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Urindogermanische Kopula

Kopula in urindogermanischen Sprachen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Alle indogermanischen Sprachen haben ein Verb, das die Aufgabe einer Kopula wahrnimmt. Das lateinische Wort lateinisch copula „Verbindungsstück, das Verbindungsband, die Leine“ bedeutet in diesem Zusammenhang das „Verknüpfende“ oder „Verbindende“.

Definition und Aufgabe der Kopula im Satzbau

In der Sprachwissenschaft wird die Kopula verwendet, um das Subjekt eines Satzes mit einem Prädikat zu verknüpfen. Das Wort „Kopula“ stammt vom lateinischen Nomen für eine „Verbindung oder Kupplung“, die zwei unterschiedliche Dinge miteinander verbindet.

Im Satzbau wird die Kopula entweder „zweistellig“ oder „einstellig“ angewandt.

Beispiele

„Zweistellig“ angewandt verbindet die Kopula zwei Elemente mit der Bedeutung, dass sie gedanklich zusammengehören, einander gleichzusetzen (identisch) sind.

  • Sokrates war ein Mensch. (benannte Person gehörte zur Gattung „Menschen“.)
  • Fritz ist mein Vetter. (benannte Person gehört zur Verwandtschaft „Vettern“.)
  • Das Auto ist blau. (Gegenstand hat die = gehört zur Farbe „blau“)

„Einstellig“ angewandt (ohne ein zweites Element) bezeichnet eine Kopula einfach das Vorhandensein, die Existenz:

  • Ich denke, also bin ich.
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Beugungsformen (Konjugation)

In ihren Beugungsformen ist die Kopula das unregelmäßigste Verb der indogermanischen Sprachen, einerseits, weil sie am meisten benutzt wird, und andererseits, weil Indogermanisch mehrere solcher Verben hatte, was in den Tochtersprachen dazu führte, dass aus konjugierten Formen verschiedener alter Verben neue Verben mit „mehrstämmiger Konjugation“ gebildet wurden. Beispielsweise kommen in der deutschen Verbgruppe „sein“ die Formen „sind, seid, sei“ vom selben Stamm wie der Infinitiv, nämlich „sein“, aber die Formen „bin, bist“ vom vormaligen Verb „birn“ und die Formen „war, wäre, gewesen“ vom vormaligen Verb „wesen“.

Das englische Verb „to be“ bildet ebenso eine unregelmäßige Sonderform mit acht möglichen Konjugationen. Diese sind: „be, am, is, are, being, was, were, been“ (sein, bin, ist, sind, seiend, war, waren, gewesen) und zusätzlich noch weiteren älteren Personalformen „art, wast, wert, beest“. Dabei sind „be, being, been, beest“ ebenso dem ehemaligen Verb „birn“ zuzuordnen, wie „was, wast, were, wert“ dem Verb „wesen“.

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Die indogermanischen Wurzeln

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*h₁es-

Die Wurzel *h₁es- war im Urindogermanischen auf jeden Fall bereits eine Kopula. Die e-Stufe (siehe Ablaut) wird in Formen wie dem deutschen ist, Latein est, wieder angetroffen, während die Schwundstufe Formen hervorruft, die mit /s/ beginnen, wie deutsch sind oder französisch sommes. In der Ursprache war *h₁es- ein athematisches Verb auf -mi, also war die erste Person Singular *h₁esmi; diese Flexion überlebt im Englischen am, Sanskrit asmi, Latein sum, Altkirchenslawisch esmь, …usw.

