Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Primäre ciliäre Dyskinesie (PCD), kurz Ziliendyskinesie, ist eine sehr seltene angeborene Störung der Flimmerzellen des Oberflächenepithels (Zilien) im Atmungstrakt. Der Selbstreinigungs- und Abwehrmechanismus (Mukoziliäre Clearance) der Atemwege ist erheblich beeinträchtigt.[1][2][3][4] Bei etwa der Hälfte der Betroffenen liegt ein Kartagener-Syndrom vor mit seitenverkehrter Anlage innerer Organe (Situs inversus).
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
Q34.8 | Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungen des Atmungssystems |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1904 durch den ukrainischen Arzt Alfons Siewert (1872–1922).[5]
Synonyme sind: Primäre ziliäre Dyskinesie; Primäre Ziliendyskinesie; Syndrom der immobilen Zilien[6], englisch Immotile cilia syndrome (ICS); selten: Siewert's syndrome; Siewert-Kartagener syndrome[7]
Die Häufigkeit wird auf 1 zu 15.000–30.000[8], auf 1 zu 5.000–20.000 geschätzt[1], nach neuster Untersuchung dürfte die Häufigkeit zugrundeliegender Genvariationen bei 1 auf 7554 Personen liegen und bei Menschen mit afrikanischer Abstammung erhöht sein.[4][9]
Beim Kartagener-Syndrom liegt immer eine Primäre Ciliäre Dyskinesie vor, ebenso bei der sehr seltenen Augenkrankheit Primäre Ziliendyskinesie - Retinitis pigmentosa.[10]
Die PCD ist klinisch und genetisch heterogen. In etwa 30 % wurden keine ursächlichen Mutationen gefunden, bislang konnten an die 50 verschiedene Gene als Ursachen identifiziert werden. Die Vererbung erfolgt fasst immer autosomal-rezessiv.[1]
Ausnahmen sind: (alle selten)
sowie eine gleichfalls X-chromosomal-rezessive Form mit Mutationen im OFD1-Gen an p22.2[13]
Je nach zugrunde liegender Mutation können folgende Typen unterschieden werden (in absteigender Häufigkeit):[3]
Bei der PCD sind alle Körperzellen mit Zilien betroffen, also insbesondere der Atemwegstrakt einschließlich der Nasennebenhöhlen. Eine Unfruchtbarkeit kann durch Bewegungseinschränkung der Spermien beziehungsweise des Eileiters auftreten.[1][8]
Klinische Kriterien sind:[1][8]
Seltener kommen Trichterbrust und Skoliose vor (5–10 %). Auch kann ein Hydrozephalus auftreten. Mitunter erfolgt die Diagnose erst im Erwachsenenalter Liegt zusätzlich ein Situs inversus vor (40–50 %), handelt es sich um das Kartagener-Syndrom.
Die Diagnose ergibt sich aus den klinischen Befunden und kann durch humangenetischen Nachweis einer der Mutationen gesichert werden. Im Transmissionselektronenmikroskop können in Biopsien ultrastrukturelle Defekte in den Zilien gefunden werden. Ab dem 5. Lebensjahr kann die Messung von Stickstoffmonoxid im Nasenraum als Screening durchgeführt werden.[1][8]
Eine ursächliche Behandlung ist bislang nicht bekannt, symptomatisch muss die Schleimlösung verbessert werden, Antibiotikagabe und Immunisierung werden empfohlen. Im Endstadium ist eine Lungentransplantation zu erwägen.[1]
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.