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selbstständige sprachliche Einheit Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Wort (wahrscheinlich verwandt mit lateinisch verbum[1]) ist eine selbständige sprachliche Einheit. In der natürlichen Sprache besitzt das Wort – im Gegensatz zu einem Laut oder einer Silbe – eine eigenständige Bedeutung, womit es zu den Symbolen (Bedeutungsträgern) gehört.
Ob „Wort“ in der Sprachwissenschaft eine präzis definierbare Kategorie ist, ist umstritten. So stellte Ferdinand de Saussure den Begriff „Wort“ völlig zurück und sprach stattdessen schlicht vom „Zeichen“.[2] Mit einem Wort ist mitunter auch eine Abstraktion von der konkreten Wortform gemeint („Baum“ und „Bäume“ als Formen ein und desselben Wortes), solche Vorstellungen erfahren in der Semantik unter dem Begriff des Lexems präzisere Beschreibungen.
Das „Wort“ wird begrifflich vom Phonem, vom Morphem, dem Syntagma sowie dem Satz abgegrenzt. Allerdings kann tatsächlich auch ein einziges Wort einen Satz bilden, genauso wie ein Wort aus nur einem einzigen Morphem und dieses wiederum aus nur einem einzigen Phonem bestehen kann. Ein Beispiel ist die lateinische Form ī „geh!“ (der Imperativ zum Verb ire „gehen“).
Für „Wort“ gibt es zwei Pluralformen. Idealtypisch ist die folgende semantische Unterscheidung üblich:[3]
Der Plural von Wort lautet dann Wörter, wenn es um das Auftreten mehrerer einzelner davon geht („Das Verzeichnis enthält 100.000 Wörter“). Von Worten spricht man hingegen bei der Verwendung von Wörtern in feststehenden Zusammenhängen (Dankesworte, Grußworte, i. W.) oder geläufigen Ausdrücken (ehrliche Worte, leere Worte, letzte Worte).[4][3]
Laut dem Deutschen Wörterbuch ist diese Unterscheidung im Mittelhochdeutschen bezeugt und hat sich im 16. Jahrhundert verstärkt durchgesetzt, wobei jedoch der Plural „Worte“ selbst in hochrangiger Literatur auch für Wörter ohne Zusammenhang benutzt wird. Der Sprachgelehrte Justus Georg Schottelius postulierte jene semantische Unterscheidung im 17. Jahrhundert.[4][3]
Wort bezeichnet als Kollektivum auch eine bedeutsame, kurze Aussage (Ein Wort der Weisheit, Machtwort), insbesondere wenn sie eine feste Form bilden, in die Einschübe nicht möglich sind (etwa in Sprichwort). Diese bestehen ihrerseits aus mehreren grammatikalischen Wörtern. Der Plural Worte ist hierbei erforderlich. Wörter der Weisheit ist somit ein Oxymoron.
Des Weiteren bezeichnet das Wort als Singularetantum – von dem hierbei kein Plural gebildet werden kann – eine Lehre (z. B. das Wort Gottes) oder ein Versprechen (z. B. sein Wort brechen).
Wörter gehören zu den ältesten abstrahierenden symbolischen Formen der Menschheit. Ob nicht z. B. Bilder älter sind, ist eine empirisch schwer beantwortbare Frage (vgl. Urgesellschaft). Voraus gingen ihnen jedenfalls erfahrungsbewährte Wiederholungen konkreter Handlungen. Ob sich bestimmte Urwörter durch Methoden der Vergleichenden Sprachwissenschaft aufweisen lassen, ist zweifelhaft (da bereits die Rekonstruktion von Makrofamilien strittig ist).
