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Chinesische Alchemie

Typ daoistischer Traditionen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Chinesische Alchemie kommt im Kontext des Daoismus (geschrieben auch Taoismus) vor. In chinesischen Quellen wird die Alchemie häufig Jindan zhi dao (chinesisch 金丹之道, Pinyin jīndān zhī dào) genannt, „Weg des Goldenen Elixiers“. Der Begriff Elixier bezieht sich auf das Lebenselixier oder Elixier der Unsterblichkeit. Chinesische Alchemie, die sich von der ägyptischen, hellenistischen bzw. griechischen und mitteleuropäischen Alchemie unterscheidet, wird in modernen Forschungen unterteilt in Waidan und Neidan.[1] Waidan (外丹, wàidān  „äußerer Zinnober, äußeres Elixier“) bezeichnet die chinesische Alchemie in ihrer äußeren Form, im Gegensatz zu Neidan (内丹, nèidān  „innerer Zinnober, inneres Elixier, [anablastemisches] Enchynoma“), der inneren Alchemie. Die beiden Begriffe entwickelten sich jedoch im Neidan selbst, der damit zunächst bestimmte Stufen der Praxis der Alchemie bezeichnete.[2] Die ursprünglich auf praktischen Grundlagen beruhende, im 5. Jahrhundert in ihr goldenes Zeitalter eintretende und ab dem 9. Jahrhundert ihren Niedergang erlebende chinesische Alchemie hatte sich bis zum 13. Jahrhundert beinahe vollständig in eine Meditationstechnik verwandelt, wobei der alchemistische Prozess zur Herstellung eine Elixiers nicht mehr in einem Laboratorium, oft in der Einsamkeit der Berge und Wälder, stattfand, sondern allenfalls als eine Art physiologische Alchemie im zu verjüngenden Körper des Adepten stattfindend angesehen wurde.[3]

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Waidan

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Der Schwerpunkt des Waidan ist die Herstellung eines Elixiers der Unsterblichkeit aus Mineralien (etwa Zinnober bzw. Cinnabarit), Metallen (vor allem Gold und Quecksilber), Pflanzen (etwa Disteln und Spargel) oder Trüffeln.[4] Waidan umfasst eine Fülle an unterschiedlichen Doktrinen und Praktiken.[5] Im 12. Jahrhundert soll ein Arzt seinem Patienten Lin Yen-chen ein Lebenselixier verschrieben haben, woran Lin Yen-chen allerdings qualvoll infolge einer Quecksilbervergiftung starb. Es kam zudem nicht selten bei Alchemisten und ihren Gönnern vor, dass nach Einnahme von Unsterblichkeit versprechenden Elixieren der Tod durch Zinnober- bzw. Quecksilber-, Arsen- oder Bleivergiftung folgte. Zu den alchemistischen bzw. chemischen Prozeduren gehörten unter anderem das Kochen von Salpeter und blaugrünem Steinsalz, das Erhitzen von Quecksilber mit Malachut und Azurit, das Erhitzen von Realgar mit Auripigment (wobei Arsenoxid entsteht) und das Erhitzen von Schwefel mit Realgar, Salpeter und Honig.[6]

Zwischen dem 5. und 3. Jahrhundert trat der Daoismus als Alternative zur vorherrschenden Philosophie des Konfuzianismus auf. Die Daoisten beschäftigten sich im Gegensatz zu den Konfuzianern auch mit Magie und Wissenschaft. Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. ist in China die Vorstellung belegt, dass Menschen ein Lebenselixier herstellen können. Vom dem Daoismus zugrundeliegenden Dao (bekannt auch als Tao) wurde angenommen, es sei das langgesuchte Elixier der Unsterblichkeit.[7] Waidan hat seine Ursprünge in der Han-Zeit (206 v. Chr. bis 209 n. Chr.) und seine Blüte in der Tang-Zeit (618 bis 907). Danach ging Waidan allmählich unter und existierte ab der Ming-Zeit (1368 bis 1644) nicht mehr.[8]

Im Daozang sind ungefähr hundert Texte zur äußeren Alchemie erhalten. In diesen Schriften bezieht sich das frühe Waidan auf Götter, Dämonen, Zeremonien und die Götter betreffende Rituale, während das spätere Waidan, ab der Zeit der Sechs Dynastien, sich auf kosmologische Ursprünge und Funktionen bezog, die dazu dienten den ursprünglichen Daseinszustand zu erreichen. Die spätere Form des Waidan trug wesentlich zur Entwicklung des Neidan bei.[9]

