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Zeit der katholischen Kirchengeschichte, währenddessen die Päpste in Avignon saßen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als avignonesisches Papsttum (auch „Papsttum in Avignon“, „avignonesisches Exil“ oder „babylonische Gefangenschaft der Kirche“ genannt) wird der Zeitraum zwischen den Jahren 1309 und 1376[1] oder 1377[2] bezeichnet, in dem sieben Päpste ihren Sitz in der südfranzösischen Stadt Avignon hatten. Papst Gregor XI. ließ sich schließlich von Katharina von Siena zur Rückkehr nach Rom bewegen. Er starb allerdings kurz darauf, so dass erst der Nachfolger, der Italiener Urban VI., wieder wirklich ein römischer Papst war. Die Epoche des Papsttums unter französischem Einfluss war damit aber noch nicht überwunden. Kurz nach der Rückkehr kam es im Jahr 1378 zu einer Doppelwahl, die das Abendländische Schisma auslöste, welches bis zum Jahr 1417 andauerte. Auch in dieser Zeit residierte zeitweise ein Papst in Avignon.
Im 13. Jahrhundert waren zunehmend Tendenzen aufgekommen, die den Universalanspruch des Papsttums beeinträchtigten. Die Nachfolger von Innozenz III. sahen sich etwa einem Konflikt mit den Staufern ausgesetzt, den das Papsttum für sich entscheiden konnte. Nach dem Tod des Stauferkaisers Friedrich II. kam es im Reich zu Doppelwahlen und militärischen Konflikten, die schließlich zum Untergang der Staufer führten. Frankreich stieg währenddessen zur stärksten Macht Europas auf.[3]
Das französische Königtum nutzte seine neue Macht sogleich aus, um auf den Papst Einfluss zu nehmen. Die wahren Verhältnisse verkennend, bestand Papst Bonifatius VIII. (1294–1303[4]) aber weiter auf der Idee des universalen Papsttums in der Tradition Gregors VII. und Innozenz’ III. Er lieferte sich so eine erbitterte politische Auseinandersetzung mit König Philipp IV. von Frankreich, die schließlich in der Bulle Unam Sanctam (1302[4]) einen Höhepunkt fand. Darin reklamierte der Papst das Primat der geistlichen Macht über der weltlichen.[4] Doch Philipp ließ sich davon nicht beirren. Er beschuldigte den Papst der Häresie und appellierte an ein künftiges Konzil, das dem Papst den Prozess machen sollte. Schließlich ließ er ihn in seiner Sommerresidenz für kurze Zeit festnehmen (Attentat von Anagni). Davon gebrochen, starb Bonifatius am 11. Oktober 1303[4] in Rom.
Der Druck der französischen Krone hatte dazu geführt, dass immer mehr Kardinäle französischer Herkunft waren.[5] Mit Clemens V. wurde 1305 dann auch ein Franzose zum Papst gewählt. Er war zuvor Erzbischof von Bordeaux und ging nach seiner Wahl gar nicht erst nach Rom, sondern ließ sich in Lyon zum Papst krönen. Clemens stand völlig unter dem Einfluss Frankreichs. Vier Jahre nach seiner Krönung ließ er sich dauerhaft in Avignon nieder. Avignon war zwar seit 1290 im Besitz des Grafen der Provence, der als loyaler Vasall der Kirche galt, lag aber im französischen Territorium – wenngleich Clemens VI. später Ländereien um die Stadt herum aufkaufen sollte. Damit hatte sich der Papst in die Abhängigkeit einer Krone gebracht, die seine Vorgänger über zwei Jahrhunderte erbittert bekämpft hatten.[5]
Clemens’ zaghafter Versuch, sich mit Hilfe des römisch-deutschen Kaisers Heinrich VII. der Einflussnahme Philipps zu erwehren, endete schon bald, da Heinrich in Italien die alte imperiale Politik im Stil der Staufer zu erneuern versuchte, so dass Clemens sich wieder Philipp zuwandte. Hierzu trug auch die Drohung Philipps bei, auf einem Prozess gegen Bonifatius VIII. zu bestehen, in dem dieser posthum der Häresie überführt werden sollte, was schwerwiegende Folgen für das Ansehen des Papsttums gehabt hätte.
Unter französischem Einfluss wurde das Papsttum zum Spielball französischer Machtinteressen und büßte seine Autorität als überparteiliche Macht in Europa ein.[5] Diese Entwicklung erwies sich recht bald als fatal.
