Wertheim
Stadt in Baden-Württemberg, Deutschland Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Wertheim (taubergründischen Dialekt [ ][2]) ist die nördlichste fränkische Stadt Baden-Württembergs, direkt an der Grenze zu Bayern, etwa 70 Kilometer südöstlich von Frankfurt am Main und 30 Kilometer westlich von Würzburg. Die Mittelstadt liegt in Tauberfranken und ist (Stand 31. Dezember 2023) die zweitgrößte Stadt des Main-Tauber-Kreises und ein Mittelzentrum in der Region Heilbronn-Franken für die umliegenden Gemeinden. Seit dem 1. Januar 1976 ist Wertheim eine Große Kreisstadt.
, imWappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 49° 46′ N, 9° 31′ O | |
Bundesland: | Baden-Württemberg | |
Regierungsbezirk: | Stuttgart | |
Landkreis: | Main-Tauber-Kreis | |
Höhe: | 145 m ü. NHN | |
Fläche: | 138,59 km2 | |
Einwohner: | 23.319 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 168 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 97877 | |
Vorwahlen: | 09342, 09397 | |
Kfz-Kennzeichen: | TBB, MGH | |
Gemeindeschlüssel: | 08 1 28 131 | |
LOCODE: | DE WTM | |
Stadtgliederung: | Kernstadt, 15 Ortschaften und 5 Stadtteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Mühlenstraße 26 97877 Wertheim | |
Website: | ||
Oberbürgermeister: | Markus Herrera Torrez (SPD) | |
Lage der Stadt Wertheim im Main-Tauber-Kreis | ||
Wertheim ist die nördlichste Stadt Baden-Württembergs und liegt im Nordwesten des Main-Tauber-Kreises an der Mündung der Tauber in den Main, an den Ausläufern des Odenwaldes bzw. des Spessarts jenseits des Mains. Das 138,63 Quadratkilometer große, im Norden vom Main begrenzte Gemeindegebiet gehört in seinen westlichen Teilen mit der Wertheimer Hochfläche und den tief eingeschnittenen Tälern des Mains und der Tauber naturräumlich zum Sandstein-Spessart und in seiner östlichen Hälfte zur Marktheidenfelder Platte. Die tiefste Gemeindestelle liegt am Main in Richtung Dorfprozelten mit 127 Metern Höhe, der höchste Punkt unweit südlich auf dem Vorderen Berg mit etwa 412 Metern Höhe.[3]
Die folgenden Städte und Gemeinden grenzen an die Stadt Wertheim. Sie werden im Uhrzeigersinn beginnend im Osten genannt.
Holzkirchen, Helmstadt und Neubrunn (alle Landkreis Würzburg, Bayern), Werbach und Külsheim (beide Main-Tauber-Kreis), Neunkirchen (Landkreis Miltenberg, Bayern), Freudenberg (Main-Tauber-Kreis), Dorfprozelten, Stadtprozelten und Faulbach (alle Landkreis Miltenberg) sowie Hasloch, Kreuzwertheim und Triefenstein (alle Landkreis Main-Spessart, Bayern).
Karte mit allen Koordinaten der Orte der Stadt Wertheim: OSM | WikiMap
Das Stadtgebiet Wertheims besteht aus der Kernstadt, 15 Ortschaften mit je einer eigenen Ortsverwaltung und einem Ortsvorsteher sowie 5 Stadtteilen mit je einem Stadtteilbeirat und einem Stadtteilbeiratsvorsitzenden. Historisch wurde der Stadtbereich links der Tauber nicht immer als Stadtteil angesehen. So wird für diesen ehemals eigenständig ummauerten Bereich auf einem Kupferstich aus dem frühen 18. Jahrhundert die Bezeichnung „Vorstadt“ verwendet. Eine alternative Bezeichnung lautete „Übertauber“.[4]
Die 15 Ortschaften sind ehemals selbstständige Gemeinden, die erst bei der Gebietsreform der 1970er Jahre nach Wertheim eingegliedert wurden. Ihre Kurzporträts finden sich auf der Website der Stadtverwaltung.[5] Zu einigen Ortschaften bzw. Stadtteilen gehören zum Teil noch weitere separat gelegene Wohnplätze mit eigenem Namen, wovon einige nur sehr wenige Einwohner haben. Es handelt sich um die Orte:
Zu Wertheim gehören die Kernstadt Wertheim (⊙ ) und deren Stadtteile. Die sechs Stadtteile sind entweder ehemals selbstständige Gemeinden, die bis 1939 nach Wertheim eingemeindet wurden (Bestenheid (⊙ ), Eichel/Hofgarten (⊙ ) mit Eichel (⊙ ) und Hofgarten (⊙ ) und Vockenrot (⊙ )) oder neu entstandene Gebiete, die nach ihrer Aufsiedelung zu eigenständigen Stadtteilen erklärt wurden (Reinhardshof (⊙ ) mit dem angrenzenden Wohngebiet Bestenheider Höhe (⊙ ), Wartberg (⊙ )). Die Stadtteile bzw. Wohnplätze Brückenviertel (⊙ ), Mühlenviertel (⊙ ) und Tauberviertel (⊙ ) gingen in der Stadt Wertheim auf. Daneben gibt es noch die Wohnplätze Haidhof (⊙ ) und Neuhof (⊙ ). Reinhardshof entstand erst Mitte der 1990er Jahre, als nach Abzug der US-Armee aus dem bis dahin militärisch genutzten Kasernengelände der Peden Barracks der zivile Stadtteil Reinhardshof aufgesiedelt wurde.[6] Bestenheider Höhe ist ein Wohngebiet, das zwischen den Stadtteilen Reinhardshof, Wartberg und Bestenheid liegt.
