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Schahdad

Stadt in Iran Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Schahdad (persisch شهداد; englisch Shahdad) ist eine Stadt im Südosten Irans in der Provinz Kerman. Sie liegt am westlichen Rand der Wüste Lut und ist ein bekannter Ausgangspunkt für Wüstentourismus. Ihre archäologischen Stätten stammen aus der Bronzezeit des 3. Jahrtausends v. Chr.

Schnelle Fakten Basisdaten ...
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Geographie

Zusammenfassung
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Die moderne Stadt Schahdad liegt im Südosten Irans in der heutigen Provinz Kerman und ist von der Provinzhauptstadt Kerman in nordöstlicher Richtung etwa 80 km entfernt. Zwischen der Ebene der Provinzhauptstadt und Schahdad liegt eine Bergkette, die von Norden nach Süden verläuft, und Berge mit einer Höhe von bis zu 4000 m aufweist. Manche Berge sind bis zum Mai mit Schnee bedeckt.[1.1]

Schahdad mit einer Höhe von 430 m über Meer liegt am westlichen Rand der zentralen Region der Wüste Lut. Die Bewohner von Schahdad selber rechnen ihre Stadt nicht zur Wüste, da diese kein Leben enthalte. Für sie beginnt die Wüste östlich der Kaluts. Die Distanz zwischen der westlichen Bergkette und den Kaluts ist unterschiedlich. Mancherorts liegen sie nahe beieinander, während in Schahdad der Abstand zwischen den Bergen und der ersten Reihe von Kaluts 50 km beträgt. Die Kaluts bedecken etwa ein Gebiet von 180 × 60 km und sind das Ergebnis von Druck und Geschwindigkeit der Winde, die von Juni bis Oktober Tag und Nacht wehen. Spindelförmige Gebilde verlaufen von Nordwesten nach Südosten und bilden parallele Korridore ohne jedes Leben. Sie befinden sich in den tiefsten Lagen der südlichen Wüste, wo der Wind besonders stark ist. Weiter östlich verbreitern sie sich zu Längen von beinahe 100 m. Die Kaluts sind 15 bis 70 m hoch. Kleinere und weniger raue Kaluts bildeten Mauern und veranlassten manchen Reisenden dazu, darin Ruinen einer großen antiken Stadt zu sehen. Sie nannten die Stadt Shahr-e Lut. Die zentrale Region ist der heisseste und trockenste Teil der Wüste. Der tiefste Punkt liegt östlich der Kaluts mit 205 m über Meer, der gleichzeitig der tiefste Punkt des Iranischen Hochplateaus ist. Die Senken enthalten tiefe Becken, die das Wasser der Berge sammeln. Drei davon enthalten permanent Wasser. Der Rud-e Shur liegt im Nordwesten der zentralen Wüstenregion, etwa 40 km nördlich von Schahdad gelegen, und sammelt das Wasser der westlichen, nördlichen und östlichen Berge, das er in die Wüste Lut ergiesst. Im letzten Teilstück wird das Wasser sehr salzig und kann nicht mehr für die Bewässerung verwendet werden. An seiner Mündung liegt eine dicke salzige Schicht. Der Shurgaz-e Hamun liegt in der Mitte der zentralen Wüstenregion und enthält das Wasser der westlichen und südwestlichen Berge. Der Zangi Ahmad sammelt das Wasser von Bam und Hashitu. Alle Wasserbecken im Westen der Wüste Lut liegen zwischen den Bergen und den Kaluts.[1.2]

Schahdad ist für den lokalen Anbau verschiedener pflanzlicher Güter wie Datteln, Tamarisken, Zitrusfrüchte, Getreide, Hanf und Henna bekannt. Der Grund für die landwirtschaftliche Vielfalt liegt an der Lage Schahdads. Die Stadt liegt in einer Oase auf einem Schwemmkegel mit fruchtbaren Böden. Der Schwemmkegel fällt im Osten zur Wüste Lut ab und wird durch zwei ganzjährige wasserführende Bäche, Rud-e Derakhtangan und Rud-e Bisheh, mit Wasser versorgt. Die Bäche entspringen in den Bergen westlich von Schahdad. Reihen von Qanaten, deren Erfindung auf das 1. Jahrtausend v. Chr. zurückgeht,[2.1] versorgten über Jahrhunderte die Gärten und Haine rund um Schahdad. Heute sind die unterirdischen Qanate wegen der komplexen und schwierigen Instandhaltung durch einfache Kanäle ersetzt. Die Kanäle werden über Dieselpumpstationen betrieben und bringen ein erhöhtes Risiko der Versalzung der fruchtbaren Sedimente mit sich. Das Wasser für die Kanäle stammt von großen Mengen an Grundwasser, das von der jährlichen Schneeschmelze der angrenzenden Berge stammt.[3.1]

