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Unruhen in Los Angeles 1992
Gewaltausbruch mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die gewaltsamen Unruhen in Los Angeles 1992 (englisch Los Angeles Riots, auch LA Riots, Rodney King Riots) begannen am 29. April 1992, als vier Polizisten, die in der kalifornischen Metropole Los Angeles der Misshandlung des Afroamerikaners Rodney King beschuldigt worden waren, von einem Gericht freigesprochen wurden. Die daraus vor allem in der afroamerikanischen Bevölkerungsgruppe resultierende Empörung löste in Teilen von Los Angeles für einige Tage einen Gewaltausbruch mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen aus. Am Ende waren 53 bekannt gewordene Todesfälle – 48 Männer und 5 Frauen – zu beklagen, mehrere Tausend Menschen wurden verletzt und es entstanden Sachschäden in Höhe von etwa einer Milliarde US-Dollar.

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Auslöser
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Am Abend des 3. März 1991 wurde Rodney King von Polizisten der Los Angeles Police Department (LAPD) gestellt, nachdem er sich in alkoholisiertem Zustand eine Autoverfolgungsjagd mit mehreren Streifenwagen durch Los Angeles geliefert hatte. In seiner Zeugenaussage beschrieb Sergeant Koon, der ranghöchste Polizeibeamte vor Ort, King als „sehr durchtrainiert, sehr muskulös“ und, dass er daraus schlussfolgerte, „dass er wahrscheinlich ein Ex-Sträfling sei“. Zum Zeitpunkt der gewalttätigen Auseinandersetzung war den Polizisten nicht bekannt, dass King eine sechsmonatige Gefängnisstrafe für Diebstahl absaß.[1]
In den Aufnahmen des Vorfalls von einem Augenzeugen, der diesen Vorgang aus seiner nahegelegenen Wohnung mit einer Videokamera gefilmt hatte, lässt sich erkennen, dass King mehrmals nach Schlägen der Polizisten versuchte sich aufzurichten, bevor dutzende weitere Schläge folgten, auch noch, als dieser am Boden liegend kaum noch zu ernsthaftem Widerstand in der Lage schien. Anschließend wurde die Aufzeichnung an Fernsehsender weitergereicht, wodurch sich in Folge unter dem Eindruck des häufig im Fernsehen abgespielten Ausschnitts, der nur die Stockschläge, nicht aber den vorhergehenden Ablauf zeigte, eine hitzige Debatte in der Bevölkerung entwickelte. Die betroffenen Polizisten, drei Weiße und ein Latino, wurden besonders von Afroamerikanern der überzogenen, rassistisch motivierten Gewalt beschuldigt.
Das Gerichtsverfahren folgte ein Jahr später. Zuvor gelang es der Verteidigung der vier Beschuldigten, dass das Gericht von Simi Valley, einem Vorort von Los Angeles, die Zuständigkeit zugesprochen bekam. Die Geschworenen, die aus dem jeweiligen Bezirk (Ventura County) zufällig ausgesucht werden, waren entsprechend dessen Bevölkerungsanteilen überwiegend weiß. In der Jury befand sich kein einziger Schwarzer. Trotzdem wurde der live im Fernsehen übertragene Freispruch aller Beschuldigten am 29. April 1992 angesichts der Videoaufnahme der Tat und des öffentlichen Drucks als Überraschung gewertet. An mehreren Stellen in Los Angeles versammelten sich Menschen überwiegend schwarzer Hautfarbe, um gegen das Urteil zu protestieren. Innerhalb kürzester Zeit schlugen die Proteste in Gewalt um.
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Tiefere Gründe für die Ausschreitungen
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Jenseits des unmittelbaren Auslösers, dem Rodney King Beating, werden als Ursachen der Unruhen eine Reihe weiterer Faktoren genannt:
- In den betroffenen Gegenden von Los Angeles, in erster Linie dem Bezirk South Central, waren Arbeitslosigkeit und Armut weit verbreitet. Grassierende Kriminalität und Bandenwesen waren Ausdruck der Probleme. South Central und angrenzende Bezirke galten als soziales Pulverfass.
- Die Polizeikräfte des LAPD wurden aufgrund ihres harten Vorgehens in den Problemvierteln häufig als eine Art Besatzungsmacht gesehen und die Rodney-King-Aufnahmen bestätigten viele in ihrem Empfinden.
