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Carpenedo
Festlandstadtteil von Venedig Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Carpenedo, venezianisch Carpenèo, ist ein Stadtteil von Venedig auf der oberitalienischen Terraferma, der zur Municipalità Mestre-Carpenedo gehört. Die Hauptstadt der Municipalità, Mestre, liegt südlich von Carpenedo.
Am 31. Dezember 2024 zählte der Stadtteil 17.916 Einwohner.[1]
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Geschichte
Zusammenfassung
Kontext
Teile der heutigen Landschaft sind noch von der Würm-Kaltzeit geprägt, einer Epoche, in der Gletscher bis zu einer Höhe von 500–600 Metern aufragten. In der Ebene bestand die Vegetation aus einer Tundra mit Moosen und Flechten. Erst nach und nach kehrte der Wald zurück.
Waldkiefern oder andere Nadelbäume wie die Bergkiefer, die Lärche, die Gemeine Fichte, die Zirbelkiefer sowie für kalte Zonen typische Laubbäume wie verschiedene Birkenarten kennzeichneten die Landschaft. Dieser vom beginnenden Rückzug der Gletscher gegen 13.000 v. Chr. bis zur vollständigen Verwaldung andauernde Prozess zog sich über fast 5000 Jahre hin. Während des Boreal (6800–5500 v. Chr.), das durch ein warm-trockenes Klima gekennzeichnet war, breitete sich bereits stärker die Steineiche und die Flaumeiche aus. Während des Atlantikum und des beginnenden Subboreal kam es zu erhöhter Feuchtigkeit (5500–2500 v. Chr.). Der Wald erreichte den höchsten Grad an Komplexität und Entwicklung, wobei sich in der Ebene der Mischwald aus Eichen durchsetzte und die Stieleiche vorherrschte. Stein- und Flaumeichen besiedelten die Küstengebiete und erklommen die Hänge der Erhebungen.
Eine bis etwa 800 v. Chr. entstandene, weniger komplexe Vegetation prägte auch den Wald in römischer Zeit, eine Entwicklung, die bereits im Neolithikum durch bäuerliche Kulturen einsetzte. Als die Veneter mit ihrer berühmten Pferdezucht das Gebiet erreichten, wurden die Wälder verstärkt gerodet. Diese Entwaldungspolitik setzte sich unter den Römern fort.
Früh- und Hochmittelalter
Carpenedo reicht wohl bis ins 5. Jahrhundert zurück. Dort wurden Hainbuchen (carpeni im Venezianischen) genutzt, die entlang der Via Claudia Augusta Altinate, die bis nach Dese verlief, verfrachtet werden konnten. Die archäologisch bis dato nicht fassbare Siedlung befand sich im weiteren Umkreis der zu dieser Zeit vergleichsweise großen Stadt Altinum. In der römischen Spätzeit, noch mehr aber unter den Langobarden und Franken setzte eine Wiederverwaldung ein, die um 1000 ihren Höhepunkt erreichte. Die Gesetze der Zeit schützten oftmals Jagdgründe, was den Wäldern zugutekam.
Schon in der Frühzeit Venedigs erhielten geistliche Institutionen, wie Kirchen und Klöster, umfangreiche Landgüter, um sie materiell abzusichern. Diese Ländereien lagen üblicherweise auf dem Festland. So erhielt im Jahr 1098 die Kirche Santi Cornelio e Cipriano am Ostrand der Lagune von Venedig, in der wenige Jahre später von einer schweren Naturkatastrophe zerstörten Stadt Metamaucum, Ländereien um Carpenedo. Diese Rechte wurden auf die nach Murano umgesiedelte Gemeinschaft übertragen, nunmehr unter dem Namen San Cipriano.[2]

