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Rechtstheorie

systematische Beobachtung des Rechts in seinen Erscheinungsformen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Als Rechtstheorie wird eine Disziplin bezeichnet, die versucht, das Recht in seinen gesamten Erscheinungsformen systematisch darzustellen und daraus nachprüfbare (falsifizierbare) Erkenntnisse zu gewinnen.

Einordnung

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Rechtstheorie war zunächst Teilbereich der Rechtsphilosophie, entwickelte sich aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts als eigenständige Disziplin. Deren Kern bilden die Reine Rechtslehre von Kelsen. Sie setzt auf das Konzept der Norm und den damit verbundenen Rechtspositivismus. Außerdem lehnt sie nachdrücklich die philosophische Metaphysik ab. Ihr formaler Ansatz ist insofern universell; er umfasst auch grob ungerechtes und menschenrechtswidriges Recht.

Das positive Recht der nationalen Verfassungen und der Menschenrechte sorgen für die jeweilige inhaltliche Ausgestaltung. Sie führt zumindest für das Deutsche Recht zur Radbruchsche Formel, die eine Minimalethik im Recht verlangt.

International wird überwiegend der wertfreie Rechtspositivismus als der Kern der Rechtstheorie (Theory of Law) begriffen.[1]

Die Bezeichnungen Rechtstheorie, Rechtsphilosophie und Allgemeine Rechtslehre werden von manchen Rechtswissenschaftlern austauschbar verwendet, für andere bezeichnen sie hingegen separate Disziplinen. Manche erörtern die Rechtstheorie und die Rechtsphilosophie auch gemeinsam mit der Rechtsgeschichte und der Rechtssoziologie bei den „Grundlagen des Rechts“.

Die juristische Methodenlehre bildet eine selbstständige Unterform der Rechtstheorie.

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Der Begriff des Rechts

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Anders als die Rechtsdogmatik richtet die Rechtstheorie „sich nicht auf bestimmte Gegenstände rechtlicher Regelung (also nicht z. B. auf bestimmte Schuldverhältnisse, Straftaten oder Verfassungsstrukturen), sondern auf den Begriff des staatlichen Rechts selbst“, d. h. auf dessen wesentliche Merkmale: Es ist eine Verhaltensregelung, die in einer Gemeinschaft den Freiheitsgebrauch und den Interessenausgleich wirksam organisiert und gerecht ordnet.[2]

Mit den Worten des Rechtstheoretikers Alexy: „Das Hauptproblem im Streit um den Rechtsbegriff ist das Verhältnis von Recht und Moral. Trotz einer mehr als zweitausendjährigen Diskussion stehen sich nach wie vor zwei Grundpositionen gegenüber: die positivistische und die nichtpositivistische.“[3] So habe schon Xenophon gefragt: „Also auch wenn ein Tyrann sich des Staates bemächtigt und den Bürgern. vorschreibt, was sie tun sollen, auch das ist ein Gesetz?“[4].

Als "gängige" positivistische Definition des Rechts erläutern Honsell/Mayer-Maly: Recht sei die „Gesamtheit der Normen, die das Zusammenleben der Bürger im Staate regeln und die durch die von staatlichen Institutionen erlassen und gegebenenfalls mit Zwang durchgesetzt werden".[5] Diese Sicht versteht den Staat als vorrangigen Normsetzer.

Sozialer wird das Recht mit den Worten von Norbert Horn: „Recht ist der Inbegriff der vom Staat garantierten allgemeinen Normen zur Regelung des menschlichen Zusammenlebens und zur Beilegung zwischenmenschlicher Konflikte durch Entscheidung.“[6]

Ralf Dreier verlangt eine Verfassung und eine Minimalethik in Extremfällen im Sinne der Radbruchschen Formel, wenn er definiert: „Recht ist die Gesamtheit der Normen, die zur Verfassung eines staatlich organisierten oder zwischenstaatlichen Normensystems gehören, sofern dieses im Großen und Ganzen sozial wirksam ist und ein Minimum an ethischer Rechtfertigung oder Rechtfertigungsfähigkeit aufweist, und der Normen, die gemäß dieser Verfassung gesetzt sind, sofern sie, für sich genommen, ein Minimum an sozialer Wirksamkeit und Wirksamkeitschance und ein Minimum an ethischer Rechtfertigung oder Rechtfertigungsfähigkeit aufweisen.“[7]