Je nach Blickwinkel sind verschiedene Kriterien möglich, um Wörter zu identifizieren, die je nach theoretischem Hintergrund und Erkenntnisinteresse miteinander kombiniert oder ergänzt werden.[5] Unter dem Ausdruck „Wort“ kann phonetisch-phonologisch, graphematisch, morphologisch, syntaktisch oder lexikalisch-semantisch je Verschiedenes verstanden werden:[6]
Orthographische Abgrenzungskriterien werden vielfach abgelehnt. Dies geschieht aus innersprachlichen und aus sprachvergleichenden Gründen:
Für den Sprachwissenschaftler Johannes Volmert (* 1940) ist die orthographische Wortdefinition „tautologisch, denn in die Schreibkonventionen ist das Vorverständnis dessen, was ein Wort ist und wo seine Grenzen sind, schon eingegangen“.[27]
Das Wort als lautliche Einheit (phonologisches Wort) wird zwar weniger als das Wort als grafische Einheit (orthographisches Wort) kritisiert,[28] erscheint aber letztlich entsprechend kritisierbar: die Definition erscheint zirkulär, weil die Einheit des Wortes nicht durch Pausen, sondern (etwaige) Pausen durch die Einheit des Wortes bedingt sind.
In der Grammatik werden Wörter nach Wortarten (zum Beispiel Substantiv, Adjektiv, Verb …) unterschieden und hinsichtlich Satzstellung, Flexion, Tonalität (in Tonsprachen wie Mandarin-Chinesisch) usw. untersucht.
Es gibt verschiedene Ansätze, Wörter nach Wortarten zu gliedern. Es werden syntaktische, morphologische und funktionale Kriterien verwendet. Im Wesentlichen geht die heutige Klassifikation schon auf die Antike (Dionysios Thrax) zurück.
Wörter bestehen aus Morphemen, das sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten im Sprachsystem, in flektierenden Sprachen aus Stamm- und Flexionsmorphem (Haus+es). In einer isolierenden Sprache wie im klassischen Chinesisch oder Vietnamesischen hingegen gibt es keine Flexion.
Geschriebene Wörter werden mit Buchstaben, Schriftzeichen oder Symbolen dargestellt und in vielen Sprachen durch Leerzeichen vor dem Wort oder Satzzeichen voneinander abgetrennt. Im klassischen Chinesischen entspricht jedem Zeichen ein Wort, ein Morphem und eine Silbe.
Gesprochene Wörter bestehen aus Silben, die wiederum aus einem oder mehreren Phonemen (Lauten) bestehen. In manchen Sprachen kommen bedeutungsunterscheidende Töne hinzu (Mandarin-Chinesisch, Hausa, Vietnamesisch), sie werden Tonsprachen genannt (vgl. auch die Intonation deutscher Interjektionen wie „hm“). In Akzentsprachen wie dem Deutschen hat jedes Wort eine Hauptakzentstelle. In der gesprochenen Sprache liegt potenziell vor und hinter dem Wort eine kurze Pause.
Ein großer Teil des deutschen Wortschatzes besteht aus Wörtern, die anderen Sprachen entstammen, so genannten Fremd- und Lehnwörtern. Der Anteil der Entlehnungen am Wortschatz ist in verschiedenen Sprachen unterschiedlich hoch. So wurden im Englischen unter rund 80.000 Wörtern fast 75 % nichtgermanischen Ursprungs gezählt.[30] In einem deutschen etymologischen Wörterbuch wurden unter knapp 17.000 Wörtern über 30 % Entlehnungen ermittelt.[31]
Mit den 207 häufigsten Wörtern im Wortschatz eines deutschen Muttersprachlers lassen sich bereits 50 % eines fast beliebigen Textes darstellen.[32] Davon sind einsilbige Wörter die häufigsten. Je länger ein Wort, desto geringer seine Häufigkeit. Diese Beobachtung kann man in nahezu allen Sprachen machen. Das zugrundeliegende Prinzip nennt sich Zipfsches Gesetz beziehungsweise Huffman-Kodierung.
Das „Wort“ hat in viele deutsche Sprichwörter Eingang gefunden. Wanders Deutsches Sprichwörter-Lexikon zählt nahezu 1000 Sprichwörter mit „Wort“ auf, sieht man von Wörtchen, Wörterbuch, Wortklauber, Wörtlein, Wortspiel und Wortstrafe ab.
Es ist inzwischen ein Sport daraus geworden, sich in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele Wörter zu merken. Der Weltrekord für fünfzehn Minuten liegt bei 214 Wörtern. Um solche Gedächtnisleistungen zu vollbringen, greifen die Gedächtnissportler auf verschiedene Mnemotechniken zurück.
