische Positionierung des elsässischen Vereins scheint in erheblichem Maße auf der Glaubwürdigkeit und dem Markenwert der ehemaligen Stiftung zu beruhen.[3][4]

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Wandel der europäischen Forschungsfinanzierung und Folgen für die ESF

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Im Jahr 2008 veröffentlichten die EUROHORCs (European Heads of Research Councils; aufgelöst 2011, als ihre Mitglieder Science Europe gründeten) eine Roadmap für einen wettbewerbsfähigeren Europäischen Forschungsraum.[5] Die ESF fungierte dabei als Durchführungsagentur für Finanzierungs- und Koordinierungsinstrumente von EUROHORCs, die zwischen 2011 und 2014 eingestellt wurden, als sich nationale Forschungsorganisationen aus dem Modell der ESF zurückzogen; ein gleichwertiges Instrument auf ESF-Ebene wurde nicht mehr eingerichtet.

Jedoch im selben Zeitraum wurde die Forschungsfinanzierung der EU innerhalb der Rahmenprogramme der Europäischen Kommission gebündelt, insbesondere im Programm Horizon 2020. Dieses wurde 2014 mit einem Budget von fast 80 Milliarden Euro aufgelegt (rund 30 Milliarden Euro mehr als das vorangegangene siebte Rahmenprogramm, FP7) und sollte die Forschungs- und Innovationsinitiativen der EU in einem Rahmen zusammenführen, die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken und große gesellschaftliche Herausforderungen durch koordinierte Finanzierung auf Unionsebene adressieren.[6]

Die ESF erfüllt nicht mehr ihre frühere Rolle bei der Durchführung von Finanzierungsprogrammen für EUROHORCs. Anstelle einer folgerichtigen Beendigung ihrer Tätigkeit arbeitet eine Vereinigung nach dem lokalen Recht des Elsass–Moselle – einer ostfranzösischen Region mit einem besonderen Rechtsstatus – unter dem Namen der ehemaligen Stiftung. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf administrative Projektarbeit und bewirbt sich damit um die Teilnahme an befristeten Horizon-Europe-Projekten, um Fördermittel zu erhalten, anstatt – wie die frühere Stiftung – selbst Fördermittel bereitzustellen.[7][8]

Damit unterscheidet sich die heutige ESF deutlich von der Organisation, die einst europäische Forschungsprogramme koordinierte, wenngleich sie weiterhin denselben Namen verwendet.

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Externe Beschaffung von Forschungsbewertung

Im Rahmen der Begutachtung von Förderanträgen betreibt die ESF ein Gutachterschema, bei dem die eigentliche intellektuelle wissenschaftliche Bewertung ausgelagert wird.[9] Externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler übernehmen die Beurteilungen, während die ESF den administrativen Rahmen bereitstellt (direkte Kontaktaufnahme per E-Mail zur Gewinnung von Gutachtern, Einreichungsportal, Fristen).[10] Die Gutachter arbeiten in der Regel ehrenamtlich oder erhalten von der ESF ein Honorar, eine einmalige und vergleichsweise geringe Aufwandsentschädigung.[11][12][13][14] Die ESF hingegen selbst erhält dabei eine Kommission von der Organisation, die die Begutachtung in Auftrag gibt.[15]

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Kritik an den ERIH-Zeitschriftenlisten (2008–2011)

Der European Reference Index for the Humanities (ERIH) wurde 2002 von der European Science Foundation über ihr Standing Committee for the Humanities als Referenzindex geisteswissenschaftlicher Fachzeitschriften eingeführt.[16] Ab 2008 stieß die ursprüngliche A/B/C-Einstufung von ERIH auf Kritik seitens Redakteuren und wissenschaftlicher Fachgesellschaften, die vor einem möglichen Missbrauch für Forschungsevaluierungen warnten; Fachmedien berichteten über koordinierte Proteste und Rückzüge.[17][18] Im Januar 2009 gab die ESF die Buchstabenstufen auf und ersetzte sie durch beschreibende Kategorien.[19]

2014 wurde die Verantwortung für ERIH von der ESF an das norwegische NSD – Norwegian Centre for Research Data übertragen; der Index wurde als ERIH PLUS neu aufgelegt und auf die Sozialwissenschaften ausgeweitet.[20][21]

Diskussionen über Verlagerung und Governance in Straßburg (2012–2014)

