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Ortskurve eines Tangentenpunktes einer beliebigen Kurve Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Evolvente (auch Involute) ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet Differentialgeometrie. Jeder rektifizierbaren Kurve wird eine Schar von anderen Kurven als deren Evolventen zugeordnet, die durch die Abwicklung von deren Tangente entstehen.
Anschaulich lässt sich die Evolvente als Fadenlinie darstellen: Ein flacher Körper, dessen eine Seitenfläche die Form der Ausgangskurve hat, wird auf ein Blatt Papier gelegt. Über die Ausgangskurve ist ein dünner Faden gewickelt und straff gespannt. Am äußeren Ende des Fadens wird ein Stift befestigt, dessen Spitze auf dem Papier aufliegt. Dann wird der Faden langsam von der Kurve abgewickelt, wobei er stets straff gehalten wird. Die Kurve, die auf dem Papier entsteht, ist eine Evolvente.
Da der Faden anfangs eine beliebige Länge haben kann, gibt es zu jeder Kurve unendlich viele Evolventen, die alle parallel zueinander verlaufen, das heißt: Sind zwei Evolventen gegeben, so ist jede Normale der einen auch Normale der anderen, und alle diese Normalen sind zwischen den beiden Evolventen gleich lang. Jede Normale einer Evolvente ist also Normale aller Evolventen. Die Normalen der Evolventen sind einfach die Tangenten der gegebenen Kurve. Diese ist Hüllkurve (Enveloppe) der Evolventennormalen. Meist ist mit Evolvente die Kreisevolvente gemeint; dies ist jedoch nur ein Spezialfall der allgemeinen Evolvente.
Beschreibt eine reguläre Kurve in der euklidischen Ebene, deren Krümmung nirgends 0 ist, und ist , so ist die zugehörige Kurve mit der Parameterdarstellung
eine Evolvente der gegebenen Kurve.
Das Integral beschreibt die akute Länge des abgewickelten Fadens der Kurve in dem Intervall und der Vektor davor ist der Tangenteneinheitsvektor. Addiert man zu dem Integral eine beliebige, aber feste Zahl , so erhält man eine Evolvente mit einem um längeren Faden. Also: Nicht nur mit dem Parameter kann man die Fadenlänge und damit die Evolventen variieren, sondern auch durch Addition einer Zahl zu dem Integral (s. Beispiel Neilsche Parabel).
Ist , so ist
Um Eigenschaften einer regulären Kurve herzuleiten, ist es vorteilhaft, die Bogenlänge der gegebenen Kurve als Parameter zu verwenden. Denn dann gilt und , wobei die Krümmung und die Einheitsnormale ist. Für die Evolvente ergibt sich:
Hieraus folgt:
und aus folgt:
Die letzte Eigenschaft legt die folgende Strategie zur Bestimmung der Evolventen einer Kurve nahe:
Für den Kreis mit der Parameterdarstellung ist und damit . Das Integral hat den Wert . Also sind die Gleichungen der Evolvente:
In der Zeichnung sind die Evolventen für (grün), (rot), (magenta) und (cyan) gezeichnet. Die Evolventen sind ähnlich einer archimedischen Spirale, sie sind aber keine.
Für die Bogenlänge der Evolvente mit ergibt sich
Die Parameterdarstellung beschreibt eine Neilsche Parabel. Wegen ist und . Verlängert man den Faden um wird die Rechnung einfach und es ergibt sich
Elimination des Parameters liefert die Parabel mit der Gleichung
Also:
(Man beachte: Die Parallelkurven einer Parabel sind keine Parabeln mehr!)
Bemerkung: Berechnet man die Evolute der Parabel , so ergibt sich wieder die Neilsche Parabel (s. Abschnitt Evolvente und Evolute.)
Für die Kettenlinie ergibt sich und wegen ist und Damit ergibt sich die Parameterdarstellung der Evolvente:
Dies ist die Parameterdarstellung einer Traktrix. Es gilt:
Die Parameterdarstellung beschreibt eine Zykloide. Wegen ist und . (Es wurden einige trigonometrische Formeln verwendet.)
Es ergibt sich
Diese Gleichungen beschreiben die im Bild (rot) gezeigte verschobene Zykloide.
Also gilt:
Die Evolute einer gegebenen Kurve besteht aus den Krümmungsmittelpunkten von . Die Verbindung zwischen Evolute und Evolvente besteht in folgendem Zusammenhang:[1][2]
Wegen dieser Wechselbeziehung wird die Evolvente zuweilen auch Involute genannt.
In der Technik hat die Evolvente besonders bei der Konstruktion von Zahnrädern und Zahnstangen eine große Bedeutung. Bei der häufig angewandten Evolventenverzahnung ist der Querschnitt einer Zahnflanke Teil einer Kreisevolvente. Dadurch wird gewährleistet, dass sich im Eingriff stehende Zähne entlang einer geraden Eingriffslinie (der Tangente an die Grundkreise) berühren. Die Evolventenform ist dabei einfacher zu fertigen als die ebenfalls verwendete Zykloidenform der Zahnflanke.
Auch im Bereich der Medizin findet sich der Begriff wieder. So haben die Evolvente der spiralig gekrümmten Femurcondylen im Kniegelenk und deren daher auf der resultierenden Evolute zu findende Schnittpunkte der transversalen Bewegungsachsen ihre Bedeutung im Verständnis der Biomechanik des Knies und kniespezifischer Gelenkseigenschaften.
In der Leichtathletik werden die Startlinien auf einer 400-Meter-Bahn mit Hilfe der Evolvente berechnet, damit Läufer auf den Außenbahnen dieselbe Strecke zurücklegen wie Läufer auf den weiter innen liegenden Bahnen. Dies gilt insbesondere für den 200- und 400-Meter-Lauf, die Sprintstaffeln sowie die Langstreckenwettbewerbe.
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