Als längstes bekanntes Protein hat Titin nach den Regeln der IUPAC auch den längsten systematischen Namen einer chemischen Verbindung. Bei diesem generischen Namen handelt es sich um die Aneinanderreihung der Aminosäurennamen in der richtigen Abfolge, also in der Primärstruktur des Proteins. Der systematische Name von Titin beginnt mit „Methionyl…“ und endet mit „…isoleucin“. Das Wort besteht aus 189.819 Buchstaben.
Als längstes deutsches tatsächlich verwendetes Wort ohne Bindestriche gilt „Vermögenszuordnungszuständigkeitsübertragungsverordnung“ (VZOZÜV) mit 56 Buchstaben.[33] Das längste im Duden verzeichnete Wort ist hingegen „Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung“ mit 36 Buchstaben.[34]
Zu den Worten mit der größten sprachenübergreifenden Ähnlichkeit gehört ein Fragewort das im deutschen „Häh(?)“ lautet, wie die Sprachforscher Mark Dingemanse, Francisco Torreira und Nick Enfield vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen herausfanden. Es ist ein Wort bzw. eine Äußerung, mit der man schnell kommunizieren kann, dass man seinen Gesprächspartner nicht verstanden hat. Diese Äußerungsform scheint universell zu bestehen; global lassen sich in den verschiedensten Sprachsystemen bzw. Einzelsprachen Äußerungen nicht nur in nahezu identischem Klang nachweisen, sondern auch mit in kommunikativer Hinsicht ähnlicher Funktion und Form. Diese Äußerungsform wird damit zu einem unverzichtbaren (basalen) Werkzeug menschlicher Kommunikation. Das erscheint bemerkenswert, da normalerweise Wörter in nicht miteinander verwandten Sprachen grundsätzlich völlig unterschiedlich klingen. Es ist eine Fragesilbe, die im englischen: „Huh?“, dem mandarin-chinesischen: „A?“, dem spanischen: „E?“, dem laotischen: „A?“ oder dem niederländischen: „He?“ ganz ähnlich lautet und vermutlich eine Analogie darstellt. Die Arbeitsgruppe um Dingemanse, Torreira und Enfield untersuchte 200 Gespräche in 21 Sprachen.[35] Die drei Linguisten erhielten im Jahre 2015 für ihre Arbeiten zu diesem Thema den Ig-Nobelpreis im Bereich Literatur.[36]
Das hebräische רבד (davar) kommt 2.570-mal in der hebräischen Bibel vor und wird hauptsächlich mit Wort übersetzt, obwohl es noch mehr und stärkere Bedeutungen hat. Es kann auch übersetzt werden mit „Angelegenheit, Ankündigung, Anleitung, Anliegen, Anrede, Antwort, Begebenheit, Begebnis, Beredsamkeit, Bericht, Bescheid, Betragen, Botschaft, dafür, Ding, Drohung, Ereignis, Erfordernis, etwas, Fall, Geschichte, Geschwätz, Kraft, kreatives Sagen, Leistung, Machtwort, Nachricht, normatives Sagen, Rede, Ruf, Sache, Satz, Sinn, Sprache, Streitfall, Tat, Teil, Umstand, Verfügung, Verheissung, Vorschlag, Werbung, Wirkwort, Wortlaut oder Zweck.“
Der niederländische reformierte Theologe Frans Hendrik Breukelman beschreibt es als „das Wort, das jemand spricht, und die Sache, die jemand tut“ oder „die Einheit von Wort und Tat.“ Der deutsche evangelische Pfarrer Gerhard Jankowski spricht von „tatkräftiger und wirkungsmächtiger Rede Gottes.“[37]
Das Evangelium nach Johannes beginnt mit einem Prolog in der Form eines strophischen Liedes (1,1–18 EU) über den logos, das Wort. Der bekannte erste Satz lautet: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Er zielt auf Jesus Christus, das fleischgewordene Wort Gottes.[38]
Auch in den heiligen Schriften anderer Religionen kommt dem Wort eine herausragende Bedeutung zu.[39]
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