Wertheim bildet ein Mittelzentrum innerhalb der Region Heilbronn-Franken, in der Heilbronn als Oberzentrum ausgewiesen ist. Zum Mittelbereich Wertheim gehört neben der Stadt Wertheim noch die Stadt Freudenberg, wobei auch starke Verflechtungen mit den bayerischen Nachbargemeinden bestehen.[7]
In Wertheim gibt es drei Landschafts- und drei Naturschutzgebiete:[8]
Daneben gibt es auf dem Gebiet der Stadt Wertheim insgesamt 34 als Naturdenkmal geschützte Objekte.[12]
Die FFH-Gebiete Unteres Taubertal und Sandstein Spessart liegen teilweise auf dem Gebiet der Stadt Wertheim.[13][14] Auf der Wertheimer Gemarkung liegen daneben noch acht Wasserschutzgebiete.[15]
Auf der Wettenburg, einer Anhöhe in der Mainschleife auf Kreuzwertheimer Gebiet, gegenüber von Urphar auf der anderen Mainseite, siedelten bereits in der Zeit der Michelsberger Kultur und der Urnenfelderkultur Menschen. Auch zur Zeit der frühen Kelten (Latènezeit) und während der Völkerwanderung befand sich eine Siedlung auf der Anhöhe.
Wertheim wurde wahrscheinlich im 8./9. Jahrhundert gegründet. Der Name der Zweiflüssestadt leitet sich von Werder im Sinne von Insel oder Erhebung in einem Fluss ab.[16][17] Die Deutung des Ortsnamens im Sinne von Wert ist seit dem frühen 17. Jahrhundert gängig, so in der Wertheim-Darstellung in Daniel Meisners Thesaurus philopoliticus (1623). Die erste urkundliche Erwähnung von Wertheim (ob links oder rechtsmainisch ist unklar) fand von 750 bis 802 / 779/94 (?) statt.[18] Graf Kunibert überträgt Eigen zu Wertheim, Biscoffesheim, Kuffese, Rowilenheim, Heringesheim und Kamerdinge an das Kloster Fulda (Urkunde Nr. 222, S. 320 im Urkundenbuch des Klosters Fulda). Ab dem frühen 12. Jahrhundert nannte sich ein Zweig des Adelsgeschlechts der Reginbodonen nach Wertheim. Nachdem diese als Grafen von Wertheim sich links des Mains, am rechten Ufer der Taubermündung, eine Burg (Burg Wertheim) erbauten, entwickelte sich unterhalb dieser beherrschenden Wehranlage eine neue Siedlung, die ebenfalls den Namen Wertheim erhielt. 1192 ist diese erstmals als „Suburbium castri Wertheim“ erwähnt, um 1200 wird sie als „oppidum“ und 1244 als „civitas“ bezeichnet.
