Gesamtheit der festen Erde Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Mit Geosphäre (von griechischγῆ ‚Erde‘ und σφαίρα ‚Kugel‘) wird zumeist eine Erdsphäre bezeichnet. Das Wort benennt also ein Phänomen der Erde, das sich häufig schalenähnlich um den ganzen Himmelskörper legt. Der Geosphäre-Begriff erfuhr innerhalb von 150 Jahren mindestens zehn verschiedene Definitionen, von welchen heute im deutschen Sprachraum noch fünf benutzt werden. Demzufolge besteht derzeit keine Einigkeit über Inhalt, Ausdehnung und Umfang der Geosphäre.
Der Begriff der Geosphäre stammt aus dem englischen Sprachraum. Er wurde 1871 vom amerikanischen Philosophen Stephen Pearl Andrews (1812–1886) geprägt. Er bezeichnete damit die Gesamtheit der festen Erde – von der Lithosphäre bis zum Erdmittelpunkt. Allerdings prägten nachfolgende Wissenschaftler ihre eigenen Geosphäre-Begriffe:
Weitere Informationen Jahr der Begriffsprägung, Autor der Begriffsprägung ...
Raum in größter globaler Betrachtungsdimension.[12]
1993
Host Eichler
Durchdringungsfeld des Abiotischen, Biotischen und Geistigen auf der Erde.[13]
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In der modernen wissenschaftlichen Literatur finden sich von den zehn vorgestellten Geosphäre-Begriffen derzeit noch immer fünf wieder. Es handelt sich vor allem um die Geosphäre-Begriffe nach Stephen Pearl Andrews (1871) und Pierre Teilhard de Chardin (1956), sowie weit abgeschlagen die Begriffe nach John Murray (1910), Hans Carol (1956) und Ernst Neef (1963).
Feste Geosphäre (Stephen Pearl Andrews, 1871)
Die feste Geosphäre nach Stephen Pearl Andrews umfasst jene Bestandteile des Planeten Erde, die aus festem Gestein bestehen oder noch darunter liegen. Die feste Geosphäre umfasst also die Lithosphäre und die noch tiefer liegenden Erdsphären:[14][15]
Geosphäre
Lithosphäre
Asthenosphäre
Mesosphäre
Barysphäre
Erdaußenkern
Erdinnenkern
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Die in der Gliederung erwähnte Mesosphäre meint natürlich nicht jene Schicht der Erdatmosphäre gleichen Namens. Stattdessen wird hier auf die geosphärische Mesosphäre verwiesen, die ein Synonym für die unteren Anteile des Erdmantels darstellt.[16][17] Außerdem wird eine moderne Begriffsbedeutung der Barysphäre als Synonym für den Erdkern berücksichtigt.[18][19] Jedoch könnte die Geosphäre auch noch anders gegliedert werden:
In dieser alternativen Gliederung wurde die feste Geosphäre vollständig und übersichtlich dichotom geordnet. Gegen diese Gliederung kann eingewendet werden, dass sie neben der geosphärischen Mesosphäre auch noch eine geosphärische Endosphäre erwähnt,[20][21] obwohl dieser Begriff ebenfalls für eine bestimmte Schicht der Erdatmosphäre verwendet wird.[22] Außerdem wird mit Zentrosphäre. ein sehr alter und derzeit eher unüblicher Begriff wieder aufgegriffen.[23][24][25]
Neben den schon erwähnten Erdsphären werden gelegentlich die Böden – also die Pedosphäre[26] – oder die Böden zusammen mit gerade sedimentierenden Ablagerungen[27][28] – also die Pedosphäre zusammen mit der Sedimentosphäre[29] – ebenfalls der festen Geosphäre zugeordnet. Dem hingegen wird manchmal die Barysphäre nicht zur Geosphäre gezählt.[30]
Die feste Geosphäre ist der vorherrschende Geosphäre-Begriff der System-Erde-Forschung.[31][32][33][34]
Abiotische Geosphäre (Pierre Teilhard de Chardin, 1956)
Die abiotische Geosphäre nach Pierre Teilhard de Chardin umfasst sämtliche unbelebten Teile des globalen Ökosystems, der Ökosphäre. Damit umfasst sie Abschnitte von Lithosphäre, Hydrosphäre und Atmosphäre, die innerhalb des weltweiten Ökosystems liegen:[35][36][37][38][39]
Die geographische Geosphäre nach Hans Carol stellt einen Versuch dar, das allgemeine Objekt geographischer Forschung im realen Erdraum zu verorten.[43][44][45][46][47] Zwar blieb sein Versuch nicht lange unwidersprochen[48] und konnte sich international trotz einiger Anläufe[49][50][51] nicht etablieren. Dennoch wird Carols geographische Geosphäre in seltenen Fällen immer noch in deutschsprachigen Publikationen verwendet:[52][53]
Ein Synonym für die geographische Geosphäre lautet Chorosphäre. Diese Begriffsalternative wurde zu Beginn der 1960er Jahre vom Schweizer Geographen Ernst Winkler vorgestellt, um explizit das schon damals vieldeutige Wort von der Geosphäre zu vermeiden.[54][55] Die Chorosphäre gewann jedoch keine große Anhängerschaft.
