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Army Nuclear Power Program
historisches Reaktorbauprogramm Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Army Nuclear Power Program (ANPP; dt. „Kernkraft-Programm der Armee“) war ein Programm der United States Army zur Entwicklung kleiner Kernkraftwerke, die abgelegene und relativ unzugängliche Orte mit elektrischem Strom und Fernwärme versorgen sollten. Es wurde durch die US Army Engineer Reactors Group geleitet und hatte sein Hauptquartier in Fort Belvoir, Virginia.

Das Programm konnte einige bemerkenswerte Errungenschaften vorweisen, letztlich wurde es aber als „Lösung eines nicht existierenden Problems“ gesehen. Insgesamt wurden acht Kernkraftwerke, unter anderem in Alaska, auf Grönland und in der Antarktis, gebaut und betrieben. Das Programm lief von 1954 bis 1977, als der letzte Kernreaktor außer Betrieb genommen wurde.
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Geschichte
Zusammenfassung
Kontext
Bereits 1952 gab es in den Vereinigten Staaten Interesse an der möglichen Anwendung der Kernenergie für landgestützte militärische Zwecke. Ein Memo des US-Verteidigungsministers vom 10. Februar 1954 sprach der United States Army die Verantwortung zu, „Kernkraftwerke zu entwickeln, die abgelegene und relativ unzugängliche militärische Einrichtungen mit Wärme und Elektrizität versorgen“. Das Department of the Army richtete daraufhin das Army Nuclear Power Program ein und wies es dem Corps of Engineers zu.[1]
Der Atomic Energy Act of 1946 hatte die Atomic Energy Commission für Forschung und Entwicklung im Kernenergiebereich verantwortlich gemacht, sodass das Programm eine gemeinsame behördenübergreifende Aktivität des Department of the Army und der Atomic Energy Commission wurde. Als der überarbeitete Atomic Energy Act of 1954 in Kraft trat, autorisierte Paragraf 91b das Department of Defense, spezielles nukleares Material zur Nutzung in Verteidigungsanlagen zu erwerben. Am 9. April 1954 richtete der Leiter des Corps of Engineers die US Army Engineer Reactors Group ein, die die Aufträge des Department of the Army durchführen sollte. Der Fokus des Army Nuclear Power Programs lag dabei auf Energieproduktionsanlagen, während das parallel durchgeführte Naval Reactors Program sich auf den Nuklearantrieb von Unterseebooten und Schiffen konzentrierte.
Die Atomic Energy Commission kam jedoch nach einigen Jahren zum Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Ziele des Programms in zeitiger Weise und mit angemessenen Kosten erreicht werden könnten, nicht hoch genug sei, um die Vorhaben weiter zu finanzieren. Kürzungen des Militärbudgets für langfristige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten aufgrund des Vietnamkriegs veranlassten schließlich 1966 die Atomic Energy Commission dazu, ihre Unterstützung des Programms auslaufen zu lassen. Die Kosten der Entwicklung und Herstellung kompakter Kernkraftwerke waren letztlich so hoch, dass sie nur gerechtfertigt hätten werden können, wenn die Reaktoren einmalige Fähigkeiten gehabt hätten und mit einem klar definierten, vom Department of Defense unterstützten Ziel versehen gewesen wären. In der Folge wurde die Beteiligung der United States Army an der Forschung und Entwicklung von Kernkraftwerken stetig reduziert und letztlich gestoppt.[2]
Der letzte Kernreaktor wurde 1977 abgeschaltet, es wurden jedoch noch Arbeiten bis zur Stilllegung oder sicheren Einschließung der Anlagen weitergeführt.
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Aufgaben und Ziele
Im Wesentlichen waren die Aufgaben des Army Nuclear Power Programs:[1]
- gemeinsam mit der Atomic Energy Commission Forschung und Entwicklung im Bereich der Kernkraftwerke durchzuführen;
- die Kernkraftwerke des Corps of Engineers zu betreiben;
- Ausbildungsmaßnahmen zum Betrieb dieser Kernkraftwerke durchzuführen;
- anderen Behörden, sofern benötigt, technische Unterstützung zu geben und
- Programme zur Anwendung von Kernreaktoren zur militärischen Verwendung zu entwickeln.
In einer durch das Department of the Army genehmigten Zielvereinbarung zur Entwicklung von Kernkraftwerken vom 7. Januar 1965 waren die Ziele des Programms:[1]
- die Reduktion oder Beseitigung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen;
- die Reduktion oder Beseitigung der logistischen Lasten des Betriebs konventioneller Kernkraftwerke;
- ein verlässlicher Betrieb;
- ein selten notwendiger Brennstoffwechsel und Wartung;
- eine reduzierte Belegschaft mit dem letztlichen Ziel eines unbeaufsichtigten Betriebs;
- Transportfähigkeit, Mobilität und Reaktionszeiten, die kompatibel mit der unterstützten Mission oder Ausrüstung sind und
- eine verbesserte Kosteneffizienz.
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Kernkraftwerke
Zusammenfassung
Kontext
Im Army Nuclear Power Program wurden insgesamt acht Kernreaktoren bzw. Kernkraftwerke gebaut. Der Wärmewirkungsgrad ist bei Kraftwerken typischerweise im Bereich von 30–40 %, bei den ANPP-Reaktoren lag er aus verschiedenen Gründen nur bei etwa 20 %. Die außerhalb der Anlage verfügbare elektrische Energie war in manchen Anlagen durch die Entnahme von Wasserdampf zur Wärmeversorgung und in allen Anlagen durch die Notwendigkeit der Versorgung des Kernkraftwerks selbst limitiert.
