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Exzerpt
Auszug der wichtigsten Gedanken bzw. Formulierungen eines Textes Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Ein Exzerpt (spätlateinisch excerptum, substantiviertes Partizip II von lateinisch excerpere ‚exzerpieren‘, eigentlich: ‚herauspflücken‘) ist ein Auszug aus einem Text oder eine kurze Zusammenstellung der für die Beantwortung einer (oder mehrerer) Fragestellungen wichtigsten Gedanken in einem gegebenen Text. Ein Exzerpt enthält neben Paraphrasen oft auch Zitate.
Der Vorgang der Erstellung eines Exzerpts als Methode wissenschaftlicher Textarbeit heißt Exzerption. Die Tätigkeit des Herausschreibens aus einem Buch heißt Exzerpieren. Die Person, die ein Exzerpt herstellt oder hergestellt hat, heißt Exzerptor.
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Geschichte
Es handelt sich um eine alte literarische und wissenschaftliche Technik; bereits Sokrates soll mit Exzerpten gearbeitet haben.[1] Auch im Mittelalter war das Exzerpieren eine beliebte Methode zur Erschließung einzelner Themenbereiche oder der Kernaussagen eines umfangreichen Werks. Seit der Frühen Neuzeit gehört das Exzerpieren zu den kanonischen Praktiken wissenschaftlich gelehrten Arbeitens; andere, komplexere Aufzeichnungstechniken wie beispielsweise das Beschicken und Befragen von Zettelkästen erwachsen hieraus.[2] Das Exzerpt geriet im 18. Jahrhundert – besonders im Zusammenhang der Genieära – in den Fokus einer Kritik der rhetorischen Topik; selbst einige Lectio-Lehren, also Anweisungen zum richtigen Lesen, werteten die Exzerpiermethode polemisch ab.[3] Das Exzerpieren wurde aber weiter praktiziert.[4] Wenn der Philologe August Boeckh historisch rückblickend festgehalten hat: „Solche Zettelwerke hatten Leibniz, Kant, Jean Paul, Alex.[ander] v.[on] Humboldt – sehr verschiedene Geister“,[5] so kann man für die neuere Zeit entsprechend heterogene ‚Geister‘ wie Walter Benjamin, Niklas Luhmann,[6] Friederike Mayröcker, Hans-Ulrich Wehler nennen.
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Wissenschaftliches Exzerpieren
Zusammenfassung
Kontext
Die Herstellung eines Exzerpts ist eine „Grundtechnik […] wissenschaftlichen Arbeitens“.[7] Beim Exzerpieren wird der Text mit einer bestimmten Frage gelesen. Beispielsweise kann man einen Text über die globale Erwärmung aus dem Blickwinkel der Frage auswerten, welche Faktoren die Erderwärmung beschleunigen.
Dabei hält der Leser Textstellen fest oder auch Eindrücke, die er während des Lesens hat. Ein Exzerpt kann also eigene Gedanken, Zweifel oder Hinweise enthalten, die sich bei der Lektüre einstellen, sofern diese streng von den Gedanken des exzerpierten Autors getrennt werden. Um die darauf folgende wissenschaftliche Arbeit zu vertiefen, hält man wichtige Literaturverweise, Ideen, Grundaussagen und Argumente des Gelesenen fest.
Dabei sind technisch vor allem drei Dinge zu beachten:
- hinter Zitiertem oder Paraphrasiertem stets die Quellenangabe notieren;
- beim Paraphrasieren für die Textpassage keine Anführungszeichen;
- beim wörtlichen Zitieren sind Anführungszeichen obligatorisch, denn ein wörtliches Zitat ohne Anführungszeichen gilt als Plagiat.[8]
Literaturwissenschaftliches Exzerpieren
In der Literaturwissenschaft dient das Exzerpt einerseits als „wörtl.[icher] oder zusammenfassender Auszug“[9] – ebenso wie in den anderen Wissenschaften – der bestandsaufnehmenden Verarbeitung vorliegender Forschungsliteratur.[10] Andererseits jedoch werden auch die Forschungsgegenstände, also literarische Texte, exzerpiert. Und weil es bei diesen immer auch um die Form, also u. a. um den Wortlaut des zu untersuchenden Textes geht, enthalten solche Exzerpte ausgesprochen ausführliche Zitate,[11] genaue Beschreibungen, Notizen zu einzelnen Sinnabschnitten sowie besonders präzise Literaturangaben.[12]
Eine Exzerptsammlung – eine Zusammenstellung ausgewählter Stellen oder Passagen (Verse, Abschnitte oder Kapitel) aus einem oder mehreren größeren schriftlichen Werken – kann selbst literarischen Wert erlangen. Solche Zusammenstellungen von Exzerpten aus literarischen Werken, die unter einem bestimmten Gesichtspunkt als besonders wichtig und wertvoll ausgewählt wurden, sind beispielsweise Anthologien, Florilegien („Blütenlesen“) oder Chrestomathien.