Bedingt durch die bedeutende Burg von Mestre, eine Festung der Nachbarstadt Treviso, geriet Carpenedo in die Kämpfe zwischen Treviso und Padua.
Republik Venedig (1337–1797)
Am 28. September 1337 kam das Gebiet an die Republik Venedig. Diese nutzte das Gebiet unter dem Blickwinkel ihrer eigenen Interessen. Eine Reihe von venezianischen Adligen ließ in der Hauptsache ab dem 16. Jahrhundert bis weit ins 18. Jahrhundert um Carpenedo Villen errichten, wie an vielen Stellen im Veneto. Noch im 15. und frühen 16. Jahrhundert war es zur weitgehenden Zerstörung des Dorfes im Zuge der habsburgischen Kämpfe gekommen.
Allein an der Via Trezzo erheben sich bis heute entsprechende ländliche Villen, wie die Villa Traldi, die Villa Franchin, dann die Villa Marini-Missana oder die Casa Marini-Missana. Zudem entstanden die Villa Caffi, dann die 1733 errichtete Villa Combi heute Malvolti. In der Via S. Donà entstand 1640 der Palazzo Bragadin


Wesentliches Kennzeichen der venezianischen Herrschaft war, nachdem bis etwa 1300 die Agrarpolitik der Kommunen die Entwaldung vorangetrieben hatte, ein zunehmender Schutz der Wälder. Der Republik Venedig ging es dabei einerseits um die Holzreserven für den Bau und den Unterhalt ihrer Schiffe. Andererseits war der intakte Wald von größter Bedeutung für den Erhalt der Lagune von Venedig. So erging 1475 ein rigoroses Verbot, Eichen zu fällen. Der Bosco di Valdemar wurde 1569 unter vollständigen Schutz gestellt. Er lieferte große Eichen, wie sie für Segelmasten unterlässlich waren.
Franzosen, Österreicher (bis 1866), kurzzeitg eigenständige Gemeinde
1797, mit dem Ende der Republik Venedig, kam das Gebiet zusammen mit der gesamten Region Venetien an die Franzosen unter Napoleon, kurz darauf an das habsburgische Österreich. Von 1805 bis 1814 kehrte es erneut zu Frankreich zurück. Von den Franzosen wurde Carpenedo bis 1810 zur Gemeinde erhoben, bevor es zu einem Ortsteil von Mestre wurde.
Zwischen 1815 und 1818, während des österreichischen Königreichs Lombardo-Venetien, wurde die Gemeinde für kurze Zeit wiederhergestellt. Dabei verbanden nur wenige Straßen Carpenedo mit dem seither dominierenden Mestre. Doch immerhin standen Campalto, Favaro und Dese für einige Jahre unter der Gerichtsbarkeit von Carpenedo, das einen eigenen Bürgermeister hatte.
Allerdings endete mit der Herrschaft von Franzosen und Österreichern auch schlagartig die Waldschutzpolitik, so dass binnen weniger Jahrzehnte vier Fünftel der Wälder gerodet wurden; betroffen war auch der Wald von Montello, südwestlich von Forte Carpenedo gelegen.
In einem informellen Zensus ermittelte der Pfarrer 1835 genau 1761 Einwohner, es bestanden 329 Familien, die sich auf 219 Wohneinheiten verteilten.[5]
Als 1849 Österreich den Aufstand Venedigs niederschlug, wurden Truppen in das Gebiet auf dem Festland geschickt, darunter zwei Bataillone nach Carpenedo. Eine Batterie stand auf dem Campanile.[6]
Nach 1866: Infrastruktur, Kaserne, Wälder

1866 kam Venetien an Italien. 1881 erfolgte der Beschluss, eine breite Straße zu bauen, um Mestre mit Carpenedo zu verbinden. Diese Straße wurde auch mit einer Art Drehkreuz für Pferdefuhrwerke ausgestattet war. Als die Straße später zur Allee ausgebaut wurde, entstand dort ein Kreisverkehr. 1904 wurde auf dieser Straße eine Straßenbahnlinie fertiggestellt. 1905 wurde der Bahnhof Carpenedo fertiggestellt, wenig später erfolgte die Elektrifizierung der Strecke.[7]

