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Veni creator spiritus

Hymnus an den Heiligen Geist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Veni creator spiritus
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Veni creator spiritus (zu deutsch: „Komm, Schöpfer Geist“) ist ein lateinischer Hymnus aus dem 9. Jahrhundert, der mehrheitlich Rabanus Maurus zugeschrieben wird. Nach einer These Heinrich Lausbergs ist er anlässlich des Aachener Konzils von 809 verfasst worden, um dessen Teilnehmer programmatisch auf den kaiserlichen Auftrag einzustimmen, die theologische Zulässigkeit der Einfügung des Filioque ins große Glaubensbekenntnis nachzuweisen. Als sicher gilt, dass der Hymnus im theologischen Umfeld dieses Konzils entstanden ist.

Schnelle Fakten Allgemeines ...

Der Hymnus zählt zu den wenigen Gebeten in der Liturgie der Westkirche, die sich direkt an den Heiligen Geist wenden. Spätestens seit dem 10. Jahrhundert wird er im Stundengebet als Hymnus der Vesper verwendet, und zwar lange Zeit in der Pfingstoktav, seit dem Wegfall dieser Oktav nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil während der Pfingstnovene. Spätestens seit dem 11. Jahrhundert wird Veni creator spiritus auch bei Synoden, Weihen und Ordinationen gesungen. Auch beim Einzug der Kardinäle ins Konklave wird der Hymnus gesungen.

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Textgeschichte

Die Gedichte des Rabanus Maurus wurden zuerst 1617 von Christoph Brouwer nach einer alten Fuldaer Handschrift unter dem Titel Hrabani Mauri, ex Magistro et Fuldensi Abbate Archiepiscopi Moguntini, poemata de diversis veröffentlicht. Diese Handschrift reichte – wie aus anderweitig überlieferten Bruchstücken hervorgeht – als solche bis ins 10. Jahrhundert zurück, ist jedoch heute nicht mehr erhalten, so dass der Brower’sche Abdruck nun die Stelle dieser ältesten Quelle vertritt.

Daneben steht die jüngere Tradition liturgischer Bücher, die den Text teilweise auch mit Melodien überliefern. Wegen der großen Nähe des Hymnus zur Form eines jambischen Quaternars der klassischen lateinischen Metrik sind darüber hinaus an wenigen Stellen immer wieder in humanistischen Sinne kleine „Korrekturen“ vorgenommen worden.

In der Tradition der liturgischen Bücher stehen das Graduale Romanum (und der Liber Usualis), das katholische Gesangbuch Gotteslob (GL 341, 342 und 351), das evangelische Gesangbuch mit Martin Luthers Übertragung (EG 126) und das reformierte Gesangbuch der Schweiz (RG 499, 500).

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Text mit Übertragungen

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Der Hymnus ist seit dem 12. Jahrhundert immer wieder übersetzt worden. Nach Franz Josef Worstbrock ist er der am häufigsten übersetzte Hymnus des deutschen Mittelalters. Im deutschen Sprachraum sind die heute am weitesten verbreiteten Fassungen neben dem lateinischen Text die Übersetzungen von Martin Luther und Heinrich Bone. In der Lutherschen Version ist allerdings die Reihenfolge der dritten und vierten Strophe vertauscht. Der Hymnus ist unter der Liednummer 341 ins Gotteslob aufgenommen worden. Bei der deutschsprachigen Fassung (Liednummer 342) handelt es sich um eine Kontrafaktur mit einer Übersetzung von Friedrich Dörr.[1]

Weitere Informationen Lateinischer Text (GL 341), Martin Luther (1524) ...

Die letzte Strophe lautete im Rabanus-Text ursprünglich:

7. Praesta hoc, Pater piissime,
Patrique compar unice,
cum Paracleto Spiritu
regnans per omne saeculum.

7. Dies bewirke, liebster Vater,
Und, dem Vater gleich, du Einziger,
Zusammen mit dem Beistand Geist
Herrschend in alle Ewigkeit.

