Carl Michael Ziehrer erlernte von seinem Vater das Handwerk des Hutmachers. Er spielte auch Klavier und verfasste bereits mit 19 Jahren eigene kleine Kompositionen. Der Verleger von Johann Strauss (Sohn), Carl Haslinger, der sich zu dieser Zeit mit seinem Walzer-Komponisten zu überwerfen begann, vermutete in ihm Talent und protegierte den jungen Carl Michael Ziehrer, indem er ihm Lehrmeister für Dirigenten- und Komponistentätigkeit zur Verfügung stellte. Ziehrers wichtigster Lehrer war der Wiener Musiker und Komponist Johann Emanuel Hasel, der auch mit Ziehrers Kapelle das Programm des ersten Konzerts einstudierte und seinem Schüler zahlreiche Eigenkompositionen zur Verfügung stellte, die Ziehrer bei seinem Debüt am 21. November 1863 im Dianabad-Saal in Wien-Leopoldstadt unter seinem Namen zur Aufführung brachte.[1] Hasels Hilfestellung wurde von Ziehrer zeit seines Lebens konsequent verschwiegen. Im Jahr 1903 gelang es Ziehrer mithilfe eines Privatdetektivs, eine inkriminierende Partitur aus dem Besitz von Hasels Witwe an sich zu bringen, um das peinliche Bekanntwerden von Hasels wahrem Anteil an Ziehrers Frühwerk zu verhindern.[2]
1865 wurde Ziehrer in die Blumensäle der Wiener Gartenbaugesellschaft engagiert, wo er als Ballregent fungierte und einige Neukompositionen zur Uraufführung brachte. Im November 1867 ernannte man Ziehrer zum Kapellmeister des Arbeiter-Bildungswerks.
Nach Differenzen mit seinen Förderern und Gönnern in Wien zog Ziehrer nach Berlin, übernahm die Kapelle der Reichshallen und agierte als Varieté-Dirigent. Dabei arbeitete er mit Marianne Edelmann (eigentlich Maria Laura Münk)[3] aus Linz zusammen, die er am 1. September 1888 heiratete.
Im Jahre 1885 erhielt Ziehrer den Posten als Kapellmeister des berühmten K.u.k. Infanterie-Regiments Hoch- und Deutschmeister Nr. 4, nachdem der im selben Jahr ernannte Heinrich Strobl (1839–1885) unerwartet verstorben war. Damit erlangte er auch in Wien Anerkennung, wo sich die „Strauss-Ära“ dem Ende zuneigte. Carl Michael Ziehrer gab Konzerte in ganz Europa und auch 1893 in Chicago im Rahmen der Weltausstellung.
Partiturheft für Pianoforte. Auf der Titelvignette Ansicht des Kurparks: Hauptallee mit Musikpavillon, Freitreppe und Äskulap-Tempel (heute: Mozart-Tempel) als point de vue.— In: Otto Wolkerstorfer: Walzerseligkeit und Alltag. Baden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Grasl, Baden bei Wien 1999, ISBN 3-85098-243-2, S.346.
Max Schönherr:Carl Michael Ziehrer. Sein Werk, sein Leben, seine Zeit. Dokumentation, Analysen und Kommentare. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1974, ISBN 3-215-61827-3.
Max Schönherr:Lanner, Strauß, Ziehrer. Synoptisches Handbuch der Tänze und Märsche. Doblinger, Wien 1982, ISBN 3-900035-75-X.
Gabriele Waleta: Der letzte k.k. Hofballmusikdirektor Carl Michael Ziehrer in den Jahren 1908–1918. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1995, OBV.
Klaus Stübler, Christine Wolf:Harenberg Komponistenlexikon. Mayers Lexikonverlag, Mannheim 2004, ISBN 3-411-76117-2, S.1047.
Martin Trageser:Millionen Herzen im Dreivierteltakt. Die Komponisten des Zeitalters der „Silbernen Operette“. Königshausen und Neumann, Würzburg 2020, ISBN 978-3-8260-6924-6, S.15–28.