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Modell zur Darstellung sozialer Veränderungen in Gruppen und Gemeinschaften Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das 3-Phasen-Modell (auch englisch model of change genannt) von Kurt Lewin ist ein einfaches Modell zur Darstellung sozialer Veränderungen in sozialen Gruppen und Gemeinschaften.
Lewin hat für Veränderungsprozesse in Gruppen und Organisationen im Jahr 1947 in seinem Artikel Frontiers in group dynamics[1] ein 3-Phasen-Modell formuliert. Die grundlegenden Ideen hinter diesem Modell sind vor dem Hintergrund seiner früheren Studien „zur Lösung sozialer Konflikte“ zu sehen. Nach seiner Emigration in die Vereinigten Staaten untersuchte er die Frage, wie die Kultur in Deutschland nach Kriegsende in Richtung Demokratie verändert werden könnte. Im Artikel „The Special Case of Germany“ von 1953[2] befasste er sich mit dem kulturellen Veränderungsprozess bei Individuen und Nationen (Cultural Changes of Individuals and Nations), der sogenannten Umerziehung (Reeducation), die nach Kriegsende von der amerikanischen Militärverwaltung in Deutschland durchgeführt werden sollte. Nach Lewins Meinung darf die Führung einer Gemeinschaft bei der Umstellung von der Autokratie zur Demokratie nicht unter dem Motto der „individuellen Freiheit“ einfach alles laufen lassen, sondern muss all ihre Macht einsetzen, um die Einsicht in die demokratische Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Gruppe als Ganzes herbeizuführen.[3]
Lewin bevorzugte den Veränderungsprozess in der Gruppe, weil er wegen der Gruppendynamik effizienter verlief. Das Vorgehen sollte als ein schrittweiser Wandel von feindlicher Haltung zu freundlicher Haltung dem neuen System als Ganzem gegenüber verlaufen. Er legte großen Wert auf die Schaffung einer Atmosphäre der Freiheit und der Spontanität als Teil des Umerziehungsvorganges. Für ihn war es unlogisch zu erwarten, dass ein Mensch den Wandel von selber vollziehen würde. Denn eine Umerziehung versuche das System der Werte und Ansichten des Einzelnen oder einer Gruppe so zu verändern, dass es wieder mit der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit oder mit der Wirklichkeit übereinstimme. Seinen Kritikern, die seinem Verfahren Täuschung und Nebelschleier vorwarfen, entgegnete er, sie würden eine Methode der Gewaltanwendung für ehrenhafter und redlicher halten.[4]
Veränderungen in gesellschaftlichen Gruppen erfolgen nach diesem Modell in drei Phasen: Auflockern, Hinüberleiten, Verfestigen (manchmal – wie in der obigen Grafik – auch übersetzt mit „Auftauen, Bewegen, Einfrieren“ oder „Auftauen, Ändern, Neustabilisieren“).[5]
Das Phasenmodell nach Lewin wurde von Edgar Schein (1996) um eine kognitive Komponente erweitert.[7]
In der Phase des Auflockerns (engl. Unfreezing) beschreibt Schein drei kognitive Prozesse, die vorhanden sein müssen, um Veränderungsbereitschaft und -motivation zu wecken.
Die Phase des Hinüberleitens (engl. Moving) wird nach Schein ebenfalls von drei kognitiven Prozessen begleitet.
Darüber hinaus ist auch die Phase des Verfestigens (engl. Freezing) von einem kognitiven Prozess geprägt.
Edgar Schein vom MIT hat Beeinflussungsprozesse bei verschiedenen Gruppen untersucht. Er untersuchte Kriegsgefangene im Koreakrieg, die Sozialisierung von MBAs für ihre Arbeitnehmer, Unternehmer und Direktoren während der Änderung von Unternehmenskulturen, Berater, während sie Organisationen geholfen haben, und gruppendynamische Prozesse von Berufs- und Kulturorganisationen bei ihren Mitgliedern. Dabei fand er in der Veränderungsdynamik ähnliche Muster, wie sie im obigen Modell von Lewin dargestellt werden.[8][9]
Obwohl der ursprüngliche Fokus des 3-Phasen-Modells auf der Erklärung von Veränderungsprozessen in gesellschaftlichen Gruppen lag, gilt das Modell heute als die Pioniertheorie im Bereich des organisationalen Veränderungsmanagements (engl. Change Management).
Das 3-Phasen-Modell von Lewin wird von vielen Autoren als eines der wichtigsten Grundlagenmodelle im Veränderungsmanagement betrachtet. Viele Modellentwicklungen und Studien basieren auf Lewin’s Modell[10]. Gleichzeitig wird das Modell von vielen Wissenschaftlern kritisch betrachtet[11]. Die Darstellung eines Veränderungsprozesses in wenige aufeinanderfolgende Schritte sei zu einfach. Oder, die letzte Phase des Modells (Refreezing) suggeriere, dass, wenn das Ziel eines Change-Prozesses erreicht ist, dieser Zustand erneut zu einer starren Struktur übergehen soll. Zu Beginn eines neuen Veränderungsprozesses müsste dieser Zustand wieder aufgebrochen werden. Diese simple, statische Vorstellung von Strukturen gelte als überholt und unpassend für die Flexibilität und Komplexität gegenwärtiger Unternehmen.
Eine eingehende Recherche der Quelltexte und des Verlaufs der Zitation und Interpretationen des Modells macht deutlich, dass die heutige Form des 3-Phasenmodells nicht voll und ganz auf Lewin’s Überlegungen zurückzuführen ist. Im Vergleich zu anderen Theorien Lewins (z. B. Feldtheorie) sind die Ausführungen zum 3-Phasen-Modell ungenau und mit wenig Evidenz belegt. Dies ist mit Lewin’s verfrühten Ableben, noch bevor er seine Forschung zu Veränderungsprozessen abschließen konnte, zu erklären. Viele der zum 3-Phasen-Modell zitierten Artikel von Lewin, stammen aus Veröffentlichungen nach seinem Tod im Februar 1947, die vermutlich als unausgereift betrachtet werden können. In häufig zitierten Quellen (z. B. Lewin 1947[1]) taucht die Bezeichnung „Refreezing“ als dritte Phase im Veränderungsprozess nicht auf. Auch die Absicht ein möglich simples Modell des Veränderungsprozesses zu entwickeln um Change Agents anzuleiten, wurde so von Lewin nicht formuliert. Dieses Verständnis des Modells kann unter anderem auf Fortführungen und Interpretationen von Ronald Lippit und Edgar Schein zurückgeführt werden[11].
Cummings und Kollegen[11] vermuten, dass die heutige Sicht auf den Change-Prozess anders aussehen könnte, wenn alternative Aspekte von Lewin‘s Überlegungen zu Veränderung in der Literatur hervorgehoben worden wären. Zum Beispiel betont Lewin die Bedeutsamkeit der Einbindung aller vom Veränderungsprozess Betroffenen in Frontiers in group dynamics[1]. Das Modell wird allerdings häufig als Instrument für Führungskräfte in der Rolle des Change Agents betrachtet, das dabei helfen soll den Veränderungsprozess zu leiten und zu überwachen[10]. Dies widerspricht Lewin’s Ausführungen und es ist anzunehmen, dass der Gebrauch des Modells von ihm so nicht intendiert war.
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