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Zahlungsdiensterichtlinie

EU-Richtlinie Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Die Zahlungsdiensterichtlinie[2] (manchmal abgekürzt als ZaDiRL[3], zumeist jedoch PSD von englisch Payment Services Directive) reguliert Zahlungsdienstleister in der gesamten Europäischen Union (EU) einheitlich.

Schnelle Fakten Richtlinie (EU) 2015/2366, Text von Bedeutung für den EWR ...
Schnelle Fakten Richtlinie 2007/64/EG, Text von Bedeutung für den EWR ...

Die Richtlinie soll den europaweiten Wettbewerb erhöhen und auch Nichtbanken, wie FinTechs, die Teilnahme an der Zahlungsbranche ermöglichen. Sie vereinheitlicht in der EU Rechte und Pflichten für Zahlungsdienstleister, Handelsunternehmen und Verbraucher.[4]

Die Zahlungsdiensterichtlinie 2007/64/EG (PSD) wurde ersetzt durch die zweite Zahlungsdiensterichtlinie (EU) 2015/2366 (PSD2). Beide wurden von der Europäischen Kommission als EU-Richtlinien beschlossen. Sie schaffen ein europäisches Zahlungsdiensterecht.

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PSD: Überblick

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Die Selbstregulierungsinitiative des europäischen Bankensektors zur Schaffung des Europäischen Zahlungsraums (SEPA) ist im Europäischen Zahlungsverkehrsrat vertreten und legt die Harmonisierung von Zahlungsprodukten, Infrastrukturen und technischen Standards fest (Rulebooks für Überweisung/Lastschrift, BIC, IBAN, ISO 20022 XML-Nachrichtenformat, EMV-Chipkarten/Terminals). Die PSD stellt den gesetzlichen Rahmen für alle Zahlungsdienstleister.

Ein Ziel der Zahlungsdiensterichtlinie bestand darin, den Wettbewerb mit der Teilnahme auch von Nichtbanken zu fördern und durch die Harmonisierung des Verbraucherschutzes die Wettbewerbsbedingungen zu vereinheitlichen. Das Ziel der Zahlungsdiensterichtlinie in Bezug auf die Verbraucher war es, die Kundenrechte zu erhöhen, schnellere Zahlungen zu garantieren (spätestens am nächsten Tag ab dem 1. Januar 2012), Rückerstattungsrechte zu beschreiben, weitere Informationen über Zahlungen zu geben.[5] Obwohl die PSD eine Harmonisierungsrichtlinie ist, erlauben bestimmte Elemente unterschiedliche Optionen durch einzelne Länder.

Der Zahlungsdiensterichtlinie PSD 1 trat am 25. Dezember 2007 in Kraft[2] Sie sollte bis 1. November 2009 von allen EU- und EWR-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.[6]

Technische Übersicht

Die Zahlungsdiensterichtlinie enthält zwei Hauptbereiche:

  1. „Marktregeln“ beschreiben, wer Zahlungsdienste erbringen darf. Neben den Kreditinstituten (d. h. Banken) und bestimmten Behörden (z. B. Zentralbanken, Regierungsstellen) erwähnt die PSD die von der E-Geld-Richtlinie im Jahr 2000 geschaffenen elektronischen Geldinstitute. Dies schuf die neue Kategorie der „Zahlungsinstitute“. Organisationen, die keine Kreditinstitute sind, können die Zulassung als Zahlungsinstitut beantragen, wenn sie die Kapital- und Risikomanagementanforderungen erfüllen.
  2. „Geschäftsleitungsregeln“ legen fest, welche Transparenz Informationsdienstleistungsinstitute wahren müssen, darunter Gebühren, Wechselkurse, Transaktionsreferenzen und maximale Ausführungszeit. Es legt die Rechte und Pflichten sowohl für Zahlungsdienstleister als auch Nutzer fest, wie Transaktionen autorisiert und durchgeführt werden, Haftung im Falle der unbefugten Verwendung von Zahlungsinstrumenten, die Erstattung von Zahlungen.

Jedes Land musste eine „zuständige Behörde“ für die aufsichtsrechtliche Überwachung der Zahlungsinstitute benennen.[7]

Aktualisierungen

Die Zahlungsdiensterichtlinie wurde 2009 (Verordnung (EG) Nr. 924/2009) und 2012 (Verordnung (EU) Nr. 260/2012) aktualisiert. Ein Umsetzungsbericht von 2013 fand, dass die Zahlungsdiensterichtlinie die Bereitstellung einheitlicher Zahlungsdienste in der gesamten EU erleichterte und die Rechts- und Produktionskosten für viele Zahlungsdienstleister reduzierte. Zum Beispiel folgten die Gebühren für 100-EUR-Transfers mit einem weiteren Abwärtstrend auf 0,50 EUR Euro-Durchschnitt für Online-Überweisungen und blieben mit 3,10 EUR für am Bankschalter eingeleitete Transfers niedrig.

