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Volksabstimmung (Italien)
Volksabstimmung in Italien Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Verfassung der Italienischen Republik gestaltet diese als parlamentarische Demokratie, was bedeutet, dass das Volk seine Souveränität prinzipiell mittelbar über Volksvertreter (die Kammern sowie die regionalen Volksvertretungen) ausübt. Dieses Prinzip wird allerdings in bestimmten Bereichen durchbrochen; obwohl die Verfassungsgebende Versammlung insgesamt sehr sparsam mit den Instrumenten der direkten Demokratie umgegangen ist, hat sie dem Volk in bestimmten, als sehr sensibel erachteten Bereichen eine direkte Mitwirkung zugestanden.
In Italien gibt es diverse Arten des sogenannten „Referendums“. Daneben bestehen als weitere Instrumente die Gesetzesinitiative des Volkes sowie das Petitionsrecht an die Kammern.
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Abrogatives Referendum
Zusammenfassung
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Das „abrogative“ (aufhebende) Referendum (referendum abrogativo) kann zur gänzlichen oder teilweisen Aufhebung eines Gesetzes oder eines Aktes mit Gesetzeskraft führen. Es soll Ausnahmecharakter haben und die Gesetzgebung des Parlamentes ergänzen bzw. diese kontrollieren. Auch deshalb ist bezüglich einfacher Gesetze lediglich ein abschaffendes Referendum vorgesehen, und nicht etwa ein zustimmendes oder ein wiederholendes (Abstimmung über von den Kammern abgelehnte Gesetzesentwürfe). Gegenstand sollten prinzipiell Gesetzesbestimmungen mit tiefgreifender Bedeutung sein, welche nicht nur dem Parlament, sondern dem ganzen Volk anvertraut werden müssten. Das Rechtsinstitut ist in Art. 75 der Verfassung vorgesehen, welcher gleichzeitig die ausführenden Bestimmungen einem Gesetzesvorbehalt unterwirft. Abrogative Referenden werden erst seit den 1970er-Jahren abgehalten, da bis 1970 kein Ausführungsgesetz vorhanden war.
Gegenstand eines Referendums kann wie angesprochen jedwede Gesetzesbestimmung, oder auch nur Teile oder einzelne Wörter, sein. Besonders sensible und nicht dem (als labil und nicht genügend sachverständig erachteten) Volkswillen zu unterwerfende Materien sind hierbei ausgeklammert. Dies betrifft Steuer- und Haushaltsgesetze, Amnestien und Strafnachlässe oder internationale Verträge und alle Bestimmungen, welche in einem systematisch-logischen Zusammenhang mit den genannten Sachbereichen stehen.
Das abschaffende Referendum wird durch einen Antrag eingeleitet, welcher von 500.000 Wahlberechtigten (entspricht 1,0 Prozent) oder von fünf Regionalräten gestellt wird, welche ihn mit der absoluten Mehrheit ihrer Mitglieder zu beschließen haben. Es gelten hierbei strenge formale Voraussetzungen. Der Antrag hat mit den Worten „Wollt ihr, dass … abgeschafft wird“ zu beginnen. Der Antrag ist beim Zentralamt des Kassationsgerichtshofes zu hinterlegen; Die Deposition eines Antrages ist im letzten Jahr der (regulären) Legislaturperiode der Kammern sowie in den letzten sechs Monaten nach Ansetzung von Neuwahlen nicht möglich. Es soll hiermit vermieden werden, dass sich zwei Wahlanlässe und deren Kampagnen treffen; den Wahlen zu den Kammern wird hierbei der Vorzug gegeben, da sie wesentlich relevanter sind.
Das Kassationsgerichtshof prüft die Rechtmäßigkeit des Referendums, also die Einhaltung der Formerfordernisse und die nötige Anzahl an Stimmen. Wird die Bestimmung, welche Gegenstand des Referendums sein soll, vor dessen Abhaltung abgeschafft bzw. durch das Verfassungsgericht aufgehoben, hat er das Verfahren als beendet zu erklären. Die Anträge sind bis spätestens 30. September eines jeden Jahres zu hinterlegen; der Kassationsgerichtshof untersucht den Antrag bis zum 31. Oktober, wobei den Antragsstellern danach weitere Zeit eingeräumt wird bleiben, um eventuelle Ungereimtheiten nachzubessern. Am 15. Dezember erfolgt die endgültige Entscheidung.
Die nächste Ebene der Prüfung obliegt dem Verfassungsgerichtshof. Diesem obliegt die inhaltliche Prüfung: nicht nur offensichtlich unzulässige Referenda, welche die (oben angeführten) ausgeklammerten Sachbereiche zum Gegenstand haben, werden verworfen, sondern auch jene, welche eine Vielzahl an unterschiedlichen Themen betreffen und somit eine uneinheitliche Fragestellung bilden; weiterhin werden Referenda verworfen, welche zu widersprüchlichen Ergebnissen führen würden, weil andere Bestimmungen, die im selben Kontext zu sehen sind, aufrecht bleiben. Zusammengefasst werden nur Anträge zugelassen, welche klar, in sich stimmig, eindeutig und einfach strukturiert sind, da es nur bei diesen Fragestellungen Sinn ergibt, sie einer „Schwarz-oder-Weiß“-Abstimmung zu unterziehen. Dieses Urteil hat bis zum 10. Februar zu erfolgen. Im Falle eines positiven Urteils wird es vom Präsidenten der Republik mittels Dekret im Amtsblatt (Gazetta ufficiale) verkündet.
