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Digitale Unversehrtheit
Recht, um das digitale Leben der Menschen zu schützen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Als digitale Unversehrtheit oder digitale Integrität wird die ungestörte Existenz der Person in der digitalen Welt bezeichnet. Digitale Unversehrtheit wird als Teil der körperlichen Unversehrtheit verstanden und als gleichwertig neben der physischen und psychischen Unversehrtheit des Menschen postuliert.
Derzeit wird ein Recht auf digitale Unversehrtheit nur in der Schweiz auf Kantonsebene anerkannt.[1]
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Begrifflichkeit
Die digitale Unversehrtheit wird analog zur körperlichen Unversehrtheit als ein Persönlichkeitsrecht verstanden. Sie soll sowohl die Privatsphäre als auch die digitale Identität umfassen. Eine Rolle spielt hierbei der digitale Fußabdruck, den eine Person hinterlässt, also Daten, die über eine Person in digitaler Form vorliegen und beispielsweise durch Unternehmen verfügbar gemacht werden. Dieser kann Auswirkungen auf die persönliche Freiheit des Einzelnen haben sowie zu negativen physischen und psychischen Konsequenzen führen. Das Recht auf Vergessenwerden ist hier als Ausfluss zu verstehen.[2]
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Eingriffe
Im Kontext des so genannten Cybermobbings kommt der digitalen Unversehrtheit eine besondere Bedeutung zu.[3]
Deutschland
Die Piratenpartei Deutschland nahm das Recht auf digitale Integrität erstmals in ihr politisches Programm für die Bundestagswahl am 26. September 2021 auf.[4]
Schweiz
Zusammenfassung
Kontext
Politik
Die Piratenpartei Schweiz verurteilt regelmäßig Angriffe auf die digitale Integrität.[5] Andererseits hat die Sozialdemokratische Partei (SP) der Schweiz den Begriff der digitalen Integrität in ihre Politik bezüglich des Internets aufgenommen: «Die SP setzt sich für die Anerkennung und den Schutz der digitalen Integrität der Bürgerinnen und Bürger ein. Die Gewährleistung der digitalen Integrität ist der wichtigste Hebel für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.»[6]
Die «Auswertung des Digitalisierungsmonitors» von Swico hat 2019 die Ergebnisse einer Umfrage unter den Kandidaten für die Eidgenössischen Wahlen 2019 veröffentlicht.[7] Auf die Frage «Soll die Schweiz ein Grundrecht auf digitale Integrität in der Verfassung verankern, das das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf digitales Vergessen einschliesst?» sprachen sich Kandidaten aller Parteien voll oder eher für ein solches Grundrecht aus – 99 % der Teilnehmer von den Grünen und 55 % der Kandidaten der Schweizerischen Volkspartei (SVP).[8]
Eine parlamentarische Initiative zur Aufnahme des Rechts auf digitale Integrität in die Bundesverfassung war in diesem Sinne 2022 von Samuel Bendahan eingereicht.[9] Im Dezember 2023 lehnte der Nationalrat mit 118 zu 65 Stimmen ab, dem Antrag stattzugeben. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission, die den Text vorberaten hatte, war der Ansicht, dass dieser Zusatz vor allem symbolische Bedeutung haben würde.[10]
Gesetz

Kanton Genf
Im September 2020 wurde im Kanton Genf von der Genfer Sektion der Liberalen Partei (FDP) eine Volksinitiative zur kantonalen Verfassung lanciert,[11] die darauf abzielte, Artikel 21 der Verfassung der Republik und des Kantons Genf um einen Absatz zu ergänzen, der «das Recht auf den Schutz seiner [persönlichen] digitalen Integrität» einbaut.[12] Im November 2020 wurde die Initiative zu Gunsten einer Verfassungsrevision aufgegeben.[13] Der Entwurf des Verfassungsgesetzes wurde am 28. April 2021 eingereicht und sah die Hinzufügung eines neuen Paragraphen vor, der mit dem Entwurf der Initiative identisch ist.[14]
Im Juni 2023[15] wurde eine Volksabstimmung mit über 94 % angenommen,[16][17] um mit Artikel 21A wie folgt ein neues Recht in die Kantonsverfassung aufzunehmen:[18]
Art. 21A Recht auf digitale Integrität (neu)
- Jede Person hat das Recht auf Wahrung ihrer digitalen Integrität.
