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Zahlbereich in der Mathematik Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die reellen Zahlen bilden einen in der Mathematik bedeutenden Zahlenbereich. Er ist eine Erweiterung des Bereichs der rationalen Zahlen, der Brüche, womit die Maßzahlen der Messwerte für übliche physikalische Größen wie zum Beispiel Länge, Temperatur oder Masse als reelle Zahlen aufgefasst werden können. Die reellen Zahlen umfassen die rationalen Zahlen und die irrationalen Zahlen.
Die Gesamtheit der reellen Zahlen hat gegenüber der Gesamtheit der rationalen Zahlen besondere topologische Eigenschaften. Diese bestehen unter anderem darin, dass für jedes „stetige Problem“, für das in einem gewissen Sinne beliebig gute, nahe beieinander liegende näherungsweise Lösungen in Form von reellen Zahlen existieren, auch eine reelle Zahl als exakte Lösung existiert. Daher können die reellen Zahlen in der Analysis, der Topologie und der Geometrie vielseitig eingesetzt werden. Beispielsweise können Längen, Flächeninhalte und Rauminhalte sehr vielfältiger geometrischer Objekte sinnvoll als reelle Zahlen, nicht aber etwa als rationale Zahlen definiert werden. Wenn in empirischen Wissenschaften mathematische Konzepte – wie zum Beispiel Längen – zur Beschreibung eingesetzt werden, spielt daher dort auch die Theorie der reellen Zahlen oft eine wichtige Rolle.
Zur Bezeichnung der Menge aller reellen Zahlen wird das Symbol (Unicode U+211D: ℝ, siehe Buchstabe mit Doppelstrich) oder auch verwendet. Die reellen Zahlen umfassen
Die rationalen Zahlen sind diejenigen Zahlen, die sich als Bruch ganzer Zahlen darstellen lassen. Eine Zahl heißt irrational, wenn sie reell, aber nicht rational ist. Die ersten Beweise, dass die Zahlengerade irrationale Zahlen enthält, wurden von den Pythagoräern geführt. Irrationale Zahlen sind beispielsweise die nicht ganzzahligen Wurzeln aus ganzen Zahlen wie oder .
Eine die rationalen Zahlen umfassende Teilmenge der reellen Zahlen ist die Menge der (reellen) algebraischen Zahlen, d. h. der reellen Lösungen von Polynomgleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten. Diese Menge umfasst unter anderem sämtliche reellen -ten Wurzeln aus rationalen Zahlen für und deren endliche Summen, aber nicht nur diese (z. B. Lösungen geeigneter Gleichungen 5. Grades). Ihr Komplement in ist die Menge der reellen transzendenten Zahlen. Eine transzendente Zahl ist demnach stets irrational. Transzendent sind zum Beispiel die Kreiszahl (Pi) und die Eulersche Zahl . Alle bisher genannten Beispiele sind berechenbar, im Gegensatz zum Grenzwert einer Specker-Folge.
Ist , dann bezeichnet
Besonders häufig wird diese Schreibweise mit verwendet, um die Menge der positiven reellen Zahlen oder die Menge der nichtnegativen reellen Zahlen zu bezeichnen. Gelegentlich finden sich für den Spezialfall auch die Bezeichnungen oder . Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da in bei manchen Autoren die Null eingeschlossen ist, bei anderen nicht.
Die Konstruktion der reellen Zahlen als Zahlbereichserweiterung der rationalen Zahlen war im 19. Jahrhundert ein wichtiger Schritt, um die Analysis auf ein solides mathematisches Fundament zu stellen. Die erste exakte Konstruktion geht wohl auf Karl Weierstraß zurück, der die reellen Zahlen über beschränkte Reihen mit positiven Gliedern definierte.[1]
Heute gebräuchliche Konstruktionen der reellen Zahlen:
Jede der vier genannten Konstruktionsmethoden „vervollständigt“ (komplettiert) die rationalen Zahlen, führt zur (bis auf Isomorphie) gleichen Struktur (zum Körper der reellen Zahlen) und beleuchtet eine andere Eigenschaft der rationalen und reellen Zahlen und ihrer Beziehung zueinander:
Die Konstruktion der reellen Zahlen als Zahlbereichserweiterung der rationalen Zahlen wird in der Literatur oft in vier Schritten vorgenommen: Von der Mengenlehre über die natürlichen, die ganzen, die rationalen schließlich zu den reellen Zahlen wie oben beschrieben. Eine direkte Möglichkeit, die reellen Zahlen mathematisch zu erfassen, besteht darin, sie durch Axiome zu beschreiben. Dazu benötigt man drei Gruppen von Axiomen – die Körperaxiome, die Axiome der Ordnungsstruktur sowie ein Axiom, das die Vollständigkeit garantiert.