Diesbezüglich gibt es zwei Hauptlinien des Waidan, das frühere Taiqing und die spätere Santongqi-Tradition (Wei Boyang). Taiqing hat sich ab dem dritten Jahrhundert in der Region Jiangnan entwickelt, so dass aus dieser Region lokale exorzistische und rituelle Praktiken eingeflossen sind.[10] Zur Zeit der Entstehung des Shangqing wurde in Jiangnan auch das Zhouyi Santongqi verwendet, welches sich dann zur Zeit der Sechs Dynastien stark verbreitete und ab der Tang-Zeit als Hauptschrift des Waidan und Neidan zirkulierte. Die frühe Taiqing-Tradition bezieht ihre Lehren und Praktiken hauptsächlich auf Rituale, während das Santongqi kosmologisch angelegt ist. Um das Verhältnis des Dao zum Kosmos zu beschreiben, verwendet es kosmologische, astronomische und alchemistische Symbole.[11]

Als eine der bereits um das 6. Jahrhundert v. Chr. angewandten Methoden zur Erlangung von Unsterblichkeit bzw. Gesundheit galt die richtige Atemtechnik, worüber Ko Hung später unter anderem schrieb: „Im Frühling möge man sich nach Osten wenden, um den blauen Atem des Jupiter-Planeten zu essen, damit er in die Leber eintrete …; im Sommer den roten Atem des Mars, welcher in das Herz eindringt; im letzten Monat der jeweiligen Jahreszeit den gelben Atem des Saturns für die Milz; im Herbst den weißen Atem der Venus für die Lungen; und im Winter den schwarzen Atem Merkurs für die Nieren“. Ko Hung war der berühmteste Vertreter der chinesischen Alchemie und lebte im 3. und 4. Jahrhundert. Seiner Ansicht nach sollten pflanzliche Substanzen nur benutzt werden, wenn geringere Ziele als Unsterblichkeit erreicht werden sollen. Zu den Verfassern eines bereits um 140 n. Chr. entstandenen und einflussreichen Werks über Alchemie zählt Wei Po-Yang, der unter anderem über die heilsame Wirkung von Goldpräparaten schrieb und den ebenfalls alchemistisch tätigen Dichter Bai Juyi (genannt auch Po Chü-i) beeinflusste. Im Jahr 806 n. Chr. erschien das Mineralien- und Arzneimittellexikon von Mei Piao, das unter anderem synonyme (etwa Mercurius, Essenz des Bleis, blühende Perlen und Großes Yang), häufig obskure (etwa magischer Leim, Drachenfett der geheimnisvollen Flüssigkeit und Gehirn des weißen Tigers) Bezeichnungen des Quecksilbers auflistet. Wie in der westlichen Alchemie (bei der Vereinigung von Schwefel und Quecksilber) wurden zur Formulierung der zur Herstellung von Elixieren erforderlichen Vereinigung (lateinisch conjunctio) gegensätzlicher Stoffe bzw. Dichotomien von „Yin und Yang“ Metaphern gebraucht wie Vermählung und Geschlechtsverkehr. Als erster chinesischer Alchemist gilt der im 4. bis 3. Jahrhundert v. Chr. lebende Zou Yan.[12]

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Neidan

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Nèi Jīng Tú – Die „Karte der Inneren Landschaft“ dient den Adepten des Neidan als Orientierung
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Neidan-Übung

Neidan (内丹, nèidān) ist eine daoistische Schule der Inneren Alchemie, die während der Song- und Yuan-Dynastie in China entstand. Im Gegensatz zur äußeren Alchemie (外丹, wàidān) strebt die innere Alchemie nicht die Herstellung eines Stoffes im Labor an, sondern es handelt sich um eine Erleuchtungstechnik, die zur daoistischen Mystik gehört. Neidan ist eine Methode der Ordnung von innerem und äußerem Dasein und beinhaltet Techniken der existentiellen und intellektuellen Integration.

Ein Charakteristikum des Neidan ist es, dass aus dem Buddhismus spekulative Elemente übernommen wurden, z. B. Gong'ans (Koan) und Spekulationen über Leere (Wu,  / , ) und Dasein (You, , yǒu), das Yijing (bekannt auch als I Ging, genannt „Buch der Wandlungen“[13]) eine große Rolle spielt, dessen Symbole als stilisierte und abstrakte Formen grundlegender Wahrheiten angesehen werden, und Bezug genommen wird auf den Konfuzianismus und konfuzianisches Schrifttum. Es stellt einen Versuch dar, eine Synthese der Drei Lehren (Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus) vorzunehmen.

Die Neidan-Texte weisen verschiedene Merkmale auf:

  • Sie stellen Techniken der geistigen und physischen Schulung dar.
  • Sie beziehen unterschiedliche daoistische Strömungen ein wie bestimmte Atemtechniken, Zurückhaltung des Spermas bei der Ejakulation,[14] Visualisierungen aus dem Shangqing oder alchemistische Techniken.
  • Sie verwenden systematisch die Trigramme und Hexagramme des Yijing.
  • Sie verweisen auf chemische Techniken, die in ihnen eine metaphorische und symbolische Bedeutung haben.