Ab März 1918 war in der Gegend von Cà Marcon die V. Fluggruppe des Luftwaffenkorps stationiert, die dort bis Dezember blieb, und vom 4. November 1918 bis Dezember die I. Gruppe. 1923 wurde ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs errichtet.
Zwar stellten die Weltkriege eine Phase der beschleunigten Waldzerstörung dar, doch der Tiefpunkt wurde erst in den 1970er Jahren erreicht. Der Bosco di Valdemar umfasste Ende des 19. Jahrhunderts noch immer eine Fläche von 100 ha, und Wölfe lebten noch um 1775 in diesem Waldgebiet.
Um 1920 war der Bosco di Valdemar verschwunden – mit Ausnahme eines kleinen Teils auf dem Gebiet der Villa Matter. Doch auch dieser Restbestand wurde im Zweiten Weltkrieg abgeholzt. Immerhin blieb das Gebiet ungenutzt, so dass nach beinahe einem Jahrhundert ein neuer, ökologisch höchst wertvoller Wald neu erstand. Von den ursprünglichen Wäldern verblieben nur der Park der Villa Matter in Mestre und der 230 ha große Wald von Carpenedo. Dort finden sich vor allem Hainbuche und Stieleiche.[9] Gegen 2000 umfasste der Bosco di Carpenedo, bekannter als Boschetto, eine Fläche von etwa 3,5 ha. Er grenzte im Süden an den Park der Villa Matter, im Westen an die Via del Tinto, im Norden an Feuchtwiesen, die ihrerseits von der Via del Boschetto begrenzt werden, und im Osten an Wiesen und Ackerflächen. Seit 1995 ist er in die Liste der FFH-Gebiete eingetragen und stellt ein wichtiges Vogelschutzgebiet dar.
1984 sprach sich die Bevölkerung gegen den Bau eines Krankenhauses unmittelbar gegenüber dem Carpenedowald aus. Auf dieser Grundlage entstanden weitere Parks, auch in Mestre, aber auch der Parco Albanese zwischen Mestre und Carpenedo, der 33 ha umfasst.[10]

Kulturelle Initiativen
2024 wurde die Biblioteca di Carpenedo Bissuola eröffnet, deren Schwerpunkt auf der Altersgruppe der 14- bis 25-Jährigen liegt. Sie weist 40.000 Besucher pro Jahr aus und verfügt über 15.000 frei zugängliche Bände.[11]
Im Jahr 2025 erwarb die Stiftung Carpinetum für 2,7 Millionen Euro das Kloster der Suore di Clausura Eremitane Scalze di Carpenedo. Kern des Gebäudes war die Villa Michiel-Botner, ehemals Palazzo Sanviro.[12]
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Persönlichkeiten
In Carpenedo starb am 13. August 1810 Jacques-François Menou, der von 1805 bis zu seinem Tod französischer Gouverneur von Venedig war. Erbauer der örtlichen Kirche Santi Gervasio e Protasio war der venezianische Architekt Giovan Battista Meduna (1810–1886).
Literatur
- Paolo Roccaforte: Carpenedo. Un ambiente da scoprire, Mestre 2002 (Umweltfragen im Gebiet des Carpenedowaldes und der dortigen Festung). (online, PDF)
- Umberto Zane: Me ricordo… de Carpenedo, Carpinetum, Carpenedo 2004 (basiert vor allem auf Aussagen von Zeitzeugen zur Zwischenkriegszeit).
- Pagine di storia di Carpenedo, Editrice Carpinetum, Carpenedo 2002 (260 Seiten).
- Giovanni Antonio Gallicciolli: Cenni storici antichi e moderni sacri e profani sopra la villa e la parrocchia di Carpenedo, hrsg. von Tiziano Zanato, Mestre 1984. (online, PDF)
- II Forte di Carpenedo. Flora, fauna e ambiente naturale, Arsenale Editrice, Venedig 1996.
- Michele Munari: Analisi dello stato della rinnovazione naturale nel bosco di Carpenedo (Venezia), Corso di laurea in Tecnologie Forestali ed Ambientali, Universität Venedig 2014. (online, PDF)
- Gabriella und Paolo Borgonovi: Marcantonio Michiel in villa a Carpenedo, Mestre 2002 (Villa und Familie der Spätzeit der Republik Venedig und der Zeit nach 1797).
- Paolo Borgonovi: Carpenedo: da Pieve trevigiana a Comune austriaco, Centro Studi Storici di Mestre, Mestre 2007.
Weblinks
Commons: Carpenedo – Sammlung von Bildern
- Libri dell’ „Editrice“ Carpinetum (Bibliographie)
- Ulrich Mößlang: Ex Forte Carpenedo. Mestre / Venezia (Darstellung mit zahlreichen Fotografien)
Siehe auch
Anmerkungen
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