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Donatello

italienischer Bildhauer der frühen italienischen Renaissance Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Donatello (eigentlich Donato di Niccolò di Betto Bardi; * um 1386 in Florenz; † am 13. Dezember 1466 in Florenz) war ein vor allem in Florenz, aber auch in Padua, Prato und Rom aktiver Bildhauer des 15. Jahrhunderts. Bereits seinen Zeitgenossen galt er als ein besonders erfindungsreicher Künstler, der mit Materialien, Techniken, Ikonografien und künstlerischen Effekten experimentierte. Berühmt ist er vor allem für seine flachen, von Giorgio Vasari als „rilievo schiacciato“ (ital. für „gepresstes Relief“) bezeichneten Reliefs, die trotz ihrer geringen Plastizität eine große Raumtiefe zeigen, sowie für Skulpturen mit sehr expressiver Bildsprache. Leben und Werk eines der Wegbereiter der Frührenaissance, neben Masaccio, Brunelleschi, Alberti und Ghiberti, sind von der kunsthistorischen Forschung ausführlich untersucht worden.

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Leben

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Familie und Jugend

Donatello wurde um 1386 in Florenz als Sohn des Wollkämmers Niccolò di Betto Bardi geboren. Sein Geburtsjahr ist wegen unterschiedlicher Altersangaben in seinen Steuererklärungen nicht präzise zu bestimmen. Sein Name wird 1401 zum ersten Mal im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren wegen einer Prügelei in Pistoia urkundlich erwähnt. Zu dieser Zeit arbeitete der zehn Jahre ältere Filippo Brunelleschi ebenfalls dort an einem Silberaltar für den Dom von Pistoia. Ihn lernte er entweder dort kennen oder später in Florenz. Im Anschluss an Brunelleschis Wettbewerbsteilnahme um das zweite Bronzeportal des Florentiner Baptisteriums 1401 unternahmen sie zusammen mindestens ein Jahr eine Reise nach Rom, um Skulpturen und Architektur der Antike zu studieren, die sie mit Goldschmiedearbeiten finanzierten.[1]

Florenz, Pisa, Siena, Prato 1404–1438

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Heiliger Markus, 1411 (Kopie), Orsanmichele, Florenz

Von März 1404 bis Mai 1407 ist Donatello als einer von elf Mitarbeitern und Gehilfen in der Werkstatt von Lorenzo Ghiberti dokumentiert. 1407 wurde er mit einer von zwei kleinen Prophetenstatuen für die Rahmung der Porta della Mandorla des Florentiner Doms beauftragt. 1408 erhielt er den Auftrag für eine Marmorstatue des David, die als Bekrönung eines Strebepfeilers am Dom dienen sollte; sie befindet sich heute im Museo nazionale del Bargello. 1414 begann er mit den ersten Figuren für die noch leeren Nischen am Campanile des Doms. In den Jahren 1411–1418 entstanden die Marmorstatuen der heiligen Petrus, Markus und Georg[2] für Orsanmichele.

Ab 1416 unterhielt Donatello eine eigene Werkstatt. Ab 1423 bekam er Aufträge aus anderen Städten, unter anderem aus Orvieto für eine Bronzefigur Johannes des Täufers (nicht ausgeführt) und aus Siena. Ab 1425 unterhielt er eine Werkstattgemeinschaft mit Michelozzo, die die beiden auch nach ihrem Umzug nach Pisa fortsetzten. Zwischen 1423 und 1427 entstanden Bronzereliefs und -statuen für den Taufbrunnen in Siena. Ab den 1420er Jahren arbeiteten Donatello und Michelozzo, zum Teil unter Mitarbeit von Pagno di Lapo Portigiani, auch an mehreren Marmorgrabmälern: für den in Florenz verstorbenen ehemaligen Gegenpapst Johannes XXIII. im Baptisterium San Giovanni (1420–1427), für Kardinal Rainaldo Brancacci in Sant’Angelo a Nilo in Neapel (1426–1428), für das Donatello das Relief mit der Himmelfahrt Mariens ausführte und für Bartolomeo Aragazzi in Montepulciano (1427–1438).

1428 erhielten beide einen Auftrag aus Prato zur Gestaltung der Außenkanzel des Doms. Die Arbeiten zogen sich bis 1438 hin; das zugehörige Bronzekapitell blieb unvollendet.

Florenz 1432–1442

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Donatello, David, Bronze, zum Teil feuervergoldet, 1430er Jahre (?), Museo nazionale del Bargello, Florenz

Zwischen 1433 und 1438 arbeitete Donatello am Pendant zur etwas früher begonnenen Sängerkanzel von Luca della Robbia im Dom von Florenz, heute im Dommuseum. Für Cosimo de’ Medici schuf er in den 1430er Jahren den jugendlichen David, der einen mit Lorbeer bekränzten Hut trägt und seinen Fuß auf den Kopf des Goliath setzt.[3][4] David verkörpert das republikanische Ideal der Überwindung eines eigentlich überlegenen Tyrannen; er wurde nach der Fertigstellung des Palazzo Medici in dessen Innenhof auf einem hierfür von Desiderio da Settignano ausgeführten Marmorsockel aufgestellt. Um 1435 wurde das von der Familie Cavalcanti beauftragte Epitaph, die so genannte Cavalcanti-Verkündigung, an der Wand vor dem Lettner in Santa Croce angebracht;[5][6] es besteht aus einem ehemals weiß und gold gefassten lokalen Sandstein (Macigno). Wahrscheinlich Anfang der 1440er Jahre[7] entstand die wegen ihrer expressiven Inszenierung von Alter, Askese und körperlichen Verfalls berühmte Statue der büßenden Maria Magdalena.[8]

