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Grüngleis

Einfassung von Gleiskörpern mit Rasen oder anderer Vegetation Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Grüngleis
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Bei einem Grüngleis ist der Gleiskörper mit Rasen (Rasengleis) oder anderer Vegetation eingefasst und der Schienenzwischenraum begrünt. Es ist ein beliebtes Mittel, um den Bahnkörper von Straßen- und Stadtbahnen optisch, funktional und ökologisch aufzuwerten.

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Hochliegende Rasengleise der Stadtbahn Köln

Das Rasengleis hat neben dem positiven optischen auch einen akustischen Effekt. Die Schallabstrahlung der Fahrzeuge und des Gleises wird deutlich reduziert. Die Bepflanzung absorbiert zusätzlich den Luftschall, der von der Schienenoberfläche ausgeht.

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Geschichte

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Straßenbahnzug auf begrünten Gleisen in Seattle, 1918

Seitdem Anfang des 20, Jahrhunderts in Großstädten Straßenbahnen getrennt vom restlichen Verkehr (auf einem besonderen Bahnkörper) verlegt wurden, begrünte man solche Flächen manchmal, insbesondere an repräsentativen Stellen. Wegen steigender Anforderungen des Gleisbaus endete diese Praxis in den 1930er Jahren.[1.1]

Mit der Umweltbewegung in den 1980er Jahren stieg das Interesse an begrünten Straßenbahngleisen wieder an.[1.2] So entwickelten Städte in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre eigene Grüngleissysteme. Das Aufkommen der festen Fahrbahnen in den 1990er Jahren erleichterte es, Gleise zu begrünen. In Deutschland gab es 1993 unter 50 km begrünte Gleise, 2017 nach einer Erhebung etwa 600 km. Die Gleisbegrünung etablierte sich ähnlich auch in anderen Ländern.[2]

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Formen

Zusammenfassung
Kontext

Grüngleise gibt es in verschiedenen Bauformen, jeweils mit verschiedenen Varianten etwa des Oberbaus, der Gleisisolierung oder der Begrünung selbst. Grundsätzlich gibt es Grüngleise in diesen Ausführungsformen:

  • Hochliegendes Grüngleis: Die Vegetation liegt bis zu 1,5 cm (bei Rillenschienen) oder 5 cm (bei Vignolschienen) unter der Schienenoberkante. Diese Ausführung bietet den besten Schallschutz und das beste optische Ergebnis, da nur die Lauffläche und wenig von den Schienen zu sehen sind. Die hohe Vegetationstragschicht kann mehr Wasser zurückhalten und bietet gute Wuchsbedingungen für Rasen. Seitlich müssen die Schienen isoliert bzw. eingedeckt werden, so dass das Erdreich nicht direkt an die Schienen anstößt. Die Befestigungselemente ud Schienen bleiben dadurch sauber und korrosionsgeschützt, der Austausch und die Wartung wird aber auch schwieriger.
  • Tiefliegendes Grüngleis: Die Vegetation reicht nur bis zum Schienenfuß. Die Schienen bleiben also komplett frei, was die optische Wirkung ein wenig schmälert. Auch die Schalldämpfung ist bei dieser Bauweise etwas geringer. Dafür ist die Kontrolle und der Austausch der Schienen einfacher. Die Befestigungsmittel korrodieren deutlich langsamer, da sie nicht im Erdreich liegen und daher nicht permanent Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Der Anbau von Gleisschaltmitteln ist möglich, zudem ist die Gefahr von Streustrom reduziert. Die Vegetation hat meist weniger Platz.

Als Kompromiss zwischen den Lösungen bauen manche Betriebe auch gemischte Formen, bei denen z. B. die Schienen nur außen hoch begrünt sind, in der Mitte aber tiefer liegen.[1.3]

Oberbauformen

Sowohl für geschlossene (Feste Fahrbahn) als auch für offene Oberbaue (Schwellen mit Bettung) wurden Ideen zur Begrünung entwickelt. In einigen Systematiken gelten Grüngleise auch als eigene Oberbauform.[1.4]