Referenda haben an einem Sonntag innerhalb 15. April und 15. Juni stattzufinden. Die zum Volksentscheid gebrachte Gesetzesbestimmung gilt dann als abgeschafft, wenn die Mehrheit dafür stimmt und mindestens 50 % der Stimmberechtigten (Beteiligungsquorum) an der Abstimmung teilgenommen haben. Der Präsident der Republik hat das Ergebnis im Amtsblatt zu veröffentlichen, wobei die Bestimmung am Tag nach Veröffentlichung ihre Wirkung verliert. Um dem Gesetzgeber eventuell benötigte Zeit für die Schließung entstandener Rechtslücken zu gewähren, kann auf Antrag des Fachministers, welcher durch Beschluss des Ministerrates bestätigt werden muss, die Verkündung des Ergebnisses um maximal sechzig Tage verschoben werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinen Urteilen die Rechtslage des abschaffenden Referendums präzisiert. Legt der Gesetzgeber Bestimmungen, welche vom Volk verworfen werden, neu auf, gelten diese zumeist als verfassungswidrig. Begründet wurde dies mit der ansonstigen Sinnlosigkeit einer Volksabstimmung.
Die häufige Verwendung dieses Referendums durch kleinere oppositionelle Gruppen, verbunden mit einem stetig sinkenden Beteiligungsquorum, führte zu Diskussionen, ob die Schwellen für einen Antrag nicht angehoben werden sollten. Dies könnte beispielsweise durch eine Erhöhung der Zahl der nötigen Unterschriften, eine Begrenzung der Referenda pro Jahr, eine Schonfrist für neu verkündete Gesetze etc. erfolgen.
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Konfirmatives Referendum
Zusammenfassung
Kontext
Die Verfassungsgebende Versammlung hat bezüglich der Änderung der Verfassung einen Kompromiss zwischen der Parlamentssouveränität (wie auf Bundesebene in Deutschland) und der obligatorischen Beteiligung des Volkes gefunden (wie in manchen deutschen Ländern, wie z. B. in Bayern). Prinzipiell kann das Parlament die Verfassung im Alleingang ändern (sollte es nicht die expliziten und impliziten Schranken verletzen). Nötig sind dafür zwei Lesungen und Abstimmungen in jeder Kammer, zwischen denen jeweils ein Zeitintervall von drei Monaten liegen muss. Im Zuge der zweiten Abstimmung muss der Verfassungsgesetzentwurf von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder jeder Kammer gestützt werden. Das verabschiedete Verfassungsgesetz wird vom Präsidenten der Republik verkündet und tritt innerhalb der gesetzten Frist in Kraft.
Verabschieden die Kammern, oder auch nur eine davon, das Verfassungsgesetz lediglich mit der Mehrheit ihrer Mitglieder, wird die Verkündung des Gesetzes suspendiert. Es öffnet sich ein Zeitfenster von drei Monaten, innerhalb dessen ein Fünftel der Mitglieder einer Kammer, 500.000 Wähler (= 1,0 Prozent) oder fünf Regionalräte das Verfassungsgesetz zur Abstimmung stellen können. Dies wird als „konfirmatives“ (bestätigendes) Referendum (referendum confermativo) bezeichnet.
Das zur Abstimmung gebrachte Gesetz wird nur dann verkündet, wenn es die Zustimmung der Mehrheit aller gültig abgegebenen Stimmen erhalten hat. Dies soll verhindern, dass Verfassungsgesetze auf den Weg gebracht werden, welche nicht über eine breite Mehrheit in den Kammern verfügen und somit nicht ausreichend legitimiert sind. Verfassungsänderungen sind Schritte, welche tiefgreifende Auswirkungen auf das tägliche Leben jedes Bürgers haben können und deshalb gut bedacht und durch breiten Konsens gestützt werden sollten.
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Konsultatives Referendum / Volksbefragung bei Gebietsneugliederungen
Auch auf der Ebene der niederen Gebietskörperschaften sind Elemente der Bürgerbeteiligung vorgesehen. Ein „konsultatives“ (beratendes) Referendum (referendum consultivo) nach Art. 132 der Verfassung muss im Falle von Gebietsneugliederungen erfolgen. Es heißt dazu: „Nach Anhörung der Regionalräte kann die Zusammenlegung bestehender oder die Bildung neuer Regionen verfügt werden, wobei jede neue Region eine Bevölkerung von mindestens einer Million Einwohner aufweisen muss. Eine solche Neugliederung kann dann erfolgen, wenn eine mindestens ein Drittel der betroffenen Bevölkerung vertretende Anzahl von Gemeinderäten dies verlangt und wenn der Antrag durch Volksabstimmung von der Mehrheit der betroffenen Bevölkerung angenommen wird. Die Ablösung einer Provinz oder einer Gemeinde von einer Region und ihre Angliederung an eine andere Region können – mit der durch Volksbefragung ausgedrückten Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerungen der betroffenen Provinz bzw. Provinzen oder der betroffenen Gemeinde bzw. Gemeinden – auf Verlangen der betroffenen Provinzen und Gemeinden, nach Anhörung der Regionalräte, durch ein Gesetz der Republik zugelassen werden.“
Regionale und lokale Ebene
Weitere Referenda sind auf regionaler und kommunaler Ebene vorgesehen. Diese werden durch Regional- bzw. Landesgesetz geregelt.
Volksabstimmungen seit 1970
Zusammenfassung
Kontext
Die überwiegende Mehrheit der Referenda in Italien sind abrogative Referenda. Bei ihnen bedeutet eine Mehrheit von Ja-Stimmen, dass das entsprechende Gesetz aufgehoben worden ist.
- grün – angenommen
- rosa – abgelehnt
- blau – am Beteiligungsquorum gescheitert
- gelb – anderes Referendum
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Einzelnachweise
Siehe auch
Literatur
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