Verbleibende Probleme

  1. Die Zahlungsdiensterichtlinie (PSD) gilt nur für Zahlungen im Europäischen Wirtschaftsraum, nicht aber für Transaktionen in oder aus Drittländern.
  2. PSD-Befreiungen im Zusammenhang mit Zahlungsaktivitäten lassen Nutzer ungeschützt.
  3. Die PSD-Option für Händler, eine Gebühr zu berechnen oder einen Rabatt zu geben, kombiniert mit der Option für Länder, diese zu begrenzen, führte zu „extremer Heterogenität am Markt“.
  4. Es entstanden „Drittanbieter-Zahlungsdienstleister“, die das Online-Shopping durch kostengünstige Zahlungslösungen im Internet erleichtern, indem sie die Online-Banking-Systeme der Kunden mit ihrer Vereinbarung nutzen und den Händlern mitteilen, dass das Geld unterwegs ist. Andere „Kontoinformationsdienste“ bieten konsolidierte Angaben über verschiedene Konten eines Zahlungsdienstnutzers an.

Eine Harmonisierung der Erstattungsregeln für Lastschriften, die Verringerung des Geltungsbereichs des „vereinfachten Regimes“ für „kleine Zahlungsinstitute“ und die Themen Sicherheit, Zugang zu Informationen über Zahlungskonten oder Datenschutz wurden vorgeschlagen.

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PSD2: Überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie

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Am 8. Oktober 2015 verabschiedete das Europäische Parlament den Vorschlag der EU-Kommission zur Schaffung sichererer und innovativerer europäischer Zahlungen (PSD2). Am 16. November 2015 verabschiedete der Rat der Europäischen Union die Überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), Richtlinie (EU) 2015/2366. Die Mitgliedstaaten hatten bis 13. Januar 2018 Zeit, die Richtlinie in ihre nationalen Gesetze und Vorschriften umzusetzen.[8][9][10][11]

Die neuen Regeln sollen Banken besser vor Betrug schützen, wenn Kunden online bezahlen, die Nutzung innovativer Online- und Mobilfunkzahlungen fördern und grenzüberschreitende europäische Zahlungsdienste sicherer machen.[12][13] Kommissar Jonathan Hill, zuständig für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Union der Kapitalmärkte, sagte: „Diese Gesetzgebung ist ein Schritt in Richtung eines digitalen Binnenmarktes, der den Verbrauchern und Unternehmen zugutekommt und der Wirtschaft helfen wird.“

Zwei-Faktor-Anmeldung

Die Richtlinie PSD2 umfasst viele Regelungen. Aus Verbrauchersicht unmittelbar spürbar ist die Pflicht zur Zwei-Faktor-Anmeldung[11] (2FA) im Onlinebanking und bei Bezahlungen mit Girokarte, Kreditkarte, PayPal usw. Ausgenommen sind Lastschrift, Kauf-auf-Rechnung und Nachnahme, bei denen kein unmittelbarer Zahlungsvorgang stattfindet. Weil die Regelungen für den Handel aufwendig umzusetzen und für den Verbraucher umständlich sind,[14][15] wurde die Einführung in Deutschland mehrmals verschoben, von ursprünglich September 2019 auf zuletzt Mitte März 2021.[16]

Um die „starke Kundenauthentifizierung“ zu erfüllen (engl. Strong Customer Authentication = SCA), sind für Zahlungsvorgänge offline wie online zwei Faktoren aus den drei Bereichen Wissen, Besitz und Biometrie vorgeschrieben:[17]

  • Wissen: Passwort, PIN, Bildschirmmuster, Frage nach dem Geburtsnamen der Mutter o. ä.
  • Besitz: Karte, Smartphone, Security-Token, SMS-Empfang, Browser-Session[18]
  • Biometrie: Fingerabdruck, Stimme, Iris-Scan, …

Online ist der zweite Faktor ungleich schwieriger umzusetzen, denn offline war schon immer eine Karte zum Bezahlen nötig.