Von 1355 bis 1373 wurde die Stadt von Graf Eberhard von Wertheim regiert. Unter seiner Ägide erhielt Wertheim 1363 urkundlich das Münzregal, weil er, so die Urkunde, Kaiser Karl IV. durch „stete trewe und fleizzigen dienst (…) offt unverdrozzenlich“ unterstützte.[19] In dieser Zeit unterstellte der Graf von Wertheim die gesamte Grafschaft dem Kaiser Karl IV. Der Kaiser gab dem Grafen die Grafschaft als Lehen des böhmischen Reiches wieder zurück. Diese Hörigkeit nach Böhmen machte die Wertheimer Grafen zu Vertrauten der Monarchie. Der letzte Graf von Wertheim war Michael III. Dieser heiratete die älteste Tochter des Grafen Ludwig zu Stolberg, Katharina. Da aus dieser Ehe kein männlicher Nachfahre hervorging, starb das Adelsgeschlecht aus und Ludwig zu Stolberg kam in den Besitz der Grafschaft Wertheim. Nach dessen Tod 1574 ging die Grafschaft an einen weiteren Schwiegersohn, Graf Ludwig von Löwenstein.[19]
Nach dem Tod von Graf Ludwig zu Stolberg 1574 erkannten die drei Schwiegersöhne Stolbergs, Graf Philipp von Eberstein, der Ehemann von Katharina, Graf Dietrich von Manderscheid, Ehemann von Elisabeth, und Ludwig III. von Löwenstein, Ehemann von Anna, die Erbfolge an und regierten die Grafschaft gemeinsam. Diese Einigkeit geriet nach dem Tod von Dietrich von Manderscheid im Jahr 1593 durch die zweite Ehe Elisabeths mit dem katholischen Wilhelm von Krichingen verloren, da dieser nicht gemeinsam mit Ludwig III. regieren wollte. Darüber hinaus beanspruchte er die würzburgischen Lehen von Graf Ludwig zu Stolberg. Der Würzburger Bischof Julius Echter stellte sich in diesem Streit auf die Seite von Krichingen und unterstützte ihn. Nach dem Tod der Gräfin Katharina von Eberstein verlegte von Krichingen seinen Wohnsitz nach Remlingen, von wo aus er die Fehde begann.[20]
Der Bischof ließ Wertheim belagern[21] und einzelne Dörfer brandschatzen. So wurde 1605 Bettingen[22] und am 23. April 1606 Höhefeld von bischöflichen Reitern überfallen und geplündert. Dabei wurden fünf Bürger zum Teil schwer verwundet.[23]
1612, nach dem Tod des kinderlosen Ehepaares von Krichingen, zog Julius Echter den ganzen linksmainischen Wertheimer Besitz für das Hochstift Würzburg ein. Eine Beschwerdeschrift aus Wertheim enthält hierzu die Anmerkung „Maior minoris esca“ (Der Große frisst den Kleinen).[24]
Der Konflikt führte dazu, dass die vier ehemals wertheimischen Ämter (Karlstadt-)Laudenbach, Remlingen, Freudenberg und Schweinberg würzburgisch wurden. Die Grafschaft Wertheim akzeptierte den Verlust der Ämter nicht und strengte noch im 18. Jahrhundert Klagen dagegen an, die jedoch erfolglos blieben.[20]
Die Stadt Wertheim, die zwischen 1500 und 1806 im Fränkischen Reichskreis lag, entwickelte sich zum Mittelpunkt der gleichnamigen Grafschaft, die seither von den Grafen bzw. späteren Fürsten von Löwenstein-Wertheim regiert wurde. Um 1630 trennte sich das Gesamthaus Löwenstein-Wertheim in zwei Linien: Die ältere und protestantische Linie trug den Beinamen Virneburg und die jüngere, rekatholisierte, den Beinamen Rochefort.[19] Dieses Fürstentum bestand bis 1806 und wurde dann mit der Rheinbundakte mediatisiert. Die Stadt Wertheim und mit ihr das linksmainische Umland wurden dem Großherzogtum Baden angeschlossen, die Gebiete rechts des Mains gingen zunächst an den Staat des Fürstprimas von Dalberg bzw. das spätere Großherzogtum Frankfurt und nach dessen Auflösung 1815 an das Königreich Bayern. Wertheim wurde Sitz verschiedener Amtsbezirke (Stadtamt, Erstes und Zweites Landamt), die 1819 zum Bezirksamt Wertheim (siehe Verwaltungsgliederung Badens) verschmolzen.
Graf Eberhard von Wertheim erhielt 1363 mit dem Münzregal das Recht, Münzen zu prägen und finanziellen Gewinn daraus zu ziehen. Aus der Zeit der Wertheimer Grafen sind jedoch nur wenige Münzen erhalten; von 1442 bis 1556, als Michael III. starb, existieren überhaupt keine Prägungen. Unter Graf Ludwig von Stolberg wurde die Münzprägung bis zu dessen Tod 1574 wieder aufgenommen. Unter seinem Nachfolger, Graf Ludwig von Löwenstein, war die Münzprägung erneut unterbrochen. Dessen Erben prägten als Gemeinschaftsregierung um 1620 wiederum fünf Jahre lang Münzen. Während des Dreißigjährigen Krieges und der Zeit danach wurde die Münzstätte erneut nicht genutzt. Im Anschluss daran prägten sowohl Eucharius Kasimir, welcher der Linie Virneburg angehörte, als auch Maximilian Karl, der aus der konkurrierenden Linie Rochefort stammte, wieder Münzen. Letzterer wollte die Grafschaft aus Verwaltungsgründen unter beiden Linien aufteilen. Ein Münzstempel aus jener Zeit zeigt als Allegorie ein gegeneinander gestelltes Sinnbild mit einem starken Obstbaum, der, durch zwei Arbeiter gepflegt, gedeiht, und einem zweiten, der ohne Früchte dargestellt ist und mit Gewalt in zwei Hälften gezogen zu zerbrechen droht. Von 1730 bis 1750 – beide waren zu dieser Zeit schon verstorben – ruhte die Münzprägung in Wertheim erneut, bis sie durch Graf Johann Ludwig Vollrath und Fürst Karl Thomas bis zum Ende der Grafschaft 1806 wiederbelebt wurde.