In prähistorischer Zeit war die Gegend höher gelegen und dicht mit Tamarisken und Mesquite bewaldet. Sie schützten die Siedlungen vor dem Sand und verhinderten die Erosion. Die Bevölkerung benutzte das Holz zum Kochen, für die Töpferei und die Metallverarbeitung. Heute gibt es nur vereinzelte Gruppen von Bäumen. Jahrtausende alte Abholzung, Überflutungen und der starke Wind haben die Oberfläche und das Ökosystem der Gegend abgetragen und stark verändert. Die Veränderung war einer der wichtigsten Faktoren für die Formierung der Kaluts.[1.3]

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Klimatabelle

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Schahdad liegt auf einer Höhe von 420 bis 520 m über Meer. Die Höhenmeter werden in der Literatur nicht einheitlich angegeben.[3.2] Es hat das heiße Wüstenklima (englisch Hot desert climate (BWh)) in der Klima-Klassifikation.[4] Die Bewohner erfahren heiße Tage und kalte Nächte. Im Januar oder Februar liegen die Nachttemperaturen gelegentlich unter 10 Grad unter Null, um tagsüber wieder auf über 25 Grad zu wandern. Der heisseste Abschnitt beginnt im Mai. 1968 wurden 42 Grad in Schahdad gemessen.[1.4]

Schnelle Fakten Klimadiagramm ...
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Schahdad (2003–2010)
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) 12,4 17,1 23,4 28,9 34,5 38,6 40,1 38,1 33,9 28,9 20,6 14,0 27,6
Mittl. Tagesmax. (°C) 17,2 22,4 29,2 34,5 40,1 44,4 46,1 44,1 40,2 34,7 25,7 18,8 33,2
Mittl. Tagesmin. (°C) 7,7 11,9 17,6 23,3 29,0 32,7 34,1 32,0 27,6 23,2 15,4 9,3 22
Niederschlag (mm) 9,3 8,3 7,9 0,5 0,6 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,2 3,9 Σ 30,7
Regentage (d) 2,4 1,9 1,4 0,1 0,3 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,1 1,0 Σ 7,2
Luftfeuchtigkeit (%) 38 29 22 20 15 12 11 12 13 16 25 33 20,5
Quelle: Iranische Meteorologische Organisation (Temperaturen),[9] (Niederschlag),[10] (Anzahl Regentage),[11] (Luftfeuchtigkeit).[12]
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Sehenswürdigkeiten

Das Kitab al-Masalik wa-l-Mamalik ist eines der ältesten schriftlichen Werke, das Schahdad unter dem Namen Khabis erwähnt. Das geographische Werk stammt aus dem 10. Jahrhundert n. Chr. und beschreibt den Ort als kleine Stadt mit Wasser, vielen Bäumen und geschmackvollen Datteln.[2.2]

Nördlich von heutigen Schahdad liegt der Imamzadeh Zeid, ein Backsteingebäude mit einem Dom aus türkisen Fließen. Es liegt im Zentrum eines Hofs, der von hohen Mauern umgeben ist. Eine Plattform aus Backsteinen im Hof scheint der älteste Teil des Gebäudes zu sein und wurde wahrscheinlich zwischen dem 6. und 12. Jahrhundert n. Chr. erstellt. Während der Zeit der Safawiden wurde es restauriert und ein zweites Mal unter den Kadscharen. Es handelt sich um einen Wallfahrtsort.[1.5]

Die Ruinen des Mausoleums Pir-e Mosafer liegt im Osten der Stadt. Ursprünglich enthielt es einen Komplex von Gebäuden mit einer Moschee, einem Bad und eine Khanqah, die teilweise erhalten sind. Es stammt aus dem 7. Jahrhundert n. Chr.[1.6]