Weitere Übersetzungen stammen unter anderem von Angelus Silesius (1668) und von Johann Wolfgang von Goethe (9. April 1820).[2]

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Aufbau des Hymnus nach Heinrich Lausberg

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Der Hymnus ist in sieben ambrosianischen Hymnenstrophen verfasst und zeigt strukturell in besonderer Weise eine Verwandtschaft mit dem Hymnus Ave maris stella.[3]

Die erste Strophe bittet als Proömium des ganzen Hymnus um die charismatische Gegenwart des Geistes. Erst nach sechs Strophen, mit der Anrede an den Heiligen Geist, richtet sich die siebente Strophe als Doxologie an die gesamte Dreifaltigkeit.

Das „Corpus“ des Gedichts bilden die Strophen 2 bis 6. Sie gehen von den bereits akzeptierten Bezeichnungen des Heiligen Geistes, nämlich Paraklet, Gabe Gottes, lebendiger Quell usw. aus und münden in die Formulierung „utriusque spiritum“, den theologischen Zielgedanken des Hymnus, nämlich die zu etablierende Lehre, der heilige Geist gehe nicht nur vom Vater aus, sondern als „beider Geist“ auch vom Sohn (Filioque).

„In der Tat läßt sich eine formale ,Preziosität‘ und eine auf das ,Erstpublikum‘ ausgerichtete ,Künstler-Eitelkeit‘ des Dichters nicht verkennen.“

Lausberg: Der Hymnus „Veni Creator Spiritus“, S. 23

Nach dem Ende des Konzils von Aachen war der Höhepunkt der Komposition – credamus in seinem ursprünglichen Sinn der Aufnahme der Filioque-Formulierung ins Credo – nicht mehr nachvollziehbar und wurde entweder im Sinne eines vertieften Glaubensverständnisses (wie bei Luther) oder einer intensivierten Glaubenskraft (wie bei Bone) umgedeutet.

In einigen überlieferten Fassungen ist die ursprüngliche siebente Strophe entfallen oder durch eine dichterisch kaum noch mit dem Rest des Hymnus verknüpfte Doxologie ersetzt worden.

Nach Lausberg liegen den einzelnen Strophen in gelehrten Anspielungen und ohne dass die jeweiligen Begriffe selbst genannt würden[4] die sieben Gaben des Heiligen Geistes zugrunde, jedoch nicht in der Reihenfolge, wie sie bei Jes 11,2–3 VUL genannt werden, sondern in umgekehrter Ordnung, die seit Augustinus als die für den Menschen besonders geeignete „pädagogische“ Abfolge gilt.[5] Für Lausberg ergibt sich folgende Zuordnung:

Weitere Informationen Strophe, Gabe ...
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Vertonungen

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Gregorianischer Gesang (lateinisch, erste Strophe)

Die älteste gregorianische Melodie (im achten Kirchenton) ist um das Jahr 1000 aus Kempten überliefert.

Vokalwerke

Orgelbearbeitungen

Sonstige musikalische Bearbeitungen

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Rezeption

Der Titel des Hymnus bildet das Schlusswort des Stuttgarter Schuldbekenntnisses, das im Herbst 1945 um den neuen Geist für die evangelischen Kirchen nach dem Zweiten Weltkrieg bittet.[18]

Siehe auch

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Heinrich Lausberg: Der Hymnus „Veni Creator Spiritus“. Westdeutscher Verlag, Opladen 1979, ISBN 3-531-05078-8.
  • Hartmut Köhler: Veni creator spiritus. Zur Geschichte und Kontrafaktur eines Hymnus. In: Henning Krauss (Hrsg.): Mittelalterstudien. Erich Köhler zum Gedenken. Heidelberg 1984, S. 133–146.
  • Gabriele Obst: Veni creator spiritus! Die Bitte um den Heiligen Geist als Einführung in die Theologie Karl Barths. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1998, ISBN 3-579-02021-8.
  • Stefan K. Langenbahn: Veni, Creator Spiritus. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 10. Herder, Freiburg im Breisgau 2001, Sp. 591–592.
  • Raniero Cantalamessa: Komm, Schöpfer Geist. Betrachtungen zum Hymnus Veni Creator Spiritus. 3. Auflage. Herder, Freiburg i. B. 2007, ISBN 978-3-451-29161-6.
  • Yan Suarsana: Der Hymnus „Veni creator spiritus“ in zwei mittelalterlichen Übersetzungen. Eine quellen- und sprachkritische Untersuchung. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 47 (2008), ISSN 0075-2681, S. 151–170, JSTOR:24237588.
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Commons: Veni Creator Spiritus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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