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kleinfrüchtiges Spelzgetreide Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hirse ist eine Sammelbezeichnung für kleinfrüchtiges Spelzgetreide mit 10–12 Gattungen. Sie gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae). Der früher auch männlich gebrauchte Name Hirse stammt aus dem Altgermanischen (ahd. hirsa neben hirsi und hirso) und ist von einem indogermanischen Wort für „Sättigung, Nährung, Nahrhaftigkeit“ abgeleitet (vgl. die römische Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit Ceres). Hirse diente bereits vor 8000 Jahren dazu, ungesäuertes Fladenbrot herzustellen. In China wird Rispenhirse seit mindestens 4000 Jahren landwirtschaftlich genutzt. Die Rispenhirse oder Echte Hirse (Panicum miliaceum) wurde früher auch in Europa als Nahrungsmittel angebaut.
Hirsen sind, wie Mais, wärme- und lichtliebende C4-Pflanzen.[1]
Alle Hirsearten können nach der Beschaffenheit der Körner in zwei Hauptgruppen eingeteilt werden:[2]
Zu den kultivierten und genutzten Hirsen zählen folgende Arten:[3][4]
Unterfamilie Panicoideae: Tribus Andropogoneae:[5]
ebenfalls Unterfamilie Panicoideae: Tribus Paniceae:
Unterfamilie Chloridoideae: Tribus Eragrostideae:
Die wirtschaftlich wichtigsten Hirsen sind die Perlhirse, die Sorghumhirse (auch Zuckerhirse), die Fingerhirse, die Rispenhirse, die Kolbenhirse und der Teff, auch Zwerghirse genannt.
Die Hirse ist ein sehr mineralstoffreiches Getreide. In Hirse sind Fluor, Schwefel, Phosphor, Magnesium, Kalium und im Vergleich zu anderen Getreiden besonders viel Silizium (Kieselsäure), Eisen und Vitamin B6 enthalten.[18]
Hirse und Sorghum können mit einem Gesamtphenolgehalt von ca. 35 bis 50 mg/100 g (Ferulasäureäquivalente in der Trockenmasse) sehr hohe Mengen an phenolischen Substanzen enthalten, denen überwiegend eine gesundheitsförderliche Wirkung zugesprochen wird.[19] Sie verringern den glykämischen Index und führen häufig zu einer Senkung des Blutcholesterinspiegels. Unter Umständen verringert sich bei regelmäßigem Konsum das Risiko des Auftretens von Speiseröhrenkrebs (im Vergleich zur Aufnahme von Weizen und Mais).[20] In Hirse enthaltene Flavonoide (Polyphenole) können allerdings, ähnlich wie Sojabohnen oder Maniok, die Aufnahme von Jod aus der Nahrung behindern und so die krankhafte Vergrößerung der Schilddrüse (Struma) fördern[21][22].
Im Handel üblich ist die von Schalen befreite Hirse („Goldhirse“). Es gibt daneben die ungeschälte Hirse, in der die meisten an den Schalen haftenden Mineralstoffe und Spurenelemente erhalten sind, sowie die dunkelschalige Braunhirse. Möglicherweise ist jedoch der Blausäuregehalt besonders bei roher Hirse nicht ganz unbedenklich.[23] Hirse kann zur Herstellung glutenfreier Backwaren verwendet werden. In vielen Gebieten Afrikas und Asiens sind die unterschiedlichen Hirsearten Hauptnahrungsmittel, werden allerdings zunehmend durch Mais verdrängt. Kolbenhirse dient als Nahrung und in Osteuropa als Viehfutter, in Europa und Nordamerika zudem als Vogelfutter für die Ziervogelhaltung.
Hirse ist darüber hinaus die Grundlage einiger traditioneller Biere, zum Beispiel Dolo in Westafrika, Pombe in Ostafrika und Merisa im Sudan. In Äthiopien und Eritrea ist die Hirseart Teff (Eragrostis tef) die wichtigste Nahrungspflanze der Menschen. Industriell wird Hirse von einigen spezialisierten Brauereien zur Herstellung von glutenfreiem Bier für Menschen mit Zöliakie oder anderen Formen der Glutenunverträglichkeit genutzt. In China werden aus Hirse eine Reihe von Spirituosen gebrannt, die Baijiu genannt werden; der bekannteste chinesische Hirseschnaps ist Maotai.