Die ersten Texte, die sich sicher der Strömung des Neidan zuordnen lassen, gehen auf das 8. bis 9. Jahrhundert zurück. Viele Texte beziehen sich auf die Schriften Wei Boyangs, eines legendären Unsterblichen, der im 2. Jahrhundert gelebt haben soll und der das Santong Qi und das Guwen Longhu, Texte, die sich nicht sicher datieren lassen, verfasst haben soll. Ab dem 12. Jahrhundert entstanden Schulen des Neidan, deren eine Quanzhen (全真道) ist, die Schule der vollständigen Wahrheit, die durch Wang Zhe gegründet wurde und die bis heute in China fortbesteht. Diese Schule hatte im 12. und 13. Jahrhundert auch Einfluss am chinesischen Kaiserhof und war in der Gebildetenschicht sehr populär, bis sie durch den Buddhismus in ihrem Einfluss verdrängt wurde.

Die innere Alchemie hat das Ziel, zur Geburt eines neuen Menschen, des kosmischen oder heiligen Embryos (Shengtai), zu führen, und den Geist über die Welt zu erheben. Eine zentrale Vorstellung des Neidan stellt das Yuanjing dar, die „ursprüngliche Essenz“. Ihre Symbole und Techniken sind hochkomplex und stellen eine geistige Neuordnung des Individuums dar, die sich vereinfachend so darstellen lassen, dass der Adept vom uranfänglichen Chaos ausgeht, Koordinaten und Eingrenzungen erschafft, diese in Schwingungen und Dynamik versetzt, sie zusammenfügt und ineinanderflicht, um sie im Zentrum zu vereinen und zu verschmelzen, so dass Instanzen erzeugt werden, die immer reiner werden. Diese Vorgänge werden so lange wiederholt, bis der Adept die reine Leere erreicht hat, die das Dao ist. Von den Techniken des Qigong unterscheidet sich Neidan dadurch, dass es den Schwerpunkt auf geistige Techniken legt und die physischen Übungen, wie Qigong, welche in heutigen Klöstern ebenfalls praktiziert werden, nur vorbereitende Stufen sind.

Die Schule des Quanzhen betont, dass das Ziel nicht die physische Unsterblichkeit ist, wie in den früheren Schulen des Daoismus (z. B. der Himmelsmeister oder des Shangqing), sondern dass es um rein innerliche Prozesse geht, die den Geist über die Welt setzen. Die Quanzhen-Schule stellte die erste Schule des Daoismus dar, die nach Vorbild des Chan-Buddhismus Klöster errichtete und strenge Regeln des Zölibats, der Enthaltsamkeit von Alkohol, Fleisch, Begierden, Zorn und Reichtümern einführte.

Auf Taiwan gibt es noch einige Klöster des Quanzhen, und in der Volksrepublik China werden mittlerweile Klöster wiederaufgebaut und bewohnt.

Eine Erklärung der theoretischen Grundlagen der physiologischen bzw. inneren Alchemie, in der Blei, Quecksilber und Zinnober keine chemischen Elemente oder Verbindungen meinen, sondern metaphorische Bedeutung haben, verfasste 1596 der Arzt Sun I-k’uei.[15] Ein weiterer berühmter Vertreter der Schule der inneren Alchemie war Zhang Boduan, die berühmteste Vertreterin war Sun Bu’er.

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Siehe auch

Literatur

  • Thomas Cleary (Hrsg.): Die Drei Schätze des Dao. Über die Harmonie von Körper, Geist und Seele. Basistexte der inneren Alchemie. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-596-12899-4 (Fischer 12899 Spirit).
  • Allison Coudert: Der Stein der Weisen. Die geheime Kunst der Alchemisten. (Originalausgabe: Alchemy: the Philosopher's Stone. 1980) Lizenzausgabe. Pawlak, Herrsching 1992, ISBN 3-88199-911-6, S. 179–219 (Chinesische Alchemie oder Das ewige Leben kann man essen) und öfter.
  • Richard Bertschinger (Übers., Kommentar): Santong Qi. Das Dao der Unsterblichkeit (Anmerkung: Cantong Qi – Falschschreibung von  / , sān  „drei“ durch  / , cān  „teilnehmen, an etw. teilhaben“).[16][17] Krüger, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-8105-2341-0.
  • Joseph Needham (Hrsg.): Science and Civilization in China. Band 5 (Chemistry and Chemical Technology), 13 Teile (von denen 11 erschienen sind). Cambridge University Press, 1985 bis 2004.
  • Isabelle Robinet: Geschichte des Taoismus. Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-01298-X.
  • Mantak Chia: Tao Yoga der inneren Alchemie. Das Geheimnis der Unsterblichen. Fusion der fünf Elemente. Heyne, München 2006, ISBN 3-453-70040-6.
  • Fabrizio Pregadio (Hrsg.): The Routledge Encyclopedia of Taoism. 2 Bände. Waidan, Band II, S. 1002ff. Routledge, London (u. a.) 2008, ISBN 978-0-7007-1200-7.
  • Friedemann Rex: Chemie und Alchemie in China. In: Chemie in unserer Zeit. Jahrgang 21, 1987, S. 1–8.-
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Einzelnachweise

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