Schnittstellen

Die PSD2 soll auch Finanz-Start-ups (so genannte FinTechs) stärken. Banken müssen Schnittstellen (APIs) einrichten, über die Drittdienstleister auf Zahlungskonten der Bankkunden zugreifen können (Open Banking). Manche Banken sehen in Open Banking eine strategische Chance und öffneten sich frühzeitig über die regulatorischen Vorgaben der PSD2 hinaus, beispielsweise in Form von zusätzlichen Schnittstellen, die den Zugriff auf Kreditkarten- und Depotdaten ermöglichen.[19][20] Andere ringen mit Fintechs um die richtige Auslegung – und die Frage, wie sie auf Kundendaten zugreifen dürfen. Die Banken beharren darauf, dass künftig nur noch Daten über spezielle Schnittstellen und nicht mehr per Screen Scraping der Onlinebanking-Oberfläche abgefragt werden.[21] Nach einer Übergangsperiode müssen ASPSPs (Account Servicing Payment Service Provider bzw. kontobezogener Zahlungsdienstleister oder Banken) jedoch ab dem 14. September 2019 allen Drittanbietern entweder eine eigene dedizierte Schnittstelle bieten oder sie dieselbe nutzen lassen, wie sie ihren eigenen Kunden bereitstellen. Nur für den Fall, dass diese versagen, darf als Fallback-Szenario noch auf das Screen Scraping zurückgegriffen werden.[22]

Gesetzgebungsverfahren

Am 27. November 2017 verabschiedete die EU-Kommission technische Regulierungsstandards für eine starke Kundenauthentifizierung und für sichere offene Standards für die Kommunikation, die elektronische Zahlungen in Geschäften und im Internet sicherer machen sollen. Diese technischen Regulierungsstandards legen unter anderem fest, wie Drittanbieter und kontoführende Zahlungsdienstleister sicher elektronisch miteinander zu kommunizieren haben. Nach Annahme der regulatorisch technischen Anforderungen (RTS) durch die Kommission hatte das Europäische Parlament und der Rat drei Monate Zeit, um diese zu prüfen. Sie wurden schließlich am 13. März 2018 als Delegierte Verordnung (EU) 2018/389 zur starke Kundenauthentifizierung und für sichere offene Standards für die Kommunikation im Amtsblatt veröffentlicht. Diese Verordnung gilt ab 14. September 2019. Bis dahin waren die technischen Regulierungsstandards umzusetzen.[23]

  • Die überarbeitete Richtlinie über Zahlungsdienste wurde in Deutschland mit dem Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie[24] am 13. Januar 2018 umgesetzt.[25] Mit dem Änderungsgesetz wird das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz neu gefasst und die zivilrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch angepasst. Das Gesetz hat das Ziel, den bestehenden Rechtsrahmen für Zahlungsdienste an den technologischen Fortschritt anzupassen, die Sicherheit von Zahlungen zu verbessern und die Rechte der Kunden bei der Nutzung der gängigen Zahlverfahren zu stärken.[26][27][28][29]
  • In Österreich wurde die PSD2 mit dem Zahlungsdienstegesetz 2018[30] umgesetzt. Dieses Gesetz trat am 1. Juni 2018 in Kraft.
  • Die Schweiz muss die PSD2-Regulierung der EU nicht umsetzen, dennoch wird diskutiert, ob eine PSD2-äquivalente Regulierung eingeführt werden soll. In der Schweiz gewähren die Banken, insbesondere die Hypothekarbank Lenzburg,[31] bereits heute Drittanbietern Zugriff auf Konten und öffnen die Kundenschnittstelle, wenn dies im beidseitigen Interesse von Bank und Kunden ist. Ein gesetzlicher Zwang für die Banken besteht jedoch nicht. Die Schweiz setzt somit auf marktwirtschaftliche Lösungen. Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) lehnt eine Regulierung analog zu PSD2 respektive eine gesetzlich erzwungene Öffnung der Zugriffsrechte für Dritte ab.[32]

AISPs und PISPs

Die PSD2 hat zwei neue Gruppen von Zahlungsdiensteanbietern geschaffen:[33][22]

