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Hungerstein (Wasserstandsmarkierung)
Stein am Grunde von Gewässern, der nur bei Niedrigwasser zu sehen ist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Hungersteine sind nur bei Niedrigwasser im Flussbett oder auf Gewässergründen sichtbare große Steine. Der Name verweist auf die Gefahr einer Hungersnot bei Dürre.[1]
Auch in der Schifffahrt können niedrige Wasserstände für die Binnenschiffer hinderlich sein und Notzeiten bedeuten. Hungersteine sind oft mit Jahreszahlen oder Inschriften versehen, um an Niedrigwässer zu erinnern, im Gegensatz zu Hochwassermarken, die die Höchstwerte von Hochwassern festhalten.
Für eine Markierung von Tiefständen können auch Schotterflächen, wie an der Augustusbrücke in Dresden oder am Grenzübergang Schmilka, oder Felsen (Hungerfelsen), wie in Magdeburg und Torgau, genutzt werden.
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Geschichte
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Die Geschichte der Hungersteine reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert. Überliefert sind Jahresinschriften von 1417, 1473, 1616, 1654, 1666 u. a. Ins allgemeine Bewusstsein traten sie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Darstellungen in Zeitungen und Reiseberichten. So schrieb die Teplitzer Zeitung am 30. August 1876: „Die Elbe bietet in Folge der anhaltenden Dürre einen traurigen Anblick, wie er seit 1842 nicht mehr vorgekommen ist: überall ragen die Hungersteine hervor und der Meterpegel an der Dresdner Elbbrücke wird vom Wasser gar nicht mehr berührt. Auf der böhmischen Strecke ist die Dampfschifffahrt bereits wegen der Dürre eingestellt, zwischen Dresden und Tetschen wird dieselbe in einigen Tagen aufhören, wenn kein Regen kommt.“[2]
1857 wird von einem Hungerstein in der Nähe von Zwingenberg im Neckar berichtet, in dem die Jahreszahlen 1590, 1766, 1814, 1822, 1832, 1834, 1842 und, damals aktuell, auch das Jahr 1857 eingehauen waren.[3]
1893 berichtete die Linzer Tages-Post, dass diese Steine zu Zeiten „als es noch keine meteorologischen Stationen gab“ die Jahre der Dürre markierten, wie besonders 1842 oder 1893. Sie nannte sie „die Marken der niedrigsten Wasserstände in dürrsten Jahren, eine eigenartige meteorologische Chronik“, und stellte fest, dass sie nicht nur in der Elbe, sondern auch in Flüssen wie Fulda und Weser vorkommen.[4]
Auch über Hungersteine im Rhein wurde frühzeitig berichtet, so 1898 über Steine im Rheinbett bei Schaffhausen.[5] Alfons Paquet beschrieb während seiner Rheinreise 1923 diese „Hungersteine, die jahrzehntelang im Wasser verborgen sind und bei ihrem Auftauchen Zeichen von Menschenhand verraten.“[6]
1892 wurde berichtet, dass nach Erzählungen von Schiffern bei Tichlowitz ein großer Hungerstein liege, der die orakelhafte Inschrift trägt: „Wir haben geweint – Wir weinen – Und ihr werdet weinen“.[7][8] Diese Schiffersage wurde 1904 durch ein Foto bestätigt. Der Stein weist die Jahresangaben 1842, 1874, 1892 und 1904 aus und zeigt den deutschen Spruch „Wer einst mich sah, der hat geweint. Wer jetzt mich sieht wird weinen“, dem die Jahreszahl 1874 zugeordnet werden könnte.[9][10]
Besondere Aufmerksamkeit wurde nach 1900 dem Hungerstein in Tetschen geschenkt, über den mit Zeichnungen 1904[11] und 1906[12] und Fotos 1911[13][14] in Wiener Zeitungen berichtet wurde. Dieser Stein wurde nicht nur durch seine enorme Größe, sondern vor allem durch die Inschrift „Wenn du mich siehst, dann weine“ berühmt. 1904 war in Zeitungen zu lesen, dass tagtäglich ganze Wallfahrten zu diesem Stein stattfanden. Der Schiffseigner Franz Mayer soll durch die Schiffersage zum Tichowitzer Stein angeregt worden sein, einen ähnlichen Spruch einmeißeln zu lassen, versehen mit Datum und seinem Namen.[15] Zum Schutz des Steines ließ das Wasserbauamt ferner diesen Stein ummauern.[16] Ein Bild dieses Steins wurde auf Tausenden von Ansichtskarten in alle Welt verschickt.[17] 1938 fügte der Pumpenfabrikant Frantisek Sigmund einen ähnlichen Spruch in tschechischer Sprache hinzu: „Mädchen, weine und klage nicht, wenn es trocken ist, spritze das Feld“ (siehe auch unten in der Tabelle).[18][19] Beide Sprüche sind großteils noch heute lesbar, während der überlieferte Spruch auf dem Tichowitzer Stein abgeschabt und überschrieben wurde. Die Anlage wurde von 1904 bis 1926 schrittweise zu einem Denkmal umgestaltet.
1904 wurde auch über einen im Spreewald-Dorf Trebatsch bei Berlin gefundenen Hungerstein mit der Inschrift „Wenn Ihr diesen Stein wiedersehen werdet, so werdet Ihr weinen, so flach war das Wasser im Jahre 1417“ berichtet.[20] Der Cottbuser Anzeiger soll 1904 über einen weiteren Hungerstein im Spreewald berichtet haben, der sich im Schwielochsee bei Jessern befindet und die Inschrift „Wenn du mich siehst wirst Du weinen“ aufweist.[21]
1925 wurde von drei Hungersteinen in der Mur im Stadtgebiet von Graz mit Inschriften aus dem 16. und 17. Jahrhundert berichtet.[22][23]
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Bekannte Hungersteine
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Literatur
- Jan-Michael Lange et al.: Hungersteine in der Elbe. In: Sächsische Heimatblätter, Heft 4/2019, S. 324–329
- Bernd Gross: Die Botschaft der Hungersteine - Eine kulturhistorische Zeitreise im Flussnetz der Elbe, 161 Seiten, 2019, veröffentlicht auf Qucosa
Weblinks
Commons: Hungerstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Niedrigwasserphänomene der Elbe – Hungersteine und Untiefen, Referat Landeshochwasserzentrum, Gewässerkunde, auf wasser.sachsen.de, abgerufen am 14. August 2022
- Hladové kameny vylézají (Hungersteine tauchen auf). Český hydrometeorologický ústav - Ústí nad Labem (Tschechisches Hydrometeorologisches Institut - Ústí nad Labem), Fotogalerie zu Hungersteinen (tschechisch).
- Der Schönebecker Hungerstein, auf elbenau.de, 22. Juli 2018, abgerufen am 27. August 2022.
- Hungersteine in der Mosel, auf kulturdb.de, 26. August 2018, abgerufen am 27. August 2022.
- Malte Göbel: Hungersteine in Rhein, Weser, Elbe. »Wenn du mich siehst, dann weine«. auf spiegel.de, 16. August 2022, abgerufen am 27. August 2022.
- Susanne Holz: Ihre Skulptur wiegt 120 Kilogramm: Luzerner Künstlerin widmet sich einem stummen Zeugen, auf luzernerzeitung.ch, 11. März 2020, abgerufen am 27. August 2022. (Über eine «Hungerstein»-Arbeit der Künstlerin Claudia Vogel mit Bezug auf den Tetschener Hungerstein.)
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Einzelnachweise
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