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Albert Seba

deutsch-niederländischer Apotheker und Naturiensammler (1665-1736) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Albert Seba
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Albert Seba (auch Albertus Seba; * 12. Mai 1665 in Etzel bei Friedeburg in Ostfriesland; † 3. Mai 1736 in Amsterdam) war ein deutsch-holländischer Apotheker und Naturaliensammler.

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Albertus Seba. Kupferstich von Jacobus Houbraken, 1731.
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Titelseite des ersten Bandes des „Thesaurus“
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Gedenkstein für Albert Seba in seiner Heimatgemeinde Etzel

Leben

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Albert Seba war der Sohn des Landwirts Johann Wilken Seba und seiner Ehefrau Grete Albers. Sein Dorfschullehrer erkannte die ungewöhnliche Begabung des Jungen und erteilte ihm zusätzlichen Unterricht in Latein und in den Naturwissenschaften, für die sich Seba besonders interessierte. Die Ausbildung als Apotheker begann er erst im Alter von 19 Jahren im nahe gelegenen Neustadtgödens, einer ostfriesischen Siedlung holländischer Mennoniten, wo er auch deren Sprache erlernte. Nach einjähriger Grundausbildung wechselte er nach Groningen und nach einem weiteren Jahr zum Amsterdamer Apotheker Cornelis van der Veer, bei dem er nach nochmals einjähriger Lehrzeit Apothekergeselle wurde. Danach arbeitete er jeweils drei Jahre lang in Amsterdam, Nürnberg und Straßburg. Zurück in Amsterdam, bestand er am 11. Juni 1697 sein Examen als Apotheker.[1]

Im Juni 1698 heiratete Seba die Tochter eines Kollegen, Anna Loopes. Die Eheleute bekamen in den folgenden zwölf Jahren vier Töchter. Im Februar 1700 erwarb der Apotheker ein geräumiges Haus in Hafennähe am Haarlemerdijk für sein Ladengeschäft und seine wachsende Familie sowie für Gesellen und Lehrlinge, die bei ihm beschäftigt waren. Die Straße heißt heute Haarlemmerstraat, das Haus Nr. 110 ist äußerlich unverändert geblieben. Mit seinem Unternehmen, das er „De Duitsche Apotheek“ (Die Deutsche Apotheke) nannte, war Seba sehr bald erfolgreich und entsprechend wohlhabend.[1] Er nutzte geschickt die Möglichkeiten der Hafenstadt Amsterdam, gründete zusätzlich zum traditionellen Ladenverkauf einen Groß- und Fernhandel mit Arzneimitteln und belieferte schließlich sogar den Hof des russischen Zaren in Sankt Petersburg. Sein Vermögen erlaubte es ihm, der Kirche seiner Heimatgemeinde ein reich verziertes Taufbecken und zwei Gemälde zu schenken.[1]

Er starb 1736 an den Nachwirkungen einer Nierenkolik und wurde auf dem Friedhof der Amsterdamer Westerkerk beigesetzt. Heute erinnert ein Platz mit Gedenkstein in Etzel an ihn.

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Sammeltätigkeit

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Schon früh begann Seba, eine Sammlung von „Naturalien“ anzulegen, darunter verstand man vor allem präparierte Tiere und Pflanzen, aber auch Mineralien. Amsterdam war eine Metropole des Überseehandels und daher besonders dafür geeignet, eine solche Kollektion zusammenzutragen. Häufig trafen Schiffe mit Waren aus fernen Erdregionen ein, Seba selbst importierte exotische Kräuter und Pulver. Zu seinem umfangreichen Kundenkreis gehörten zahlreiche Seeleute, deren Krankheiten und Erschöpfungszustände nach monatelanger Fahrt er behandelte, oft schon bevor sie von Bord gegangen waren. Er fragte nach interessanten Objekten, die sie als Kuriositäten mitgebracht hatten – ausgestopfte oder in Alkohol eingelegte Tiere, Muschelschalen oder Schmetterlinge, Wurzeln und Früchte…, die er dann kaufte oder mit denen er sich seine medizinische Hilfe bezahlen ließ. Manche Anmerkungen im „Thesaurus“ deuten darauf hin, dass Seba mit Kontaktpersonen in Übersee – z. B. aus Sri Lanka, Virginia oder Grönland – korrespondierte und von ihnen bestimmte Exemplare erhielt. Mit anderen Sammlern tauschte er Duplikate aus oder verkaufte sie, dank der ihm eigenen Geschäftstüchtigkeit, mit Gewinn.

1716 konnte Seba seine Sammlung an den russischen Zaren Peter I. verkaufen, an dessen Hof er seit einigen Jahren umfangreiche Sendungen Arzneimittel lieferte. Der Zar war bestrebt, sein in vielen Belangen rückständiges Reich nach Westen zu öffnen und unternahm Informationsreisen in westeuropäische Länder. Seba hatte davon gehört, dass der Zar Holland besuchen und dort auch einiges für seine eigene Wunderkammer erwerben wollte. Dem Leibarzt des Zaren, Robert Erskine (1674–1718), schickte er vorab eine genaue Aufstellung seiner Exponate zu. Der Zar kaufte die Sammlung vollständig auf, sie ist teilweise noch heute in der St. Petersburger Eremitage zu sehen.