Alexy definiert vom Konzept des Normensystems aus: „Das Recht ist ein Normensystem, das (1) einen Anspruch auf Richtigkeit erhebt, (2) aus der Gesamtheit der Normen besteht, die zu einer im Großen und Ganzen sozial wirksamen Verfassung gehören und nicht extrem ungerecht sind, sowie aus der Gesamtheit der Normen, die gemäß dieser Verfassung gesetzt sind, ein Minimum an sozialer Wirksamkeit oder Wirksamkeitschance aufweisen und nicht extrem ungerecht sind, und zu dem (3) die Prinzipien und sonstigen normativen Argumente gehören, auf die sich die Prozedur der Rechtsanwendung stützt und / oder stützen muss, um den Anspruch an Richtigkeit zu erfüllen“. Alexy ergänzt: „Die Doppelnaturthese besagt, dass das Recht notwendig sowohl eine reale oder faktische Dimension aufweist, als auch eine ideale oder kritische. In der Definition des Rechts stehen die Elemente der autoritativen Gesetztheit und der sozialen Wirksamkeit für ihre faktische Dimension, während die ideale Dimension ihren Ausdruck im Element der moralischen Richtigkeit findet.“[8]

Rüthers/Fischer/Birk verzichten auf eine ausgefeilte Definition. Zudem nur als eine „Arbeitshypothese“ begreifen sie „Recht als Summe der geltenden Rechtsnormen“.[9] Damit erfassen sie auch das private Recht, das bürgerliche Rechtspersonen setzen, legen ihrerseits aber das Schwergewicht auf das staatlich gesetzte Recht und deren Funktion. Normen schaffen stets zumindest Gleichheit. Das Gelten kann Moral mit erfassen, muss es aber nicht.

Montenbruck erinnert an die römischrechtliche Kurzfassung: Recht ist die „Kunst des Guten und Gleichen“ (oder des Angemessenen oder Billigen). Ius est Ars boni et aequi (Ulpian, Digesten, 1. Buch, 1. Titel, 1.) Mit ihr ist die Moral miterfasst, wenngleich ohne Beschreibung von welcher Art sie ist.[10] Für Montenbruck ist der Rechtsbegriff im Recht selbst ein offener oder auch unbestimmter Rechtsbegriff, der von Kontext abhängig ist.[11]

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Funktionen der Rechtstheorie

Die Rechtstheorie hat drei Funktionen, die sich als empirisch, analytisch und normativ bezeichnen lassen.[12]

  • Empirisch geht es bei der Rechtstheorie um die Auswirkungen der Normen auf die Gesellschaft. Es stellt sich die rechtssoziologische und psychologische Frage, ob und auf welche Weise Rechtsnormen auf das Verhalten der Menschen einwirken. Es handelt sich um Untersuchungen über die tatsächliche Anwendung und Befolgung des Rechts in der Gesellschaft, seine Anerkennung durch Richter und Bürger.
  • Analytisch geht es um die Untersuchung der Rechtssprache, der Struktur der Rechtsnormen und den Aufbau der Rechtsordnung.
  • Normativ gesehen geht es um den Begriff des Rechts an sich (Was ist Recht?), seinen Geltungsgrund (Warum gilt Recht?) und die Methoden der Rechtsanwendung (Methodenlehre). Rechtstheorie fragt demnach nach den Möglichkeiten der Ermittlung des richtigen oder gerechten Rechts.

Zu den aktuellen Richtungen der Rechtstheorie, vgl. den Artikel Rechtsphilosophie.

Siehe auch

Literatur

Zusammenfassung
Kontext

Siehe auch die Auswahlbibliographie im Artikel Rechtsphilosophie.

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Einzelnachweise

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