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Konversionsrate

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Als Konversionsrate oder Brutrate bezeichnet man in der Kerntechnik das Zahlenverhältnis der in einem Kernreaktor entstehenden neuen spaltbaren Atomkerne (vgl. Brutstoff) zu den gleichzeitig durch Spaltung verbrauchten Kernen. Eine weitere, in der Fachliteratur genutzte Bezeichnung ist das Konversionsverhältnis (englisch conversion ratio (CR)) oder das Brutverhältnis (englisch breeding ratio (BR)).

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Theorie

Zusammenfassung
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Grundlegend unterscheidet man die zwei Fälle:

  • Brüten: Es wird mehr Spaltstoff produziert, als verbraucht wird. Der Brüter produziert idealerweise die gleichen Spaltstoffe, die er verbraucht.
  • Konversion: Es wird zwar Kernspaltstoff produziert, jedoch weniger, als verbraucht wird. Genauer gesagt produziert der Konverter andere Spaltstoffe, als er verbraucht. Für weitere Details zur Konversion siehe dort.

Im Falle des Brüters ist das Brutverhältnis (BR) gegeben

Bei einer Konversion wären, wie oben definiert, die spaltbaren Kerne unterschiedlich, d. h., Uran-235 bzw. -238 würde verbraucht und Plutonium-239 würde entstehen. Letzteres entsteht aus Uran-238 über das Element Neptunium. Dies wäre das Konversionsverhältnis (CR).

Das maximale Brutverhältnis ist definiert als

mit dem Reproduktionsfaktor

welcher ausdrückt, wie viele Neutronen pro Absorption frei werden. Der Parameter ist dabei das Verhältnis vom Wirkungsquerschnitt des Einfangs zur Spaltung

Dabei ist zu berücksichtigen, dass genau ein Neutron benötigt wird, um die Kettenreaktion in Gang zu halten. D. h. in einem idealen Reaktorsystem sind maximal Neutronen verfügbar, um sich in fertiles Material (z. B. Uran-238) anzulagern. Wenn alle diese verfügbaren Neutronen genutzt werden könnten, ergibt sich das maximale Verhältnis .

Für Uran-235 findet man z. B. , damit ist , also wenig größer 1. Praktisch finden jedoch Neutronenverluste statt, d. h. durch Absorption in Reaktormaterial oder Leckage. D. h. man versucht zu maximieren. Man findet das energieabhängig ist. Mit zunehmender Energie im System fällt und steigt. Nimmt man außerdem an, dass energieunabhängig ist, so erhöht sich der Wert von für dieses System. D. h. wenn sich das Spektrum der Neutronen im Reaktorsystem zu höheren Energien verschiebt, kann das maximale Brutverhältnis auf größer 1 gesteigert werden. Solchen Systemen kommt daher auch der Name „schnelle Reaktoren“ zu, wobei sich das „schnelle“ auf die Energie der Neutronen bezieht. Allerdings sind nicht alle schnellen Reaktoren Brutreaktoren – und umgekehrt.

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Reaktorsysteme

Zusammenfassung
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In Leichtwasserreaktoren mit Uranbrennstoff werden Brutraten (BR) bis etwa 0,7 erreicht. Sogenannte Brutreaktoren sind dafür konstruiert, BR > 1,0 zu erreichen, also mehr Kernbrennstoff zu erzeugen, als sie verbrauchen, wie weiter oben definiert. Wenn thoriumhaltiger „Brennstoff“ verwendet wird, kann – je nach Abbrand – auch mit moderierten Reaktoren eine Brutzahl > 1 erreicht werden. Dies wurde unter anderem am Kernkraftwerk Shippingport praktisch demonstriert.[1] Shippingport war jedoch eigentlich bekannt für seine Erprobung des Druckwasserreaktors, welcher zum weltweiten Durchbruch dieser Kernreaktorvariante für die Stromproduktion und für nukleare Antriebe für Schiffe oder Unterseeboote führte.

Der über mehrere Jahrzehnte in den USA (beispielsweise im Experimental Breeder Reactor I), im Vereinigten Königreich (Dounreay) und in Deutschland (Kalkar) betriebene Versuch, Kernreaktoren so zu gestalten, dass aus Uran-238 die spaltbaren Plutonium-Isotope 239 und 241 „erbrütet“ und gleichzeitig genutzt werden, blieb unter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten erfolglos. Diese Atomnationen konnten die Technologie der Brutreaktoren nicht ausreichend und zeitnah aus der Demonstrationsphase heraus bringen und sie nicht in einen kommerziellen Anlagenausbau überführen. Mit den ab den 1960er Jahren zunehmend günstigeren Uranvorkommen schwand zudem die Attraktivität der Brütertechnologie, während die Herstellung von Uran, insbesondere von angereichertem Uran, kostspielig blieb und nur von wenigen Nationen erfolgreich beherrscht wurde. Im Gegensatz dazu ermöglichten neue Leichtwasserreaktorsysteme die Stromproduktion mit schwach angereichertem Uran.

In Russland (vgl. Rosatom) begann die Forschung mit Brutreaktoren mit der BN-Serie. Diese Brutreaktoren sind heute noch in Betrieb.

Kernfusionsenergie

Kernfusionsreaktoren werden im großtechnischen Betrieb ebenfalls einen Bestandteil ihres Brennstoffs, das Tritium, selbst aus Lithium erzeugen müssen. Auch hier bezeichnet Brutrate das Verhältnis der neu erzeugten zu den verbrauchten Tritiumkernen.

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Literatur

Einzelnachweise

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