Lokale Berichterstattung in Straßburg vermerkte Ende 2012 Befürchtungen, dass die ESF im Zuge der Konsolidierung europäischer Einrichtungen aufgelöst oder nach Brüssel verlagert werden könnte, und berichtete zugleich über die erklärte Präferenz der ESF, in Straßburg zu bleiben. Dieselbe Berichterstattung hob die damals sinkenden Personalzahlen hervor und nannte eine Generalversammlung Ende November 2012 als Entscheidungspunkt.[22] Im Dezember 2012 vertagten die Mitglieder der ESF eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Organisation bis Ende 2014.[23]

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Nachfolge durch Science Europe (2011)

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Im Oktober 2011 gründete die Mehrheit der Mitgliedsorganisationen der ESF (nationale Organisationen zur Forschungsförderung und -durchführung) Science Europe, einen in Brüssel ansässigen Verband, der ihre gemeinsamen Interessen vertreten und die Forschungspolitik auf europäischer Ebene koordinieren soll.[24][25] Dies bedeutete eine strategische Verschiebung weg von den traditionellen Aufgaben der ESF – Programmmanagement und Mittelvergabe – hin zu einer Plattform für Interessenvertretung und politische Abstimmung mit den Institutionen der Europäischen Union.[26]

Science Europe übernahm viele der zuvor von der ESF wahrgenommenen Koordinations- und Strategieaufgaben, war jedoch nicht dafür vorgesehen, direkte Förderprogramme zu betreiben.[26] Zwischen 2011 und 2015 baute die ESF ihre Aktivitäten zur Forschungsvernetzung schrittweise ab und übertrug bestimmte Politik- und Repräsentationsfunktionen an Science Europe.[26]

Im Anschluss an diesen Übergang agiert die ESF als Verein nach dem lokalen Recht von Alsace–Moselle, besitzt nicht länger den Rechtsstatus einer Stiftung, und setzt ihre Tätigkeit als kleinere wissenschaftliche Serviceorganisation fort; Schwerpunkt ist u. a. die externe Beschaffung von Forschungsbewertung.[27][28] Science Europe wurde zum wichtigsten Interessenvertretungsorgan der nationalen Forschungsförderer und -durchführer in Europa.[29]

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Kontroverse über die Evaluation der portugiesischen Forschungseinheiten (2013–2015)

Die portugiesische Förderorganisation FCT beauftragte die ESF, eine zweistufige Bewertung nationaler F&E-Einheiten zu unterstützen.[30] Verfahren und Ergebnisse wurden von Teilen der portugiesischen Wissenschaftsgemeinschaft bestritten; im April 2015 charakterisierte Science die Bewertung in der Berichterstattung über Führungswechsel bei der FCT als politisch umstritten.[31] Im Oktober 2014 veröffentlichte Nature eine World-View-Kolumne von Amaya Moro-Martín, die auf „ein fehlerhaftes, von der ESF unterstütztes Bewertungsverfahren“ verwies; die ESF verlangte eine Rücknahme und drohte rechtliche Schritte an, wie Retraction Watch berichtete; später erklärte die ESF, „in diesem Stadium“ keine Klage erheben zu wollen.[32][33]

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Überleben der Auflösungsabstimmung (2014)

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Im Dezember 2014 berichtete Physics World, dass die ESF eine «Auflösungsabstimmung» ihrer Mitglieder „überlebt“ habe, während ihre künftige Rolle ungewiss blieb, da frühere Programme und politische Funktionen eingestellt wurden.[34]

Der damalige Geschäftsführer Martin Hynes räumte ein, dass viele größere nationale Mitgliedsorganisationen – insbesondere in Frankreich, Deutschland und im Vereinigten Königreich – austraten und dass die ESF möglicherweise mit einer kleineren Mitgliederbasis fortbestehen werde. „Die Frage ist, ob es genügend Mitglieder geben wird, um die Organisation mit Glaubwürdigkeit weiterzuführen“, erklärte Geschäftsführer Hynes und fügte hinzu, dass private Organisationen im Rahmen überarbeiteter Statuten beitreten könnten.[34]

Peter Fletcher vom britischen Science and Technology Facilities Council (STFC) erklärte, dass das STFC und die anderen britischen Forschungsräte dabei seien auszutreten, und bezeichnete die Gründung von Science Europe als „eine positive Gelegenheit für die europäische Wissenschaft“.[34] Die Mitglieder der ESF verabschiedeten Änderungen der Satzung, um neue Kategorien der Mitgliedschaft – einschließlich privater Organisationen – zu ermöglichen. Hynes bezeichnete diese Maßnahmen als notwendig, um eine faktische Auflösung der ESF zu vermeiden.[34]

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COST-Programm der Europäischen Kommission: Unabhängigkeit von der ESF und anschließende Expansion (2014)