- In den betroffenen Bezirken gab es latente bis offene Rassenkonflikte. Lateinamerikanische und koreanische Einwanderer zogen in großer Zahl in Gebiete, die vorher rein schwarze Gegenden der Stadt gewesen waren. Vor allem die Koreaner waren aufgrund ihrer Geschäftstüchtigkeit und der daraus resultierenden Übernahme örtlicher Ladengeschäfte bei den Afroamerikanern unbeliebt.
- Zwischen den Vorfällen um Rodney King und den Freisprüchen gelangte ein anderes Videoband an die Öffentlichkeit, das vorhandene Rassenspannungen verstärken sollte. Die Überwachungskamera eines von der Koreanerin Soon Ja Du geführten Getränkeladens in Los Angeles hatte aufgezeichnet, wie die Ladeninhaberin der 15-jährigen Afroamerikanerin Latasha Harlins, die sie für eine Ladendiebin hielt, nach kurzer körperlicher Auseinandersetzung tödlich von hinten in den Kopf schoss. Sie wurde im darauffolgenden Prozess im Jahre 1991 zu fünf Jahren Haft auf Bewährung, einer Geldstrafe und gemeinnütziger Arbeit verurteilt; in den Augen vieler Schwarzer ein zu mildes Urteil und ein weiterer Beweis für eine Diskriminierung von Afroamerikanern.
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Der Verlauf der Ausschreitungen
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Noch am Nachmittag, als der Freispruch der vier im Rodney King Beating beschuldigten Polizisten bekannt wurde, entluden sich Wut und Frustration der Afroamerikaner in South Central und weiteren Stadtteilen von Los Angeles. Es wurden Steine geworfen und nichtschwarze Passanten und Autofahrer angegriffen. Geschäfte wurden geplündert, Fahrzeuge und Gebäude in Brand gesteckt und Schusswaffen eingesetzt. Die örtliche Polizei sah sich dem Ausbruch der Gewalt nicht gewachsen und zog sich zurück – Teile der Polizeiführung befanden sich nicht in der Stadt. Ein Ersticken des Aufstandes im Keim fand nicht statt. Dieser Umstand wurde später häufig als entscheidendes Versäumnis hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Ausschreitungen gewertet.
Während der folgenden beiden Tage erreichten die Ausschreitungen und der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung ihren Höhepunkt. In zunehmendem Maße hatten sich auch andere Volksgruppen an den Plünderungen beteiligt. Geschäftsinhaber versuchten, sich und ihren Besitz durch den Einsatz von Schusswaffen zu verteidigen. Ein öffentlicher Aufruf Rodney Kings im Fernsehen, sich zu „vertragen“ („Can we all get along?“), blieb ohne Wirkung. Die Unruhen hatten mit ihrem direkten Auslöser kaum noch etwas zu tun. US-Präsident George H. W. Bush kündigte in einer Fernsehansprache unter Berufung auf den Insurrection Act ein hartes und entschlossenes Vorgehen gegen die Randalierer an,[2] nachdem er am 29. April noch öffentlich sein Unverständnis über die Freisprüche zum Ausdruck gebracht hatte.
Erst ab dem vierten Tag gelang es den Polizeikräften, unterstützt durch Nationalgarde, US Marines und US Army, die Oberhand zu gewinnen. Eine nächtliche Ausgangssperre war verhängt worden. Über 20.000 Sicherheitskräfte und Soldaten und eine große Zahl an Fahrzeugen und Material waren inzwischen in der Stadt im Einsatz. Dennoch dauerte es weitere zwei Tage, bis die Unruhen abflauten und die Ausgangssperre aufgehoben wurde. Mehr als 7000 Menschen waren bis dahin verhaftet worden.
Am Ende waren 53 Menschen direkt und indirekt durch die Ausschreitungen ums Leben gekommen, 35 durch Schussverletzungen, acht durch Autounfälle, fünf sind verbrannt, jeweils zwei Menschen wurden erschlagen bzw. erstochen und ein Mann wurde erwürgt. Unter den Opfern waren 25 Afroamerikaner, 16 Lateinamerikaner, acht Weiße, zwei Asiaten, ein Franzose algerischer Abstammung und eine Person aus Indien oder dem Nahen Osten. 22 Todesfälle sind bis heute ungeklärt. Zehn Tötungen durch Schusswaffen erfolgten durch die eingesetzten Sicherheitskräfte.
