Karton (Werkstoff)
aus Zellstoff, Holzschliff und Altpapier hergestellter Werkstoff Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Karton ist ein aus Zellstoff, Holzschliff und Altpapier hergestellter Werkstoff, der unter anderem in Druckereien als Druckuntergrund, in der Verpackungsindustrie zum Schutz von Packgut (Verpackungsmaterial) oder als Behälter (Schachtel oder Faltschachtel) sowie im grafischen Gewerbe und im Kunstgewerbe als künstlerischer Werkstoff und als Gestaltungsuntergrund eingesetzt wird. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Papier mit einer größeren Dicke. Manchmal wird Karton auch mit Holz hergestellt, zur Verstärkung des Kartons.
Karton ist in der Regel mehrlagig, besteht also aus mehreren Lagen von Papier unterschiedlicher Dicke und teilweise aus unterschiedlichem Material, die ohne Einsatz von Klebstoff miteinander verpresst (vergautscht) werden. Eine Seite kann – insbesondere beim Faltschachtelkarton – dabei gestrichen sein. Auch verklebte Kartons werden hergestellt. Die Grammatur von Karton beträgt zwischen 150 und 600 g/m², sodass der Werkstoff sowohl in den Bereich der Papiere wie auch den der Pappen reicht.
Die Herstellung von Karton verläuft ähnlich wie die Papierherstellung. Hochwertiger Karton (zum Beispiel Faltschachtelkarton) besteht meistens aus mindestens drei Lagen, wobei die Außenlagen auf Festigkeit und die innere auf Volumen optimiert werden. Im ersten Arbeitsschritt werden Zellstoff und Altpapier für die Weiterverarbeitung vorbereitet. Hierbei wird der Zellstoff, sofern nicht schon entsprechend angeliefert, in seine Fasern zerlegt und zu einem wässrigen Brei zermahlen.
Das Altpapier wird von Fremdkörpern und Schmutz befreit und ebenfalls zermahlen. Dieser Recyclingstoff kann nur zu einem bestimmten Anteil beigemengt werden, da die ursprüngliche Faser in jeder Wiederaufbereitung kürzer wird, bis sie sich schließlich nicht mehr richtig mit den anderen Fasern festigen kann und somit das Endprodukt keine ausreichende Stabilität erhält. Nach weiterer Bearbeitung, u. a. dem chemischen Deinking (Entfärben, Enttinten), wird auch das Recyclingmaterial zu einer wässrigen Lösung mit Wasser und Zusatzstoffen vermengt und dem Zellstoff beigefügt.
Dieser Brei wird nun auf ein siebartiges Endloslaufband der Kartonmaschine aufgebracht. Dadurch richten sich die im Brei enthaltenen Fasern nach der Laufrichtung des Siebes aus. Diese Laufrichtung ist bei der späteren Verarbeitung des Karton zu Faltschachteln enorm wichtig. Die entstehenden Papierbahnen werden nass aufeinander gepresst (gegautscht).
In der Kartonmaschine durchläuft diese Endlosbahn diverse Walz- und Trocknungszylinder (Kalander). Genau wie bei der Papierherstellung verlassen 95 % der eingesetzten Chemikalien das System mit dem Abwasser. Die restlichen 5 % verbleiben im Papier bzw. im Karton. Nachdem die letzte Phase der Trocknung abgeschlossen ist, wird auf die Endloskartonbahn ein so genannter „Strich“ aufgebracht, damit der Karton mit Beschriftungen und Bildern bedruckt werden kann. Der Strich (Streichfarbe, Coating) ist eine meist weiße Flüssigkeit, die zum Großteil Kalk, Füllstoffe und Bindemittel enthält, wobei die Zusammensetzung und Art der eingesetzten Stoffe stark variieren kann. Der Verbund aus Rohkarton und Strich durchläuft im nun folgenden, vorletzten Arbeitsschritt noch einmal eine Walz- und Trocknungsphase. Der Karton kann – je nach Anforderung – auf der „Strich-“Seite noch zusätzlich von einem verchromten Kalander geglättet werden. Im letzten Schritt wird die Endloskartonbahn in einzelne Bogen zerschnitten und gestapelt.
Im Allgemeinen ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Sorten im Handel erhältlich, welche gemäß ihren Faserarten unterteilt werden. Zu ihrer besseren Unterscheidung wurde ein allgemein gültiger Schlüssel festgelegt, der aus den Merkmalen der Oberflächenbehandlung, den Stoffeintrag und einer Kennziffer besteht. Beispiele für Kartonbezeichnungen könnten sein: GN1, GD, UN4.
Bei der Oberflächenbehandlung unterscheidet man zwischen:
Bei dem Stoffeintrag kann zwischen fünf verschiedenen Arten unterschieden werden:
Die Kennziffern sind entsprechend der unten stehenden Tabelle anzuwenden:
Kennziffer | Farbe der Rückseite (mit Ausnahme von GD und UD) | Spez. Volumen von GD und UD [cm³/g] |
---|---|---|
1 | weiß[Anm. 1] | > 1,45 |
2 | hell (gelb) | 1,3 – 1,45 |
3 | – | < 1,3 |
4 | braun | – |
Karton wird vor allem in der Verpackungsindustrie verwendet und dient zur Herstellung von Faltschachteln und anderen Verpackungen, wie Feinkartonagen, Buchdeckeln, Displays, Papierbechern, Getränkekartons, und weiterer Produkte. Ein Sitzmöbel aus Karton ist der Wiggle Side Chair.
2009 wurden in Lebensmitteln gesundheitlich bedenkliche Mineralölgehalte nachgewiesen, die aus Kartonverpackungen aus Recyclingfasern stammten. Die Industrie versucht daher, den Übergang von Mineralöl auf Lebensmittel zu senken, insbesondere durch technologische Lösungen wie Barrieren durch Kunststoffbeschichtungen oder Innenbeutel. Eintragswege für Mineralöl in die Lebensmittelverpackungen sind Druckfarben, die vor allem über Zeitungen und Werbeprospekte in den Recyclingkreislauf gelangen. Die Mineralölgemische dunsten aus und gehen aus der Verpackung in das Lebensmittel über. Die gesundheitliche Risikobewertung der Befunde von Mineralöl in Lebensmitteln ist schwierig, da es für die gefundenen Substanzen keine Daten zur Giftigkeit nach Aufnahme über Lebensmittel gibt. Beim Mineralöl handelt es sich um komplexe Gemische aus gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH: mineral oil saturated hydrocarbons) und aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOAH; mineral oil aromatic hydrocarbons), die teilweise krebserregend und erbgutschädigend sein können.[2]
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