Der Präsens Indikativ wird für die Indogermanische Ursprache normalerweise wie folgt rekonstruiert:

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*bʰuH-

Die Wurzel *bʰuH- (wobei H für einen Laryngal unbekannter Qualität steht) bedeutet wahrscheinlich ‚wachsen, gedeihen‘, dann auch ‚entstehen, werden‘. Das ist die Quelle des englischen Infinitivs be und des Partizips been (germanische Partizipien enden auf -an) sowie, beispielsweise, der keltischen Futurform bithidh. Urindogermanisches /bʰ/ wird zu Latein /f/, also kommen das lateinische Partizip futūrus und der Perfektstamm fuī; Latein fiō ‚ich werde‘ (mit einer Modifikation) auch von dieser Wurzel, wie auch das griechische Verb φύω. Das Verb wurde wie folgt konjugiert:

Weitere Informationen Person, Singular ...

*h₂ues-

Die Wurzel *h₂ues- bedeutete vielleicht ‚verweilen, wohnen, übernachten‘. Die e-Stufe zeigt sich im deutschen Partizip gewesen, die o-Stufe (*h₂uos-) überlebt im Englischen und Althochdeutschen was. (Die germanischen Flexionen mit /r/ wie waren resultieren aus einem grammatischen Wechsel.)

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*h₁er-

(Die Wurzel *h₁er- bedeutete ‚bewegen‘. Es handelt sich um die Herkunft des altnordischen Präsensstamms.)

Weitere Informationen Person, Singular ...

Der altnordische Präsensstamm kann auch von der Wurzel *h₁es- abgeleitet sein, womit er sich viel besser in die Reihen der übrigen germanischen Sprachen einfügte. Dies würde auch erklären, warum die Formen der zweiten und dritten Person sg. ein s aufweisen. Die r-Formen können als Ergebnisse eines Rhotazismus erklärt werden.

*steh₂-

Die Wurzel *steh₂- bedeutet, wie leicht ersichtlich ist, ‚stehen‘. Latein stō, stare, das von dieser Wurzel kommt, behielt die Bedeutung ‚stehen‘, bis es im Vulgärlatein in gewissen Umständen zu einer Kopula wurde. Dieser Gebrauch überlebt in einigen romanischen Sprachen und dem Gälischen, die es als eine von zwei Kopulae benutzen, und in einigen Sprachen ersetzt auch das Partizip Perfekt der Wurzel *steh₂- das der eigentlichen Kopula.

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Die resultierenden Flexionen

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Germanisch

Weitere Informationen Altnordisch, Schwedisch ...

Latein und romanische Sprachen

Weitere Informationen Latein, Französisch ...

Auf Altfranzösisch, Spanisch, Katalanisch, Portugiesisch und Italienisch gibt es zwei Verbalbildungen, ser/èsser/essere aus esse ‚sein‘ und estar/stare aus stare ‚stehen‘.

Balto-slawische Sprachen

Weitere Informationen Altkirchenslawisch, Ukrainisch ...
Weitere Informationen Lettisch, Litauisch ...

Keltische Sprachen

In den frühesten bezeugten keltischen Sprachen wurde zwischen dem sogenannten Verbum substantivum und der Kopula unterschieden.

Die Flexion auf Altirisch und Mittelwalisisch geht wie folgt:

Weitere Informationen Altirisches Verbum subst., Altirische Kopula ...
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Literatur

  • Michael Meier-Brügger, Matthias Fritz, Manfred Mayrhofer: Indogermanische Sprachwissenschaft. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-025143-2.
  • Norbert Oettinger: In den Fußspuren Emil Forrers: Die Diathese von indogermanisch h1e:s-, h1es- „sitzen“ und anderes. In: D. Groddek (Hrsg.): Sarnikzel. Hethitologische Studien zum Gedenken an Emil Orgetorix Forrer. Techn. Univ., Dresden 2004, (= Dresdner Beiträge zur Hethitologie. Band 10), S. 487–494.
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  • Rosemarie Lühr: Kopulasätze in altindogermanischen Sprachen. In: Ljudmila Geist, Björn Rothstein (Hrsg.): Kopulaverben und Kopulasätze Intersprachliche und intrasprachliche Aspekte. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007, Sonderdruck aus LA 512, ISBN 978-3-484-30512-0, S. 181–199 (Online, PDF)

Einzelnachweise

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