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Interessenvertretung

Gruppe, die die Interessen einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe definieren und vertreten soll Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Eine Interessenvertretung (auch Interessengruppe, seltener Interessensvertretung oder Interessensgruppe[1]) ist eine Person, Gruppe oder Institution, die Interessen einer bestimmten Gesellschafts-, Wirtschafts- oder Berufsgruppe oder einer politischen oder gesellschaftlichen Strömung definieren und vertreten soll. Interessenvertretungen werden auch – nicht selten negativ konnotiert – als Lobbys bezeichnet.[2]

Das Ziel ist, Einfluss auf politische Entscheidungsträger oder auf die Öffentlichkeit zu nehmen, um politische Agenden zu setzen und gewünschte politische Entscheidungen herbeizuführen.

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Formenvielfalt

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Die organisierte Vertretung von Interessen und die Einflussnahme auf den politischen Meinungsbildungsprozess ist in der Demokratie grundsätzlich erlaubt und durch Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit usw. geschützt. Dabei gibt es verschiedenen Formen der Interessenvertretung, die sich nach den folgenden Kriterien unterscheiden:

  • Mitgliedschaft (freiwillig, verpflichtend oder keine Mitglieder)
  • Legimationsquelle (Mitglieder, Recht/Gesetz, Expertise, moralischer Anspruch)
  • Finanzierung (Mitgliedsbeiträge, staatliche Finanzierung, Spenden/Stiftungen, Mischformen)
  • Funktion (Dienstleistung, Selbstverwaltung, Lobbying, Beratung, Protest)
  • Rechtsstatus (Körperschaft öffentlichen Rechts, Verein, Stiftung, NGO)
  • Reichweite (lokal, national, transnational)

Pflicht- und gesetzlich verankerte Interessenvertretungen

Bei öffentlich-rechtlichen Pflichtverbänden ist die Mitgliedschaft gesetzlich vorgeschrieben. Die demokratische Legitimation erfolgt indirekt durch Wahlen innerhalb der Gruppe. Es werden hoheitliche oder quasi-hoheitliche Aufgaben wahrgenommen. Diese Interessenvertretungen haben eine sehr starke Stellung im politischen Prozess. Beispiele sind IHK, Rechtanwaltskammern, Ärztekammern.

Ebenfalls rechtlich vorgeschriebene Beteiligungsvertretungen sind die Elternvertretungen an Schulen, Personal- und Betriebsräte, Jugend- und Seniorenbeiräte. Diese haben jedoch eine schwächere Stellung und weitgehend nur beratende Funktionen.

Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände

Hier ist die Mitgliedschaft zwar freiwillig, aber oft faktisch alternativlos. Die Organisationen sind stark institutionell vernetzt und kombinieren Lobby und Selbstkoordination. Beispiele sind die Arbeitgeberverbände und Branchenverbände (Chemie, Automobil etc.).

Mitgliedschaftsbasierte freiwillige Verbände

Hier ist die Mitgliedschaft freiwillig. Die Finanzierung erfolgt über Beiträge. Politische Positionen müssen mitgliedsfähig sein. In diese Kategorie gehören der ADAC, Gewerkschaften (DGB-Einzelgewerkschaften) und Mieter- oder Verbraucherverbände. Mitglieder können aus solchen Verbänden austreten, womit ihre Finanzierung entfällt. Dies diszipliniert Lobbying-Aktivitäten.

Informelle und episodische Interessenvertretungen

Bürgerinitiativen und -bewegungen sind oft lose organisiert, zeitlich begrenzt und thematisch eng begrenzt. Sie entstehen aus unmittelbarer Betroffenheit und erhalten ihre Ressourcen aus Zuwendungen und Arbeitseinsatz der Betroffenen.

Professionelle internationale Advocacy-Organisationen (ohne Mitgliederdemokratie)

Organisationen wie Greenpeace oder Amnesty International bezeichnet man als Advocacy-Organisationen. Sie haben Unterstützer, nicht Mitglieder. Alle Entscheidungen liegen bei hauptamtlichen Kampagnenstäben. Ihre Legitimation nach außen gewinnen sie aus moralischen Ansprüchen. Sie haben eine große Außenwirkung bei geringer interner Kontrolle. Diese Organisationen sind in der Regel international ausgerichtet. Sie finanzieren sich oft hauptsächlich staatlich oder durch Stiftungen und nehmen einen starken indirekten Einfluss auf die Politik.