Darüber hinaus existiert mit der Landschaftssphäre ein weiterer Begriff, der eine zumindest sehr große Bedeutungsgleichheit mit dem geographischen Geosphäre-Begriff aufweist. Das Wort wurde ebenfalls zu Beginn der 1960er von Ernst Winkler in die deutsche Sprache eingeführt,[56] nachdem er es der sowjetischen Geographie entlehnt hatte.[57] Der Vergleich zwischen der Landschaftssphäre und der geographischen Geosphäre bringt jedoch drei Unterschiede zutage:
Die Landschaftssphäre beschränkt sich mehr auf die festländischen Anteile der Erdoberfläche,[58] während die geographische Geosphäre im Prinzip auch die Hohe See mit einschließt.[59]
Landschaftssphäre wird derzeit praktisch nicht in allgemeingeographischen Publikationen verwendet, sondern findet sich vornehmlich in Veröffentlichungen allein der Landschaftsökologie.[60]
Im Gegensatz zum geographischen Geosphäre-Begriff genießt die Landschaftssphäre – als landscape sphere und als ландшафтная сфера – durchaus eine gewisse internationale Verbreitung.[61]
Die raumdimensionale Geosphäre nach Ernst Neef bezeichnet keine bestimmte Eigenschaft, die sich schalenartig um die Erde legt. Sie bezeichnet demzufolge keine Erdsphäre. Stattdessen meint Neefs Begriff den globalen Raum selbst in seiner Gänze als Perspektive der wissenschaftlichen Betrachtung.[65] Diese globale Perspektive kann heute auch (weniger missverständlich) sphärische Betrachtungsdimension oder (allgemeinverständlich) eben globale Betrachtungsdimension genannt werden.[66]
H-P. Blume, G. W. Brümmer, R. Horn, E. Kandeler, I. Kögel-Knabner, R. Kretzschmar, K. Stahr, B-M. Wilke: Scheffer/Schachtschabel · Lehrbuch der Bodenkunde. Heidelberg 2010, S. 363.
K. Kyser: Isotopes as Tracers of Elements Across the Geosphere–Biosphere Interface. In: F. Vanhaecke, D. Degryse (Hrsg.): Isotopic Analysis. Weinheim 2012, S. 352.
G. W. Barrett: Stress ecology: an integrative approach. In: G. W. Barrett, R. Rosenberg (Hrsg.): Stress effects on natural ecosystems. New York 1981, S. 3–12.
H. Barsch: Zur Kennzeichnung der Erdhülle und ihrer räumlichen Gliederung in der landschaftskundlichen Terminologie. In: Petermanns geographische Mitteilungen. 119, 1975, S. 83.
M. Maier: Vorwort. In: D. Kühler, E. Bethge, M. Fleig, G. Hillebrand, H. Hollert, B. Lehmann, D. Maier, M. Maier, U. Mohrlok, J. Wölz: Spannungsfeld Hochwasserrückhaltung und Trinkwassergewinnung. Karlsruhe 2010, S. V.
F. Mauelshagen: Ungewissheit in der Soziosphäre: Risiko und Versicherung im Klimawandel. In: R. v Detten, F. Faber, M. Bemmann: Unberechenbare Umwelt: Zum Umgang mit Unsicherheit und Nicht-Wissen. Wiesbaden 2013, S. 254.