Landesmuseum Zürich
Kulturhistorisches Museum in Zürich (Schweiz) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Landesmuseum Zürich (bis 2009: Schweizerisches Landesmuseum) ist das meistbesuchte historische Museum der Schweiz. Es wurde 1898 eröffnet.[1] Seit Januar 2010 ist es Teil des Schweizerischen Nationalmuseums (SNM). Diese Institution umfasst drei kulturgeschichtliche Museen und ein Sammlungszentrum. Sie untersteht dem Eidgenössischen Departement des Innern und wird von der Kulturwissenschaftlerin Denise Tonella geleitet.
Daten | |
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Ort | Museumstrasse 2 8001 Zürich Schweiz |
Art |
Kulturgeschichtliche Sammlung der Schweiz
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Architekt | Gustav Gull, Hauptgebäude Christ & Gantenbein, Erweiterungsbau |
Eröffnung | 15. Juni 1898: Hauptgebäude August 2020: Erweiterungsbau |
Betreiber |
Eidgenössisches Departement des Innern
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Leitung | |
Website |
Nach der Bundesstaatsgründung von 1848 entwickelte sich nur langsam das Bedürfnis nach einem Nationalmuseum: Es gab weder eine Sammlung zum jungen Staat noch eine große patriotisches Bewegung. So wurde 1880 auch eine erste Motion von Nationalrat Friedrich Salomon Vögelin, Professor für Kunstgeschichte am Eidgenössischen Polytechnikum, zurückgewiesen unter Verweis auf die vielen kantonalen Sammlungen. Manch einer vertrat die Ansicht, «vor 1798 gäbe es gar keine Schweizergeschichte, sondern nur Kantonalgeschichten» (Hanspeter Draeyer). Allmählich setzte ein Wandel ein: Nach der Schweizerischen Landesausstellung von 1883 war das Nationalgefühl gewachsen, so dass Vögelin eine weitere Motion einreichte. Darüber hinaus erwarb die Eidgenossenschaft 1884 die Funde der Pfahlbauersiedlung Auvernier und erhielt mehrere Kunstdenkmäler (Interieur aus der Rosenburg Stans[2], spätgotische Ratsstube aus dem Rathaus von Mellingen, Zimmerdecke aus Arbon). In Basel, Bern, Zürich und Luzern entstanden Initiativen, die sich für ein künftiges Nationalmuseum bewarben.[3] Zwischen diesen vier Städten entbrannte ein Streit, wo idealerweise dieses prestigeträchtige Museum errichtet werden sollte. Die Einrichtung eines Nationalmuseums war ganz dem Zeitgeist geschuldet und eine Frage des Selbstverständnisses in vielen der noch jungen Nationalstaaten.[4]: S. 12
Während der Landesausstellung präsentierte die von Vögelin initiierte, sogenannte «Gruppe 38» im Pavillon «Alte Kunst» ein Kleines Nationalmuseum. Damit war beabsichtigt, die Bürgerschaft auf dieses Thema zu sensibilisieren und ihr zu zeigen, welche Schätze die Schweiz besässe,[4]: S. 33 Es fand aktuell ein Ausverkauf nationaler Kulturgüter statt. Umfangreiche Sammlungen von Kulturgütern wechselten den Besitzer, weil es noch keinen Kulturgüterschutz gab und wohlhabene Bürger, dem Zeitgeschmack folgend, mit sportlicher Attitüde Altertümer sammelten. Für Grossindustrielle schien dies «die einzige Möglichkeit, innerhalb des auf Bescheidenheit und Sparsamkeit getrimmten bürgerlichen Lebensideals ihr Geld loszuwerden. … Ganze Landstriche, Klöster, Burgen und Schlösser wurden leergefegt. Gewiefte Händler verscherbelten Kunstgüter auch ohne Hemmungen ins Ausland.»[4]: S. 13–14 [5]