Die herrschaftliche Münze war anfangs auf der Wertheimer Burg, danach in der späteren Hofhaltung und zuletzt in dem Altstadtgebäude, das noch heute den Namen Alte Münze trägt. Im 16. Jahrhundert hieß die Straße an der Münze Schulzengasse. Die Schultheiße oder Schulzen beaufsichtigten die Münzprägung. Von der Wertheimer Münzstätte sind noch 196 Stempel erhalten.[19]
Am 27./28. Februar erlebte Wertheim das bislang höchste Hochwasser seiner Geschichte. Die Schiffer Georg Nicolaus und Philipp Christoph Müller berichteten über die Entwicklung im Vorfeld: „Der Winter ließ sich schon im November kalt und unfreundlich an. Zwischen dem 10. und 20. Dezember fror der Main bereits an verschiedenen Orten, darunter auch in Eichel, zu. Nach Weihnachten wechselten Regen und viel Schnee einander ab. (…) In der ersten Januarwoche ging der Main ganz zu.“ Als der Schneefall endete, setzte am 24. Februar die Schneeschmelze ein, zwei Tage später gefolgt von starkem Regen. Als die Tauberbrücke überspült wurde, flüchteten viele Einwohner auf die rechte Tauberseite. Die Tauberbrücke stürzte am Nachmittag des 27. Februar ein; das Wasser stieg in der folgenden Nacht weiter, so dass weder am Main- noch am Brückentor ein Durchkommen möglich war. Lediglich durch das Eicheltor kam man per Boot in die Stadt. Der Pegel erreichte einen Stand von 8,50 Metern. Dieses extreme Hochwasser hing vermutlich mit dem Ausbruch des isländischen Vulkans Laki zusammen, der in ganz Europa zu massiven Unwettern führte.[25]
Die Hungersnot 1846/47 war auch in Wertheim einer der Gründe für die Märzrevolution. Das Brot für die Armen wurde in Wertheim von der Stadtkasse subventioniert, für manche wurde es auch kostenlos abgegeben. Ferner existierte eine städtische Suppenanstalt. Am 2. März 1848 zog dann anlässlich der neu errungenen Rechte wie Pressefreiheit, Schwurgerichte und Volksbewaffnung, welche vom Großherzog gewährt worden waren, ein Festumzug durch die Stadt. Der Zug aus Turnern ging durch die festlich beleuchtete Stadt zum Rathaus und von dort unter Begleitung von Bürgermeister Ludwig Haas, des Großteils des Gemeinderats sowie des Bürgerausschusses zum Löwensteiner Hof, wo etliche Reden gehalten wurden.
Nachdem am 10. März in Bronnbach Reicholzheimer Bauern vor dem Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergischen Rentamt demonstriert hatten, wurden in Wertheim Nachtwachen aufgestellt, die sich aus dem Schützencorps und der übrigen Bürgerschaft rekrutierten, da befürchtet wurde, dass die Reicholzheimer Bauern nach Wertheim ziehen würden, was jedoch nicht der Fall war.
Am 4. April brachten Wertheimer Bürger am Spitzen Turm eine schwarz-rot-goldene Fahne an. Sie war mit freiwilligen Beiträgen gestiftet worden und wurde mit Freudenschüssen begrüßt. Bei der Wahl der Wahlmänner zur Nationalversammlung am 13. April setzten sich in Wertheim die Vertreter einer konstitutionellen Monarchie durch.
Am 1. April, kurz nach dem Erlass des Gesetzes über die Errichtung von Bürgerwehren, wurde in Wertheim eine Bürgerwehr aufgestellt. Diese wurde im Juni neu eingeteilt und umfasste 500 Mann zu Fuß sowie 20 zu Pferd. An ihrer Spitze stand als Bannerführer Erbprinz Adolf zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, unter dessen Befehl die Bürgerwehr am 6. August auf dem Marktplatz aufmarschierte, wo er das Manifest An das deutsche Volk von Erzherzog Johann von Österreich, dem Reichsverweser, verlas. Anfangs konnte die Bürgerwehr nur exerzieren, da es noch an Waffen mangelte, denn diese mussten auf Kosten der Bürger beschafft werden.