Durch die Notwendigkeit einer kleinen Größe nutzten alle Reaktoren mit Ausnahme des MH-1A auf 93 % angereichertes Uran. Der MH-1A hatte mehr Platz und Gewichtskapazität zur Verfügung und konnte deswegen mit schwach angereichertem Uran (4–7 %) arbeiten. Für kurze Zeit war ein Einsatz dieses Reaktors in Vietnam geplant, die Idee wurde aber schnell vom US-Außenministerium verworfen.[1]
Die Anlagen werden in der Reihenfolge der ersten Kritikalität aufgeführt.[3][4]
Namensschlüssel:
- erster Buchstabe: S – stationary (stationär), M – mobile (mobil), P – portable (transportabel)
- zweiter Buchstabe: H – high power (hohe Leistung), M – medium power (mittlere Leistung), L – low power (geringe Leistung)
- Zahl: laufende Nummer
- dritter Buchstabe: A bedeutet Installation am Einsatzort
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Errungenschaften
Das Army Nuclear Power Program kann die folgenden Errungenschaften aufweisen:[1][3][4]
- detaillierte Designs für Druckwasser-, Siedewasser-, gasgekühlte und Flüssigmetall-Reaktoren
- erstes Kernkraftwerk mit einem Containment (SM-1)
- erste Verwendung von rostfreiem Stahl für Brennelementhülsen (SM-1)
- erstes Kernkraftwerk in den Vereinigten Staaten, das Strom an ein kommerzielles Netz lieferte (SM-1)
- erste nukleare Fernwärmequelle in den Vereinigten Staaten (SM-1A)
- erste Auswechslung eines Dampferzeugers in den Vereinigten Staaten (SM-1A)
- erstes Containment mit Druckunterdrückung (SM-1A)
- erstes operationelles Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor (SL-1)
- erstes portables, vorgefertigtes, modulares Kernkraftwerk, das aufgebaut, betrieben und wieder abgebaut wurde (PM-2A)
- erste Verwendung von Kernenergie zur Meerwasserentsalzung (PM-3A)
- erstes mobiles, auf dem Land transportierbares Kernkraftwerk (ML-1)
- erste nuklear angetriebene Gasturbine mit geschlossenem Brayton-Kreislauf (ML-1)
- erstes (auf einem Schiff) schwimmendes Kernkraftwerk (MH-1A)
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Ausbildung
Zusammenfassung
Kontext


In Fort Belvoir wurde ein Ausbildungsprogramm für Arbeiter in einem Kernkraftwerk (Nuclear Power Plant Operator Course, NPPOC) durchgeführt. Anwärter für das Programm waren einberufene Männer, die sich zu mindestens zwei Jahren Dienstzeit nach Abschluss der Ausbildung verpflichtet hatten. Die Voraussetzung zur Zulassung zum Programm beinhalteten Eignungstest-Ergebnisse, die mindestens so anspruchsvoll waren wie die für Offizieranwärter.[5]
Der NPPOC war ein intensiver, herausfordernder und ein Jahr dauernder Kurs. Die Ausbildung fand in den drei Phasen Theorie, Betrieb und Spezialgebiet zu je vier Monaten statt. Die Theoriephase bestand aus acht Stunden Unterricht in Elektrotechnik, Mechanik und Reaktortechnik. Die Betriebsphase fand am SM-1 statt und bestand aus Schichtarbeit sowohl als Maschinenarbeiter an der Anlage selbst, als auch als Operateur im Kontrollraum. Die Spezialisierungphase bestand wahlweise aus den Gebieten Mechanik, Elektrotechnik, Instrumentierung oder Gesundheit bzw. Chemie.[6]
Über 1000 Kernkraftwerks-Angestellte erhielten zwischen 1958 und 1977 ihren Abschluss. Alle Kernkraftwerke des Army Nuclear Power Programs wurden durch Personal betrieben, das in den jeweiligen Spezialgebieten ausgebildet wurde.
Ab dem 18. Juni 1965 wurden militärische Abzeichen in den vier Klassen Basic (Grundabzeichen), Second Class (Zweiter Klasse), First Class (Erster Klasse) und Shift Supervisor (Schichtleiter) vergeben. Das Grundabzeichen erhielten Absolventen des NPPOC, während die höheren Klassen die Absolvierung einer bestimmten Zahl von Schichten sowie weitere schriftliche Prüfungen erforderten. Die Abzeichen wurden auf Dienst- und Ausgehuniformen oberhalb der Bänder über der linken Taschenklappe getragen. 1991 wurden die Abzeichen durch die Army Regulation 672-5-1 als obsolet eingestuft, die Regelung erlaubt jedoch weiterhin das Tragen eines Abzeichens, wenn es zuvor verliehen wurde.[7]
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Siehe auch
Weblinks
Commons: Army Nuclear Power Program – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Zusammenfassung des Army Nuclear Power Programs (englisch).
- Artikel über das Army Nuclear Power Program im Army Logistician, September / Oktober 2001 (englisch).
Einzelnachweise
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