Den sehr hohen Verkaufserlös von 15.000 Gulden nutzte Seba umgehend zum Aufbau einer neuen Sammlung. Anders als zuvor trennte er sich nicht mehr von einzelnen Stücken, bevor er ein annähernd gleichwertiges Exemplar gefunden hatte; interessierte Käufer mussten Geduld haben und erhielten dann das etwas weniger attraktive Objekt. Die bald sehr umfangreiche Kollektion erregte unter Wissenschaftlern europaweit Aufsehen. Peter der Große besichtigte die neue Sammlung in seiner Wohnung. Der Sammler führte eine ausgedehnte Korrespondenz mit Gleichgesinnten.

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„Locupletissimi rerum naturalium thesauri accurata descriptio“ alias „Thesaurus“

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Entstehungsgeschichte

Um 1730 beschloss Seba, seine Sammlung in Buchform darzustellen und zu veröffentlichen. Am 30. Oktober 1731 unterschrieben er und die Verlage von Hendrik Janssonius van Waesberge (1687–1748)[3] sowie J. Wettstein & W. Smith einen Vertrag über das kostspielige Projekt, das sie in Kooperation herausbringen wollten. Danach hatte Seba ein Drittel der Geldmittel bereitzustellen, der Rest der Produktionskosten wurde durch Subskription beschafft – wer im Voraus zahlte, erhielt einen Rabatt von 30 % auf den späteren Verkaufspreis. Das auf vier Bände angelegte Werk Locupletissimi rerum naturalium thesauri accurata descriptio, bekannter als „Thesaurus“ erschien von 1734 bis 1765 im Großfolioformat. Sie erschienen parallel als lateinisch-holländische (Naaukeurige Beschrijving van het schatrijke Kabinet der voornaamste Seldzaamheden der Natuur van den Heer A. Seba) und lateinisch-französische Ausgaben (Description exacte des principales curiositez naturelles du magnifique cabinet d’Albert Seba). Die ersten beiden Bände erschienen 1734 und 1735, die beiden anderen erst postum 1759 und 1765.

Carl von Linné machte Seba mit Peter Artedi bekannt und empfahl ihn als Bearbeiter seiner Fischkunde.[4]

Inhalt

In der Folge arbeiteten mindestens 13 Zeichner und Kupferstecher jahrelang an der Ausführung der 449 großformatigen Tafeln, davon 175 als Doppelseite.[5] Die Namen einiger der bekannten Kupferstecher waren: Jacobus Houbraken Pieter Tanjé, de Bakker, van der Laan, Punt. An den Texten sollen andere Naturforscher beteiligt gewesen sein, genannt werden die Namen Hieronymus David Gaub, Pieter van Musschenbroek, Louis de Jaucourt und Jean-Baptiste-René Robinet.[1]

Seine Erben mussten die beispiellose Naturaliensammlung, die er hinterlassen hatte, auflösen und 1752 versteigern, um die Veröffentlichung der letzten beiden Bände zu finanzieren. Der erste Band zeigt auf mehreren Seiten Abbildungen von Sebas speziell präparierten Blättern, es folgen Pflanzen und Tiere aus Amerika und Asien. Im zweiten Band werden hauptsächlich Schlangen beschrieben, dazu einige Pflanzen und weitere Tiere – zur Dekoration und um den Lebensraum der Schlangen zu illustrieren. Band drei enthält Meerestiere: Fische, Muscheln, Seesterne, Tintenfische und Seeigel. In Band vier finden sich auf knapp 100 Tafeln Insekten, dazu kommen einige Seiten mit Mineralien und Fossilien.

Obwohl die Naturwissenschaften, vor allem Zoologie und Mineralogie sich im 18. Jahrhundert sprunghaft entwickelten, waren die Kenntnisse noch lückenhaft. Dem „Thesaurus“ des Seba fehlte es auch noch an methodischer Konsequenz. Reguläre Vertreter einer Tiergattung, zufällige Mutationen und nicht existierende Formen – wie etwa fliegende Katzen[5] – standen gleichrangig nebeneinander.[1] Der hoch entwickelten Ästhetik der Farbtafeln fiel zuweilen die naturwissenschaftliche Genauigkeit zum Opfer. Tiere und Pflanzen ganz unterschiedlicher Regionen erschienen in gemeinsamen Kompositionen. Andererseits wurden verbreitete Irrtümer widerlegt: statt des legendären Basilisken, halb Hahn, halb Drache und mit todbringendem Blick ausgestattet, gab es nun die Beschreibung der realen Basilisken, einer Gattung aus der Familie der Leguane.

Rezeption

In der 10. Auflage von Systema Naturæ (1758) verwies Linné insgesamt 169-mal auf Sebas „Thesaurus“. In der 12. Auflage geschah dies 197-mal.[6]

Bei einer Versteigerung durch das Auktionshaus Christie’s wurde im Jahr 2000 ein Erlös von 442,500 US-Dollar erzielt.[7]

2001 veröffentlichte der Taschenverlag eine vollständige Ausgabe der kolorierten Tafeln nach einem in der Koninklijke Bibliotheek aufbewahrtem Exemplar.

