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Kantonsrat (Zürich)
Parlament des Kantons Zürich Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Der Kantonsrat Zürich ist das Parlament des Kantons Zürich, die gesetzgebende und oberste aufsichtführende Behörde des Kantons. Seine 180 Mitglieder werden, verteilt auf 18 Wahlkreise, nach dem Proporzverfahren für vier Jahre gewählt, wobei seit 2006 das biproportionale Sitzzuteilungsverfahren nach Pukelsheim zur Anwendung kommt. Die letzte Gesamterneuerungswahl fand am 12. Februar 2023 statt.[1]



Die Sitzungen des Kantonsrats finden in der Regel jeden Montag (ausser während der Schulferien) statt, normalerweise im Kantonsratssaal im Rathaus von Zürich. Von 2023 bis 2027 tagt der Rat in der Bullingerkirche, da das Rathaus in dieser Zeit umgebaut wird.[2]
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Aufgaben
Zusammenfassung
Kontext
Allgemein

Grundsätzliche Vorgaben zum Kantonsrat finden sich in der Zürcher Kantonsverfassung[3] in den Artikeln 50 ff.
Die 180 Mitglieder des Kantonsrats werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt. Der Rat übt unter Vorbehalt der Volksrechte die oberste Gewalt aus. Er beschliesst Gesetze und führt Aufsicht über die staatlichen Organe des Kantons, also Regierungsrat, Gerichte und sonstige Behörden.
Volksabstimmungen
Haushaltsentwürfe und -abschlüsse von Seiten des Regierungsrates werden durch den Kantonsrat genehmigt oder aber verworfen. Über neue einmalige Ausgaben bis 3 Millionen Franken bzw. neue jährlich wiederkehrende Ausgaben bis 300'000 Franken kann der Regierungsrat eigenmächtig entscheiden. Ausgaben, die darüber hinausgehen, sind vom Kantonsrat zu genehmigen. Bei einmaligen Neuausgaben von über 6 Millionen Franken oder neuen jährlich wiederkehrenden Ausgaben von über 600'000 Franken kann auf Verlangen eine Volksabstimmung durchgeführt werden, wenn innerhalb von 60 Tagen nach Veröffentlichung des Beschlusses 3000 Stimmberechtigte (fakultatives Finanzreferendum) oder 45 Kantonsräte (Kantonsratsreferendum) eine solche verlangen.
Beschlüsse werden dem Volk in jedem Fall zur Abstimmung vorgelegt, wenn diese die Verfassung betreffen oder es sich um interkantonale oder internationale Verträge handelt, deren Inhalt Verfassungsrang hat.
Eine Volksinitiative wird dem Volk in jedem Fall zur Abstimmung vorgelegt, wenn
- sie in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs ist, denen der Kantonsrat nicht zustimmt
- sie in der Form der allgemeinen Anregung ist, die der Kantonsrat nicht umsetzen will
- wenn der Kantonsrat ihr einen Gegenvorschlag gegenüberstellt.
Weiteres
Gemäss Artikel 37 der Kantonsverfassung kann der Kantonsrat jedoch dringliche Gesetze sofort in Kraft setzen, wenn zwei Drittel der anwesenden Ratsmitglieder dem zustimmen.
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Geschichte
Zusammenfassung
Kontext

Der Zürcher Kantonsrat ging aus dem Grossen Rat hervor. Dieser bestand bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nur aus Vertretern der einflussreichsten Familien der Stadt Zürich, hatte aber die gesetzgebende Gewalt über das ganze Gebiet des Stadtstaates inne. Nach Aufständen der Landbevölkerung im Zuge der Französischen Revolution bewirkte Napoleons Mediationsakte von 1803, dass auch wohlhabende Männer vom Land im Grossen Rat des neu geschaffenen Kantons Zürich Einsitz nehmen konnten.
Infolge von Napoleons Niederlage erstarkten ab 1814 die konservativen Kräfte wieder, doch 1830 wurde nach einer gewaltigen Volksdemonstration in Uster eine neue, liberale Kantonsverfassung ausgearbeitet. Die 1831 in Kraft gesetzte Verfassung garantierte die Souveränität des Volkes und die Gewaltenteilung; das Wahlrecht erhielten nun auch die «in Kost und Lohn stehenden Männer» im ganzen Kantonsgebiet.
1869 wurde der bisherige Grosse Rat in Kantonsrat umbenannt und die repräsentative Demokratie in eine direkte umgewandelt. Zweimal jährlich entschied nun das Volk über neue Gesetze und Gesetzesänderungen, die der Kantonsrat ausgearbeitet hatte; der Regierungsrat wurde nun direkt vom Volk gewählt. Damit auch Männer mit geringerem Einkommen ein Mandat übernehmen konnten, erhielten die Kantonsräte ein Taggeld.
1916 wurde für den Kantonsrat das Verhältniswahlverfahren eingeführt, um die Meinungsvielfalt der Bevölkerung besser abzubilden. 1934 wurde die Zahl der Kantonsräte, die bisher zwischen knapp 200 und über 240 geschwankt hatte, auf 180 festgesetzt.