Im Sommer 1890 verabschiedeten die eidgenösssichen Räte einen Gesetzesänderung, wodurch das Landesmuseum geschaffen wurde. Die Neubau-Vorschläge von Zürich und Bern spalteten National- und Ständerat über Monate. Am 18. Juni 1891 setzt sich der ständerätliche Favorit Zürich durch. Das neue Museum sollte den Zweck haben, «ein möglichst vollständiges Bild von der Kultur- und Kunstentwicklung auf den Gebieten der heutigen Schweiz von vorgeschichtlicher Zeit bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts zu geben».[3] Auch die Verbindung mit der neu gegründeten ETH Zürich wurde als Argument für den Standort Zürich herangezogen: Das Landesmuseum gehöre dahin, wo es am gewinnbringendsten eingesetzt werden könne; ein pragmatischer Ansatz, der schliesslich zum schlagenden Argument wurde.[4]: S. 15
Heinrich Angst und Vögelin waren die treibenden Kräfte für das Zürcher Projekt. Sie konnten Gustav Gull, der Zürich mit zahlreichen Bauten prägen sollte, als Architekten gewinnen. Gull vertiefte sich in Schweizer Burgen- und Kirchenarchitektur. «Unter dem […] Einfluss von Heinrich Angst einigte man sich rasch auf die Verwendung typologischer Merkmale, die in einer seltsamen MIschung die Grundelemente städtischer Wehrarchitetkur (Tor- und wehrgangähnliche Flügelbauten gegen die Bahnhofsstrasse), herrschaftlicher Bürgerhäuser (Erker und Treppengiebel) sowie die Grundelemente von Burg- und Schlossarchitektur (Turm, Repräsentationshalle, Kapelle) enthalten.» (Hanspeter Draeyer). Der Bau umschloss einen grossen Hof, der durch ein Portal im hohen Turm betreten wurde. Der im Osten angebaute Flügel beherbergte die Kunstgewerbeschule – das Museum sollte nicht nur «Nationalheiligtum» (Bewerbungsschrift), sondern auch «Mittelpunkt für die künstlerische und wissenschaftliche Forschung» (Bewerbungsschrift) werden.[6]
Das Landesmuseum wurde demnach ab Herbst 1892 nordwestlich der Haupthalle des Hauptbahnhofs im Süden des Platzspitzparks gebaut. Die Stadt Zürich hatte 1,88 Millionen Franken für die Erstellung bewilligt. In verschiedenen Ausführungen wurde beim Bau mit der neuen Betongusstechnik experimentiert. Mehrere historische Räume aus Patrizierhäusern und Klöstern sowie eine Tessiner Loggia wurden in den Neubau integriert. Harte Winter, Planänderungen wie die Verwendung von inländischem Stein, Baumängel aufgrund der neuen Techniken, die Berufung von Gustav Gull zum zweiten Stadtbaumeister von Zürich und ein fehlendes Detailkonzept für die Ausstellung verzögerten die Ausführung. Museumsleitung und Bauleitung, die bei der Stadt lag, machten sich gegenseitig Vorwürfe.[6]
Mit fast dreijähriger Verspätung wurde am 25. Juni 1898 das Museum eröffnet. Es gab mehrtägige Festlichkeiten, zu denen Bundesrat, Bundesrichter und Parlamentarier geladen waren. Stadtpräsident Hans Konrad Pestalozzi und Bundesrat Eugène Ruffy hielten Reden, ein Trachtenumzug feierte das Brauchtum aus der ganzen Schweiz:[6] In 20 Bildern, vergleichbar mit den Zünften des heutigen Sechseläutens, wurden die Kantone dargestellt. Jeder Kanton führte einen «allegorischen Wagen» mit sich, durch den eine Besonderheit des Kantons dargestellt wurde. Angeführt wurde der Zug von einem «Prachtwagen der Helvetia», den Abschluss bildete ein Wagen mit «Turica, der Beschützerin der Kunst».[7]
Zürich hatte mit dem Projekt «Märchenschloss» einen Wettbewerb gegen andere Schweizer Städte gewonnen. Das Gebäude kombiniert verschiedenste Architekturstile und ist daher seit seiner Entstehung umstritten. Die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege äusserte sich in einem Gutachten vom 27. November 1997 mit folgenden Worten:
Das im Grundriss erkennbare «G» könnte sich auf den ersten Buchstaben des Namens des Architekten beziehen,[10] war aber in ursprünglichen Plänen Gulls gar nicht so vorgesehen, weshalb die These als widerlegt gilt.[11]
Heinrich Angst war von 1892 bis 1903 der erste Direktor des Schweizerischen Landesmuseums. Sein Nachfolger wurde sein Vizedirektor Hans Lehmann. Dieser war von 1904 bis 1936 Direktor. Sein Vizedirektor wurde Josef Zemp.