Ein dauerhaft lagesicheren Oberbau, in der Regel in Form einer festen Fahrbahn, ist vorteilhaft für die Begrünung, da bei der Instandhaltung seltener die Begrünung ausgebaut werden muss. Bei Oberbau mit Schwellen ist der Raum für die Vegetation in der Regel kleiner.[1.5] Zudem muss die Vegetationsschicht beim regelmäßigen Durcharbeiten des Schotters entfernt werden.[1.6]

Verbindung zum Boden und Entwässerung

Es gibt sowohl Systeme, bei denen die Vegetation in eigenen Vegetationströgen ruht, als auch offene Systeme. Die Variante mit Pflanztrögen ermöglicht den schnellen Wechsel von begrünten und nicht begrünten Abschnitten und wird in Frankreich viel angewendet. Offene Systeme werden vor allem in Deutschland eingesetzt und ermöglichen es, den Boden zu entsiegeln.[3]

Bei der Gleisbegrünung muss ein ausgewogenes Maß zwischen dem schnellem Abführen von Regenwasser und einem ausreichenden Wasserspeicher für die Vegetation in der Trockenheit zu finden. Die Trasse muss standfest bleiben, die Gleise aber auch gegen Korrosion geschützt werden.[1.7]

In Würzburg sieht die Allianz Mobilität und Regionalentwicklung der Agenda 21 Würzburg die Ursache für die schlechte Dürreverträglichkeit des Rasens bei den seit ca. 2000 angelegten Rasengleisen z.B. in der äußeren Zellerau darin, dass sie keine Verbindung zum Boden haben, sondern nur aus einer Erdschicht auf einer Betonschicht bestehen. Verglichen wird der Zustand in diesen Rasengleisen mit den älteren Gleisen, z.B. an der Mergentheimer Straße (gebaut 1985), bei denen das Grün unter gleichen klimatischen Bedingungen weniger Schaden genommen hat. Ein ähnliches Phänomen wurde auch von der TU Dresden in einer Langzeitstudie untersucht.[4] Die Verbindung zum Boden erfordert allerdings eine feste Fahrbahn.

Schienenisolierung

Gegen Streuströme, die vom Gleis ins Erdreich gelangen, sollten die Schienen und Befestigungen gegen die Erdschicht isoliert werden, insbesondere bei hochliegenden Grüngleisen. Dafür gibt es verschiedene Lösungen, meist aus Gummi oder Polyurethan. Sie können aus einzelnen Elementen bestehen, als Ummantelung der Elemente ausgeführt werden oder als Gussmasse.[1.8]

Vegetation

Begrünt wird Grüngleis entweder mit Rasen oder Bodendeckern bzw. Sedum (Sedumgleis). Grundsätzlich sind beide Vegetationsarten für beide Oberbauformen geeignet, allerdings erfordert Rasen starke Vegetationstragschichten (min. 15 cm Höhe).[1.9] Je nach Vegetation werden verschiedene Schichten ins Gleis eingebaut, die die Vegetation tragen.

  • Rasengleise können mit verschiedenen Gräsern, aber auch mit einer Beimischung von Kräutern bepflanzt werden.[1.10] Bei der Straßenbahn Braunschweig sollen in Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn-Institut, welches sich am dortigen Standort mit Bienen beschäftigt, Wildblumen gesät werden.[5][6] Zwischen die eigentliche Vegetationstragschicht, also die Erde, und dem Untergrund wird eine Filterschicht aus Geotextilien eingebaut. Die Vegetation kann eingesät oder als Fertigrasen verlegt werden.[1.11]
  • Sedumgleise sind pflegearm und für geringe Einbauhöhen (4–8 cm) konzipiert. Die Pflanzen können längere Trockenheit überleben, anders als die Fremdvegetation oder Rasen.[1.12] Die Sedumpflanzen können als Sprossen angesät oder in Form von vorgezogenen Matten eingebaut werden. Unter der dünnen Vegetationstragschicht muss ggf. ein Schutz gegen Wurzeln von unten eingebaut werden, um Fremdbewuchs zu verhindern. Bei hochliegenden Systemen kann darunter eine Füllschicht sinnvoll sein.[1.13]

Statt den Raum zwischen den Schienen ausschließlich mit Erdreich aufzufüllen, können auch Rasengittersteine verlegt werden.

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Galerie

Einzelnachweise

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