Top-Fragen
Zeitleiste
Chat
Kontext
Radonbelastung
größter natürlicher Einzelbeitrag zur Strahlenbelastung der meisten Menschen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Remove ads
Die Belastung durch Radon stellt den größten natürlichen Einzelbeitrag zur Strahlenbelastung der meisten nichtrauchenden Menschen dar. Radon ist ein natürliches radioaktives Element, das in den natürlichen Zerfallsreihen des Urans und Thoriums vorkommt. Das Gas, das meistens aus dem Untergrund in Häuser eindringt, kann unter ungünstigen Bedingungen die Aktivität der Raumluft so stark steigen lassen, dass das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, nennenswert steigt.

Remove ads
Einfluss des Radons auf den Menschen
Zusammenfassung
Kontext
Durch das Einatmen von Radon selbst steigt das Risiko kaum, denn das Edelgas wird fast vollständig wieder ausgeatmet ohne im Körper zerfallen zu sein. Weit zahlreicher sind die Zerfälle in der Raumluft. Dabei entstehen ebenfalls radioaktive Radon-Zerfallsprodukte, die sich als Schwermetallatome an Feinstaub anlagern, sich so in der Lunge anreichern und dort zerfallen.
Bei Uran-Bergarbeitern ist Lungenkrebs durch Radon eine anerkannte Berufskrankheit. In den Anfängen des Bergbaus ist sie als Schneeberger Krankheit bekannt geworden, die praktisch alle Bergleute in der Umgebung von Schneeberg im Erzgebirge getötet hat.
Rechnerische Abschätzungen aus der Lungenkrebshäufigkeit von Bergarbeitern haben ergeben, dass Radon etwa 5 % der Lungenkrebstodesfälle in Deutschland verursacht, in der Summe sind das etwa 1.900 Sterbefälle[1]; für Europa werden 9 % aller Lungenkrebstodesfälle und 2 % aller Krebstodesfälle auf Radon zurückgeführt. Diese Größenordnung wurde inzwischen durch epidemiologische Studien belegt. Damit gehen pro Jahr in der EU 20.000 Lungenkrebstodesfälle[2] und in der Schweiz 300 bis gegen 400 auf Radon zurück.
Untersuchungen des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) im Rahmen der Schweizerischen Nationalen Kohortenstudie zeigen, dass Radon im Wohnumfeld auch das Risiko erhöht, an bösartigem Hautkrebs (malignem Melanom) zu erkranken.[3]
Auch bei verschiedenen medizinischen Anwendungen wie etwa der Radonbalneologie besteht ein Risiko wegen der damit verbundenen Strahlenexposition.[4]
Remove ads
Belastung
Zusammenfassung
Kontext
Die folgende Tabelle mit für Deutschland repräsentativen Radonaktivitäten (angegeben in Becquerel je Kubikmeter) verdeutlicht, dass das Radon überwiegend aus dem Boden stammt.
Im Wasser ist Radon schlecht löslich. In der freien Atmosphäre verdünnt es sich stark und zerfällt innerhalb einiger Tage. In Häusern ist die Belastung größer, besonders in Kellern mit Hausbrunnen. In höheren Geschossen ist die Belastung geringer. Häuser aus Naturstein oder Lehm (Fachwerkhaus) sind stärker belastet.
In Deutschland beträgt die durchschnittliche Radonbelastung in Innenräumen 59 Bq/m³. 1984 ergab eine Studie in Westdeutschland eine logarithmisch-normalverteilte Belastung mit einem Mittelwert von 40 Bq/m³ in der Raumluft. Die Belastung ist allerdings regional sehr unterschiedlich. In Gebieten von Bayern und in Sachsen ist sie stellenweise sehr hoch. Dies ist auf die unterschiedlichen Vorkommen einzelner Gesteinsarten und -zusammensetzungen zurückzuführen. Regionen, in denen Uran abgebaut wurde, und Regionen mit Granit-, Bauxit- und Schwarzschiefervorkommen weisen hohe Radonkonzentrationen im Boden, in der Luft und im Wasser auf, höhere als bei Böden aus Kalkgesteinen.