Experten-, Thinktank- und Wissensorganisationen

Auch solche Institionen sind nicht durch Mitglieder legitimiert und haben gerade bei Spezialinstituten oft eine sehr intransparente Finanzierung. Sie gewinnen Einfluss über öffentlich verfügbare Expertise, Daten und Studien, womit sie ohne Rechenschaftspflicht Agenden setzen. Hierzu gehören politiknahe Stiftungen und wirtschafts- oder politiknahe Thinktanks.

Staatlich (mit-)finanzierte Interessenorganisationen

Nichtregierungsorganisationen in den Bereichen Gleichstellung, Klima, Gesundheit sowie Träger politischer Bildung sind oft formell unabhängig, defakto aber staatsfinanziert und handeln im Einklang oder im Auftrag öffentlicher Stellen.

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Strategien der Einflussnahme

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Die Strategie der Einflussnahme sind vielfältig. Während die outside strategy sich primär an die Öffentlichkeit richtet und zu deren Mobilisierung dient, bezeichnet die inside strategy eine eher traditionelle Form des Lobbyismus, welcher meist von wirtschaftlichen Interessen getragen wird. Beide Strategien versuchen an verschiedenen Punkten des Politikzyklus anzusetzen.[3]

Öffentlichkeitsarbeit

Als Öffentlichkeitsarbeit bezeichnet man Strategien von Interessengruppen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung und des politischen Umfelds. Dies bezieht auch die Arbeit mit der Presse mit ein. Zu den Aufgaben der Öffentlichkeit gehört das Agenda-Setting (Worüber reden wir?) und das Gewinnen der Öffentlichkeit für gewisse Inhalte. Dies geschieht über Medien, Kampagnen, die Verbreitung zweckdienlicher Narrative und durch Moralisierung.

Jede Interessenvertretung muss sich insbesondere der Kritik der anderen Seite stellen, weil es gesellschaftliche Gruppen mit entgegengesetzten Interessen gibt (Interessenkonflikt). Die Auseinandersetzungen werden in der Regel auch über die Medien und die Öffentlichkeit ausgetragen.

Typische Akteure sind Advocacy-NGOs, Bewegungen und Kampagnenorganisationen.[4]

Lobbyismus

Lobbyismus bezeichnet die direkte, meist nicht-öffentliche Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger zur Gestaltung konkreter politischer Entscheidungen. Lobbyismus zielt auf Regulierungsdetails und nutzt Fachwissen und institutionellen Zugang. Er ist zeitlich getaktet und erfolgt vor Entscheidungszeitpunkten und vor der öffentlichen Debatte. Typische Methoden sind Gespräche mit Abgeordneten, Ministerialkontakte, Teilnahme an Anhörungen, Formulierungshilfen für Gesetze.Typische Akteure sind Wirtschaftsverbände, Kammern, Gewerkschaften, professionelle Lobbybüros. Lobbyaktivitäten sind demokratisch legitim, aber intransparent und zugangsbasiert.

Öffentlichkeitsarbeit formt den Kontext. Lobbyismus formt die Entscheidung. Lobbyismus und Öffentlichkeitsarbeit werden häufig kombiniert. Als Outside-Lobbying beizeichnet man Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, politischen Druck auf Entscheidungsträger aufzubauen. Zum Beispiel wird mit einer Kampagne öffentliche Empörung ausgelöst, auf die Politiker dann reagieren.[4]

Wissens- und Expertenpolitik

Bei Wissens- und Expertenpolitik versuchen Organisationen wie Institute, Thinktanks, Stiftungen oder wissenschaftsnahe NGOs über Gutachten, Studien und Artikel die Deutungshoheit zu gewinnen.[4]

Formalisierte Mitwirkung

Oftmals ist eine Mitwirkung der Betroffenen im Gesetzgebungsprozess formal vorgesehen. Dies geschieht durch Stellungnahmen, Anhörungen, Beiräte und Konsultationen. Typische Akteure sind hier Pflichtverbände, Dachorganisationen und alle Arten von staatlich anerkannten Akteuren.