Wenn man die reellen Zahlen axiomatisch einführt, dann ist die Konstruktion als Zahlbereichserweiterung eine Möglichkeit für den Beweis ihrer Existenz, genauer: Die Konstruktion in vier Schritten aus der Mengenlehre beweist, dass ein Modell für die durch die Axiome beschriebene Struktur in der Mengenlehre, von der die Konstruktion ausging, vorhanden ist. Außerdem ist durch die angegebenen Axiome der Körper der reellen Zahlen bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt. Dies folgt im Wesentlichen daraus, dass ein Modell der reellen Zahlen außer der Identität keinen weiteren Automorphismus zulässt.[6]
Statt der oben genannten Axiome gibt es weitere Möglichkeiten, die reellen Zahlen axiomatisch zu charakterisieren. Besonders das Axiom der Vollständigkeit kann unterschiedlich formuliert werden. So gibt es insbesondere für die oben beschriebenen Konstruktionsmöglichkeiten auch unterschiedliche Möglichkeiten, die Vollständigkeit auszudrücken, wie der nächste Abschnitt zeigt.
Alternativ zum Supremumsaxiom kann gefordert werden:[7]
Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Vollständigkeit durch stetige Funktionen zu beschreiben, indem man bestimmte Eigenschaften stetiger Funktionen zu Axiomen erhebt. Etwa:
Die Mächtigkeit von wird mit (Mächtigkeit des Kontinuums) bezeichnet. Sie ist größer als die Mächtigkeit der Menge der natürlichen Zahlen, die als kleinste unendliche Mächtigkeit heißt. Die Menge der reellen Zahlen ist deshalb überabzählbar. Ein Beweis für ihre Überabzählbarkeit ist Cantors zweites Diagonalargument. Informell bedeutet „Überabzählbarkeit“, dass jede Liste reeller Zahlen unvollständig ist. Da die Menge der reellen Zahlen gleichmächtig zu der Potenzmenge der natürlichen Zahlen ist, gibt man ihre Mächtigkeit auch mit an.
Die eingangs genannten weniger umfassenden Erweiterungen der Menge der natürlichen Zahlen sind dagegen gleichmächtig zur Menge der natürlichen Zahlen, also abzählbar. Für die Menge der rationalen Zahlen lässt sich dies durch Cantors erstes Diagonalargument beweisen. Selbst die Menge der algebraischen Zahlen und allgemeiner die Menge der berechenbaren Zahlen sind abzählbar. Die Überabzählbarkeit entsteht also erst durch die Hinzunahme der nicht berechenbaren transzendenten Zahlen.
In der Mengenlehre wurde nach Cantors Entdeckungen die Frage untersucht: „Gibt es eine Mächtigkeit zwischen abzählbar und der Mächtigkeit der reellen Zahlen, zwischen und ?“ – Oder, für die reellen Zahlen formuliert: „Ist jede überabzählbare Teilmenge der reellen Zahlen gleichmächtig zur Menge aller reellen Zahlen?“ Die Vermutung, dass die Antwort auf die erste Frage „Nein“ und auf die zweite Frage „Ja“ lautet, wird als Kontinuumshypothese (CH) bezeichnet, kurz formuliert als und . Die Kontinuumshypothese ist unabhängig von den üblicherweise verwendeten Axiomensystemen wie der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom (ZFC), d. h., sie kann im Rahmen dieser Systeme weder bewiesen noch widerlegt werden.
Die übliche Topologie, mit der die reellen Zahlen versehen werden, ist diejenige, die aus der Basis der offenen Intervalle
erzeugt wird. In dieser Form geschrieben ist es die Ordnungstopologie. Offene Intervalle in den reellen Zahlen lassen sich aber auch durch Mittelpunkt und Radius darstellen: , also als offene Kugeln
bezüglich der durch die Betragsfunktion definierten Metrik . Die von den offenen Intervallen erzeugte Topologie ist also gleichzeitig die Topologie dieses metrischen Raums. Da die rationalen Zahlen in dieser Topologie dicht liegen, reicht es, sich bei den Intervallgrenzen bzw. den Mittelpunkten und Radien der Bälle, die die Topologie definieren, auf rationale Zahlen zu beschränken, die Topologie genügt daher beiden Abzählbarkeitsaxiomen.
Im Gegensatz zu den rationalen Zahlen sind die reellen Zahlen ein lokalkompakter Raum; zu jeder reellen Zahl lässt sich also eine offene Umgebung angeben, deren Abschluss kompakt ist. So eine offene Umgebung ist einfach zu finden; jede beschränkte, offene Menge mit leistet das Gewünschte: nach dem Satz von Heine-Borel ist kompakt.
Der reelle Zahlenkörper ist nur lokalkompakt, aber nicht kompakt. Eine verbreitete Kompaktifizierung sind die sogenannten erweiterten reellen Zahlen , wobei die Umgebungen von durch die Umgebungsbasis
und die Umgebungen von durch die Umgebungsbasis
definiert werden. Diese Topologie genügt weiterhin beiden Abzählbarkeitsaxiomen. ist homöomorph zum abgeschlossenen Intervall , beispielsweise ist die Abbildung ein Homöomorphismus , und alle kompakten Intervalle sind mittels affin-linearer Funktionen homöomorph. Bestimmt divergente Folgen sind in der Topologie der erweiterten reellen Zahlen konvergent, beispielsweise handelt die Aussage
in dieser Topologie von einem echten Grenzwert.
Mit für alle sind die erweiterten reellen Zahlen weiterhin totalgeordnet. Es ist allerdings nicht möglich, die Körperstruktur der reellen Zahlen auf die erweiterten reellen Zahlen zu übertragen, beispielsweise hat die Gleichung keine eindeutige Lösung.
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