Die regionalen Unterschiede zeigen sich auch im Trinkwasser: Der Durchschnitt liegt in Deutschland bei 6 kBq/m³[5], in Schweden bei 15 kBq/m³ und in Finnland bei 50 kBq/m³.[6] Beim Kontakt mit der Luft gast Radon aus dem Wasser aus. Besonders belastet können Mitarbeiter von Wasserwerken sein – in einem Wasserwerk wurden 40.000 Bq/m³ Luft festgestellt.[7]
Remove ads
Maßnahmen
Zusammenfassung
Kontext

Die Radonkonzentration in Gebäuden unterliegt in Abhängigkeit von der Art der Nutzung des Gebäudes sowie den Gewohnheiten der Bewohner Schwankungen, die bis zu drei Größenordnungen betragen können. Nebenstehendes Diagramm zeigt die Auswirkung verminderten Luftaustauschs. So kann eine Bauwerksabdichtung, beispielsweise gemäß der deutschen Energieeinsparverordnung, zu einem Anstieg der Radonkonzentration bis in Bereiche führen, in denen eine signifikante Gesundheitsgefährdung besteht.
Betroffen sind vor allem Bewohner von Häusern, die auf Baugrund mit geologisch bedingt erhöhter Radonkonzentration errichtet wurden. Das geogen bedingt vorhandene Radonpotenzial unter einem Gebäude kann durch eine Untersuchung des Baugrundes ermittelt werden. In diesem Zusammenhang ist es vorteilhaft, vor der Errichtung von Neubauten die Radonkonzentration durch Entnahme der Bodenluft in einem Meter Tiefe im Erdreich zu ermitteln.
Die Lüftungsöffnungen oder undichte Kellerfenster in alten Gebäuden bewirkten einen Luftwechsel, der oft ausreichte, die Radonkonzentration in Kellerräumen gering zu halten. Bei modernen Kellerfenstern mit Lippendichtungen kann die Dichtung jeweils oben und unten entnommen werden, um einen Luftaustausch zuzulassen. In Gebieten mit erhöhten Windgeschwindigkeiten kann alternativ eine Lüftungsvorrichtung mit beweglicher Klappe im Fensterrahmen eingebaut werden, die den Luftaustausch auch bei Winddruck selbsttätig auf ein einheitliches Niveaus reduziert. Werden im Sommer die Fenster geöffnet, um den Luftaustausch zu erhöhen, kann sich insbesondere bei ungedämmten, kalten Kellern und hoher Luftfeuchtigkeit der Aussenluft Kondenswasser an den Kellerwänden bilden. Dies lässt sich durch geregelte Lüftermotoren vermeiden, die mithilfe von Temperatur- und Feuchte-Sensoren nur dann angeschaltet werden, wenn keine Kondensatbildung droht, etwa wenn die Aussenluft sich in der Nacht ausreichend abgekühlt hat.