So kennt die Europäische Kommission den sogenannten Call for Evidence, eine offenen Konsultation, bei der Entwürfe, Problembeschreibungen oder Evaluierungen veröffentlicht werden und alle Interessierten (Bürger, Unternehmen, NGOs, Verbände, Behörden) aufgefordert werden, Informationen, Stellungnahmen oder Daten einzureichen.[5][6]

In Deutschland gibt es für Interessenverbände durch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien eine Möglichkeit der Interessenvertretung, die sich zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Lobbyismus bewegt. § 47 GGO schafft eine Grundlage für die Beteiligung betroffener Verbände im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren.[7] Das jeweils zuständige Fachministerium ist gehalten, betroffene Verbände zu einer Stellungnahme aufzufordern. Allerdings gibt es für die Verbände keinen Rechtsanspruch auf Übernahme ihrer Argumente in die Regelung.

Konfrontative Einflussnahme

Hier wird in den gewünschten Themen Druck durch Störung erzeugt. Ziel ist Aufmerksamkeit durch Kosten und darüber Agenda Setting. Dies geschieht durch Proteste, Blockaden, zivilen Ungehorsam und Skandalisierung. Akteure sind Bewegungen und radikale NGOs. Die demokratische Bewertung solcher Aktionen ist problematisch, sie sind oft strafbar.[4]

Innen-Kommunikation

Eine Kommunikation jeweils getroffener Standpunkte muss bei mitglieder-basierten Organisationen auch nach innen erfolgen. Interne Kommunikation erklärt Positionen, rechtfertigt Prioritäten und schafft Akzeptanz auch bei Minderheiten. Wie Albert O. Hirschmann in seiner Arbeit Exit, Voice and Loyality erklärt, ist es für die Loyalität von Mitgliedern entscheidend, dass Widerspruch im Rahmen einer internen Kommunikation möglich ist.

Bei der institutionell verankerten Interessenvertretung ist dabei zu berücksichtigen, dass zum Beispiel Informationen aus der Mitwirkung in einem Verwaltungsrat oftmals dem Amtsgeheimnis unterliegen (vgl. Verwaltungsverfahrensgesetz), im Betriebsrat Schweigepflicht über die Beratungen mit Mitarbeitern einzuhalten ist und im Personalrat bei schwebenden Verfahren Stillschweigen gilt.

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Probleme

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Basisferne und Demokratieprobleme

Größere Organisationen neigen dazu, dass sich Entscheidungsgewalt bei wenigen Funktionären konzentriert. Die Mitglieder können die Führung nur begrenzt kontrollieren. Je größer die Organisation wird, desto weniger Einfluss haben die Mitglieder auf selbst-rekrutierende Führungseliten.[8] Mit zunehmender Professionalisierung einer Organisation übernehmen Profis die Macht und der Einfluss von Mitgliedern geht verloren.[9]

Viele organisierte Interessenvertretungen und Akteure in der öffentlichen Meinungsbildung wie NGOs, Think Tanks, Stiftungen, Universitäten und Firmen haben überhaupt keine Mitglieder im eigentlichen Sinne. Dennoch wenden diese Organisationen im Wesentlichen gleiche Verfahren an, um Einfluss auf die öffentliche Meinung zu gewinnen. Diese Akteure im politischen Meinungsbildungsprozess sind nicht wahlbasiert, oft nicht beitragsfinanziert und unterliegen keiner internen demokratischen Kontrolle. Dies kann ein Problem für den demokratischen Prozess darstellen:[10]

  • Mitgliedsorganisationen bündeln viele kleine Ressourcen (egalisierender Effekt).
  • Mitgliederlose Organisationen bündeln große Ressourcen weniger Akteure (Großspender, Stiftungen).[10]

Die Folge ist, dass die Interessen einzelner sehr wohlhabender möglicherweise auch ausländischer Akteure in der Politik ein übermäßiges Gewicht erhalten. Die Rechenschaftspflichten, die mit Mitgliedern und Wahlen einhergehen entfallen. Mitgliederlose Organisationen werden von ihren Financiers gesteuert. Die Finanzierung steuert auch welche Themen gesetzt werden. Kriterien dafür sind:

  • Spendenattraktivität
  • Medienwirksamkeit
  • Elitenzugang[10]

Einige Organisationen wie z. B. Greenpeace haben zwar Mitglieder, diese haben jedoch keinerlei Einfluss auf die Organisation und ihre Ziele. Sie sind somit faktisch nur Spender. Die Organisation ist somit ihren Unterstützern nicht rechenschaftspfllichtig und rechtfertigt sich stattdessen über moralische Ansprüche: „wir sprechen für die Umwelt“. Auf diese Weise wird eine starke externe Legitimität (Ansehen in der Öffentlichkeit) ohne interne demokratische Legitimation erreicht.[11]