- Die digitale Integrität umfasst insbesondere das Recht auf Schutz vor missbräuchlicher Verarbeitung von Daten, die mit ihrem digitalen Leben zusammenhängen, das Recht auf Sicherheit im digitalen Raum, das Recht auf ein Offline-Leben sowie das Recht auf Vergessenwerden.
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten, für die der Staat verantwortlich ist, darf nur dann im Ausland erfolgen, wenn ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist.
- Der Staat fördert die digitale Integration und sensibilisiert die Bevölkerung für die Herausforderungen der Digitalisierung. Er setzt sich für die Entwicklung der digitalen Souveränität der Schweiz ein und arbeitet an deren Umsetzung mit.
Kanton Jura
Eine parlamentarische Initiative „Garantieren wir digitale Integrität für alle!“ wurde 2023 im jurassischen Parlament angenommen.[19]
Kanton Neuenburg
Ein Dekretsentwurf zur Änderung der Verfassung wird im Januar 2023 von der sozialistischen Partei vor dem Neuenburger Grossen Rat vorgeschlagen.[20] Die Änderung wurde am 24. November 2024 einer Volksabstimmung unterzogen.[21][22] Die Einführung der digitalen Integrität in die Verfassung wurde mit 91,51 % der abgegebenen Stimmen angenommen[23].
Kanton Wallis
Die Kommission 2 des Verfassungsrates über die Grundrechte des Kantons Wallis schlägt die Einführung eines Paragraphen in die zukünftige Verfassung vor, der besagt: «Jeder Mensch hat das Recht auf digitale Integrität.»[24] 2024 wurde die Verfassungsänderung jedoch vom Volk abgelehnt.[25]
Kanton Zürich
Im Februar 2024 begann die Zürcher Piratenpartei eine Unterschriftensammlung für eine kantonale Volksinitiative, um das Grundrecht auf digitale Integrität in die Verfassung aufzunehmen.[26] Am 21. August 2024 wurde diese beim Kanton Zürich mit 9'841 Unterschriften eingereicht (für die Gültigkeit wären 6000 Unterschriften notwendig gewesen).[27][28] Die kantonale Volksinitiative «Für ein Grundrecht auf digitale Integrität» kommt am 30. November 2025 zur Abstimmung[29]. Ein abgeschwächter Gegenvorschlag wird vom Regierungsrat und der Mehrheit der politischen Parteien mit Ausnahme der SVP und der FDP unterstützt[30].
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Bibliographie
- Le droit à l’intégrité numérique. Réelle innovation ou simple évolution du droit? Université de Neuchâtel, Verlag Helbing Lichtenhahn, 2020, ISBN 978-3-7190-4456-5.
- Alexis Roussel, Grégoire Barbey: Notre si précieuse intégrité numérique : Plaidoyer pour une révolution humaniste. Éditions Slatkine, 2021, ISBN 978-2-8321-1052-2.
- Lusine Vardanyan, Václav Stehlík, Hovsep Kocharyan: Digital Integrity: A Foundation for Digital Rights and the New Manifestation of Human Dignity. In: TalTech Journal of European Studies. Band 12, Nr. 1, 1. Mai 2022, ISSN 2674-4619, S. 159–185, doi:10.2478/bjes-2022-0008 (sciendo.com).
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Weblinks
- Les enjeux de l'intégrité numérique Léman bleu, 18. Januar 2021
- Digital integrity of the human person, a new fundamental right 2020 update, von Alexis Roussel (auf Englisch) rC3, 28. Dezember 2020
Einzelnachweise
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