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Nachwirkungen
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Zwei der beschuldigten Polizisten wurden in einem weiteren Verfahren schuldig gesprochen, Rodney Kings Bürgerrechte verletzt zu haben. Sie wurden am 4. August 1993 zu je 30 Monaten Haft verurteilt. Die beiden anderen Polizisten wurden erneut freigesprochen. Am Tag des Urteilsspruchs wurden in Los Angeles weitreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Medien hatten sich auf eine weniger kontroverse Berichterstattung über den Urteilsspruch geeinigt. Ausschreitungen blieben diesmal aus.
In der Folge der Unruhen wurde das bis 2006 bestehende Projekt South Central Farm ins Leben gerufen, das im Jahr 2008 durch die oscar-nominierte Dokumentation The Garden porträtiert wurde.
Noch heute sind Spuren der Los Angeles Riots in South Central, das heute offiziell South Los Angeles heißt, zu sehen. Trotz vielfältiger öffentlicher Anstrengungen zum Wiederaufbau klaffen noch immer große Lücken in jenen Blocks, wo im Frühjahr 1992 insgesamt über 800 Gebäude niedergebrannt worden waren. Die Bereitschaft, in diese nach wie vor problematische Gegend zu investieren, ist gering.
Die Situation im Jahr 2012 – zwanzig Jahre nach den Unruhen – hatte sich in South Los Angeles insofern verbessert, als nun die Mehrheit der Einwohner meinte, dass die verschiedenen ethnischen Gruppen inzwischen besser miteinander auskämen.[4]
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Filme
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- Dark Blue mit Kurt Russell berichtet über die Problematik der verschiedenen ethnischen Gruppen in L.A. und das Vorgehen der Sicherheitskräfte.
- Menace II Society von den Regisseuren Allen und Albert Hughes aus dem Jahr 1993 thematisiert die entsprechende Zeit nach den Unruhen in Los Angeles
- Demolition Man, ein dystopischer Action-Film mit Sylvester Stallone und Wesley Snipes aus dem Jahr 1993, setzt seine Erzählungen im Jahr 1996 in einem von Bürgerkriegen gezeichneten Los Angeles an.
- The L.A. Riot Spectacular von Regisseur Marc Klasfeld aus dem Jahr 2005 befasst sich in einer satirischen Art und Weise mit dem Thema.
- In Freedom Writers mit Hilary Swank und Danny Devito wird der „Rodney-King-Fall“ als Einstieg genutzt und als Grundlage für die Bandenkriege in Long Beach genannt.
- Doogie Howser, M.D. thematisiert in der ersten Folge „There's a Riot going on“ der vierten Staffel (aus dem Jahr 1992) die Folgen der Unruhen aus dem Blickwinkel eines Krankenhauses.
- Kings führt aus der sozialen Sicht einer kinderreichen afroamerikanischen Familie im Nachbarschaftverhältnis auf die Unruhen hin und beschreibt schließlich die ersten beiden Tage der Riots.
In „The People v. O.J. Simpson“ der Serie American Crime Story mit Cuba Gooding junior und John Travolta sind die LA Riots mehrfach Thema. Bereits am Anfang wird ein Video gezeigt, in dem Polizisten auf einen am Boden liegenden Mann einprügeln sowie anschließende Proteste in der Stadt. Im Verlauf der Serie bauen O. J. Simpsons Anwälte ihre Verteidigung darauf auf, dass die Polizei aus rassistischen Motiven handelte.
In der ersten Folge der vierten Staffel der US-amerikanischen Fernsehserie S.W.A.T werden die Gewalttaten gegen den Afroamerikaner Rodney King und die darauffolgenden Ausschreitungen, genauso wie die Tötung von George Floyd und anderer afroamerikanischer Opfer von Polizeigewalt thematisiert. Am Ende der Folge sieht man die Hauptdarsteller kniend vor einem Wandbild, das die Gesichter von fünf Opfern von rassistisch bedingter Gewalt zeigt, unter anderem das von George Floyd.