Diese Art der Professionalisierung entkoppelt die soziale Bewegungen von Unzufriedenheit und Unruhe in der Gesellschaft. Sie ist nicht mehr auf eine Gemeinschaft von Mitgliedern angewiesen, die Geld und Arbeitszeit bereitstellt. Stattdessen werben solche Organisationen Gelder professionell ein. Die Zunahme und das Wachstum solcher Organisationen hat somit immer weniger mit Unzufriedenheit in der Gesellschaft zu tun, sondern spiegelt stattdessen die Konkurrenz um wachsende Geldsummen wieder, die diverse Stiftungen und wohlhabende Privatpersonen bereit sind, solchen Zwecken zu widmen.[12] Dem Einwerben solcher Gelder dienen, im Fall von Greenpeace, auch spektakuläre Protestaktionen, die ebenfalls professionell von festbezahlten Mitarbeitern erledigt werden.[13]

Vereine, die nach wie vor von Mitgliedern finanziert werden, müssen diese im Blick behalten und darauf achten, von ihnen als legitime Vertreter wahrgenommen zu werden. Dies gilt auch, wenn sie die Größe überschritten haben, bei der Mitglieder noch demokratischen Einfluss nehmen können. Es steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass der Verein sich stark professionalisiert und unternehmensähnliche Strukturen angenommen hat.

Ein Beispiel dafür ist der ADAC. Der ADAC finanziert sich durch seine ca. 20 Mio. Mitglieder. In seiner Anfangszeit trat er als eine starke Pro-Auto-Lobby hervor. Folgend dem Gelbe-Engel-Skandal[14] im Jahr 2014 verfolgte der Verein eine Politik der bewussten Entpolitisierung. Nach Mancur Olsons klassischer Arbeit zur Logic of Collective Action[15] muss ein Verband politisch umso vorsichtiger und moderater auftreten, je heterogener die Mitgliederbasis ist. Beim ADAC sind die Mitglieder Autofahrer, aber gleichzeitig Radfahrer, ÖPNV-Nutzer, Familien, Großstadtbewohner und Klimabewusste. In Folge zog sich der ADAC zunehmend aus einer konfrontativen Verkehrspolitik zurück und betont stattdessen Service (Pannenhilfe, Versicherungen, Reisen), Sicherheit und „Mobilität für alle“. Der Verein ist damit ein Hybrid aus Interessenverband und Dienstleistungsorganisation.

Dies zeigt, dass es für mitgliederfinanzierte Interessengruppen die Legitimierung durch ihre Mitglieder wichtig bleibt. Die Öffentlichkeit legitimiert Interessenvertretungen nach Glaubwürdigkeit, Qualifikation und Knowhow sowie nach ihrer Verbundenheit zu den Gruppen, die sie zu vertreten vorgeben.[16][17]

Staatsfinanzierte Meinungsinstitute

NGOs und Meinungsinstitute, die vorrangig durch öffentliche Mittel finanziert werden, sind offensichtlich problematisch. Sie ermöglichen es der Regierung, ihre eigenen Positionen zu propagieren ohne dass ersichtlich wird, dass es sich um Verlautbarungen der Regierung handelt. Diese Strategie ist besonders aus Diktaturen bekannt: Vereine und Presseorgane werden gleichgeschaltet, erscheinen aber weiter unter altem Namen und wirken damit unabhängig. Aber auch in Demokratien sind solche Strukturen relevant.

So kann eine Graswurzelunterstützung für eine Bewegung simuliert werden, die in Wirklichkeit staatlich finanziert ist (Astroturfing). Weiterhin kann der Staat kritische Akteure finanziell einbinden und damit kritische Opposition und unabhängige Kritik schwächen. Staatsfinanzierte NGOs können Kampagnen fahren, Narrative setzen und damit gesellschaftliche Akzeptanz für die Position der Regierung schaffen. Auf diese Weise werden Steuergelder für die Selbstreproduktion der Regierungseliten missbraucht (siehe GONGO). Vor diesem Hintergrund kritisierte Prof. Gersdorf die derzeitige NGO-Finanzierungspraxis der Bundesregierung als verfassungswidrig.[18][19]

Regierungen tendieren zunehmend dazu, normativ umstrittene Positionen wie Migration, Klima, Gleichstellung, Extremismusprävention, die eigentlich Gegenstand des politischen Prozesses sein sollten, an NGOs auszulagern. Dies ist ein Element der von Colin Crouch beschriebenen Postdemokratie, in der die formalen Merkmale der Demokratie wie Wahlen und Regierungen fortbestehen, alle echten Entscheidungen aber in nicht demokratisch legitimierte Gremien ausgelagert sind. Dies ermöglicht, Politik als Sachzwang und gesellschaftlicher Konsens erscheinen zu lassen.[20]

Intransparenz von politischer Einflussnahme und ihrer Finanzierung

Für die Transparenz des politischen Entscheidungsprozesses ist es wichtig, zu wissen, welche Institutionen in den politischen Entscheidungsprozess involviert sind und wer diese finanziert.