Archäologische Stätte

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Die archäologische Stätte von Schahdad liegt ungefähr 5 km östlich der modernen Stadt und bezeugt ein städtisches Zentrum während der Bronzezeit im 3. Jahrtausend v. Chr. In seiner größten Ausdehnung erreichte die alte Stadt – mit den Friedhöfen und dem Kulturland – zwischen 150 und 200 Hektaren.[2.3] Die insgesamte Ausdehnung der archäologischen Stätte wird auf 400 Hektaren geschätzt. Die alten Siedlungen bewegten sich westwärts zu den Bergen hin, um an die Ressourcen von Wasser und fruchtbarer Erde zu gelangen. Die kulturelle Sequenz für Schahdad ist deshalb vor allem horizontal und nicht vertikal geschichtet. Wegen der Erosion durch Wind, Überflutungen und anderen Naturereignissen gibt es nur wenig kulturelle Hinterlassenschaften. Die einzigen Überbleibsel sind die Friedhöfe.[1.7] Die Stadt war über einen langen Zeitraum vom mittleren dritten Jahrtausend v. Chr. bis zum frühen zweiten Jahrtausend v. Chr. bewohnt und erlebte in der zweiten Hälfte des dritten Jahrtausends v. Chr. seine Blütezeit. In den Friedhöfen wurden 383 Gräber freigelegt, darunter viele mit spektakulären Grabbeigaben, beeindruckenden menschlichen Statuetten mit individuellen Kopfdarstellungen, kunstvollen Metallgegenständen, zahlreichen Stein- und Keramikgefäßen sowie ornamentalen Fundstücken. Weitere Grabungen brachten ein industrielles Gebiet zu Tage, das Hinweise auf lokale Handwerksaktivitäten und überregionale Kontakte zeigt. Die Interaktionen von Schahdad mit weit entfernten Gebieten wie dem Industal, Zentralasien, dem Osten, Westen und Südwesten des Iran konnten durch die Existenz eines homogenen Stils bei Metallgegenständen nachgewiesen werden. Schahdad war aber auch ein Metallproduktionszentrum mit eigenen Merkmalen.[13] Bei den Ausgrabungen wurden viele verschiedene Objekte aus Metall gefunden, darunter kleine und große Schüsseln mit und ohne Ausgüssen, zylindrische Becher, dekorierte und schlichte Teller, Äxte, Keulenköpfe, Ringe und Nadeln.[3.3]

Ungefähr 32 Siegel aus Metall, Stein oder Ton sind aus Schahdad überliefert.[2.4] Die Siegel aus Schahdad weisen einige Ähnlichkeiten und Merkmale auf, die auch bei Fundstätten aus der frühen Bronzezeit wie Schahr-e Suchte, Jiroft, Tepe Yahya und in abgelegenen Gebieten wie Zentralasien und den indo-iranischen Grenzgebieten zu finden sind. Es ist eine einzige Inschrift in elamischer Strichschrift überliefert.[13][2.5]

Die Objekte aus Schahdad befinden sich im Iranischen Nationalmuseum in Teheran,[3.3] im Museum von Kerman und in Schahdad.[2.6]

Archäologische Landschaft

Eine flächendeckende Untersuchung rund um Schahdad, die 100 km in nordsüdlicher und 40 km westöstlicher Richtung fasste, weist Besiedlungen vom 5. Jahrtausend v. Chr. bis zu den späten islamischen Perioden nach. Innerhalb der Ebene von Schahda stammen 13 Fundstellen aus dem 5. und 15 aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Von diesen frühesten Besiedlungen ist Tepe Dehno mit 20 Hektaren die größte. Insgesamt gehören zu den größten Fundplätzen Schahdad selber und die südlich gelegenen Stätten Keschit und Mokhtarabad, die wiederum viele kleinere Besiedlungen enthalten und aus archäologischer Sicht jeweils als Einheit behandelt werden. Viele der kleineren Besiedlungen sind sogenannte Hügelsiedlungen, die sich auf niedrigeren Kaluts befinden, und können auf das 5. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgt werden.[2.7][14]

Die Stätte Keschit liegt 65 km südlich von Schahdad und ist nach dem nahe gelegenen Dorf benannt. Die Besiedlung ist 200 Hektaren groß und etwa gleich groß wie die bronzezeitliche Stätte von Schahdad. In Keschit wurden Fragmente aus Marmor und Bronze, Teile von Steinwerkzeugen und Halbedelsteine gefunden. Es gibt Hinweise auf eine Produktionsstätte. Der Ort ist auf das 4. beziehungsweise 3. Jahrtausend v. Chr. datiert.[2.8]

Die archäologische Stätte von Mokhtarabad liegt ungefähr 15 km südlich vom heutigen Schahdad und etwa 1 km westlich vom Dorf gleichen Namens. Mit 70 Hektaren gehört die Besiedlung zu den größeren Orten und ist über gesammelte Keramiken im Stil von Aliabad auf das 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. datiert. Auf dem Areal gibt es mehrere Hügel und man fand einen Friedhof, dessen Inhalt durch die starke Winderosion teilweise offen auf der Oberfläche liegt.[2.9]