Für die industrielle Nutzung ist vor allem die Sorghumhirse von Interesse. Neben den Samen wird bei ihr auch der Halm zur Herstellung von Naturfasern genutzt (Faserhirse).
In den USA werden große Hoffnungen in die Rutenhirse als Lieferant von Cellulose-Ethanol gesetzt. Die Sorghumhirse gilt aufgrund der großen und kohlenhydratreichen Biomasse als aussichtsreiche Energiepflanze zur Biogaserzeugung, vor allem in trockenen Lagen.[24]
Die beiden ältesten Funde von Rispenhirse in Deutschland (Nähe Leipzig und Kreis Hadersleben) stammen aus der Zeit der Linienbandkeramik (Altneolithikum 5500–4900 v. Chr.).[25] Im Altertum und Mittelalter zählten die unterschiedlichen Hirsearten zum meistangebauten Getreide. Durch Ausgrabungen in Mittel- und Norddeutschland ist ebenso der Hirseanbau in der vorrömischen Eisenzeit (Hallstatt- und Latènezeit) sowie der römischen Zeit (1.–3. Jahrhundert n. Chr.) belegt.[26] In der frühen Neuzeit wurden sie in Europa durch die Einfuhr und folgenden Anbau von Kartoffel und Mais fast völlig verdrängt. Hinweise auf Hirseanbau und -verarbeitung finden sich allerdings noch aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg.[27] Im Himalayagebiet wird aus verschiedenen Sorten ein schwachalkoholisches Bier gebraut. Auf dem Balkan, in der Türkei und in Zentralasien trinkt man ein schwachalkoholisches Getränk namens Boza, welches (ursprünglich) auf Hirsemalz basiert. Gästen des Hunnenkönigs Attila wurde ausschließlich Hirse gereicht. Um die Gesundheit und Kraft zu stärken, empfahl der griechische Philosoph Pythagoras die Hirse.
Hirsen spielen in Mitteleuropa für die Ernährung des Menschen keine große Rolle mehr, obwohl sie bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts weit verbreitet waren. Da sie auch auf trockeneren und nährstoffärmeren Boden wuchsen, galten sie als „Hungergetreide“.[1]
Die Zusammensetzung von Hirse schwankt naturgemäß, sowohl in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen (Boden, Klima) als auch von der Anbautechnik (Düngung, Pflanzenschutz).
Angaben je 100 g essbarem Anteil der Rispenhirse, Panicum miliaceum:[18]
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Der physiologische Brennwert beträgt 1484 kJ (355 kcal) je 100 g essbarem Anteil.
Weltweit wurden im Jahr 2020 laut FAO insgesamt etwa 89,2 Mio. t Hirse produziert. Davon entfielen 58,7 Mio. t auf Sorghumhirsen und 30,5 Mio. t auf Millethirsen.[28] Der Hektarertrag ist mit durchschnittlich 12,0 dt/ha (Sorghum: 14,6 dt/ha, Millet: 9,5 dt/ha) von allen Getreidearten der geringste. Dies ist einer der Gründe, weshalb der wesentlich ertragreichere Mais in den traditionellen Hirseanbaugebieten immer populärer wird. Allerdings hat Hirse gegenüber Mais den großen Vorteil, dass die Ernte selbst bei sehr schlechtem Wetter fast nie komplett ausfällt.
Die produzierte Hirse wurde hauptsächlich zu Breinahrung, Süßspeisen und Futtermittel verarbeitet.
Im Jahr 2022 wurden laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO weltweit insgesamt etwa 70 Mio. t Hirse geerntet.[28]
Folgende Tabellen geben eine Übersicht über die 10 jeweils größten Produzenten von Sorghum- und Millethirsen weltweit.
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Im Jahr 2021 wurden weltweit etwa 10,9 Millionen Tonnen Sorghum exportiert. Die größten Exporteure waren die USA (6,6 Mio. t), Argentinien (2,11 Mio. t) und Australien (1,59 Mio. t).[29]
Um auf die Bedeutung der Hirse im Kampf gegen den Hunger in Afrika und Asien, die Schwierigkeiten des Anbaus in Zeiten des Klimawandels und um die globale und lokale Vermarktung zu fördern rief die Generalversammlung der Vereinten Nationen im März 2021 das Jahr 2023 als Internationales Jahr der Hirse aus.[30]
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