Padua 1443–1453

Von 1443 bis 1453 lebte Donatello in Padua; vermutlich verließ er Florenz wegen eines Auftrags für ein bronzenes Kruzifix für die Basilika des Heiligen Antonius. 1446 begann er mit den Arbeiten für den Hochaltar derselben Kirche. Für den Ende des 16. Jahrhunderts demontierten Altar, dessen ursprüngliche Form unbekannt ist, schufen Donatello und seine Mitarbeiter eine Reihe von Bronzefiguren und -reliefs sowie ein Marmorrelief mit der Grablegung Christi aus gefasstem und intarsiertem Kalkstein. Vermutlich ebenfalls 1446 erhielt er den Auftrag für das Reiterstandbild des venezianischen Condottiere Erasmo di Narni, genannt Gattamelata. Außerdem entstand in Padua ein gefasstes Holz-Kruzifix, das bis heute in der Kirche Santa Maria dei Servi aufbewahrt wird.[9]

Florenz 1454–1466

Bald nach seiner Rückkehr nach Florenz begann Donatello im Auftrag Cosimo de’ Medicis mit den Arbeiten an seiner Bronzegruppe mit Judith und Holofernes, die 1457 im Garten des Palazzo Medici aufgestellt wurde.[10] Neben einem allgemeinen moralischen Appell ist auch diese Gruppe als Bekenntnis zu den Werten der Stadtrepublik zu lesen, die jedoch gleichzeitig durch die wachsende Macht der Medici-Partei ausgehöhlt wurden. 1494, nach der Vertreibung der Medici aus Florenz, wurde sie wegen ihrer republikanischen Botschaft auf der Piazza della Signoria aufgestellt; 1504 musste sie ihren Platz an den David des Michelangelo, ein neues Symbol der Kommune, abtreten. In den letzten Jahren seines Lebens arbeitete Donatello an Bronzereliefs für die Kanzel von San Lorenzo,[11] die nach seinem Tod von seinen Mitarbeitern, unter ihnen möglicherweise Bertoldo di Giovanni,[12] fertiggestellt worden sind.

Donatello starb in Florenz am 13. Dezember 1466 und wurde in der Krypta von San Lorenzo in unmittelbarer Nähe seines Förderers Cosimo de’ Medici beigesetzt.

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Hauptwerke

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Für eine Aufstellung seines Gesamtwerks, siehe den Werkkatalog.

Weitere Informationen Abbildung, Bezeichnung ...

Homosexualität

Donatello war nicht verheiratet und hatte keine Kinder; annähernd zeitgenössische literarische Zeugnisse sprechen von einer engen Freundschaft mit den gleichfalls unverheirateten Künstlern Filippo Brunelleschi und Masaccio. Deshalb ist in der kunstwissenschaftlichen Forschung mittlerweile überwiegend die Annahme anerkannt, dass Donatello homosexuell gewesen sein könnte; Belege hierfür existieren nicht. Versuchen, homoerotische Aspekte in seinen Werken zu identifizieren (u. a. beim Bronze-David),[13][14][15] begegnet die Forschung hingegen weiterhin mit Skepsis, da frühneuzeitliche Kunstwerke als Auftragsarbeiten gewöhnlich nur selten unmittelbarer Ausdruck oder gar „Spiegelbild“ der Künstlerpersönlichkeit waren. Hinzu kommt, dass Homosexualität auch in Florenz als Sünde galt und deshalb ein entsprechendes Bekenntnis kaum öffentlich ausgestellt werden konnte.

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Ausstellungen

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Donatello wurde 2016 mit einer Abbildung des Profils seines Bronze-Davids auf der 2-Euro-Münze geehrt

Im Frühjahr 2022 wurde im Palazzo Strozzi in Florenz die von dem Kunsthistoriker Francesco Caglioti kuratierte Sonderausstellung Donatello. Il Rinascimento eröffnet, die in Zusammenarbeit mit der Skulpturensammlung im Berliner Bode-Museum und dem Victoria and Albert Museum in London vorbereitet worden war. In Berlin war die Ausstellung unter dem Titel Donatello. Erfinder der Renaissance (kuratiert von Neville Rowley) von September 2022 bis Januar 2023 in der Gemäldegalerie zu sehen; anschließend wurde sie im Victoria and Albert Museum gezeigt. Im Zusammenhang mit den Ausstellungen entstand im Auftrag von ARTE der Infotainment-Film Donatello – Schöpfer der Renaissance.