Forschungsgeschichte

Die ersten Spuren prähistorischer Überreste in Schahdad wurden 1967 von einem französisch-iranischen Team von Wissenschaftlern im Rahmen des Lut-Projekts unter der Leitung von Jean Dresch, Leiter des geographischen Instituts der Universität Paris, und Ahmad Mostofi, Direktor des geographischen Instituts der Universität von Teheran, identifiziert. Nach der Entdeckung begannen 1968 unter der Leitung von Ali Hakemi systematische Untersuchungen des Archäologischen Instituts der Universität Teheran und dem Iranian Center for Archaeological Research (ICAR). Die Kampagne wurde 1969 fortgesetzt und es wurden viele Artefakte wie dekorierte Gefässe, Perlen aus Halbedelsteinen und verschiedene Objekte aus Metall gefunden. In insgesamt sieben Kampagnen, die von 1968 bis 1977 dauerten, wurden Friedhöfe und architektonische Besonderheiten ausgegraben. Die Ausgrabungen wurden mit mehreren Kampagnen zwischen 1994 und 1996 unter der Leitung von Mir Abedin Kaboli fortgeführt, dessen Berichte in Farsi vorliegen. Neuere archäologische Untersuchungen in der Region wurden durch das ICHTO Kerman unter der Leitung von Nasir Eskandari 2011 durchgeführt, die 87 Stätten aus dem 5. Jahrtausend bis zur islamischen Zeit registrierten. 2013 wurden unter der gleichen Leitung mittels der Radiokarbonmethode weiter östlich vom alten Schahdad zwei Standorte (Tepe Dehno und Tepe East Dehno) untersucht, die Merkmale einer Besiedlung vom frühen 5. Jahrtausend v. Chr. bis zum frühen 3. Jahrtausend v. Chr. zeigen.[3.4][15] Eine Dissertation an der Freien Universität Berlin untersuchte die protohistorische Metallurgie mit dem Fokus auf der Metallwerkstatt in Schahdad. Eine weitere Dissertation erfolgte durch Nasir Eskandaridamne an der Universität Lyon mit dem Thema der Landschaftsarchäologie von Schahdad. 2019 kündigte die Deutsche Orient-Gesellschaft das Projekt Reconsidering Shahdad Project (Iran) an, das ein tieferes Verständnis der bronzezeitlichen Fundgegenstände zum Ziel hat.[16]

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Literatur

  • Ali Hakemi: Shahdad, Archaeological Excavations of a Bronze Age Center in Iran. Iranian Centre for Archaeological Research. Reports and Memoirs, Band 27. New Delhi 1997, ISBN 81-204-1017-3.
  • David Mathias, Philip Meier: Kaveh´s forefathers. Traces of protohistorical metallurgical activities during the 3rd millennium BCE in Eastern Iran with a special focus on the case of Shahdad in the Dasht-eh Lut (Kerman province). Berlin 2015. (Dissertation) (fu-berlin.de)
  • Nasir Eskandari: Excavations at the Prehistoric Sites of Tepe Dehno and Tepe East Dehno, Shahdad, Southeastern Iran. In: Iranian Journal of Archaeological Studies. Band 7, S. 1–20.
  • Nasir Eskandaridamne: A Landscape Archaeology in Shahdad Plain (Dasht-e Lut) from the 5th to the 2nd Millennium BC. Lyon 2021. (theses.hal.science) (Dissertation)
  • Nasir Eskandari, Kamal Aldin Niknami, Massimo Vidale: The Bronze Age Center of Shahdad, SE Iran: „hollow“ vs. nucleated early urban models in the light of site formation processes. In: East and West. Band 61, Nr. 1. 2021, S. 31–46. (jstor.org)
  • Nasir Eskandari: Dig it Up: A Reconsideration of Old Excavations at the Urban Center of Shahdad. In: Journal of Archaeological Studies. Band 12, Nr. 4. Teheran 2021, S. 25–55. (jarcs.ut.ac.ir)
  • Nasir Eskandari, Seyed Mohammadamin Emami: Re-tracing Copper Metallurgy in the Shahdad Region (3rd Millennium BCE). In: Journal of Archaeological Studies. Band 14, Nr. 2. Teheran 2022, S. 1–17. (jarcs.ut.ac.ir)
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Einzelnachweise

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