Philipp IV. war der größte Schuldner des Templerordens, der während der Zeit der Kreuzzüge reich geworden war und sich anschließend hauptsächlich in Frankreich niedergelassen hatte. Philipp war der exemte, also seinem Jurisdiktionsbereich entzogene Orden ein Dorn im Auge. Er beschädigte systematisch den Leumund der Templer, indem er behauptete, dass die Anhänger des Ordens häretische Sonderlehren verträten und Unzucht trieben.[6] 1307 gab es die ersten Verhaftungswellen aufgrund von Beschuldigungen, die unter der Folter erpresst worden waren (Templerprozess). Clemens V. ging nur halbherzig dagegen vor. Selbst von einer Anklage bedroht, lenkte er schließlich ein. Gegen den Willen des Konzils von Vienne hob er den Orden am 22. März 1312 auf. Philipp ließ daraufhin im ganzen Land die Tempelritter verfolgen und teilweise hinrichten. Er beschlagnahmte das Vermögen des Ordens, obwohl es dem Johanniterorden zugesprochen worden war.[6]
Unter Clemens’ Nachfolger Johannes XXII. wurde es nicht besser: Indem er französischen Interessen folgte, lieferte er sich eine jahrelange Auseinandersetzung mit dem deutschen Thronprätendenten Ludwig IV. Damit beschädigte er sein Ansehen im Reich, von wo schließlich ein massiver Gegenschlag geführt wurde, der nicht mehr bloß dem Amtsinhaber, sondern dem Papsttum an sich galt.[7] Ludwig IV. appellierte an ein künftiges Konzil und sammelte an seinem Hof eine Reihe von Theologen vor allem aus dem Franziskanerorden, die ihrerseits mit dem Papst im Konflikt lagen (Armutsstreit). Sie arbeiteten dort Schriften und kanonistische Gutachten aus, die die geltende Hierarchie der Kirche in Frage stellten und eine Oberhoheit des Allgemeinen Konzils als Vertreter der ganzen Christenheit behaupteten. Das war der Ursprung des Konziliarismus, der die Kirche in den nächsten zwei Jahrhunderten beschäftigen sollte.
Die Verwaltung der katholischen Kirche, die sich als Gesamtkirche begriff, wurde zunehmend zentralisiert und besser organisiert. Ein Kennzeichen des avignonesischen Papsttums war aber auch der überhandnehmende Nepotismus der Päpste. Der Papstpalast in Avignon wurde unter Clemens VI. prächtig ausgebaut, die Hofhaltung war äußerst aufwendig. Schließlich kaufte Clemens VI. 1348 die Stadt. Der Papstpalast von Avignon wurde ein Zentrum des Mäzenatentums und des Frühhumanismus. Die Universität von Avignon genoss einen guten Ruf.
Versuche des Papsttums, in Italien – wo der Kirchenstaat Auflösungserscheinungen zeigte – regulierend einzugreifen, blieben erfolglos, nicht zuletzt auch aufgrund des Einflusses starker Kommunen wie Florenz und mächtiger Adelsfamilien wie der Visconti von Mailand. Aber auch allgemeine kommunale Streitigkeiten erschwerten entsprechende Bemühungen einzelner Avignoneser Päpste.
Unter Ludwigs Nachfolger Karl IV. verbesserte sich das Verhältnis zwischen dem Reich und der Kurie spürbar, da Karl auf ein enges Zusammenwirken der beiden Universalmächte Wert legte. So bot er Urban V. an, unter seinem Schutz nach Rom zurückzukehren. Im Osten versuchten die Päpste, eine Kirchenunion mit der Ostkirche in Byzanz zu erreichen, allerdings ohne Erfolg. Ebenso scheiterten die zum Teil groß angelegten Kreuzzugspläne einzelner Päpste.
Die enge Anlehnung des Papstes an die französische Monarchie, die in unterschiedlicher Intensität immer gegeben war, die Vergabe von Pfründen zur Finanzierung des päpstlichen Hofes und der moralische Zustand des Papsttums riefen in Italien Kritik hervor. So äußerte sich Petrarca sehr verächtlich über die Zustände in Avignon. In Rom wurde der Ruf nach einer Rückkehr des Papstes immer lauter, Gregor XI. vollzog diesen Schritt schließlich, auch auf Druck der Katharina von Siena und der Birgitta von Schweden.[8] Kurz nach der Rückkehr kam es jedoch zu einer Doppelwahl, die das Abendländische Schisma auslöste. Anschließend residierten erneut Päpste in Avignon, andere in Rom. Das Schisma dauerte von 1378 bis 1417[9] und wurde erst durch das Konzil von Konstanz gelöst.
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