Die Kostüm- und Trachtenabteilung wurde an Ostern 1903 eröffnet. In der Folge wurde die Ausstellung immer wieder umgebaut und Bauschäden wurden behoben. Mit dem Neubau der Schule für Gestaltung konnten die frei werdenden Räume der Kunstgewerbeschule zu Beginn der 1930er Jahre vom Bund übernommen werden. Über die Kosten für einen Erweiterungsbau konnten sich Stadt Zürich und die Eidgenossenschaft damals aber nicht einigen, so dass es nur zu baulichen Anpassungen kam.[12]
Per 1973 ging das Museum ins Eigentum und bauliche Verantwortung des Bundes über. Der Bundesrat akzeptierte das Geschenk 1975 offiziell.[13]
Aufgrund zunehmender Platznot sollte das Landesmuseum Zürich nach mehreren vergeblichen Anläufen[14] erstmals erweitert werden.[15] Das Basler Architekturbüro Christ & Gantenbein wurde 2002 nach einem zweistufigen Architekturwettbewerb vom Bundesamtes für Bauten und Logistik mit der Sanierung des bestehenden Gull-Baus sowie der Planung eines modern gestalteten Erweiterungsbaus beauftragt.[16]
Der Entwurf mit seinen spitzen Winkeln, dem zickzackförmigen Grundriss, der langen Treppe und seiner zum Altbau kontrastierenden geschlossenen Fassade vereint Alt- und Neubau. Der Grundriss des Neubaus, der an zwei Stellen an den Altbau anschliesst, ermöglicht erstmals einen richtigen Rundgang durch das gesamte Museum.[17]
2006 begannen die Sanierungsarbeiten des Bahnhofflügels im Kostenumfang von 45 Millionen Franken und wurden im Februar 2009 abgeschlossen. Der Bahnhofflügel wurde am 1. August 2009 mit zwei neuen Dauerausstellungen eingeweiht.[17]
Für den Erweiterungsbau erteilte das Hochbaudepartement der Stadt Zürich am 3. Juni 2008 die Baugenehmigung.[18] Gegen die Abtretung des notwendigen Landes und die gesprochenen Gelder durch die Stadt Zürich wurde im Dezember 2009 das Referendum ergriffen. Die Abstimmung darüber fand am 13. Juni 2010 statt.[19] Das Stimmvolk bewilligte das Bauvorhaben. Über den geplanten Erweiterungsbau kam es zu einer kantonalen Abstimmung. Gegen den Kantonsratsbeschluss hatte das Komitee «Standpunkt Landesmuseum» im Juni 2010 das Referendum ergriffen.[20] Am 13. Februar 2011 votierte der Kanton Zürich für einen Kantonsbeitrag von 20 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds.[21] Der Spatenstich für den Erweiterungsbau erfolgte am 2. März 2012[22]. Der Grundstein wurde am 30. April 2013 gelegt. Am 31. Juli 2016 wurden die neuen Teile des Landesmuseums mit Platz für Ausstellungen, einer Bibliothek, einem Auditorium einem Shop und einer Gastrozone eröffnet.[23] Die Gesamtkosten für den Erweiterungsbau und die Sanierung des Kunstgewerbeschulflügels beliefen sich auf 111 Millionen Franken. Davon bezahlte der Bund 76 Millionen. Der Kanton Zürich steuerte 20 Millionen, die Stadt Zürich 10 Millionen und private Gönner 5 Millionen Franken bei.[24]
Die Sanierung des Hof-, West- und Ostflügels dauerte von 2014 bis 2019.[25] Am 3. August 2020 wurde der Ostflügel mit dem grossen Eingangsturm dem Museum übergeben. Die neuen Ausstellungsräume wurden bespielt und den Besuchern übergeben. Im August 2020 wurde nach einer 20-jährigen Planungs- und Bauphase die Sanierung und Erweiterung abgeschlossen. Die Sanierungskosten für den Hof-, West- und Ostflügel betrugen 95 Millionen Franken.[26] Die Gesamtkosten betrugen somit rund 250 Millionen Franken.
Das Architekturbüro Christ & Gantenbein erwarb mit dem Erweiterungsanbau drei Architekturauszeichnungen, den «Hasen in Silber» der Zeitschrift Hochparterre,[27] den Architekturpreis Beton 17 der Betonsuisse Marketing AG[28] und Best Architects 18 Gold.[29]
Das Museum beherbergt die grösste kulturgeschichtliche Sammlung der Schweiz und zeigt in den sechs permanenten Ausstellungen Schweizer Geschichte von den Anfängen bis heute:
Mehrmals pro Jahr werden Wechselausstellungen zu kulturgeschichtlichen Themen gezeigt. Dazu gehört unter anderem die jährlich gezeigten Ausstellungen der Gewinner der Journalistenpreise «Swiss Press Photo» und «World Press Photo».[37]
Zu den weiteren Angeboten des Landesmuseums zählen eine Fachbibliothek, ein umfangreiches Bildarchiv, ein Studienzentrum sowie regelmässig veröffentlichte Publikationen. Das Angebot wird mit zahlreichen Vermittlungsangeboten für ein Laien- sowie für ein Fachpublikum ergänzt.
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