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Palygorskit
Mineral, Schichtsilikat aus der Palygorskit-Gruppe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Mineral Palygorskit, veraltet auch als Bergleder, Bergkork, Bergholz oder Bergfleisch[6] sowie als Attapulgit[7] bekannt, ist ein Schichtsilikat mit der chemischen Zusammensetzung (Mg,Al)4[OH|(Si,Al)4O10]2 · (4+4) H2O.[2] Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Magnesium und Aluminium bzw. Silicium und Aluminium können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.
Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und bildet durchscheinende bis undurchsichtige, meist nadelige Kristalle, aber auch faserige bis massige Aggregate von weißer, gräulicher bis gelblicher oder graugrüner Farbe. In dünnen Schichten kann er auch farblos sein. Sichtbare Kristallflächen und faserige Aggregate weisen einen wachsähnlichen Glanz auf, die massigen Aggregate sind dagegen eher erdig matt.
Es kann an einzelnen Fundorten zwar reichlich vorhanden sein, ist insgesamt aber wenig verbreitet.
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Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Palygorskit in der so genannten „Zweiten Mine“ am Fluss Popowka bei Palygorsk im Ural in der russischen Region Perm. Erstmals beschrieben wurde das Mineral 1862 von T. V. Savchenkov, der es nach seiner Typlokalität benannte.
Seine synonyme Bezeichnung Attapulgit erhielt das Mineral nach einer Fundstätte nahe der Stadt Attapulgus in Georgia, USA.[6]
Klassifikation
Zusammenfassung
Kontext
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Palygorskit zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er als einziger Vertreter in der „Palygorskit-Reihe“ mit der Systemnummer VIII/E.13a steht.
In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/H.33-020. Dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Palygorskit zusammen mit Falcondoit, Ferrisepiolith, Kalifersit, Loughlinit, Sepiolith, Tuperssuatsiait, Windhoekit und Yofortierit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/H.33 bildet.[7]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Palygorskit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Einfache tetraedrische Netze aus 6-gliedrigen Ringen, verbunden über oktaedrische Netze oder Bänder“ zu finden, wo es zusammen mit Tuperssuatsiait und Yofortierit die „Palygorskitgruppe“ mit der Systemnummer 9.EE.20 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Palygorskit die System- und Mineralnummer 74.03.01a.01. Das entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Schichtsilikate: modulierte Lagen“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: modulierte Lagen mit verbundenen Streifen“ in der „Palygorskit-Sepiolithgruppe (Palygorskit-Untergruppe)“, in der auch Tuperssuatsiait, Yofortierit und Kalifersit eingeordnet sind.
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Kristallstruktur
Palygorskit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) mit den Gitterparametern a = 12,70 Å; b = 17,83 Å; c = 5,24 Å und β = 95,8° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Eigenschaften
Ein Teil seines Kristallwassers ist fest als Konstitutionswasser (auch Strukturwasser) eingebunden, ein anderer Teil dagegen „zeolithisch“ nur locker eingelagert. Beim Erhitzen auf 220 °C können davon bis zu 15 % allmählich abgegeben werden.[6]
Bildung und Fundorte
Zusammenfassung
Kontext

Palygorskit bildet sich hydrothermal in verschiedenen Gesteinen wie Granit, Marmor oder Serpentinit.
Weltweit sind bisher (Stand: 2012) 265 Fundorte für Palygorskit bekannt.[5] Neben seiner Typlokalität „Zweite Mine“ bei Palygorsk trat das Mineral in Russland noch in der ebenfalls im Ural liegenden Mine Sachara, der Tscheremschanskoje-Mine und den Lagerstätten Sinar und Akkermanovskoe auf. Des Weiteren fand sich das Mineral auch in der Republik Sacha (Jakutien), bei Kawalerowo, auf der Halbinsel Kola und in der Region Wolga.
In Deutschland konnte das Mineral bisher nur bei Marktredwitz (Ziegelhütte), an mehreren Orten bei Wunsiedel und am Zeilberg in Bayern gefunden werden. Jüngster Fundort ist Trebur in Hessen, wo Palygorskit beim Abteufen einer Geothermiebohrung angetroffen wurde.[9]
In Österreich fand sich Palygorskit bisher vor allem in Kärnten, Salzburg und der Steiermark (Friesach-Hüttenberg, Frauenkogel, Gailtaler Alpen, Hohe Tauern, Koralpe, Oberdorf an der Laming), aber auch bei Atzelsdorf (Brunn an der Wild) in Niederösterreich und bei Mauthausen in Oberösterreich.
In der Schweiz trat Palygorskit unter anderem bei Büren an der Aare (Bern), Entlebuch LU (Luzern), Ennetbürgen und Stansstad (Nidwalden), Crissier (Waadt) und im Binntal (Wallis) auf.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Bulgarien, Chile, China, Ecuador, Frankreich, Grönland, Iran, Irak, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Katar, Kirgisistan, Madagaskar, Marokko, Mexiko, Namibia, Norwegen, Peru, Polen, Rumänien, Saudi-Arabien, Schweden, Senegal, der Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten.
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Verwendungen
Liegt Palygorskit an der Oberfläche, ist er ein verlässlicher Paläoklimaanzeiger, da er unter humiden bis semihumiden Bedingungen schnell zu Smektit umgewandelt wird.[10]
Bei lokal starken Vorkommen fand Palygorskit als Wärme- oder Schallisolationsmaterial statt Asbest Verwendung.[6]
Palygorskit wird aufgrund seines dem Opal ähnlichen Aussehens als Schmuckstein-Imitation unter dem Handelsnamen Angel-Skin-Opal verkauft (siehe dazu auch Schmuckstein).[11]
Forscher entdeckten auf dem Grund eines Brunnens in Chichén Itzá, den die Maya für Menschenopfer an ihren Regengott Chaac benutzten, eine vier Meter dicke Schicht blauer Farbe. Erst Chemiker konnten durch Experimente klären, dass das „Maya-Blau“ genannte Pigment mithilfe von Palygorskit und Indigo, die zusammen erhitzt werden, erzeugt werden kann.[12][13]
In vielen Ländern ist Attapulgit (z. B. in Indonesien[14][15][16] als New Diatabs oder in Kanada als Kaopectate[17]) als Mittel gegen Diarrhoe zugelassen und wird so eingesetzt.
In Deutschland ist es im Bereich der Veterinärmedizin gängig.
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Siehe auch
Literatur
- T. V. Savchenkov: Palygorskit. In: Sankt Petersburg: Verhandlungen der Russisch Kaiserlichen Gesellschaft für Mineralogie. 1862, S. 102–104 (Referenz 159 bei F. Bergaya, G. Lagaly: Handbook of Clay Science in der Google-Buchsuche)
- Erich Reiter: Das Bergleder (Palygorskit). In: Naturkundliches Objekt des Monats. Biologiezentrum Linz, Februar 2012 (zobodat.at [PDF; 2 MB]).
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 260 (Dörfler Natur).
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Weblinks
Commons: Palygorskite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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