Vor diesem Hintergrund schlägt die OECD Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz von Lobbyaktivitäten vor. Hierzu gehören[21]:

  • Offenlegung von Lobby- und Einflussaktivitäten, die im Namen ausländischer Staatsinteressen durchgeführt werden
  • Offenlegung von Spenden und Beiträgen, die die Regierung, Amtsträger, politische Parteien und Wahlkämpfe erhalten.
  • Transparenzmaßnahmen für alle Gremien, die die Regierung beraten, öffentliche Zugänglichkeit von Informationen über die Finanzierung und Funktionsweise von Beratungsgremien
  • Transparenz und Integrität in Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen bei der Ausübung von Lobby- und Einflussaktivitäten
  • Offenlegung von Interessenskonflikten[21]

Die Finanzierung größerer Thinktanks wird durch Transparify geratet. In Ungarn wird ein Gesetzesentwurf diskutiert, der Transparenzpflichten für ausländische Finanzierung durchsetzen soll.[22]

Durchsetzung von Sonderinteressen auf Kosten der Allgemeinheit

Ein Sonderinteresse ist eine Regelung, die erhebliche Vorteile für eine kleine Interessengruppe bietet, während die Kosten über eine große Gruppe von Bürgern breit verteilt werden. Wenige Leute haben also einen großen Gewinn, während viele Leute einen kleinen Verlust erleiden.

Weil für die Interessengruppen viel auf dem Spiel steht, werden sie zu ihren Angelegenheiten eine starke Meinung haben und diese auch durch Lobbyisten professionell und lautstark vertreten lassen. Sie werden ihre Unterstützung ausschließlich einem Kandidaten zuwenden, der ihre Interessen vertritt. Dessen Wahlkampagne werden sie auch gerne finanziell unterstützen.

Im Gegensatz dazu werden die meisten anderen rational ignoranten Wähler über diese Sonderinteressen entweder überhaupt keine Kenntnis haben oder sich wenig darum kümmern. Der individuelle Verlust für den Einzelnen ist zu gering, um ihm Aufmerksamkeit zu widmen. Selbst wenn die Wähler Bescheid wüssten, wäre es schwierig, politische Kandidaten dafür abzustrafen, weil diese immer ein Bündel von Positionen im Angebot haben.

Somit können Politiker wenig dabei gewinnen, die Interessen der rational ignoranten Mehrheit zu unterstützen. Viel lukrativer ist es für sie, Sonderinteressen stattzugeben. Diese Tendenz wird noch verstärkt durch Kuhhändel, die politische Gegner untereinander aushandeln. Diese laufen oft darauf hinaus, dass der eine zustimmt, dass die Klientel des anderen bedient wird, wenn dieser zustimmt, dass seine Klientel bedient wird.[23]

Framing und Agenda-Setting

Interessengruppen profitieren stark von Informationsassymmetrien. Politiker sind Generalisten. Sie sind keine Experten für Produktionsprozesse, Technologien, Regulierungseffekte oder Marktstrukturen und können es auch nicht sein.

Lobbyisten fungieren vor diesem Hintergrund als Informationsintermediäre. Sie besitzen private Informationen und liefern diese strategisch gefiltert. Es entsteht eine Symbiose, bei der Lobbyisten in Reputation investieren. Nachweisbar falsche oder irreführende Informationen beschränken den künftigen Zugang. Die Beeinflussung der Politik erfolgt somit oft positiv durch Wissensaufbau, aber auch manipulativ durch Agenda Setting und Framing komplexer Sachverhalte.[24] Diese Art der Interaktion wird auch mit Methoden der Spieltheorie untersucht.[25]

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Rechtsgrundlagen

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Deutschland

Eine gesetzliche Grundlage für die Bildung von Interessengruppen wurde 1869 mit der Gewerbefreiheit sowie 1867 mit der Festlegung der Koalitionsfreiheit geschaffen. Im preußischen Kaiserreich und der Weimarer Republik herrschte oftmals eine sehr enge Parteibindung zwischen den Verbänden und den politischen Parteien vor.