In Wertheim stand man den republikanischen Zielen Heckers kritisch gegenüber, ein Umstand, der besonders in den Versammlungen zur Wahl der Wahlmänner für die Nationalversammlung Geltung bekam. Im Herbst 1848 kam es zur Bildung von Vereinen, die die politische Mitgestaltung zum Ziel hatten. Im September wurde der Arbeiterbildungsverein ins Leben gerufen, später, am 27. Oktober, der Volksverein im Gasthaus Ochsen, der zur damaligen Zeit wegen der dortigen heftigen Meinungswechsel auch den Spitznamen „Krawallschachtel“ trug. Ursache war ein Streit zwischen den drei Bürgermeistern Adelmann, Götzelmann und Scheurich und dem Fürsten. Am 30. September hatten sie ihn im Namen von 19 Gemeinden der ehemaligen Grafschaft Wertheim gebeten, einige alte Abgaben zu erlassen. Seine Antwort darauf, die im demokratischen Main- und Tauberboten veröffentlicht wurde, soll gelautet haben: „Ja, Ja! Ihr bekommt nichts. Der Fürst Löwenstein scheißt nicht in die Hosen!“
Zum Tode Robert Blums am 9. November nahm die Redaktion des Main- und Tauberboten Spenden für dessen Hinterbliebene an. Die Demokraten organisierten am 15. November eine Trauerfeier. Ihre Gegner gründeten etwas später, im Februar 1849, den Vaterländischen Verein, konnten jedoch den Volksverein nicht überflügeln, da dieser wegen der Auseinandersetzung um die Reichsverfassung regen Zulauf erhielt. Am 20. Mai 1849 organisierte der Vaterländische Verein eine große Volksversammlung auf dem Marktplatz, zu der sich damaligen Presseberichten zufolge 9.000 bis 10.000 Menschen eingefunden haben sollen. Trotz des Fehlens beinahe aller angekündigten Redner wurde beschlossen, die provisorische Regierung in Baden, zu der auch das Heer übergegangen war, anzuerkennen und auch die bayerischen Franken bei ihrem Kampf für die Reichsverfassung zu unterstützen. Bei dieser Versammlung baten gegen Ende etwa 400 Studenten der Universität Würzburg um Asyl in Wertheim, da sie in Würzburg Übergriffen des dort stationierten Militärs ausgesetzt waren. Nach acht Tagen und Gesprächen mit Behörden und der Universität konnten sie wieder nach Würzburg zurückkehren. Sie wurden mit einem Festball im Löwensteiner Hof verabschiedet.
Bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung im Juni wurde Nikolaus Müller, ein Buchdrucker aus dem Volksverein, als einer der vier Abgeordneten des 20. Wahlkreises gewählt. Außerdem wurde er als Nachfolger von Jakob Langguth „Civilkommisär“ und war als solcher für die Verwaltung und für die Führung des Volksaufgebots zuständig. Er druckte von 1843 bis Juni 1849 den Main- und Tauberboten, den Vorgänger der heutigen Wertheimer Zeitung,[26] ferner auch die Mauthpredigt von Ludwig Börne. Im Mai 1849 kam es nach Aufrufen des Volksvereins, des Turnvereins und des Arbeitervereins zur Gründung eines Freikorps. Am 23. und 24. Juni entstanden Tumulte, als das erste Aufgebot der Volkswehr nach Tauberbischofsheim ausrücken sollte, um dort konterrevolutionäre Bestrebungen zu unterdrücken. Zwei Mitglieder des Vaterländischen Vereins versuchten, dies zu verhindern, und wiesen darauf hin, dass die Preußen im Anmarsch seien. Diese Aktion führte zu ihrer Verhaftung.
Jenes erste Aufgebot rückte am 24. Juni aus, erfuhr jedoch in Hundheim von der Niederlage der Revolutionstruppen bei Waghäusel und kehrte um. Die preußischen Truppen besetzten Wertheim am 16. und 17. Juli mit dem 5. preußischen Jägerbataillon und blieben bis 1852. Der Volksverein wurde sofort aufgelöst, etliche Bürger als Revolutionäre verhaftet und teils in der Stadt, teils im Schloss Külsheim eingesperrt, wo am 14. September 1849 nach einem Vierteljahr die längste Haftzeit zu Ende ging. Unter den bestraften Wertheimern befanden sich auch zwei Juden, Philipp Mandelbaum und Bernhard Benario. Der Verleger Nikolaus Müller konnte mithilfe des Engelwirts, seines Nachbarn, entkommen und floh über die Schweiz nach Amerika. Auch der Vorstand des Arbeitervereins, Ernst Weimar, konnte entkommen. Es wurden auch weitere Strafen wie Stadtarrest, Geldstrafen und Zuchthausstrafen ausgesprochen. Die Jäger aus Görlitz, Teil der preußischen Besatzung, trugen jedoch mit Konzerten auch zur Wertheimer Kultur bei. Die Infanterie, die dieser Einheit folgte, hinterließ in der Kirche St. Venantius einen in neugotischem Stil gefertigten Taufstein mit Baldachin.[27][28]