§ 123 Absatz 1 des deutschen Strahlenschutzgesetzes besagt, dass durch übliche Abdichtungsmaßnahmen zum Schutz vor Bodenfeuchte bei Neubauten in der Regel auch ein ausreichender Schutz vor dem Eintritt von Radon erreicht wird. In sogenannten Radonvorsorgegebieten mit erhöhter natürlicher Radonbelastung können hingegen weitergehende Maßnahmen erforderlich sein.[8]
Werden in einem Altbau dichtere Fenster eingebaut, sollten Maßnahmen zur Gewährleistung eines gewissen Luftaustauschs im Keller vorgsehen werden. Dies gilt insbesondere für nicht unterkellerte Aufenthaltsräume sowie für Aufenthaltsräume, die nicht luftdicht gegenüber dem Keller abgeschlossen sind, so dass belastete Luft aus dem Keller dorthin aufsteigen kann.[8] Alternativ können nachträglich miteinander verschweißte Alu-Verbund-Folien auf die Bodenplatte oder unterhalb der Fußböden von sensiblen Räumen einbracht werden. Teilweise steigt das Radon nach dem Abdichten der Bodenplatte in den Außenwänden auf, so dass diese gegebenenfalls im unteren Bereich ebenfalls abgedichtet werden sollten. Kellerräume können auch mechanisch zwangsbelüftet werden. Ein leichter Unterdruck kann das Aufsteigen belasteter Kellerluft in die darüberliegenden Wohnräume verhindern.[9]
Abhilfe gegen aufsteigendes Radon kann auch durch Einbau von diffusionsoffenen Hohlraumelementen in der untersten Bodenplatte erreicht werden, die über Rohre mit der Außenwelt verbunden sind. Wenn die Zuführung der Luft knapp über Grund auf der Nord- oder Ostseite erfolgt und die Abführung auf der Süd- oder West-Seite, kann sich durch die Temperaturunterschiede durch Sonneneinstrahlung selbsttätig ein Luftstrom einstellen. Verstärkt wird dieser durch den Kamineffekt, wenn die Abluft zusätzlich noch in einem Rohr nach oben geführt wird. Diese Durchlüftung führt sowohl aufsteigende Feuchtigkeit als auch Radon und Grubengase ins Freie ab.
Remove ads
Radonschutzgesetz
Zusammenfassung
Kontext
Europa
Die Europäische Kommission empfiehlt, die maximale Radonkonzentration in Innenräumen zu begrenzen. Dabei werden folgende Grenzwerte empfohlen:[10]
Diese Grenzwerte sind laut EU spätestens per 6. Februar 2018 in nationales Recht umzusetzen. Diese Grenzwerte gelten ab dann im Jahresschnitt als zulässiger Höchstwert. Bei Verkauf oder Vermietung von Wohnungen muss dieser Wert auch auf Verlangen vom Mieter oder Käufer attestiert werden. Eingreifrichtwert: 400 Bq/m³ gilt für Gebäude, die vor 1996 gebaut wurden. Planungsrichtwert: 200 Bq/m³ gilt für Gebäude, die nach 1996 gebaut wurden.
Die Strahlenschutzkommission hat in ihrer Stellungnahme vom 14. Juli 2004 eine statistische Signifikanz des zusätzlichen Lungenkrebsrisikos durch Radon ab 150 Bq/m³ festgestellt. Es wird deshalb eine Reduzierung der Radonkonzentration in Innenräumen auf unter 100 Bq/m³ empfohlen. Diesen Wert empfiehlt auch die WHO.
Im Dezember 2013 hat die Europäische Union eine neue Richtlinie 2013/59/Euratom veröffentlicht, in der vorgegeben wurde, dass die Mitgliedstaaten an Arbeitsplätzen in Innenräumen (Art. 54) sowie in Aufenthaltsräumen (Art. 74) jeweils einen Referenzwert für die Radon-Aktivitätskonzentration in der Luft festlegen sollen, der im Jahresmittel nicht höher als 300 Bq/m³ sein darf.
Deutschland
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hatte im März 2005 ein Gesetz entworfen, das Grenzwerte für die Radonkonzentration in Gebäuden festlegen sollte. Als Zielwert waren 100 Becquerel pro Kubikmeter Luft für Neu- und Altbauten geplant. Wegen der vorgezogenen Bundestagsneuwahl am 18. September 2005 konnte dieses Gesetzesvorhaben nicht umgesetzt werden. Da in den folgenden Legislaturperioden dazu kein Gesetz erging, galten vorerst 400 Bq/m³ als maximaler Wert.
