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Ich-Entwicklung
psychologisches Modell nach Loevinger Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Auf die Ich-Entwicklung bezieht sich ein Stufen-Modell der Persönlichkeitsentwicklung nach Jane Loevinger in der Entwicklungspsychologie. Die US-Psychologin hat es in den 60er Jahren mit Bezug auf Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung[1] entwickelt. Mit diesem teilt es unter anderem die Einschätzung, dass die Entwicklung eher stufenförmig als kontinuierlich verlaufe, die empirische Begründung einer typischen Abfolge von Entwicklungsphasen ist ähnlich.
Im Zuge ihrer Studien familiärer Interventionsmuster stieß Loevinger auf unerklärte Regelmäßigkeiten in ihren Daten zur Persönlichkeitserfassung, die sie schließlich als Entwicklungssequenzen deutete. Im Verlauf ihrer weiteren Forschung an der Washington University widmete sie sich der Messung und Erforschung dieser „Master traits“ der Persönlichkeit. Sie versteht die „Ich-Struktur“, die der Entwicklung unterliegt, als die Instanz, welche bestimmt, wie eine Person sich selbst und die Welt wahrnimmt und interpretiert. Dabei geht Loevinger nicht vom Ich als psychische Instanz (wie z. B. dem Ego in der Psychoanalyse) aus, sondern als einem Prozess, der die Gedanken und Erfahrungen eines Menschen organisiert – eine explizite Definition von „Ich“ und „Ich-Entwicklung“ verweigert sie jedoch systematisch. Sie habe sich entschieden, gleich mit der Untersuchung der Stufen zu beginnen.[2]
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Hintergrund und Resonanz
Dem Modell der Ich-Entwicklung liegt ein konstruktivistisches Entwicklungsverständnis zugrunde, das auf den strukturgenetischen Ansatz von Jean Piaget und die Theorien von Loevingers Ausbilder Erik H. Erikson sowie Harry Stack Sullivan zurückgeht. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Denkstrukturen, mit denen ein Individuum ein Verständnis seiner Welt erlangt, schrittweise aufgebaut und erarbeitet werden. Von Entwicklung wird gesprochen, wenn diese Strukturen nach und nach differenzierter und integrierter werden.
Jane Loevingers Schriften sind bisher nicht auf Deutsch erschienen. Ihre Rezeption im deutschsprachigen Raum ist eher zurückhaltend; von den Lehrbüchern der Entwicklungspsychologie hat nur eines ihr Modell vorgestellt: Oerter/Montada[3] – in der Neuausgabe (Schneider/Lindenberger[4]) kommt es nicht mehr vor. Das Modell ist allerdings sehr beliebt im Coaching-Bereich; hier heißt es zwar immer noch „nach Loevinger“, es ist allerdings vermischt mit transpersonalen Ansätzen[5] und hat eine andere Zielrichtung.[6]
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Stufen der Ich-Entwicklung
Zusammenfassung
Kontext
Das Modell der Ich-Entwicklung von Loevinger unterscheidet neun Stufen, wobei sie über die erste (E1) keine Aussagen treffen kann, weil mit ihrer offenen Methode beim Kind schon verbale Fähigkeiten vorausgesetzt werden müssen. Ab der impulsiven Stufe (E2) sind diese operationalisiert, da mittels eines von Loevinger entwickelten Satzergänzungstests („Sentence Completion Test“) reliabel und valide gemessen.[7]
Die Ich-Struktur Erwachsener entspricht laut Loevinger überwiegend den Stufen E4 bis E7; der Median liegt bei der Stufe fünf. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass sich diese Einschätzung Loevingers auf ihre Zeitgenossenschaft bezieht und in dieser Zuschreibung auch normative Erwartungen mitschwingen. Sie verortet den Beginn der Entwicklung sehr allgemein „im Nebel des Kleinkindalters“ („in the mists of infancy“, 1997, S. 203). Sie geht jedoch davon aus, dass nicht jeder alle Stufen erreicht, insbesondere nicht die letzte Stufe der „Integration“, die durch die volle Entfaltung der Persönlichkeit charakterisiert ist und selten zu beobachten sei.[8]
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Siehe auch
Literatur
Zusammenfassung
Kontext
Grundlagen:
- Jane Loevinger: The meaning and measurement of ego development. In: American Psychologist. 21, 1966, S. 195–206.
- Jane Loevinger: Recent Research on Ego Development. National Institute of Mental Health (DHEW), Bethesda, Md., 1973. Online: Recent Research on Ego Development. Institute of Education Sciences. 31. März 1973, abgerufen am 28. Januar 2020
- Jane Loevinger: Ego development. Conceptions and theories. Jossey-Bass, San Francisco 1976, ISBN 0-87589-275-2.
- Jane Loevinger: Measurement of personality: True or false. In: Psychological Inquiry. 4 (1), 1993, S. 1–16.
- Jane Loevinger: Stages of Personality Development. In: Robert Hogan u. a.: Handbook of Personality Psychology, Academic Press, San Diego 1997, S. 199–208. ISBN 978-0-12-134645-4
- Le Xuan Hy und Jane Loevinger: Measuring ego development. Second edition. Lawrence Erlbaum, Mahwah, NJ, 1996.
- J. Manners, K. Durkin: A critical review of the validity of ego development theory and its measurement. In: Journal of Personality Assessment. 77, 2001, S. 541–567.
Anwendungen:
- Thomas Binder: Ich-Entwicklung für effektives Beraten. 2. Aufl., Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-40378-5
- Leuthold, Alexander: Ego Development und Konzeptualisierung von auf Inklusion bezogenen Handlungsmöglichkeiten bei Studierenden erziehungswissenschaftlicher Studiengänge an der Universität Erfurt. Dissertation. 2019 (db-thueringen.de [PDF]).
- Susanne R. Cook-Greuter: Mature Ego Development: A Gateway to Ego Transcendence? In: Journal of Adult Development, Vol. 7, No. 4, 2000, S. 227–240.
- D. Rooke, W. Torbert: Organizational transformation as a function of CEO´s developmental stage. In: Organization Development Journal. 16 (1), 1998, S. 11–28.
- Martin Permantier: Haltung entscheidet – Führung und Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten. Vahlen 2019, ISBN 978-3-8006-6063-6.
- Martin Permantier: Haltung erweitern – Ich, Wir, Alle gestalten Transformation. Vahlen 2023, ISBN 978-3-8006-7098-7.
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Weblinks
Einzelnachweise
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