Bereits 1882 gab es in Wertheim drei sogenannte Laufwasserbrunnen – an der Hofhaltung, am Marktplatz und in der Brückengasse. Beim Bau des Schlossbergtunnels, der zur Bahnstrecke Lohr–Wertheim gehörte, stieß man am Tunneleingang an der Mühlenstraße auf Quellwasser, welches gefasst und über gusseiserne Leitungen zu den Laufbrunnen geführt wurde. Diese erste Trinkwasserversorgung wurde am 17. Mai 1882 feierlich in Betrieb genommen. 1886 wurden die Wasserleitungen zu den einzelnen Wohnhäusern weitergeführt. Da sie von der Dörlesberger Pfarrwiesenquelle gespeist wurden, führten sie über Reicholzheim durch den Eisenbahntunnel Waldenhausen zum Hochbehälter am Knackenberg. 1912 wurden zusätzlich die Wolfs- und die Eselsquelle bei Dörlesberg erschlossen, um die Trinkwasserversorgung erweitern zu können; 1915 kam ein weiterer Hochbehälter an der Alten Steige hinzu.[29]
Am 7./8. Februar 1909 wurde Wertheim von einem Hochwasser überrascht, das besonders heftig ausfiel und als das zweithöchste des 20. Jahrhunderts in die Stadtchronik einging. Zu den bereits vorhandenen Schneemassen kamen am 1. Februar weitere hinzu, sodass sogar Auswärtige mit ihren Schlitten per Zug anreisten, um in Wertheim zu rodeln. Als die Temperatur aufgrund eines Witterungsumschwungs plötzlich auf sieben bis neun Grad stieg, taute der Schnee. Bereits am 4. Februar meldete die Wertheimer Zeitung, dass das Tauwasser „geradezu Ueberschwemmungen verursachend“ durch die Straßen lief. Am 5. Februar kam das Hochwasser der Tauber, die bis Bad Mergentheim einem See glich, in die Stadt. Am Abend wurde die Tauberbrücke mit Schienen belastet, um ein Fortspülen zu verhindern. Am Samstag fiel jedoch der Pegel der Tauber überraschend wieder, dafür führte der Main immer mehr Wasser in die Stadt. Am Sonntag, dem 7. Februar, standen einzelne Straßen dann zwei bis drei Meter unter Wasser. Der Mainpegel stand bei beinahe sieben Metern, und der innerstädtische Verkehr wurde zumeist mit Kähnen und Schiffen bewältigt. Auch kamen Schaulustige aus den höhergelegenen Dörfern ringsum per Zug, um das Hochwasser anzusehen. In der Zeitung wurden unter anderem Schäden bei Steinbruchbesitzern vermeldet, deren Hütten weggerissen worden waren. Zwar kam der Landeskommissär aus Mannheim angereist, um sich einen Überblick über die Schäden zu verschaffen; dennoch gab es zahlreiche Klagen, dass die Regierung den Geschädigten keine Hilfe anbiete. Ein Wohnhaus musste nach dem Hochwasser abgebrochen werden; die Aufräumarbeiten konnten erst Anfang März abgeschlossen werden, da bis dahin strenger Frost vorherrschte.[30]
Am 31. März 1931 wurde in der Wertheimer Zeitung der Plan zu einem Ehrenmal vorgestellt, das den Namen „Reichstreue am Main“ tragen sollte. Initiator war Gymnasialprofessor Alfred Bock, der damit die aus dem Versailler Vertrag resultierenden Gebietsverluste thematisieren und das „Zusammengehörigkeitsgefühl“ von Nord und Süd an der Mainlinie ausdrücken wollte. Angedacht war eine dreibogige Ehrenhalle, die von einem massiven Turm überragt werden sollte und somit auch als Aussichtspunkt hätte dienen können – letzteres insbesondere aufgrund des Standorts auf dem heutigen Wartberg. Der Bau sollte den Gründern des Deutschen Reiches und seinen Verteidigern im Ersten Weltkrieg gewidmet werden; ausgeführt werden sollte er durch den Architekten Bernhard Klüpfel. Ein Ehrenmal-Ausschuss wurde gegründet; zu seinen Mitgliedern gehörten neben dem Initiator Wertheims Bürgermeister Hans Bardon, Fürst Udo zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Stadtbaumeister Klüpfel und Kunstmaler Willy Exner. Letzterer fertigte einen Entwurf an, bei dem eine Statue mit erhobener Schwurhand den Bau krönen sollte, als Sinnbild des gewählten Mottos aus dem Rütlischwur in der Fassung von Schillers Wilhelm Tell: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern“. Die Spitze war auf 310 m über Normalnull vorgesehen. Die Bevölkerung wurde in Faltblättern zur Mitarbeit (unter anderem über den „Freiwilligen Arbeitsdienst“) und zu Geldspenden aufgerufen. Am 12. Juli 1932 kaufte die Stadtgemeinde den benötigten Baugrund und die Bauarbeiten begannen, gediehen jedoch nicht sehr weit, da sich die meisten Arbeitsdienstler bis Ende November wieder abmeldeten und der Bau danach offensichtlich eingestellt wurde. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden die bis dahin gesammelten Gelder wahrscheinlich für das Kreuzwertheimer Mahnmal am Kaffelstein zweckentfremdet.[31]
Partei | 19. Januar 1919 | 20. Mai 1928 | 14. September 1930 | 31. Juli 1932 | 6. November 1932 | 5. März 1933 | ||||||
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Stimmberechtigte | -¹ | -¹ | 2.625 | 2.826 | 2.644 | 2.623 | ||||||
Wahlbeteiligung | -¹ | -¹ | 85,79 % | -¹ | -¹ | 87,70 % | ||||||
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) | -¹ | 8,1 % | 680 | 30,48 % | 1.061 | 43,48 % | 911 | 41,28 % | 1.197 | 51,02 % | ||
Deutsche Zentrumspartei (Zentrum) | -¹ | 15,5 % | -¹ | 15,4 % | 384 | 17,22 % | 409 | 16,76 % | 344 | 15,58 % | 357 | 15,22 % |
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) | -¹ | 23,5 % | -¹ | 18,9 % | 250 | 11,2 % | 306 | 12,54 % | 243 | 11,01 % | 256 | 10,91 % |
Deutschnationale Volkspartei (DNVP) | -¹ | -¹ | -¹ | 28 % | 206 | 9,23 % | 205 | 8,4 % | 228 | 10,33 % | 222 | 9,46 % |
Christlich-Sozialer Volksdienst (CSVD) | -¹ | -¹ | -¹ | -¹ | 341 | 15,28 % | 180 | 7,38 % | 161 | 7,29 % | 124 | 5,28 % |
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) | -¹ | -¹ | -¹ | 4,3 % | 103 | 4,6 % | 163 | 6,68 % | 192 | 8,7 % | 113 | 4,81 % |
Deutsche Volkspartei (DVP) | -¹ | -¹ | -¹ | 8,9 % | 1962 | 8,79 %2 | 38 | 1,56 % | 76 | 3,44 % | 47 | 2 % |
Deutsche Demokratische Partei (DDP), ab 1930 Deutsche Staatspartei (DStP) | -¹ | 35,1 % | -¹ | 13,1 %3 | 53 | 2,17 % | 34 | 1,54 % | 30 | 1,28 % | ||
Sonstige | -¹ | -¹ | -¹ | -¹ | 71 | 3,18 % | 25 | 1,02 % | 18 | 0,82 % | 0 | |
Total | 2.231 | 100 % | 2.440 | 100 % | 2.207 | 100 % | 2.346 | 100 % |
¹ Keine Zahlenangaben. 2 DVP und Deutsche Staatspartei bildeten zur Wahl am 14. September 1930 eine Einheitsliste in Baden. 3 Darunter auch VRP.
Quellen: Ellen Scheurich: Aufstieg und Machtergreifung des Nationalsozialismus in Wertheim am Main, Wertheim 1983 sowie Zahlen aus den amtlichen Bekanntmachungen in den entsprechenden Jahresbänden der Tauber-Zeitung und des Tauber- und Frankenboten sowie aus Angaben des Statistischen Landesamts.
Zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus wurde im März 1933 der langjährige Bürgermeister Hans Bardon aus dem Amt gedrängt. Als Anlass wurde ein amtsärztliches Zeugnis verwendet, in welchem ihm Dienstunfähigkeit bescheinigt wurde. Nach drei erfolglosen Versuchen durch Eröffnung eines Dienststrafverfahrens erreichten die NS-Gemeinderäte somit ihr Ziel eines Bürgermeisterwechsels. Der Amtsenthebung Bardons ging ein Nervenzusammenbruch im Sommer 1931 voraus, den Bardon vermutlich aufgrund des aggressiven Auftretens der NSDAP-Gemeinderatsfraktion erlitt. Er musste daraufhin mehrmals seinen Dienst unterbrechen, was jedoch zu keiner Besserung seines Zustands führte. Bardon führte auch heftige Auseinandersetzungen mit den Vertretern der NSDAP, als diese forderten, anlässlich der Reichstagswahl „an exponierter Stelle die Hakenkreuzfahne zu hissen“. Zwei Tage vor der Wahl wurde dieser Antrag im Gemeinderat mit sieben gegen fünf Stimmen abgelehnt. Die Forderung, Hitler die Wertheimer Ehrenbürgerschaft zuzuerkennen, wurde bis nach der Wahl verschoben. Am 4. März 1933 beschwerten sich die Gemeinderäte Schüßler, Menz und Schwöbel (NSDAP) bei Bürgermeister Bardon über den Verlauf der Gemeinderatssitzung vom Vortag. Bardon wurde aufgefordert, sich über den Gemeinderatsbeschluss hinwegzusetzen und eine Beflaggung des Rathauses für den 4. und 5. März vorzunehmen, da dies im „Interesse der Ruhe und Ordnung“ sei, andernfalls wurde mit „unerfreulichen Demonstrationen“ gedroht. Bardon entsprach dem Wunsch nach der Beflaggung nicht; die angedrohten Demonstrationen fanden nicht statt. Durch die Gleichschaltung Badens konnte die NSDAP auch in Wertheim die Macht übernehmen. Daraufhin erbat Bardon am 20. März 1933 seine Zurruhesetzung, welche drei Tage später vom Gemeinderat gebilligt wurde. Ein Antrag der NSDAP, Bardon vom 1. April an nur noch die Bezüge auszuzahlen, die ihm nach den Richtlinien der Gemeindebesoldungsordnung zustanden, ohne eine höhere Einstufung und eine Aufwandsentschädigung zu berücksichtigen, wurde mit sechs zu zwei Stimmen (bei einer Enthaltung) angenommen.