Am 31. Dezember 2018 trat das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) mit Regelungen auch zum Schutz vor Radon in Kraft. Sie bestimmen einen Referenzwert für die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft c(Rn-222) in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsplätzen je von 300 Bq/m³[11]. Das Gesetz definiert ihn als Wert, „der als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen dient. Ein Referenzwert ist kein Grenzwert“[12]. Die in den Bundesländern zuständigen Strahlenschutzbehörden hatten bis zum 31. Dezember 2020 Gebiete festzulegen, für die erwartet wird, dass die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft in einer beträchtlichen Zahl von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen den Referenzwert überschreitet (Radonvorsorgebiete). Dort sind Verantwortliche für Arbeitsplätze in Keller- oder Erdgeschossräumen zu Messungen und bei Überschreitung des Referenzwertes zu Maßnahmen verpflichtet.
Schweiz
In der Strahlenschutzverordnung von 1994 wurden folgende Grenzwerte für Radon-222 festgelegt: 1000 Bq/m³ für Wohn- und Aufenthaltsräume und 3000 Bq/m³ für Arbeitsräume. Für Neubauten gilt ein Richtwert von 400 Bq/m³.[13] Die 2017 revidierte Strahlenschutzverordnung ersetzt ab 1. Januar 2018 diese Grenzwerte durch einen Referenzwert von 300 Bq/m³ für die Allgemeinbevölkerung und einen Point-of-Entry-Wert von 1000 Bq/m³ für arbeitsbedingte Exposition.[14]
Remove ads
Richtwerte
Radon ist das Zerfallsprodukt von Radium-226 und Thorium-232. Ihre Aktivität in Baumaterialien soll kleiner sein als 260 Bq/kg (7 nCi/kg). Ist sie höher, muss eine gute Lüftung gewährleistet sein, die eine zu große Radonanreicherung verhindert. Als Richtwert soll der Radonfluss (die Exhalationsrate) weniger als 2 Bq/m²h betragen und die Konzentration in der Luft kleiner sein als 50 Bq/m³.[15]
Remove ads
Radonhandbuch der WHO
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im September 2009 ein Handbuch über Lungenkrebsrisiken durch Radon in Innenräumen herausgegeben. Danach ist Radon eine der häufigsten Ursachen für Lungenkrebs. Die WHO fordert unter anderem, individuelle Risiken betroffener Personen zu mindern. Längerfristig soll die Bevölkerung durch vorsorgliche bauliche Maßnahmen und Altbausanierungen geschützt werden. Nach der WHO sollte 100 Becquerel pro Kubikmeter als höchstzulässige Radonkonzentration in Neu- und Altbauten gelten.[16]
Remove ads
Siehe auch
Literatur
Weblinks
- Bundesamt für Strahlenschutz (Hrsg.): Das Geoportal des BfS. (interaktive Deutschlandkarte zur Prognose der Radon222-Konzentration in der Luft).
- Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (Hrsg.): geoportal.de. (Karten zu verschiedenen Aspekten).
- Bundesamt für Strahlenschutz (Hrsg.): So wirkt Radon auf die Gesundheit.
- Simone Körner, Carolin Himmelhan: UmweltWissen – Strahlung: Radon in Gebäuden. (pdf, 2,4 MB) Bayerisches Landesamt für Umwelt, 4. April 2018 .
- Bundesamt für Strahlenschutz (Hrsg.): Radonschutz: ein Beitrag zum nachhaltigen Bauen. 30. Mai 2018 .
- Bundesamt für Gesundheit, Schweiz: Radon.
- Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol: Was ist Radon?
- GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (Hrsg.): Strahlung im Alltag. (zip; 15,6 MB) In: mensch + umwelt spezial, Heft 7. 1991 .
- Über Radon. In: radon.at. Archiviert vom am 26. April 2006 (über die Radonbelastung, Radonmessung und entsprechende Vorsorgemaßnahmen).
- Unfreiwillig eingeatmetes Radon zweithäufigster Grund für Lungenkrebs. In: Welt Online. 19. Januar 2007 .
- Die Auswirkung von Radon auf die Gesundheit. In: was-ist-radon.de. Archiviert vom am 6. Oktober 2014 .
- Bundesamt für Strahlenschutz (Hrsg.): Radon-Handbuch Deutschland. (pdf, 3,4 MB) 7. März 2019 .
Einzelnachweise
Wikiwand - on
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Remove ads