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Ehrungen

Am 4. November 1722 wurde Seba Mitglied der Accademia delle Scienze dell’Istituto di Bologna.[8] Am 24. Mai 1727 wurde er mit dem Beinamen Xenokrates als Mitglied (Matrikel-Nr. 398) in die Leopoldina aufgenommen.[9] Am 24. Oktober 1728 wurde Seba als Mitglied („Fellow“) in die Royal Society gewählt.[10]

Schriften (Auswahl)

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Bücher

  • Locupletissimi rerum naturalium thesauri accurata descriptio, et iconibus artificiosissimis expressio, per universam physices historiam. 4 Bände, Amsterdam 1734–1765:
    • Band 1, J. Wettstein & W. Smith, Hendrik Janssonius van Waesberge, Amsterdam 1734 (Digitalisat [bw], Digitalisat [c]) – 111 Tafeln.
    • Band 2, J. Wettstein & W. Smith, Hendrik Janssonius van Waesberge, Amsterdam 1735 (Digitalisat [bw], Digitalisat [c]) – 114 Tafeln.
    • Band 3, Hendrik Janssonius van Waesberge, Amsterdam 1759 [1758] (Digitalisat [bw], Digitalisat [c]) – 116 Tafeln.
      • Reprint: Amsterdam 1761.
    • Band 4, H. K. Arkstee et H. Merkus, et P. Schouten, Amsterdam 1765 (Digitalisat [bw], Digitalisat [c]) – 108 Tafeln.

Zeitschriftenbeiträge

Neuausgabe der Tafeln

  • Planches de Seba, Locupletissimi Rerum naturalium Thesauri accurata Descriptio. Accompagnees d’un texte explicatif mis au courant de la science et redige par une reunion de savans. 4 Bände, F. G. Levrault, Paris / Strasbourg [1827–1831] – herausgegeben von Georges Cuvier.
  • Das Naturalienkabinett. Vollständige Ausgabe der kolorierten Tafeln 1734–1765. Taschen, Köln / London / Madrid / New York / Paris / Tokyo 2001, ISBN 3-8228-5505-7.
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Literatur

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Ältere

  • Johann Ernst Hebenstreit: Memoria viri nobilissimi ac prudentissimi Domini Alberti Seba. In: Acta physico-medica Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae naturae curiosorum. Band 6, 1742, S. 239–252 (Digitalisat).
  • Enno Johann Heinrich Tjaden: Albertus Seba. In: Ostfriesische Mannigfaltigkeiten. Band 1, 1784, S. 276–286, 289–292 (Digitalisat).
    • = Das gelehrte Ostfriesland. Band 3, 1790, S. 209–248 (Digitalisat).

Neuere

  • Erhard Ahlrichs: Albertus Seba. (Monographie des berühmten Apothekers und Naturaliensammlers aus Ostfriesland), Ostfriesische Landschaft (Ostfriesische Familienkunde, Heft 6), Aurich 1986, ISBN 3-925365-08-7; 48 S. m. Abb.
  • Erhard Ahlrichs: Albertus Seba. In: Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Band 2, Aurich 1997, S. 332–335 (PDF).
  • Piotr Daszkiewicz, Aaron M. Bauer: Specimens from the second collection of Albertus Seba in Poland: the natural history cabinet of Anna Jabonowska (1728–1800). In: Bibliotheca Herpetologica. Band 6, Nr. 2, 2006, S. 16–20 (PDF).
  • M. Boeseman: The vicissitudes and disperal of Albertus Seba’s zoological specimens. In Zoologische Mededelingen. Band 44, Nr. 13, 1970, S. 177–206 (PDF).
  • Hendrik Engel: The life of Albert Seba. In: Svenska Linné-sällskapets årsskrift. Band 20, 1937, S. 75–100.
  • Lipke Bijdeley Holthuis: Albertus Seba’s „Locupletissimi rerum naturalium thesauri...." (1734–1765) and the „Planches de Seba" (1827–1831). In: Zoologische Mededelingen. Band 43, Nr. 19, 1969 (Digitalisat, PDF).
  • К. Б Юрьев [K. V. Jur’ev]: Альберт Себа и его роль в развитии герпетологии. In: Труды Зоологического института. Band 101, Leningrad 1981 S. 109–120.
    • Ottmar Pertschi (Übers.): Albertus Seba und seine Rolle in der Entwicklung der Herpetologie. Stuttgart 2011 (doi:10.18419/opus-6374).
  • Theodore W. Pietsch, Hans Aili: Peter Artedi’s “Manuscriptum ichthyologicum”, a source for Albertus Seba’s Locupletissimi rerum naturalium thesauri accurata descriptio (1759). In: Archives of Natural History. Band 50, Nr. 1, 2023, S. 118–132 (doi:10.3366/anh.2023.0832).
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Einzelnachweise

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