[32] Der neue Wertheimer Bürgermeister Friedrich Bender ließ sich nach seinem Amtsantritt umgehend sein Amtszimmer durch die Münchener Innenarchitekten Knidlberger und Schüßler im nationalsozialistischen Heimatstil umgestalten und dabei über seinem neuen wappengeschmückten Amtssessel einen großformatigen goldfarbenen Reichsadler mit Hakenkreuz anbringen.[33]
Wertheim war eine der ersten Städte in Baden, die dem Reichspräsidenten von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen. Auf Antrag der NSDAP sollte ursprünglich nur Hitler Ehrenbürger werden, in der Gemeinderatssitzung am 3. März 1933 wurde diese Forderung jedoch von den übrigen Mitgliedern auch um von Hindenburg erweitert. Eine Abstimmung fand nicht statt.
In einer Zeitungsanzeige gaben Mitglieder der NSDAP daraufhin am 6. März „unwiderruflich“ die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Hitler für den 8. März bekannt. Am 7. März wurde auf demselben Weg bekanntgegeben, dass der Reichspräsident und der Reichskanzler „morgen, am Mittwoch, zu Ehrenbürgern unserer Stadt [werden]. Wir bitten die Bevölkerung und die staatlichen und städtischen Behörden der alten Amtsstadt Wertheim, vom frühen Morgen an bis einschließlich Samstag zu flaggen“. Dem Antrag auf Beflaggung, der von der NSDAP und der DNVP eingebracht wurde, wurde stattgegeben, ebenso dem Antrag auf Umbenennung zweier Straßen, nämlich der Bahnhofstraße in Hindenburgstraße und der Poststraße in Adolf-Hitler-Straße.[34] Die heutige Hämmelsgasse hieß damals Robert-Wagner-Straße, benannt nach dem Gauleiter von Baden;[35] die Judengasse und die Neben-Judengasse hingegen tragen auch heute den Namen Gerbergasse und Wehrgasse.[36] Am 7. Dezember 1945 wurde die Ehrenbürgerschaft für Hitler und von Hindenburg per Gemeinderatsbeschluss für nichtig erklärt.[37]
1936 wurde das Bezirksamt Wertheim aufgehoben, Wertheim kam zum Bezirksamt Tauberbischofsheim, das 1939 in Landkreis Tauberbischofsheim umbenannt wurde. Im Jahr 1937 erhielt Wertheim auf dem Reinhardshof einen Militärflugplatz und wurde Garnisonsstadt.[38]
Noch vor dem reichseinheitlichen Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 organisierte die Wertheimer NSDAP-Ortsgruppe dies in der Stadt. So erschien bereits am 14. März eine Anzeige in der Wertheimer Zeitung, die „An die nationalrevolutionär gesinnte Bevölkerung von Stadt und Land“ gerichtet war. In ihr wurde bekanntgegeben, dass auf Wunsch der SA am Vortag um 2 Uhr die Schließung aller jüdischen Geschäfte erzwungen worden war. Die Geschäfte durften zwei Stunden nach dieser Aktion wieder öffnen, da Innenminister Frick Einzelaktionen verboten hatte. In der Anzeige wurden die Wertheimer Juden auch bezichtigt, den kommunistischen Aufmarsch der Eisernen Front durch Geldspenden unterstützt bezw. in Szene gesetzt zu haben.[39]
1934 wurden in Wertheim an den Ortseingängen Plakate und Schilder mit der Aufschrift „Juden unerwünscht“ angebracht; auch die Werbetransparente für die Michaelis-Messe dieses Jahres wurden um das Transparent „Juden sind in Wertheim unerwünscht“ ergänzt. Letztere wurden zusammen mit der Werbung nach der Michaelismesse am 8. Oktober 1934 entfernt. Bezüglich der Plakate an den Ortseingängen wurde der Minister des Innern in einem Schreiben vom 26. Oktober 1934 gebeten, auf eine Beseitigung dieser Schilder hinzuwirken, da „die Anbringung solcher Schilder (…) mit Rücksicht auf ihre schädigende Einwirkung auf den internationalen Fremdenverkehr und die Rolle, die das