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Das zwischenstaatliche Programm COST (European Cooperation in Science and Technology) – lange von der ESF verwaltet – wurde 2014 als eigenständige COST Gesellschaft nach belgischem Recht rechtlich unabhängig. Durch die Übernahme des COST-Vertrags mit der Europäischen Kommission sollte die neue Vereinigung die Stabilität und Kontinuität der COST-Netzwerkmission sicherstellen; diese Trennung wurde weithin als eine sichtbare Verringerung des Portfolios der ESF wahrgenommen.[35]

Seit der Unabhängigkeit hat COST seine Aktivitäten ausgeweitet: Im Jahresbericht 2024 werden mehr als 40 Mitgliedsorganisationen, 324 aktive COST Actions und über 60.000 beteiligte Forschende und Innovatoren genannt – etwa ein Drittel mehr seit Beginn von Horizon Europe.[36] COST Actions sind darauf ausgelegt, die Zusammenarbeit (Tagungen, Trainingsschulen, Kurzzeit-Forschungsaufenthalte) zu finanzieren, nicht jedoch die Forschung selbst. Sie sind Teil der europäischen Politikfamilie „Widening Participation“; im Rahmen von Horizon 2020 widmete COST 50 % seines Budgets Forschenden aus sogenannten „Widening-Ländern“, um Exzellenz zu verbreiten und die Inklusion im Europäischen Forschungsraum zu stärken.[37][38]

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Personalabbau und Umstrukturierung (2015–2017)

Im April 2017 berichtete die Regionalpresse, die ESF bestätige ihren Verbleib in Straßburg „auf anderer Grundlage“ und beschrieb einen Personalabbau von rund 120 auf 19 Beschäftigte nach drei Sozialplänen (zwei freiwillig, einer zwingend).

Anschließend bot die ESF administrative Dienstleistungen unter der Marke Science Connect an.[39] Im Jahr 2025 trat die ESF – bei Beibehaltung ihres Stiftungnamens – erneut unter einer neuen Markenidentität auf.

Mitglieder

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Die ESF gibt an, zehn Mitglieder aus acht Ländern zu haben, die in Vollmitglieder (zahlend, mit Stimmrecht in der Generalversammlung) und assoziierte Mitglieder (ohne Beitragspflicht, ohne Stimmrecht) unterteilt sind. Laut der letzten öffentlich verfügbaren Liste sind nur zwei Organisationen als Vollmitglieder ausgewiesen. Die ESF legt weder die Höhe der Mitgliedsbeiträge noch die daraus erzielten Gesamteinnahmen offen.

Der überwiegende Anteil nicht beitragspflichtiger assoziierter Mitglieder ermöglicht es dem Verein, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl von sieben Mitgliedern nach dem Elsass–Moselle-Vereinsrecht zu erfüllen und gleichzeitig in offiziellen Unterlagen eine Liste europäischer Organisationen anführen zu können. Nicht alle Mitglieder stammen aus EU-Staaten, und die geringe Zahl an Vollmitgliedern (zwei aus den Ländern Bulgarien und Luxemburg) steht im Kontrast zum gesamteuropäischen Anspruch des Namens der Organisation.[40][41][42]

Die folgenden Mitgliedsorganisationen sind auf der Website des Europäischen Wissenschaftsvereins aufgeführt:[43]

  • Belgien: Fonds de la Recherche Scientifique
  • Bulgarien: Българска академия на науките
  • Frankreich: Institut Français de Recherche pour l'Exploitation de la Mer
  • Ungarn: Magyar Tudományos Akadémia
  • Luxemburg: Fonds National de la Recherche
  • Rumänien: Consiliul Național al Cercetării Științifice
  • Serbien: Српска академија наука и уметности
  • Türkei: Türkiye Bilimsel ve Teknolojik Araştırma Kurumu
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Leitung und Geschäftsführung

Die ESF ist ein Verein nach lokalem Elsass–Moselle-Recht mit einem Geschäftsführer (CEO), der für das Tagesgeschäft verantwortlich ist. Der Verein veröffentlicht keine Angaben zu Amtszeitbeschränkungen, Ernennungsverfahren oder unabhängigen Kontrollmechanismen über die gesetzlich vorgeschriebene Finanzprüfung hinaus.

Walter wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2019 zum Geschäftsführer ernannt; die ESF macht keine Angaben zu einer maximalen Amtsdauer. Walter ist der am längsten amtierende Geschäftsführer.[44][45]

Geschäftsführer vom Verein:

  • 2012–2015: Martin Hynes[46]
  • 2016–2019: Jean-Claude Worms[47]
  • seit 2019: Nicolas Walter
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Commons: Europäische Wissenschaftsstiftung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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