Die Rechtsgrundlage für Betriebsräte ist im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt. Schon 1920 gab es das Betriebsrätegesetz.

Personalräte folgten in den 1920er Jahren. Die Arbeit der Personalräte ist in den Mitbestimmungsgesetzen der Länder geregelt, zum Beispiel im Landespersonalvertretungsgesetz Berlin (LPersVG).

Auch die Allgemeinen Studierendenausschüsse (AStA) entstanden in den 1920er Jahren. Ihre Arbeit ist den Hochschulgesetzen der Länder geregelt. In Bayern gibt es jedoch keine Regelungen. Dort arbeiten provisorisch die Unabhängigen Studierendenausschüsse (UStA) an den Hochschulen.

Auch die Mitbestimmung in Seniorenheimen ist gesetzlich geregelt (Heimmitwirkungsverordnung). In Studentenwohnheimen ergaben sich Rechtsgrundlagen nur aus den Förderbestimmungen (zum Beispiel Bundesjugendplan). Die Schaffung von Mieterbeiräten im sozialen Wohnungsbau wurden Anfang der 1980er Jahre von der sozialliberalen Koalition diskutiert, aber es wurden keine Rechtsgrundlagen dafür geschaffen. Trotz des Fehlens rechtlich verbindlicher Vorgaben hat der Berliner Senat seine landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften verpflichtet, bei den Unternehmen demokratisch gewählte Mieterbeiräte zur Vertretung der Mieterinteressen zu bilden und Leitlinien für die Zusammenarbeit vereinbart. Zur Stärkung der Mietermitbestimmung hat er zum 1. Januar 2016 die Bildung von Mieterräten bei diesen Unternehmen beschlossen.[26]

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Europäische Union

In der Europäischen Union besteht eine umfassende Praxis der Einbindung von Interessenvertretern. Im Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union[27] sind Grundsätze für Konsultation und Partizipation festgelegt.

Siehe auch

Literatur

  • Marco Althaus, Sven Rawe, u. a. (Hrsg.): Public Affairs Handbuch.
  • Florian Busch-Janser: Staat und Lobbyismus – Eine Untersuchung der Legitimation und der Instrumente unternehmerischer Einflussnahme. ISBN 3-938456-00-0.
  • Alexander Classen: Interessenvertretung in der Europäischen Union. Zur Rechtmäßigkeit politischer Einflussnahme. Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-05410-6.
  • Steffen Dagger; Manuel Lianos: Neues Spiel, neues Glück – Public Affairs in Brüssel. In: Politik & Kommunikation Nr. 21, 11/2004 (pdf).
  • Steffen Dagger: Energiepolitik & Lobbying: Die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2009, ibidem-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 3-8382-0057-8.
  • Willi Dickhut: Gewerkschaften und Klassenkampf. Verlag Neuer Weg, Düsseldorf 1988, ISBN 3-88021-169-8.
  • Thomas Leif, Rudolf Speth (Hrsg.): Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland. Wiesbaden 2006.
  • Mirco Milinewitsch: Professionalisierung der Interessenvermittlung durch externes Public Affairs Management. ISBN 3-938456-50-7.
  • Adi Ostertag, K. Buchholz, K. Klesse, R. Schmidt: Mitbestimmung und Interessenvertretung. Qualifizierte Mitbestimmung in Theorie und Praxis. Bund-Verlag, Köln 1981, ISBN 3-7663-0504-2.
  • Martin Schwarz-Kocher, Eva Kirner, Jürgen Dispan, Angela Jäger, Ursula Richter, Bettina Seibold, Ute Weißfloch: Interessenvertretungen im Innovationsprozess. Der Einfluss von Mitbestimmung und Beschäftigtenbeteiligung auf betriebliche Innovationen. Edition Sigma, Berlin 2011, ISBN 978-3-8360-8725-4.
  • Ulrich Willems, Thomas von Winter: Interessenverbände als intermediäre Organisationen. Zum Wandel ihrer Strukturen, Funktionen, Strategien und Effekte in einer veränderten Umwelt. In Dieselben (Hrsg.): Interessenverbände in Deutschland. Wiesbaden 2007, S. 13–50.
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Wiktionary: Interessenvertretung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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