A. Account Information Service Providers (AISPs) Kontoinformationsdienste
AISPs sind berechtigt auf Zahlungs- und Abrechnungskonten des Kunden zuzugreifen und ihm konsolidierte Kontoinformationen bereitzustellen.
Beispiel: Martina möchte einen Überblick über ihre Finanzen bekommen. Wie viel Geld nimmt sie monatlich mit ihrem Onlineshop ein, wie viel Zins und Tilgung zahlt sie für ihr Darlehen, wie hoch sind ihre Kreditkartenabrechnungen etc. Dazu nutzt sie einen AISP, der die benötigten Informationen von den verschiedenen Konten und Banken besorgt und zusammenführt.
B. Payment Initiation Services Providers (PISPs) Zahlungsauslösedienste
PISPs sind berechtigt elektronische Zahlungsvorgänge im Namen des Kunden einzuleiten.
Beispiel: Jan möchte etwas aus dem Onlineshop von Martina bestellen. Er besitzt keine Kreditkarte, nutzt kein paydirekt und eine TAN für eine Überweisung hat er auch nicht zur Hand. Er kann jedoch durch das Übermitteln von zusätzlichen Informationen (z. B. IBAN) eine Zahlung über einen PISP an Martina einleiten, so dass diese ihre Ware gefahrlos versenden kann.

Eine weitere Kategorie sind:

Deckungsabfragedienste:
Diese stellen ein kartengebundenes Zahlungsinstrument aus, wobei diese nicht das Zahlungskonto des Zahlungsdienstnutzers führen. Damit der drittkartenaustellende Emittent, der keinen Einblick in das Zahlungskonto des Zahlungsdienstnutzers hat, sein Kreditrisiko einschätzen kann, soll dieser nach Art. 65 der PSD2 beim zahlungskontoführenden Zahlungsdienstleister anfragen dürfen, ob ein ausreichender Geldbetrag zur Begleichung der offenen Forderung auf dem Zahlungskonto verfügbar ist. Das kontoführende Zahlungsinstitut ist zu einer Auskunft in Form einer „Ja“- oder „Nein“ -Meldung verpflichtet. Die Abfrage des exakten Kontostands ist nicht vorgesehen.

Gebührenübertragung auf Kunden

Aufgrund der überarbeiteten Zahlungsdiensterichtlinie, die seit dem 13. Januar 2018 giltt, verbot PayPal am 9. Januar 2018 in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen seinen Händlern, PayPal-Gebühren auf Kunden umzulegen - es sei denn, mit Paypal war eine abweichende Praxis vertraglich vereinbart.[34] Am 13. Dezember 2018 entschied das Landgericht München I im Fall Flixbus gegen PayPal, so dass auch Flixbus keine Gebühren auf Kunden weitergeben darf.[35]

Das Münchner Oberlandesgericht kippte das Urteil im Oktober 2019 und hielt die Gebühren für zulässig.

Das Urteil wurde im März 2021 vom Bundesgerichtshof im Rahmen eines Musterverfahrens bestätigt. Der Händler darf die Kosten für PayPal, Klarna o. ä. an den Kunden weitergeben. Nur die im Gesetz explizit genannten Zahlarten Banküberweisung, Lastschrift, EC- und Kreditkarte müssen kostenfrei sein.[36] Dadurch wird für den Kunden Kostentransparenz geschaffen und der Händler kann den Kostenvorteil durch günstige Zahlungsarten wie Überweisung an den Kunden weitergeben. Im Falle von PayPal ändert das Urteil des BGH keine gängige Praxis, da die AGB von PayPal es dem Händler verbieten, Aufschläge zu verlangen.[37] Jedoch kann das Urteil Einfluss auf andere Zahlungsmittel haben. Größere Händler verhandeln zwar die Bedingungen mit PayPal direkt, konnten aber aufgrund derer Marktmacht auch keine Abweichungen in dieser Hinsicht durchsetzen.[38]

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PSD3: Überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie

Ab Oktober 2025 beginnt die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie in Version 3. Hierbei wird neben der IBAN auch der Name des Zahlungsempfängers obligatorisch mit dem bei der Bank registrierten Name bei Sofortzahlungen und bei regulären Überweisungen abgeglichen. Nur bei exakter Übereinstimmung des Zahlungsempfängers mit dem bei der Bank registrierten Inhaber der IBAN darf eine Überweisung getätigt werden.[39]

Schlüsseldaten

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Literatur

  • Markus Montz: PSD2: Was sich ab September beim elektronischen Bezahlen ändert. In: c’t. Nr. 15, 2019, S. 122–127 (heise.de [abgerufen am 14. Juli 2019] Grundlagenartikel und Umsetzungsstand).
  • Thomas Klemm: EU-Richtlinie PSD2: Online Shopping wird zur Qual. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 7. August 2019.
  • Dimitrios Linardatos: Das Haftungssystem im bargeldlosen Zahlungsverkehr nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie. Nomos-Verlag, 2013, ISBN 978-3-8487-0709-6 (Veraltet, da vor PSD2).
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Einzelnachweise

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