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Polytypie
Phänomen, dass ein Element oder eine Verbindung in mehreren verschiedenen Strukturmodifikationen vorkommt, die durch Stapelung von schichtförmigen Baueinheiten mit (nahezu) identischer Struktur und Zusammensetzung aufgebaut werden Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Polytypie ist ein Begriff aus der Kristallographie und bezeichnet das Phänomen, dass ein Element oder eine Verbindung in mehreren verschiedenen Strukturmodifikationen vorkommt, die durch Stapelung von schichtförmigen Baueinheiten mit (nahezu) identischer Struktur und Zusammensetzung aufgebaut werden. Eine solche Strukturmodifikation bezeichnet man als Polytyp und diese unterscheidet sich von anderen Polytypen der gleichen Verbindung nur in der Stapelreihenfolge der Baueinheiten. Sie erhalten keine eigenen Mineralnamen. Alte, etablierte Namen für Polytype sind aber weiterhin gültig.[1][2]

Den Begriff Polytypie führte Heinrich Adolph Baumhauer im Jahr 1915 ein.[3]
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Abgrenzungen
Polytypoide sind verschiedene Polytype einer Verbindung, deren Zusammensetzungen sich um mehr als 0,25 apfu (Atome pro Formeleinheit) unterscheiden.[2]
Polymorphie bezeichnet das Phänomen, dass ein Element oder eine chemische Verbindung in unterschiedlichen Strukturen kristallisiert, die keine strukturelle Verwandtschaft haben müssen. Polymorphe haben im Allgemeinen klar voneinander abgegrenzte Stabilitätsbereiche und ihre Gitterkonstanten stehen nicht notwendigerweise in einfachen ganzzahligen Verhältnis zueinander.[4]
Polysomie bezeichnet in der Kristallographie das Phänomen, dass kristalline Verbindungen unterschiedlicher Zusammensetzung als Kombination eines Sets aus mindestens zwei Strukturblöcken unterschiedlicher Zusammensetzung beschrieben werden können. Im Gegensatz zu Polytypen haben Polysome immer unterschiedliche Zusammensetzungen und erhalten eigenständige Mineralnamen, wenn sie natürlich vorkommen.[5][6][4]
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Eigenschaften
Polytype haben in Richtung der Stapelung der schichtförmigen Baugruppen Gitterkonstanten Gitterkonstanten, die ganzzahlige Vielfache der Dicke der einzelnen Einheiten sind. Die übrigen Kanten der Elementarzellen verschiedener Polytype sind nahezu gleich.[1][2]
Da sich Polytype nur in der Abfolge unterschiedlich orientierter aber ansonsten nahezu gleicher Baugruppen unterscheiden, sind ihre thermodynamischen Eigenschaften ebenfalls fast gleich. Infolgedessen können verschiedene Polytype einer Verbindung bei gleichen Bedingungen nebeneinander gebildet werden, z. B. Muskovit-2M1, -2M2 und -3T oder Phlogopit-1M[7] und -3T[8]. Vermutlich spielen hierbei aber auch geringe Unterschiede in den Zusammensetzungen und Prozesse beim Kristallwachstum (Kinetik) eine Rolle.[9]
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Nomenklatur
Zusammenfassung
Kontext
Eine Kommission der International Mineralogical Association (IMA) und der International Union of Crystallography (IUCr) erarbeitete ein Notationssystem für polytype Verbindungen.
Demnach setzt sich die Bezeichnung einer polytypen Verbindung zusammen aus:[1][2]
- dem Mineralnamen, gefolgt von einem Bindestrich
- einem Suffix. Das Suffix setzt sich aus vier Teilen zusammen:
- einem Großbuchstaben zur Bezeichnung des Kristallsystems:
- C: kubisch
- H: hexagonal
- T: trigonal
- TT oder Q (für quadratisch): tetragonal
- OR oder O: orthorhombisch
- M: monoklin
- A (für anortisch) oder TC: triklin
- P: Pseudosymmetrie; kann der Bezeichnung des Kristallsystems vorangestellt werden, wenn die wahre Symmetrie nicht bekannt oder Pseudosymmetrie von besonderem Interesse ist.
- drei Kleinbuchstaben (a,b,c) für die Achsen der Elementarzellen, jeweils ergänzt um eine Zahl, die die Periodizität der Struktureinheiten relativ zu den Kanten der Elementarzelle angibt. In Fällen, in denen diese Periodizität fehlt (ungeordnete Abfolge der Baueinheiten), wird die betroffene Achse mit einem tiefer gestellten d für disordered – ungeordnet gekennzeichnet.
- einem Großbuchstaben zur Bezeichnung des Kristallsystems:
Die vollständigen Namen der polymorphen Verbindung Al(OH)3 lauteten z. B.:[1][2]
- Gibbsit-PORabc (Bayerit)
- Gibbsit-Mba2c (Hydrargillit)
- Gibbsit-PM2b2ac (Gibbsit)
- Gibbsit-Aba2c (Nordstrandit)
Diese ausführliche Benennung der Polytype wird zumeist abgekürzt:
- Bei einer Periodizität von 1 wird die Ziffer weggelassen.