Literatur

  • Hans Semper: Donatello – seine Zeit und Schule. Quellenangaben, Register der unbestimmten Werke Donatellos, Regesten, Documente, Personen- und Sachregister (Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, 9). Braumüller, Wien 1875.
  • Eugène Müntz: Donatello (= Les Artistes Célèbres. Bd. 1). Rouam, Paris 1885 (französisch).
  • Horst W. Janson: The Sculpture of Donatello. Princeton University Press, Princeton, NJ 1979, ISBN 0-691-03528-8 (englisch). (Das Standardwerk zu Donatello)
  • Volker Herzner: Regesti donatelliani. In: Rivista dell’Istituto Nazionale d’Archeologia e Storia dell’Arte, 2, 1979, S. 169–228 (italienisch).
  • Deborah Strom: A New Chronology for Donatello’s Wooden Sculpture. In: Pantheon. Internationale Zeitschrift für Kunstgeschichte, Jg. 38, Heft 3, 1980, ISSN 1615-0341, S. 239–248 (englisch).
  • Ronald W. Lightbown: Donatello & Michelozzo. An Artistic Partnership and Its Patrons in the Early Renaissance, 2 Bde., Miller, London 1980, ISBN 0-905203-22-4.
  • Bonnie A. Bennett, David G. Wilkins: Donatello, Moyer Bell, Mt. Kisco, N.Y., 1984, ISBN 0-918825-03-2 (englisch).
  • Paola Barocchi, Marco Collareta (Hrsg.): Omaggio a Donatello: 1386–1986. Donatello e la storia del museo (Katalog zur Ausstellung im Museo Nazionale del Bargello Florenz, 19.12.1985–30.5.1986). S.P.E.S., Florenz 1985 (italienisch).
  • John Pope-Hennessy: Donatello. Propyläen, Frankfurt am Main u. a. 1986, ISBN 3-549-05585-4.
  • Monika Cämmerer (Red.): Donatello-Studien (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, 3. Folge, Bd. 16). Bruckmann, München 1989, ISBN 3-7654-2234-7 (mit Bibliographie 1957–1987).
  • Joachim Poeschke: Die Skulptur der Renaissance in Italien. Band 1: Donatello und seine Zeit. Hirmer, München 1990, ISBN 3-7774-5360-9.
  • Artur Rosenauer: Donatello. Electa, Milano 1993, ISBN 88-435-4226-5 (italienisch).
  • Charles Avery: Donatello. An Introduction. Murray, London 1994, ISBN 0-7195-5411-X (englisch).
  • John Pope-Hennessy: An Introduction to Italian Sculpture, Volume II: Italian Renaissance Sculpture. Vierte, revidierte und erweiterte Ausgabe. Phaidon, London 1994, ISBN 0-7148-3015-1 (englisch).
  • Gosbert Schüßler: Ein provozierendes Bildwerk der Passion: Donatellos Kruzifix von S. Croce. In: Karl Möseneder (Hrsg.): Streit um Bilder. Von Byzanz bis Duchamp. Reimer, Berlin 1997, ISBN 3-496-01169-6, S. 49–72.
  • Francesco Caglioti: Donatello e i Medici. Storia del David e della Giuditta. Olschki, Florenz 2000, ISBN 88-222-4941-0 (italienisch).
  • Ulrich Pfisterer: Donatello und die Entdeckung der Stile (Römische Studien der Bibliotheca Hertziana, 17). Hirmer, München 2002, (Volltext online).
  • Daniel M. Zolli: Donatello's Vision. The Sculptor at Florence Cathedral. In: Timothy Verdon, Daniel M. Zolli (Hrsg.): Sculpture in the Age of Donatello. Renaissance Masterpieces from Florence Cathedral (Katalog zur Ausstellung im Museum of Biblical Art, New York). Giles, London 2015, ISBN 978-1-907804-56-4, S. 45–73 (englisch).
  • Alfredo Bellandi (Hrsg.): „Fece di scoltura di legname e colorì“. Scultura del Quattrocento in legno dipinto a Firenze. Giunti, Florenz 2016, ISBN 978-88-09-82913-8 (italienisch).
  • Francesco Caglioti (Hrsg.) mit Laura Cavazzini, Aldo Galli und Neville Rowley: Donatello. The Renaissance. Katalog zur Ausstellung im Palazzo Strozzi und dem Museo Nazionale del Bargello, Florenz, Marsilio Arte, Venedig 2022, ISBN 979-1-254-63006-8 (englisch).
  • Neville Rowley (Hrsg.) mit Francesco Caglioti, Laura Cavazzini und Aldo Galli: Donatello. Erfinder der Renaissance. Katalog zur Ausstellung in der Gemäldegalerie Berlin, E.A. Seemann, Leipzig 2022, ISBN 978-3-86502-482-4.
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Film

  • Ann Turner: The First Modern Sculptor Donatello, 85 Min., Arthaus Musik GmbH 2008 (1986), ISBN 978-3-939873-26-6.
  • Margarete Kreuzer (Drehbuch, Regie): Donatello – Schöpfer der Renaissance, 53 Min., ARTE/ZDF 2022.[16]
Commons: Donatello – Album mit Bildern
Commons: Donatello – Sammlung von Bildern
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Einzelnachweise

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