Erst 1970 wurde den Frauen das Stimm- und Wahlrecht auf kantonaler Ebene zugestanden (vgl. Frauenstimmrecht in der Schweiz); der «Frauenstimmrechtsverein» hatte 77 Jahre lang dafür gekämpft. 1971 wurden 2 Frauen und 178 Männer in den Kantonsrat gewählt.
1985/1986 präsidierte Gertrud Erismann-Peyer als erste Frau den Kantonsrat. 1990 wurde das Stimm- und Wahlrechtsalter 18 eingeführt; zuvor waren entsprechende Vorlagen zweimal in der Volksabstimmung gescheitert.
2006 trat die aktuelle Kantonsverfassung in Kraft, welche diejenige aus dem Jahre 1869 ablöste.[4]
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Ratsbetrieb
Zusammenfassung
Kontext

Allgemeines
Der Kantonsrat gilt dann als beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Wird vor Beginn einer Abstimmung die Beschlussfähigkeit bezweifelt, ordnet das Präsidium einen Namensaufruf an. Es kann die Abstimmung für kurze Zeit aussetzen. Stellt das Präsidium fest, dass der Rat nicht beschlussfähig ist, hebt es die Sitzung auf.
Ist ein Mitglied oder nahe Angehörige eines Mitglieds direkt von einer Sache betroffen, so tritt dieses vorübergehend in den Ausstand.
Parlamentarische Instrumente
Den Mitgliedern des Kantonsrates stehen diverse Instrumente zur Verfügung, um einen Vorstoss zu starten.
- Motion: Mit einer Motion kann der Regierungsrat verpflichtet werden, einen Entwurf für eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage, einen Beschluss oder einen Bericht vorzulegen.
- Postulat: Mit einem Postulat fordert man den Regierungsrat auf, zu prüfen, ob eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage oder ein Entwurf für einen Beschluss vorzulegen sei. Nimmt der Regierungsrat das Postulat entgegen oder wird es von der Ratsmehrheit überwiesen, so muss der Regierungsrat innerhalb von zwei Jahren Bericht erstatten, wobei eine Fristerstreckung von einem Jahr möglich ist. Liegt der Bericht vor, beschliesst der Kantonsrat, ob das Postulat abzuschreiben sei. Der Rat kann vom Regierungsrat einen Ergänzungsbericht verlangen, oder er kann eine vom Regierungsrat abweichende Stellungnahme abgeben.
- Dringliches Postulat: Mit einem dringlichen Postulat kann man den Regierungsrat auffordern, innerhalb von vier Wochen Bericht zu erstatten. Dazu braucht es die Zustimmung von 60 Ratsmitgliedern.
- Interpellation: Mit einer Interpellation fordert man den Regierungsrat auf, Auskunft über bestimmte Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung zu geben. Es wird die Zustimmung von 20 Ratsmitgliedern benötigt. Der Regierungsrat legt seine Antwort innerhalb von zwei Monaten schriftlich vor. Anschliessend kann im Rat eine Diskussion erfolgen.
- Fraktionserklärung: Ein bestimmtes Mitglied einer Fraktion kann dem Rat eine Erklärung über aktuelle Angelegenheiten abgeben. Es wird keine Diskussion im Rat darüber geführt.
- Persönliche Erklärung: Ein Ratsmitglied kann während höchstens zwei Minuten eine persönliche Erklärung abgeben. In der Regel geht es dabei um Stellungnahmen oder die Abwehr von persönlichen Angriffen.
- Allgemeine Debatte: Bei ausserordentlichen Ereignissen, die den Kanton Zürich wesentlich betreffen, kann der Kantonsrat eine allgemeine Debatte durchführen. Dabei werden keine Beschlüsse gefasst
- Parlamentarische Initiative: Mit einer parlamentarischen Initiative können Mitglieder des Rates Änderungen der Kantonsverfassung fordern.
- Anfrage: Mit einer Anfrage verlangt man Aufschluss über Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung. Der Regierungsrat antwortet innerhalb von drei Monaten schriftlich.
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Geschäftsleitung
Nach einer Erneuerungswahl des Kantonsrates findet die Wahl des Kantonsratspräsidenten statt. Sobald dieser den Vorsitz übernommen hat, werden die weiteren Geschäftsleitungsmitglieder gewählt.
Gemäss dem Kantonsratsgesetz des Kantons Zürich[5] besteht das Büro des Kantonsrates aus dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten, den Mitgliedern des Sekretariats sowie aus übrigen Mitgliedern. Sie alle werden jeweils in der ersten Sitzung im Mai für das folgende Amtsjahr gewählt. Sie sind für die gleichen Ämter im Folgejahr nicht mehr wählbar.
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Wahlkreise und Wahlsystem
Zusammenfassung
Kontext
Der Kantonsrat umfasst 180 Mitglieder. Diese werden nach Verhältniswahlrecht gewählt, wobei jeder Bezirk des Kantons Zürich einem Wahlkreis entspricht. Die Verfassung erlaubt zudem, dass grosse Bezirke in mehrere Wahlkreise aufgeteilt werden.
Konkret festgeschrieben wird die Anzahl und Bezeichnung der Wahlkreise im Gesetz über die politischen Rechte. Somit wird der Kanton Zürich aktuell für Kantonsratswahlen in 18 Wahlkreise unterteilt. Die Zuteilung der Sitze erfolgt nach der Einwohnerzahl der Wahlkreise.
Für die Wahlen 2023 verschob sich ein Sitz zulasten des Wahlkreises Nr. IV (Zürich, Stadtkreise 6 und 10), zugunsten des Wahlkreises Nr. VIII (Affoltern). Damit ergab sich folgende Sitzzuteilung:[6]
Nach der Kantonsverfassung ist die Sitzverteilung so zu regeln, dass der Wille jeder Wählerin und jedes Wählers im ganzen Kanton möglichst gleiches Gewicht hat. Die Vorgabe wird seit den Kantonsratswahlen 2007 durch das doppeltproportionale Zuteilungsverfahren nach Pukelsheim verwirklicht. Dabei werden die Stimmen aller Parteien zuerst gewichtet, kantonsweit zusammengezählt und basierend darauf die 180 Mandate kantonsweit verteilt, wobei nur diejenigen Parteien berücksichtigt werden, die in wenigstens einem Wahlkreis mindestens 5 % der Stimmen errungen haben (Oberzuteilung). Danach werden die Mandate jeder Partei so auf die einzelnen Wahlkreise verteilt, dass sowohl jedem Wahlkreis die auf ihn entfallenden Sitze (vgl. Tabelle) als auch jeder Partei die in der Oberzuteilung erzielten Mandate zugeteilt werden (Unterzuteilung).
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Parteien – Wahlergebnisse seit 1917
Wahlergebnisse seit 1917
Bei den Wahlen von 1917 bis 2023 erreichten die angetretenen Parteien folgende Sitzzahlen:[7][8]