- Bei tetragonalen und hexagonalen Verbindungen sind die ersten beiden Achsen identisch und können ganz weggelassen werden; der Bezeichner der Periodizität wird dann vor das Symbol für die Symmetrie geschrieben. Graphit-Haa2c kann so zu der allgemein gebräuchlichen Bezeichnung Graphit-2H abgekürzt werden. Gleiches gilt auch für pseudo-hexagonale Verbindungen, z. B. Cordierit-1PH.[2]
Die abgekürzten Schreibweisen sind ebenfalls bei vielen Verbindungen mit geringerer Symmetrie gebräuchlich, auch wenn sie streng genommen nicht korrekt sind. So kann Muskovit-Mab2c (Muskovit-PHab2c) noch problemlos zu Muskovit-2M (Muskovit-2M1) abgekürzt werden, während beim Muskovit-Mba2c die Abkürzung zu Muskovit-2M2 die Regeln streng genommen bereits verletzt. Dennoch sind diese weit verbreiteten Bezeichnungen weiterhin gültig, ebenso wie unterschiedliche Mineralnamen für verschiedene Polytype einer Verbindung.[2]
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Beispiele
Zusammenfassung
Kontext
Siliciumcarbid
Siliciumcarbid (SiC) ist ein technisch bedeutender Werkstoff und die Eigenschaften unterscheiden sich bei den verschiedenen Polytypen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden sie intensiv untersucht.
Heinrich Adolph Baumhauer untersuchte Anfang des 20. Jahrhunderts die Kristallform von synthetischem Siliciumcarbid (Carborundum / Karborund). Er beobachtete drei Typen von Kristallen, die sich in ihren Flächenkombinationen unterschieden und denen er unterschiedliche Röntgenbeugungsbilder sowie trigonale bzw. hexagonale Symmetrie zuordnen konnte. Alle drei Typen kristallisierten gemeinsam aus der gleichen Schmelze und bildeten häufig regelmäßige Verwachsungen mit parallelen Achsen. Ihre Gitterkonstanten konnten auf gleiche Achsenverhältnisse zurückgeführt werden. Für diese besondere Form der Polymorphie führte er im Jahr 1915 den Begriff Polytypie ein.[3]
In den folgenden Jahren wurden weitere Polytype von SiC beschrieben und Lewis Stephen Ramsdell schlug 1947 eine Benennung nach Symmetrie (H für hexagonal, R für rhomboedrisch) und Anzahl der Schichten bis zu einer Wiederholung der Reihenfolge vor. Die damals bekannten Polytypen waren: ß-SiC (kubisch), 4H (Typ III), 6H (Typ II), 15R (Typ I), 21R (Typ IV), 33R (Typ VI), 51R (Typ V), 87R (neuer Typ).[10]
Bis 1990 wurden über 250 Polytype des Siliciumcarbids beschrieben und zahlreiche Theorien über ihre Entstehung.[11] Die Anzahl der Schichten bis zu einer Wiederholung der Schichtfolge kann in seltenen Fällen sehr hoch sein wie z. B. beim Polytyp 411R.[12] Die höchste bislang beobachtete Schichtfolge lieg bei 1200 Schichten und eine Arbeitsgruppe schätzt die maximal mögliche Anzahl von Schichten eines SiC-Polytyps auf ~2600.[13]
Hexagonale Ferrite
Materialwissenschaftler vom U.S. Army Electronics Laboratories beschrieben Mitte der 1960er Jahre eine polysomatsche Reihe hexagonaler Ferrite, die aus zwei Blöcken unterschiedlicher Zusammensetzung aufgebaut werden: Zwei Magnetoplumbit-Blöcke (BaFe12O19, M) und 1 - 10 Ba2Zn2Fe12O22-Blöcken (Y). Alle Polysome dieser Reihe mit zwei oder mehr Y-Blöcken bilden Polytype gemischter Schichten, die sich in der Abfolge der Schichten unterscheiden. So bildet das Polysom M2Y2 zwei Polytype MMY2 (66R) und MYMY (22H) und das Polysom M2Y8 die Polytype MMY8 (174Ra), MYMY7 (58Ha), MY2MY6 (174Rb), MY3MY5 (174Rc), MY4MY4 (58Hb).[14]
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Siehe auch
Literatur
- A. Guinier, G. B. Bokj, K. Boll-Dornberger, J. M. Cowley, S. Durovic, H. Jagodzinski, P. Krishna, P. M. De Wolff, B. B. Zvyagin, D. E. Cox, P. Goodman, Th. Hahn, K. Kuchitsu, S. C. Abrahams: Nomenclature of polytype structures. Report of the International Union of Crystallography Ad hoc Committee on the Nomenclature of Disordered, Modulated and Polytype Structures. In: Acta Crystallographica Section A. Band 40, Nr. 4, 1984, S. 399–404, doi:10.1107/S0108767384000842 (iucr.org [PDF; 678 kB; abgerufen am 22. August 2025]).
- Giovanni Ferraris, Angela Gula, Gabriella Ivaldi, Massiom Nespolo, Elena Sokolova, Yulia Uvarova, and Alexander P. Khomyakov: First structure determination of an MDO-2O mica polytype associated with a 1M polytype. In: European Journal of Mineralogy. Band 13, Nr. 6, 2001, S. 1013–1023, doi:10.1127/0935-1221/2001/0013-1013 (researchgate.net [PDF; 527 kB; abgerufen am 25. August 2025]).
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Weblinks
Einzelnachweise
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