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Spiele
In dem Actionspiel Grand Theft Auto: San Andreas gibt es einen Spielabschnitt in dem ebenfalls Krawalle, aufgrund des Freispruchs zweier korrupter Polizisten in einer Los Angeles nachempfundenen Stadt, dargestellt werden. Grand Theft Auto: San Andreas spielt ebenfalls im Jahr 1992. Außerdem trifft man in den Tiefgaragen der Polizeiwachen zwei Polizisten an, die einen Zivilisten verprügeln.
Musikalische Veröffentlichungen zum Thema
- Das Lied Cop Killer (1992) der Band Body Count nimmt ausdrücklich Bezug auf Rodney King und den damaligen Polizeipräsidenten von Los Angeles.
- In dem Song Wicked aus dem 1992 erschienenen Album The Predator bezieht sich Ice Cube in der Textzeile „April 29th was power to the people“ auf die Vorfälle.
- Der Song The Day the Niggaz Took Over von Rapper Dr. Dre bezieht sich auf die ungestrafte Polizeigewalt an Rodney King, die zu den Unruhen in Los Angeles 1992 führten.
- Das Lied April 29th 1992 der Band Sublime über Plünderungen und Unruhen in Los Angeles bezieht sich mit seinem Text auf diese Ereignisse.
- Das Lied L.A.P.D. von dem Album Ignition (1992) der Band The Offspring bezieht sich auf den Rodney-King-Vorfall.
- 1993 erschien das Album Cyberpunk von Billy Idol, das den Song Shock to the System beinhaltet, der das Thema behandelt und Kontroversen auslöste ob seiner angeblichen Gewaltverherrlichung.
- 1994 erschien ein Lied von Downset. mit dem Namen Anger, das über die Ereignisse von 1992 handelt.
- Im Jahr 1999 veröffentlichte die Band Rage Against the Machine das Album The Battle of Los Angeles, das mit seinem Titel auf die Unruhen anspielt.
- Auf seinem Album Welcome to the Cruel World singt Ben Harper den Song Like a King und zieht eine Verbindung von Rodney King zu Martin Luther King.
- Im Jahre 1995 veröffentlichte Michael Jackson das Lied They Don’t Care About Us, das Bezug auf die Rassendiskriminierung in den USA nimmt. In der ersten Version des Videos, der sog. „Prison Version“, wurden im Intro Teile des originalen Rodney-King-Videos verwendet. Das Video wurde auf Betreiben von Sony zurückgezogen und durch die „Brazil Version“ ersetzt.
- Das im März 2023 erschienene Cover der Band Fall Out Boy des bekannten Songs We Didn’t Start the Fire von Billy Joel spielt bereits in der ersten Zeile auf die Unruhen an.
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Bücher
Die Handlung des Harry-Bosch-Romans Black Box von Michael Connelly ist teilweise in den Unruhen von 1992 angesiedelt.
Siehe auch
Literatur
- Janet L. Abu-Lughod: Race, Space, and Riots in Chicago, New York, and Los Angeles. Oxford University Press, New York 2012, ISBN 978-0-19-993655-7, S. 227–268 (= 7. Riot Redux: South Central, 1992).
- Lou Cannon: Official Negligence: How Rodney King and the Riots Changed Los Angeles and the LAPD, Westview Press, 1999, ISBN 0-8133-3725-9 (englisch)
- Ronald N. Jacobs: Race, Media, and the Crisis of Civil Society: From Watts to Rodney King. Cambridge University Press, Cambridge 2000, ISBN 978-0-521-62578-4, S. 113–139 (= 5. Rodney King 1992 doi:10.1017/CBO9780511489211.006).
- Josephine Metcalf, Carina Spaulding: African American Culture and Society After Rodney King: Provocations and Protests, Progression and ‚Post-Racialism‘. Routledge, London 2015, ISBN 978-1-4724-5539-0.
- Brenda Stevenson: The Contested Murder of Latasha Harlins: Justice, Gender, and the Origins of the LA Riots. Oxford University Press, New York 2013, ISBN 978-0-19-994457-6.
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Weblinks
Commons: Unruhen in Los Angeles 1992 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Los Angeles Police Officers' (Rodney King Beating) Trials (englisch)
- L.A.'s darkest days (englisch)
- detaillierte Beschreibung der 53 Todesfälle während der Unruhen (englisch)
Einzelnachweise
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