Aktuelle Sitzverteilung
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Mitglieder
Zusammenfassung
Kontext
Wählbarkeit
Mitglieder des Regierungsrats dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder des Kantonsrats sein.[9] Auch Angehörige der kantonalen Verwaltung, die dem Regierungsrat oder einem seiner Mitglieder direkt unterstellt sind, können nicht im Kantonsrat Einsitz nehmen.
Vergütung
Entschädigungs- und Sitzungsgeldansprüche sind in der Geschäftsordnung des Kantonsrates festgelegt. Der Betrag eines Sitzungsgeldes wird jedoch per Beschluss[10] festgelegt. Derzeit liegt das Sitzungsgeld bei 200 Franken pro Sitzung. Jedes Mitglied erhält ausserdem eine Grundvergütung von 4'000 Franken, ein Zugabonnement erster Klasse für den Zürcher Verkehrsverbund sowie eine Spesenpauschale von 2'800 Franken pro Amtsjahr.
Präsidenten von Kantonsrat und Kommissionen erhalten das doppelte Sitzungsgeld für jede Sitzung, in der sie den Vorsitz haben. Ausserdem erhält das Präsidium des Kantonsrats eine einmalige jährliche pauschale Entschädigung für Repräsentationsverpflichtungen. Die Fraktionen erhalten zudem eine Fraktionsentschädigung in Höhe von 40'000 Franken plus einen Zuschlag von 2'300 Franken pro Mitglied.
Ratspräsidium und Fraktionspräsidien 2025/2026
Ratspräsidium
Präsident: | Beat Habegger (FDP) |
1. Vizepräsidentin: | Romaine Rogenmoser (SVP) |
2. Vizepräsidentin: | Monika Wicki (SP) |
Fraktionspräsidien
Liste der Mitglieder
Stand vom 8. Mai 2025
1
Anita Borer war bereits von 2011 bis 2019 Mitglied des Kantonsrats.
2
Claudia Frei-Wyssen wechselte im Mai 2019 von der SP zur GLP.
3
Chantal Galladé war bereits von 1997 bis 2003 Mitglied des Kantonsrats, damals für die SP.
4
Isabel Garcia wechselte im Februar 2023 von der GLP zur FDP.
5
Konrad Langhart trat im Dezember 2019 aus der SVP aus. Seit März 2021 ist er Mitglied der Mitte.
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Präsidentinnen und Präsidenten des Kantonsrats seit 2017
Siehe auch
Weblinks
Commons: Kantonsrat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Website des Zürcher Kantonsrats
- Kantons- und Regierungsratswahlen. Kanton Zürich
Einzelnachweise
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