Exzerpt als Inhaltszusammenfassung
Wenn das Wort Exzerpt heute auch synonym für „Abstract“ verwendet werden kann,[13] dann als Bezeichnung für eine sehr freie Form einer kurzen sinngemäßen Wiedergabe.
Nutzung von Literaturverwaltungsprogrammen
Exzerpte lassen sich mit modernen Literaturverwaltungsprogrammen wie z. B. Zotero oder Citavi und Zettelkastenprogrammen wie Obsidian (Software) sammeln und verwalten.[14]
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Literatur
- Alberto Cevolini: Exzerpieren. In: Heiko Christians, Matthias Bickenbach, Nikolaus Wegmann (Hrsg.): Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs. Band 2. Böhlau, Köln u. a. 2018, ISBN 978-3-412-50512-7, S. 149–166.
- Elisabeth Décultot (Hrsg.): Lesen, Kopieren, Schreiben. Lese- und Exzerpierkunst in der europäischen Literatur des 18. Jahrhunderts. Ripperger & Kremers, Berlin 2014, ISBN 978-3-943999-33-4.
- Konrad Ehlich: Zur Analyse der Textart „Exzerpt“. In: Wolfgang Frier (Hrsg.): Pragmatik, Theorie und Praxis (= Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik Band 13). Rodopi, Amsterdam 1981, ISBN 90-6203-993-6, S. 379–401.
- Helga Esselborn-Krumbiegel: Von der Idee zum Text. Eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben im Studium. Schöningh, Paderborn u. a. 2002, ISBN 3-8252-2334-5, S. 73–83.
- Gefion Fix, Jürgen Dittmann: Exzerpieren. Eine empirische Studie an Exzerpten von GymnasialschülerInnen der Oberstufe. In: Linguistik online. Band 33, Nr. 1, 1. Januar 2008, S. 17–71, doi:10.13092/lo.33.529 (online).
- Jean Paul: Die Taschenbibliothek. In: Jean Paul: Sämtliche Werke. Hrsg. von Norbert Miller. Abt. II: Jugendwerke und Vermischte Schriften, Band 3: Vermischte Schriften II. Hanser, München 1978, ISBN 3-446-11662-1, S. 769–773.
- Bettine Menke: Ein-Fälle – aus „Exzerpten“. Die ‚inventio‘ des Jean Paul. In: Renate Lachmann, Riccardo Nicolosi, Susanne Strätling (Hrsg.): Rhetorik als kulturelle Praxis. Fink, München 2008, ISBN 978-3-7705-4490-5, S. 291–307.
- Götz Müller: Jean Pauls Exzerpte. Königshausen & Neumann, Würzburg 1988, ISBN 3-88479-371-3.
- Manuel René Theisen (unter Mitarbeit von Martin Theisen): Wissenschaftliches Arbeiten. Erfolgreich bei Bachelor- und Masterarbeit. 16., vollständig überarbeitete Auflage. Franz Valen, München 2013, ISBN 978-3-8006-4636-4, S. 137 f.
- Helmut Zedelmaier: De ratione excerpendi: Daniel Georg Morhof und das Exzerpieren. In: Françoise Waquet (Hrsg.): Mapping the World of Learning: The „Polyhistor“ of Daniel Georg Morhof. Harrassowitz, Wiesbaden 2000, ISBN 3-447-04399-7, S. 75–92.
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Weblinks
Wiktionary: Exzerpt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Vincentius Placcius: De arte excerpendi. Vom Gelahrten Buchhalten Liber singularis. Gottfried Liebezeit, Holmiae & Hamburgi 1689 (Google-Books-Digitalisat).
- Johann Friedrich Bertram: Discovrs Von der Klugheit zu Excerpiren. Simon Jacob Renger, Braunschweig 1727 (ULB-Halle-Digitalisat).
- Jean Paul: Exzerpte. Digitale Edition (Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition der Universität Würzburg).
- Universität Duisburg-Essen: Der Schreibtrainer. Wissenschaftliches und berufliches Schreiben: Das Exzerpt.
- Thomas Gransow: Anleitung zum Exzerpieren ( vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today).
- Lisa Neubauer (Universität Konstanz): Exzerpieren – Vom fremden zum eigenen Text (PDF; 24Kb) im Webarchiv Internet Archive (Stand: 20. Mai 2020).
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Anmerkungen
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